Corona-Viren vor Grafik mit Börsenkursen

Zu­stand der Wirt­schaft in der Co­ro­na-Krise: Neue Um­fra­ge zeigt wei­te­re Ver­schlech­te­rung

Er­neut hat eco­no­mie­su­is­se eine Um­fra­ge zur Si­tua­ti­on der Schwei­zer Wirt­schaft in der Co­ro­na-Pan­de­mie durch­ge­führt, dies­mal ge­mein­sam mit dem Staats­se­kre­ta­ri­at für Wirt­schaft (SECO). Die Er­geb­nis­se zei­gen, dass sich die wirt­schaft­li­che Lage seit der letz­ten Be­fra­gung vor drei Wo­chen wei­ter ver­schlech­tert hat und die Kos­ten an­stei­gen. Es ma­chen sich nun ver­mehrt in­di­rek­te Ef­fek­te be­merk­bar, da viele Fir­men nur noch un­mit­tel­bar be­triebs­not­wen­di­ge Aus­ga­ben tä­ti­gen. Gleich­zei­tig zeigt sich, dass die bun­des­rät­li­chen Un­ter­stüt­zungs­mass­nah­men wir­ken. 

Die teil­wei­se Still­le­gung der Schwei­zer Wirt­schaft und der in­ter­na­tio­na­le Kon­junk­tur­ein­bruch hin­ter­las­sen tiefe Spu­ren. 85 Pro­zent der Bran­chen, die an der ak­tu­el­len Um­fra­ge teil­ge­nom­men haben, geben an, dass sich ihre Lage seit der letz­ten Be­fra­gung vom 20. März ver­schlech­tert hat. Ei­ner­seits lei­den viele Fir­men, die in die in­ter­na­tio­na­len Wert­schöp­fungs­ket­ten in­te­griert sind. Bei ihnen ma­chen sich Pro­duk­ti­ons­stopps bei Zu­lie­fe­rern oder Ab­neh­mern be­merk­bar. Davon sind be­son­ders Zu­lie­fe­rer für die Au­to­bran­che sowie Zu­lie­fe­rer und Pro­du­zen­ten von Lu­xus­gü­tern be­trof­fen. Auf na­tio­na­ler Ebene sind Zu­lie­fe­rer der mo­men­tan ge­schlos­se­nen Ge­schäf­te wie zum Bei­spiel Lie­fe­ran­ten für die Gas­tro­no­mie oder für die Event­bran­che wei­ter­hin stark be­trof­fen. Kurz: So­wohl Bin­nen- als auch Ex­port­wirt­schaft müs­sen er­heb­li­che Ein­bus­sen in Kauf neh­men. Ge­gen­über Ende März sind die Um­satz­ein­bus­sen von durch­schnitt­lich 25 auf 39 Pro­zent an­ge­stie­gen. Im­mer­hin er­war­ten die Un­ter­neh­men in den nächs­ten zwei Mo­na­ten keine wei­te­re Ver­schlech­te­rung.

Es zeigt sich zu­sätz­lich immer stär­ker, dass Se­kun­däref­fek­te in nicht un­mit­tel­bar be­trof­fe­nen Be­rei­chen zu­neh­men. Viele Fir­men tä­ti­gen mo­men­tan nur die ab­so­lut not­wen­di­gen Aus­ga­ben. In­ves­ti­ti­ons­tä­tig­kei­ten und nicht un­mit­tel­bar be­triebs­not­wen­di­ge Pro­jek­te wer­den auf­ge­scho­ben. