Ausserordentliche Session 2020

Die ausserordentliche Session der eidgenössischen Räte ist Mittwochabend, 6. Mai, zu Ende gegangen. Aus Sicht der Wirtschaft gab es Hochs und Tiefs, aber die Entscheide hätten schlimmer ausfallen können. So wurden zum Beispiel inakzeptable Grundrechtsbeschränkungen abgewendet. Das Parlament hat zwar rekordhohe Unterstützungssummen gesprochen, sich aber im Grossen und Ganzen immerhin auf das Kreditpaket des Bundesrats beschränkt – so wie es auch economiesuisse in einem umfassenden Massnahmenpapier gefordert hatte. Dieses Papier behält seine Gültigkeit. Je besser Bundesrat, Parlament und Wirtschaft in den kommenden Sessionen zusammenarbeiten können, desto besser können die enormen Herausforderungen der Corona-Krise gemeistert werden.

Die Session im Überblick

Hauptgeschäft der ausserordentlichen Session war der Nachtrag I zum Voranschlag 2020. Neben den ordentlichen Nachtragskrediten von rund 50 Millionen Franken hatte der Bundesrat dem Parlament ein Paket von rund 57 Milliarden zu den Abfederungen der Auswirkungen der Corona-Pandemie präsentiert. Im Vorfeld der Session wurden unzählige Begehrlichkeiten laut, die diese Hilfe um Milliarden hätten ansteigen lassen. So schlimm ist es nun nicht gekommen. In den Räten war das Kreditpaket weitgehend unbestritten. Es wurde ohne Kürzungen bewilligt. Zusätzliche Ausgaben beschloss das Parlament einzig für Kindertagesstätten (65 Millionen Franken) und den Tourismus (40 Millionen Franken).

Insgesamt hat der Bund mit den Covid-19-Krediten ein wirkungsvolles Instrument geschaffen, damit Unternehmen aufgrund der Corona-Krise nicht in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Die Konditionen waren für jeden Kreditnehmer klar. Rückzahlungsfrist und Zinssatz waren bekannt. Die Konditionen sind grosszügig ausgelegt. Es wäre falsch gewesen, jenen separaten Vorstössen zu folgen, die mitten im «Spiel» die Regeln hätten ändern wollen – zum Beispiel durch Verlängerung der Rückzahlungsfrist oder des Nullprozentzinses. Denn die Covid-19-Kredite können in Härtefällen bereits um weitere zwei Jahre verlängert werden. Eine generelle Verlängerung der Kredite zu beschliessen wäre deshalb falsch gewesen. Auch kann der Bund den Zinssatz künftig anpassen, muss es aber nicht. Er wird dies nächstes Jahr auch kaum tun. Aber eine Flexibilität ist für den Fall nötig, dass sich die Zinssätze im Markt in zwei bis drei Jahren verändern sollten. Zu begrüssen ist ferner, dass die Covid-19-Kredite während der gesamten Dauer nicht als Fremdkapital zu behandeln sind. Damit wird verhindert, dass Unternehmen wegen der Liquiditätshilfen kurzfristig in eine Überschuldungssituation geraten.

Mit der Annahme der Kreditanträge des Bundesrats für die Bürgschaften zugunsten der Schweizer Luftfahrt sind ferner die Grundlagen gelegt für die finanzielle Unterstützung der Airlines Swiss und Edelweiss sowie der bodennahen Betriebe. Für den Wirtschaftsstandort Schweiz ist dies ein wichtiges Signal. Die von Bundesrat und Parlament gestellten Bedingungen für die Bürgschaften – insbesondere im Umwelt- und Sozialbereich – bleiben derweil massvoll und dürften die Erholung des Sektors zum gegebenen Zeitpunkt nicht zu stark beeinträchtigen.

Was die vom Bundesrat ursprünglich abgelehnte Unterstützung von Kindertagesstätten angeht, ist eingetroffen, was economiesuisse seit Jahren prophezeit: Was als Anschubfinanzierung des Bundes – notabene für eine Aufgabe der Kantone – begann, wird für die Bundeskasse zur Never-Ending-Story. Die damit verbundene Verflechtung von Aus- und Aufgaben von Bund und Kantonen widersprechen den Grundsätzen der NFA (Neugestaltung des Finanzausgleichs) und führen erwiesenermassen zu Ineffizienzen.

Mit den 40 Millionen Franken Mehrausgaben für den Tourismus soll eine Marketingkampagne zur Belebung der Nachfrage und zur Förderung des Tourismusangebots finanziert werden. economiesuisse unterstützt das Anliegen. Es ist richtig, in den Tourismusmärkten präsent zu bleiben.

Verzicht auf Dividendenverbot: keine schädlichen Experimente

In der Kleinen Kammer gescheitert ist das Dividenden-Ausschüttungs-Verbot für Unternehmen, die für ihre Mitarbeitenden Kurzarbeit beanspruchen. Der Nationalrat hatte sich vorher für ein weitgehendes Verbot ausgesprochen, welches sogar für ausgeschüttete Dividenden gegolten und dadurch eine Rückerstattungspflicht ausgelöst hätte.

economiesuisse hat sich mit Erfolg gegen massive Einschränkung in die Eigentumsrechte gewehrt und der Ständerat hat in der Folge den knappen Entscheid des Nationalrats wuchtig verworfen. Das ist nur schon deshalb richtig, weil Dividendenzahlungen aufgrund einer wirtschaftlichen Entscheidung des Unternehmens zu erfolgen haben, und zwar ohne staatliche Vorgaben. Kurzarbeit hingegen ist ein Instrument, das in Krisenzeiten Massenentlassungen verhindern soll. Es handelt sich dabei um eine Versicherungsleistung, für welche die Unternehmen teilweise während Jahrzehnten Prämien einbezahlt haben. Wenn man Unternehmen, die Kurzarbeit beanspruchen, verbietet, Dividenden auszubezahlen, schränkt man nicht nur deren Eigentumsrechte, sondern auch ihre wirtschaftliche Entscheidungsfähigkeit massiv ein – dies zum Schaden der Arbeitnehmer, der Unternehmen und des Standorts.

Gerade bei derartig weitgehenden Eingriffen in die Grundrechte ist vom Gesetzgeber Augenmass notwendig. Die meisten Voten in der Chambre de Reflexion sind vor diesem Hintergrund auch erfreulich deutlich ausgefallen. Ein Sprecher forderte die Staatspolitische Kommission gar auf, «sich vielleicht einmal intensiv über die Kriterien von Notrechtsgesetzgebung zu unterhalten».

Zu den diesbezüglichen Überlegungen von economiesuisse mit einer Übersicht über einige relevante Erlasse gelangen Sie hier.

Dringliche Änderung des Luftfahrtgesetzes ist bereits in Kraft getreten

Aufgrund ihrer Dringlichkeit bereits am Tag nach der Session in Kraft getreten ist die gesetzliche Grundlage, dank welcher der Bund neben den Airlines Swiss und Edelweiss auch flugnahe Betriebe auf den Landesflughäfen unterstützen kann. Diese Änderung ist auf fünf Jahre befristet.

economiesuisse wertet sie als sehr positiv. Sie ermöglicht einerseits die Sicherung der systemrelevanten Funktionen in der Bodenabfertigung. Andererseits verfügt der Bund damit nun über die nötige Flexibilität, um – angesichts der wirtschaftlichen Situation und den Besitzverhältnissen sowie Zusicherungen der betroffenen Unternehmen – angemessen zu handeln und auch einen Mittelabfluss ins Ausland verhindern zu können.

Gesetzliche Grundlagen zur Einführung der Corona-Warn-App dürfen deren Einführung nicht verzögern

Entgegen der Empfehlung des Bundesrats haben die Räte ferner Vorstösse gutgeheissen, die zusätzliche gesetzliche Grundlagen für die sogenannten Corona-Proximity-Tracing-Apps fordern. Diese sind und waren aus Sicht der Wirtschaft unnötig, weil die gesetzlichen Grundlagen bereits bestehen. Bei der App-Entwicklung wurde zudem ein hoher Schutz der Daten, Dezentralität und Freiwilligkeit berücksichtigt, die von den Motionen gefordert werden. Es bleibt zu hoffen, dass sie den zeitnahen Einsatz der App nicht verzögern.

Lösung für Geschäftsmieten den Vertragsparteien überlassen

Möglicherweise um den Druck auf die Vertragsparteien zu erhöhen, in den nächsten Wochen einvernehmliche Lösungen zu finden, hat der Nationalrat die abschliessende Debatte um staatlich verordnete Mietzinserlasse auf die Sommersession «vertagt».

Die Diskussionen in den Räten waren stark von den Interessen der jeweiligen Vertretergruppen geprägt. Dass es nicht gelungen ist, einen Kompromiss zu finden, zeigt auf, dass die durch die Coronakrise entstandenen wirtschaftlichen Herausforderungen alle – Bürger, Staat und Wirtschaft – gleichsam betreffen und sich nicht einfach durch staatliche Eingriffe verschieben lassen. Wenn man einen Vermieter zwingt, auf ihm zustehende Mieteinnahmen zu verzichten, so riskiert man beispielsweise, dass statt des Mieters der Vermieter in wirtschaftliche Not gerät. economiesuisse unterstützt es, wenn Vermieter und Mieter gemeinsam Lösungen suchen, setzt sich aber gegen eine pauschale staatlich vorgeschriebene Lösung ein.

