Ja zum Freihandelsabkommen EFTA-Indonesien: Vorsprung für Schweizer Exportnation
- Einleitung Das Wichtigste in Kürze | Position economiesuisse
- Kapitel 1 «We made it» nach achteinhalb Jahren Verhandlung
- Kapitel 2 Wichtiger Zukunftsmarkt mit grossem Potenzial für Schweizer Unternehmen
- Kapitel 3 Umfassendes Freihandelsabkommen mit Vorteilen für beide Seiten
- Kapitel 4 Stärkung der nachhaltigen Entwicklung Indonesiens
- Kapitel 5 Vier wichtige Gründe für ein Ja zum Freihandelsabkommen mit Indonesien
Umfassendes Freihandelsabkommen mit Vorteilen für beide Seiten
Das vorliegende Freihandelsabkommen verschafft Schweizer Exportfirmen und KMU einen wichtigen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten aus anderen Ländern, zum Beispiel aus der EU. So fallen in Indonesien dank des Abkommens 98 Prozent der bestehenden Zölle für Schweizer Exporteure mittelfristig ganz weg. Diese sind heute verhältnismässig hoch und betragen für Industriegüter durchschnittlich acht Prozent. Schweizer Unternehmen können somit künftig über 25 Millionen Franken pro Jahr einsparen.
Nachfolgende Tabelle zeigt die heutigen Zollsätze für wichtige Schweizer Industrie- und Agrarprodukte, die nach Indonesien exportiert werden. Diese werden bei Annahme des Abkommens und nach Ablauf der Übergangsfristen bis auf wenige Ausnahmen auf null Prozent reduziert.
Beim Warenverkehr von Industriegütern sind folgende Konzessionen Indonesiens an die Schweiz besonders hervorzuheben:
- Für praktisch alle Produkte der chemischen und pharmazeutischen Industrie werden die Zölle entweder unmittelbar mit Inkrafttreten des Abkommens oder mit Übergangsfristen von bis zu neun Jahren vollständig abgebaut.
- Im für Indonesien sensitiven Textilbereich konnte kein flächendeckender Zollabbau vereinbart werden. Für die Schweizer Hauptexportinteressen konnte aber ein zollfreier Marktzugang nach Zollabbaufristen von fünf bis zwölf Jahren ausgehandelt werden.
- Für Maschinen werden die Zölle mit wenigen Ausnahmen vollständig abgebaut. Dabei wird der Zollabbau entweder mit Inkrafttreten oder nach Übergangsfristen von fünf bis zwölf Jahren erfolgen.
- Für Uhren werden sämtliche Zölle mit Inkrafttreten oder innerhalb von Zollabbaufristen von fünf bis neun Jahren abgebaut.
Daneben erhielt die Schweiz auch für Exportinteressen im Lebensmittelbereich weitreichende Konzessionen von Indonesien:
- Für Käse und Milchprodukte baut Indonesien die Zölle mit Inkrafttreten des Abkommens oder über fünf Jahre ab. Für Joghurt ist eine Zollabbaufrist von neun Jahren vorgesehen.
- Für Kaffee, Schokolade und Biskuits werden die Zölle über zwölf Jahre vollständig abgebaut.
- Die Zölle auf Babyfood werden mit Inkrafttreten vollständig aufgehoben.
Schweiz gewährt freien Marktzugang für Industrieprodukte
Im Gegenzug zu den verbesserten Konditionen für die Schweizer Exportwirtschaft gewährt die Schweiz Indonesien mit Inkrafttreten des Abkommens zollfreien Marktzugang für sämtliche Industrieprodukte. Damit werden auch Zollkonzessionen der Schweiz im Rahmen des «Allgemeinen Präferenzsystems» (ASP) für Entwicklungsländer konsolidiert, was für Indonesien langfristig – und unabhängig vom Entwicklungsstand – Rechtssicherheit schafft.
Die Zollkonzessionen der Schweiz im Agrarbereich sind weitgehend vergleichbar mit jenen, welche die Schweiz in der Vergangenheit anderen Freihandelspartnern gewährte (kein Agrar-Freihandel). Konkret erhalten etwa verschiedene Bohnensorten, getrocknete Gemüse- und Früchtemischungen, Bananen, einzelne Gewürze oder Reismehl aus Indonesien eine präferenzielle Behandlung in Form einer Zollbeseitigung, oder -reduktion. Diese Zugeständnisse erfolgen in der Regel innerhalb der bestehenden Zollkontingente der Welthandelsorganisation (WTO) und der saisonalen Einschränkungen.
