Online-Handel: für Vereinfachung, gegen Diskriminierung
Der „Kassensturz“ hat in seiner gestrigen Sendung Kritik am Entscheid der Wirtschaftskommission des Ständerats und an der Haltung der Wirtschaftsverbände geübt. Diese würden den Abbau von Wettbewerbshürden beim Online-Handel hemmen. Kostenersparnisse, die Konsumentinnen und Konsumenten durch vereinfachte Zollverfahren bei der Bestellung von Waren im Ausland erhalten könnten, würden verhindert. Die Berichterstattung ist einseitig. economiesuisse hat sich stets für vereinfachte Zollverfahren eingesetzt. Das in der Motion Leutenegger-Oberholzer („Handelshemmnisse im grenzüberschreitenden Online-Handel reduzieren“) als erstrangig genannte Ziel der Vereinfachung wird von economiesuisse denn auch unterstützt. Nachdem die Eidg. Zollverwaltung per 2011 die Einführung eines vereinfachten Verfahrens für Kleinsendungen plant, erachtet economiesuisse das Anliegen der Motion in diesem Punkt als erfüllt.
Das zweite Anliegen der Motion, die Erhöhung der Mehrwertsteuerfreigrenze von fünf auf zehn Franken, lehnt economiesuisse ab. Ein solcher Schritt hätte tiefgreifende Wettbewerbsverzerrungen zur Folge. Ein deutscher Händler könnte bei Sendungen bis 130 Franken nicht nur die deutsche Umsatzsteuer von 19 Prozent vom Preis abziehen, er könnte auch auf die schweizerische Mehrwertsteuer verzichten. Der steuerliche Vorteil wäre namhaft. Händler in der Schweiz müssen dagegen die volle Schweizer Mehrwertsteuer von 7,6 Prozent erheben (bzw. 8,0 Prozent ab 2011), und dies ohne Freigrenze, ab dem ersten Franken. Betroffen von der Diskriminierung wäre der gesamte Schweizer Detailhandel (Buch, CD, Textil, Papeterie, Kleinelektronik, Kosmetik usw.). Weil bei der Wareneinfuhr die Erhebung der Mehrwertsteuer weitgehend elektronisch erfolgt, wäre die Kostenersparnis durch die Anhebung der Mehrwertsteuerfreigrenze gering. Die Ersparnis rechtfertigt für economiesuisse den entstehenden Schaden in keiner Weise.
economiesuisse unterstützt deshalb den Beschluss der ständerätlichen Wirtschaftskommission, die Motion abzulehnen. Das erste Anliegen der Verfahrensvereinfachung kann als erfüllt gelten. Das zweite Anliegen, das weite Teile des Detailhandels, sofern er aus dem Ausland erfolgt, künftig von der Mehrwertsteuer ausnehmen will, ist abzulehnen.
Die Einsicht, dass die Mehrwertsteuer tatsächlich häufig kompliziert und administrativ aufwendig ist, ist dagegen richtig. Dies allerdings vor allem für die Binnenwirtschaft. Die Lösung kann kaum in der Schaffung einer neuen Ausnahme liegen, sondern in der Vereinfachung der Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuer ist die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle des Bundes, zudem finanziert sie Teile der Sozialversicherungen. Vor dem Parlament liegt eine ausgearbeitete Vorlage zur starken Vereinfachung der Mehrwertsteuer, die noch in dieser Session beraten wird. Will das Parlament eine Vereinfachung und namhafte Kostensenkungen, sollte es hier ansetzen.