# 7 / 2023
20.11.2023

Bundesfinanzen 2024: Die Politik ist gefordert

Position economiesuisse

Der 80 Milliarden Franken schwere Bundeshaushalt ist der grösste und wichtigste öffentliche Haushalt der Schweiz. Ein solider Bundeshaushalt gewährleistet, dass die von ihm finanzierten Leistungen fortgeführt werden können und der Bund zu günstigen Konditionen Geld beschaffen kann. Ausserdem macht die Stabilität wahrscheinlich, dass das insgesamt massvolle Steuerniveau der Schweiz in Zukunft erhalten werden kann. Für die Firmen, aber auch alle Steuerzahlenden in diesem Land, sind das wichtige Bedingungen. Gesunde öffentliche Finanzen sind für die Wirtschaft ein Standortvorteil. Sie schonen aber auch das Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger und machen unseren Staat verlässlich.

Die Finanzpolitik ist eine grosse, zentrale Herausforderung der neuen Legislatur. Für die Wirtschaft sind mit Bezug auf die Finanzpolitik folgende Grundsätze und Ziele wichtig:

Die Schuldenbremse muss im Voranschlag 2024 und in den folgenden Haushaltsjahren eingehalten werden; der Bundeshaushalt muss stabilisiert werden.

Dank der Bemühungen des Bundesrats hält das Budget für das kommende Haushaltsjahr die Vorgaben der Schuldenbremse ein. Im Ergebnis, und im Sinne einer Mindestvorgabe, ist der Voranschlag so zu verabschieden – mit einer schwarzen Null. Dafür braucht es vor allem Disziplin. Für die Folgejahre wird der Bundesrat absehbar weitere Massnahmen vorschlagen müssen. Auch diese Massnahmen verfolgen das Ziel, das Haushaltsgleichgewicht zu sichern und den Bund wieder finanziell nachhaltig aufzustellen.

Die bereits eingeplanten und weitere Bereinigungsmassnahmen sind im erforderlichen Umfang umzusetzen.

Die Bereinigungen des Bundesrats im Budget und im Finanzplan sind als kurzfristig erforderliche Notmassnahmen vertretbar und insofern ausgewogen, als auch Bereiche mit gebundenen Ausgaben einen Beitrag zum Haushaltsgleichgewicht leisten müssen. Diesbezüglich ist zwar noch mehr wünschbar (siehe nächster Punkt unter Flexibilisierung gebundene Ausgaben). Dennoch sind die Bereinigungen wie geplant umzusetzen. Sie sind schlicht nötig.

Welche weiteren Entlastungen es noch brauchen wird, hängt nicht zuletzt von der politischen Entscheidfindung im Parlament ab. Das Parlament kann mit seinen Entscheiden das Ungleichgewicht im Bundeshaushalt verringern (z.B. indem hängige Vorlagen gestrichen oder redimensioniert werden), oder es kann es mit Wünschen für Mehrausgaben noch erhöhen. Verschiedene mehrjährige Finanzbeschlüsse (Zahlungsrahmen), mit welchen die mittelfristige Ausgabenentwicklung in den schwach gebundenen Aufgabenbereichen (z.B. regionaler Personenverkehr, internationale Zusammenarbeit, Kultur oder Umwelt) gesteuert werden und die demnächst in die parlamentarische Beratung gelangen, sind ein Beispiel, wo zusätzliche Belastungen ohne gleichzeitige Entlastungen andernorts vermieden werden müssen.

Ein Thema in diesem Zusammenhang sind die Personalausgaben der Bundesverwaltung. Die Personalausgaben sind von den vorgesehenen Querschnittskürzungen unterproportional betroffen. Dieser Entscheid dürfte noch zu reden geben. Nicht nur aus finanzpolitischen Gründen, auch vor dem Hintergrund der Diskussion um das Lohnniveau in der Bundesverwaltung und des Fachkräftemangels in der Wirtschaft braucht es eine kritische Auseinandersetzung mit dem laufenden Stellenwachstum bzw. der Lohnpolitik des Bundes.

Neue Ausgaben brauchen eine konsequente Gegenfinanzierung (ohne Steuererhöhungen); für bestehende Ausgaben sind Prioritäten zu setzen; gebundene Ausgaben müssen flexibilisiert werden.

Die konsequente Gegenfinanzierung ist ein zentraler finanzpolitischer Grundsatz. Werden neue Aufgaben beschlossen oder bestehende Aufgaben intensiviert, ist aufzuzeigen, wie die Vorhaben finanziert werden. Nur so kann die Schuldenbremse auf Dauer eingehalten werden und bleibt der Haushalt im Gleichgewicht. Das Erfordernis der Gegenfinanzierung verlangt auch, dass Prioritäten gesetzt werden. Der Bund kann vieles tun, aber nicht alles ist gleich wichtig. Unter der Bedingung grundsätzlich begrenzter Mittel ist eine Diskussion um Prioritäten unverzichtbar. Gelingt es nicht, Prioritäten anders zu setzen und Mittel zu verschieben, sieht es für neue Aufgaben und veränderte Schwerpunkte schwarz aus. Der Bund läuft heute finanziell an der Belastungsgrenze: nicht, weil er zu wenig Einnahmen hat, sondern weil zu viel getan werden soll.