Auch im Bereich Palmöl, dem wichtigsten Exportgut des Partnerlandes, gewährt die Schweiz Indonesien künftig in begrenztem Ausmass Vorteile im Marktzugang: fünf Kontingente mit einer Menge von insgesamt 10’000 Tonnen, die über fünf Jahre auf 12’500 Tonnen ansteigt. Die Zollreduktionen innerhalb dieser Kontingente betragen 20 bis 40 Prozent. Die Zugeständnisse gelten jedoch nur für nachhaltiges und rückverfolgbares Palmöl (siehe Kapitel «Nachhaltige Palmölproduktion wird gestärkt»). Gegenwärtig importiert die Schweiz 21’308 Tonnen Palmöl, davon 35 Tonnen aus Indonesien.
Konzessionen im Agrarbereich vereinbar mit Schweizer Landwirtschaftspolitik
Die Konzessionen im Agrarbereich wurden in Absprache mit der Schweizer Landwirtschaft ausgehandelt. Sie sind mit der Schweizer Agrarpolitik vereinbar und gefährden hierzulande keine sensiblen Sektoren. Dementsprechend wird das Abkommen auch vom Schweizer Bauernverband (SBV) unterstützt. Protektionistische Forderungen aus dem Parlament, etwa nach einem grundsätzlichen Ausschluss von Palmöl bei den Verhandlungen mit Indonesien (und Malaysia), haben die eidgenössischen Räte abgelehnt. Angenommen wurde hingegen eine auch vom Bundesrat unterstützte Motion der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats, die verlangte, auf Konzessionen zu verzichten, die die einheimische Ölsaatenproduktion reduzieren.
Es ist zwar möglich, dass Indonesien dank des vorliegenden Abkommens langfristig Marktanteile gewinnen wird. Die Konzessionen für Palmöl sind aber so ausgestaltet, dass kein Anstieg der Gesamtimporte in die Schweiz zu erwarten ist. Dass es der EFTA trotz stark defensiver Interessen im Agrarbereich (insbesondere der Schweiz betreffend Palmöl) gelungen ist, in den Verhandlungen mit Indonesien einen Interessensausgleich herzustellen, kann als grosser Erfolg der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik gewertet werden.
Vielzahl weiterer Handelserleichterungen
Nebst dem Wegfall von Zöllen führt das Abkommen auch zum Abbau zahlreicher technischer Handelshemmnisse. Dies wird es Schweizer Unternehmen ermöglichen, substanzielle Zusatzgewinne aus dem intensivierten Handel mit Indonesien zu erzielen. Beispielsweise werden mit dem Abkommen der Schutz des Geistigen Eigentums gestärkt und die Investitionssicherheit erhöht. Zudem geht es um Erleichterungen im Dienstleistungshandel, im Tourismus und weiteren Bereichen. Oft nimmt das Abkommen Bestimmungen der jeweiligen WTO-Verträge auf und passt diese wo nötig an den bilateralen Kontext an. In einigen Bereichen geht das Abkommen jedoch auch darüber hinaus:
Schutz Geistigen Eigentums
Das Abkommen verbessert oder erweitert gewisse Schutzstandards und -dauern (z.B. Biotechnologie, Testdaten, Fälschungen) und erhöht die Rechtssicherheit sowie die Sichtbarkeit der Schutzklauseln. Indonesien passt seine nationale Gesetzgebung aktuell an internationale Bestimmungen an (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des Geistigen Eigentums TRIPS). In Bezug auf diese Übergangsperiode hält ein Verständigungsprotokoll im Abkommen deshalb explizit fest, dass im Falle von abweichendem nationalem Recht die internationalen Bestimmungen vorgehen. Für die stark innovationsgetriebene Schweizer Exportindustrie ist der Schutz Geistigen Eigentums und der enge Dialog mit den entsprechenden Behörden von höchstem Interesse. Entsprechend stärken die im Abkommen ausgehandelten Bestimmungen die Stellung hiesiger Unternehmen im globalen Wettbewerb.
Ursprungsregeln
Im Vergleich zu anderen Freihandelsabkommen sind die Ursprungsregeln weniger restriktiv ausgestaltet. Dies erleichtert es beiden Partnern, wo sektorspezifisch sinnvoll, auch Rohstoffe und Vormaterialien ausserhalb der Freihandelszone einzusetzen. Die Verwendung von Vormaterialien mit Ursprung in den übrigen EFTA-Staaten für den präferenziellen Export nach Indonesien ist ebenfalls zulässig. Die logistische Flexibilität der Schweizer Exportindustrie wird zudem erhöht, indem das Abkommen die Aufteilung von Sendungen in Drittstaaten zulässt, ohne dass die Ware ihren Ursprung verliert. Auch der Umstand, dass lediglich die Ausfuhrpartei auf Antrag der Einfuhrpartei eine Ursprungsüberprüfung vornehmen kann, ist angesichts der hohen Vertraulichkeit vieler Geschäftsdaten positiv zu werten.
