Postauto-Skandal: Ziel- und Rollenkonflikte als Grundproblem
Die im Parlament aufgeworfenen Fragen rund um den Subventionsskandal bei der Postauto AG offenbaren tieferliegende Fehlanzreize sowie Interessens- und Rollenkonflikte von Behörden und bundesnahen Betrieben. economiesuisse kritisiert diese Problematik staatseigener Unternehmen seit Jahren und entwickelte deshalb konkrete Leitprinzipien für Staatseingriffe. Die aktuelle Debatte ist darum auch eine Chance, die grundsätzlichen Fragen anzugehen: Der ordnungspolitische Kompass von economiesuisse bietet dazu Ansatzpunkte.
economiesuisse begrüsst, dass das Bundesamt für Polizei als unabhängige Instanz die Aufklärung der buchhalterischen «Tricks» der Postauto AG übernimmt: Die überhöhten Subventionszahlungen schädigten Bund, Kantone und Steuerzahler. Nebst dem konkreten Fall sind auch Antworten auf tieferliegende Probleme erforderlich, wie sie teilweise auch in den dringlichen Interpellationen von FDP und GLP gefordert wurden.
Rollen- und Zielkonflikte bergen Gefahren
economiesuisse sieht sich durch den Postauto-Skandal in seiner Zurückhaltung gegenüber staatlichen Eingriffen in die Wirtschaftsfreiheit bestätigt. Bundesnahe Betriebe, die von staatlichen Leistungsaufträgen profitieren, unterliegen Interessens- und Zielkonflikten. Zusätzlich erschweren Rollenkonflikte beim Bund eine saubere Governance: Der Bund tritt in vielen Bereichen gleichzeitig als Eigner, Regulator, Besteller von Leistungen sowie als Revisionsinstanz auf. Dies ist problematisch: Es begünstigt Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Anbietern und kann zu Marktzutrittsbarrieren, Fehlallokationen und Misswirtschaft führen. Darum fordert economiesuisse mehr Raum für die Privatwirtschaft und einen geringeren staatlichen Fussabdruck.
Ordnungspolitischer Kompass: Leitplanken für staatliche Eingriffe
Der Wirtschaftsdachverband erwartet, dass Politik und Behörden den Postauto-Skandal zum Anlass nahmen, sich mit der ordnungspolitischen Grundsatzproblematik auseinandersetzen und Massnahmen treffen, um Rollen- und Zielkonflikte bundesnaher Betriebe zu minimieren. Im Vordergrund steht die Umsetzung klarer Leitplanken für staatseigene Unternehmen, wie sie economiesuisse fordert*. Bei bundesnahen Betrieben wie der Post braucht es stärkere Entflechtung der Rollen, mehr Transparenz und eine wirksame Gouvernanz mit Checks and Balances. Zudem müssen institutionelle Trennungen (z.B. Personenverkehr und Post) geprüft und die Mehrfachrolle des Staates bereinigt werden. Die Krise um die Postauto AG kann eine Chance sein, wenn die Politik den Fokus von einer reinen Angebotsdiskussion (Poststellenschliessungen usw.) wegnimmt und sich den Grundsatzfragen zur Bereitstellung von (öffentlichen) Post- und Verkehrsangeboten zuwendet: Wie und durch wen wird das bestmögliche Leistungsangebot zum besten Preis gewährleistet?
* Der von economiesuisse entwickelte ordnungspolitische Kompass bewertet staatliche Aktivitäten und schätzt den staatlichen Fussabdruck in verschiedenen Branchen. Ziel der Publikation ist, die teilwiese in Vergessenheit gegangenen Leitprinzipien der Wirtschaftsfreiheit in Erinnerung zu rufen.