Steuererhöhungen zur Finanzierung von (neuen) Projekten sind aus Sicht der Wirtschaft der falsche Weg. Sie müssen auf das absolut Nötige beschränkt bleiben. Aufgrund der meist erforderlichen Volksabstimmungen stellen sie ohnehin kein rasch wirksames Mittel gegen Geldmangel dar. Helfen würde hingegen in manchen Fällen schon die Einhaltung der verfassungsmässigen Vorgaben zur Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen. Der Bund braucht keine Aufgaben der Kantone zu übernehmen – genau so, wie er keine Lasten an diese abwälzen soll. Unterschiedliche Lösungen und Geschwindigkeiten sind im Föderalismus keine Seltenheit, sondern üblich und teils gewollt. Die Unterschiede sind auszuhalten. Mehr Zentralismus macht keine bessere Schweiz.

Ein immer schwerer wiegendes Problem für den Bundeshaushalt sind die gebundenen Ausgaben. Wie das Ungleichgewicht zwischen gebundenen und ungebundenen Ausgaben korrigiert werden kann und die gebundenen Ausgaben verstärkt bei Bereinigungen miteinbezogen werden können, ist keine neue Diskussion. Mit dem fortlaufenden Wachstum der gebundenen Ausgaben wird das Problem aber immer drängender, weil weniger stark gebundene Aufgaben zunehmend verdrängt werden. Die Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten nehmen ab. Die Soziale Wohlfahrt mit der AHV steht hier im Brennpunkt, privilegierte Mittel gibt es aber auch in anderen Aufgabenbereichen. Gebundene Ausgaben im heutigen hohen Umfang sind ein übergeordnetes, strukturelles Problem, das im Interesse des Gesamtsystems Bund rasch angegangen werden sollte. Das Konzept der Flexibilisierung, wie es bei den Bundesbeiträgen an die grossen Verkehrsfonds bereits in Kraft ist, ist ein Beispiel für eine zielführende Lösung.

Die Schuldenbremse darf nicht über den ausserordentlichen Haushalt umgangen werden; kein Aufweichen der Schuldenbremse.

Die finanzpolitische Stabilität und Nachhaltigkeit der Schweiz ist die direkte Folge der Schuldenbremse. Wie die aktuellen Krisenjahre gezeigt haben, liegt es im Interesse unseres Landes, dass die Schuldenbremse auch in Zukunft eingehalten wird. Es gibt keinen Grund, etwas am Erfolgskonzept Schuldenbremse zu ändern.

Ein Augenmerk gilt in diesem Kontext dem ausserordentlichen Haushalt. Die Vorgaben für ausserordentliche Ausgaben sind im Finanzhaushaltsgesetz klar geregelt und sie sind restriktiv. In der Corona-Pandemie rückten der ausserordentliche Haushalt und seine Möglichkeiten erstmals verstärkt in den Blickpunkt. Seither scheint es als praktische Lösung akzeptabel, finanzielle Engpässe und fehlende Ausbaumöglichkeiten im ordentlichen Haushalt auf dem ausserordentlichen Weg zu umgehen. Dass der Bundesrat für die Ausgaben für die Ukraine-Flüchtlinge (Status S) erneut die Ausserordentlichkeit in Anspruch nimmt und zudem den (absolut planbaren) Entschuldungsbeitrag für die SBB ausserordentlich finanzieren will, leistet dem Eindruck, dass hier ein neues legitimes Finanzierungsgefäss besteht, weiter Vorschub. Soll die Schuldenbremse de facto nicht umgangen werden, dürfen ausserordentliche Ausgaben auch in Zukunft ausschliesslich im restriktiven Rahmen des Gesetzes beschlossen werden.

Schulden aufgrund von ausserordentlichen Ausgaben sind auch Schulden – und weil die Schuldzinsen ordentlich finanziert werden müssen, tun sie genauso weh. Hunderte Millionen Franken jährlich zusätzlich für Passivzinsen werden auch von einem grossen Haushalt wie jenem des Bundes nicht schmerzlos weggesteckt.

Statt Silo-Forderungen braucht es Kontext-Lösungen: Die Lage der Bundesfinanzen muss bei Entscheiden zu Sachfragen konsequenter einbezogen werden, damit isolierte Ausgabenbeschlüsse nicht zu Sparübungen führen.

Der Beschluss hoher Ausgaben ohne Gegenfinanzierung und die in der Folge angespannte Finanzlage des Bundes zeigen, dass Sachpolitik losgelöst von Finanzpolitik zu problematischen Resultaten führt. Isolierte Silo-Politik provoziert früher oder später Sparübungen mit der Folge verbreiteter Frustration, weil viele Erwartungen enttäuscht werden. Soll dies künftig verhindert werden, müssen Mehrausgaben mit der übergeordneten Finanzplanung wieder in Abstimmung gebracht werden. Der finanzpolitische Kontext ist bei Entscheiden zu Sachfragen konsequent einzubeziehen. Diese Aufgabe hat das Parlament in den letzten Jahren vernachlässigt. Die Politik tut gut daran, die Abstimmung von Sach- und Finanzpolitik wieder ernsthaft an die Hand zu nehmen.