Dienstleistungen
Zwar sind die Bestimmungen im Marktzugang für Dienstleistungen im Wesentlichen mit jenen des WTO-Abkommens über den Dienstleistungshandel (GATS) identisch. Sie wurden jedoch an den bilateralen Kontext angepasst. Über GATS hinaus gehen etwa die Bestimmungen für Finanzdienstleistungen. Konkret trifft dies etwa auf Verpflichtungen Indonesiens in Sachen Transparenz (Auskunftspflicht), rasche Antrags- und Genehmigungsverfahren (sechs Monate) oder die Verhältnismässigkeit aufsichtsrechtlicher Massnahmen zu. Auch die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen (z. B. Seeleute auf Schweizer Hochseeschiffen) geht teilweise über die GATS-Bestimmungen hinaus.
Investitionen
Die Rechtssicherheit und Transparenz für internationale Investitionstätigkeiten werden erhöht. So können Schweizer Investoren etwa Unternehmen in nicht Dienstleistungssektoren grundsätzlich zu den gleichen Bedingungen gründen oder übernehmen wie indonesische Investoren. Konkret profitiert etwa die verarbeitende Industrie von vorteilhaften Niederlassungsbedingungen, sofern damit eine Mindestinvestition vor Ort von 700’000 Schweizer Franken verbunden ist (mit Ausnahme der Fertigungsindustrie – dort beträgt der Mindestbetrag eine Million Schweizer Franken). Ohne vorherige Behandlung im Gemischten Ausschuss können beide Partner zudem unilateral in wichtigen nationalen Regelungen nicht hinter das im Freihandelsabkommen vereinbarte Verpflichtungsniveau zurückfallen. Gleichwohl behalten die Vertragsstaaten weiterhin das Recht, ihre innerstaatlichen Gesetzgebungen anzupassen (right to regulate) – insbesondere aus Gründen des Gesundheitsschutzes, der Sicherheit und der Umwelt sowie aus aufsichtsrechtlichen Gründen.
Handel und nachhaltige Entwicklung
Siehe Kapitel «Stärkung der nachhaltigen Entwicklung Indonesiens».
Hohe Bedeutung des indonesischen Markts für Schweizer Exportfirmen
Die überwiegende Mehrheit der Schweizer Exportfirmen sind KMU. Anders als grosse Unternehmen, die nicht nur durch den Export von Produkten, sondern oft auch durch Investitionen in die Produktion vor Ort direkt in den Zielmärkten präsent sind, verfügen KMU über weniger Ressourcen, um mit Handelshürden im Export umzugehen. Erleichterungen im bilateralen Handel sind somit gerade auch für die rund 100'000 exportierenden KMU in der Schweiz von grosser Bedeutung.
«Für unseren Familienbetrieb ist die Expansion nach Asien derzeit ein grosses Thema. Da Indonesien ein riesiges Absatzpotenzial für unsere nach Halal-Standard zertifizierten Produkte bietet, steht es mit im Fokus unserer Überlegungen. […]»
Christof Züger, CEO Züger Frischkäse
«Heute bearbeiten wir den indonesischen Markt ausschliesslich durch unser Werk in China. Das Freihandelsabkommen ermöglicht es uns, künftig den indonesischen Markt auch direkt aus unserem Schweizer Werk zu bedienen.»
Danilo Pieri, Geschäftsführer Swisslastic
«Mit seinen fast 300 Millionen Einwohnern ist Indonesien für uns ein zentraler Markt in Asien mit sehr wichtigen Kunden und mit grossem Wachstumspotenzial. Das Handelsabkommen würde Zölle und technische Handelshemmnisse abbauen und so unsere Wettbewerbschancen auf diesem hart umkämpften Zukunftsmarkt entscheidend verbessern.»
Stefan Scheiber, CEO Bühler Group
«Ypsomed beliefert indonesische Pharmaunternehmen mit Injektionsgeräten für flüssige Medikamente, wie etwa Insulin. Mit dem Abkommen können unsere indonesischen Kunden im Import künftig zwischen 15 und 20 Prozent an Einfuhrzöllen einsparen. Das bringt uns einen massiven Vorteil gegenüber unseren Mitbewerbern aus Deutschland oder den USA. In absoluten Zahlen liegt das Einsparpotenzial im niedrigen einstelligen Millionenbereich – die Parteien teilen dies im Normalfall auf. Aber nicht nur der Zollabbau, sondern auch der Schutz Geistigen Eigentums und die «Soft-Faktoren» sind relevant. In asiatischen Ländern ist die zwischenmenschliche Beziehung im Geschäftsumfeld wesentlich wichtiger als bei uns im Westen. Wenn also Indonesien mit der Schweiz noch enger zusammenarbeitet, dann unterstützt dies auch die Beziehung zwischen Indonesischen und Schweizer Unternehmen.»
Simon Michel, CEO Ypsomed Holding AG