Die Grenzen schrittweise öffnen

Eine stufenweise Wiedereröffnung der Landesgrenzen – immer unter Beachtung der gesundheitlichen Sicherheitsvorkehrungen – ist insbesondere für die wirtschaftliche Erholung der Grenzregionen unabdingbar. economiesuisse begrüsst deshalb den Entscheid des Nationalrats, den Bundesrat zum Handeln aufzufordern. Die Landesregierung sollte damit aber nicht warten, bis der Ständerat in der Sommersession über den Vorstoss entscheidet.

Denn Unternehmen brauchen vom Bundesrat rasch klare Angaben für die weiteren Öffnungsschritte. Die Landesregierung sollte diese mit den Nachbarstaaten absprechen. Aus Sicht der Wirtschaft sind die für die zweite Phase ab 8. Juni angekündigten Massnahmen noch nicht genügend klar. Sie gehen auch nicht weit genug. In enger Absprache mit den Nachbarregionen sollten ab dann auch Öffnungen im Bereich des kleinen Grenzverkehrs in Erwägung gezogen werden, zumal dort, wo die epidemiologische Entwicklung und auch die gesundheitlichen Sicherheitsvorkehrungen beidseits der Grenzen dieselben sind.


Zahlungsfähig durch die Krise

Rechtliche Auswirkungen der Corona-Pandemie

Massnahmenplan

Schwerpunkt Corona-Pandemie

Die am Montag, 4. Mai 2020 beginnende ausserordentliche Session der eidgenössischen Räte steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Der Teil-Lockdown hat die Wirtschaft vor gravierende Probleme gestellt und tut es noch. Die Schweiz wird noch lange daran zu tragen haben. Es droht die schärfste Rezession seit Jahrzehnten. Statt diese Abwärtsspirale zu verstärken, muss sie nun ins Gegenteil gekehrt werden. Das Parlament sollte deshalb nur die vom Bundesrat vorgeschlagenen Notmassnahmen gutheissen und nicht darüber hinausgehen. Auch economiesuisse trägt sie mit. Gleichzeitig veröffentlicht der Dachverband einen Massnahmenplan zur raschen wirtschaftlichen Erholung.

economiesuisse akzeptiert die Notmassnahmen, die der Bundesrat zur Bewältigung der Krise beschlossen hat und fordert das Parlament auf, ebenfalls nur die vom Bundesrat vorgeschlagenen Notmassnahmen gutzuheissen und nicht darüber hinauszugehen. Die Massnahmen sind insgesamt verhältnismässig, müssen im Sinne einer wichtigen Nothilfe aber genügen, soweit sich die Pandemie nicht wieder verschlimmert. Es braucht nun Zurückhaltung von allen Seiten und eine Konzentration auf das rasche Hochfahren der Wirtschaft im Rahmen einer kontrollierten Lockerung.

Für die nächste Etappe auf dem Weg zurück zur Normalität hat economiesuisse einen umfassenden Massnahmenplan erarbeitet. Darin werden die aus Sicht der Wirtschaft sinnvollen und vertretbaren Handlungsspielräume dargelegt. Massnahmen, die die Erholung der Wirtschaft bremsen, sind in allen Formen zu verhindern. Gleichzeitig sind die Belastungen für unseren Staat nicht noch weiter hochzufahren – die Neuverschuldung des Bundes ist heute schon rekordhoch und präzedenzlos.

Oberstes Ziel muss das Verhindern einer zweiten Infektionswelle und eines weiteren Teil-Lockdowns sein. Gleichzeitig gilt es, die volkswirtschaftlichen Kosten so tief wie möglich zu halten, indem zum Beispiel die Notmassnahmen möglichst schnell auslaufen und durch zielgerichtete Lösungen ersetzt werden. Unternehmen müssen darin unterstützt werden, schrittweise und kontrolliert, aber so rasch wie möglich wieder umfassend aktiv zu werden. Nur so kann sich eine wirtschaftliche Erholung einstellen.

Lesen Sie hier, welche Massnahmen economiesuisse zur Überwindung des Corona-Schocks konkret vorschlägt.

Massnahmenplan

Schwerpunkt Corona-Pandemie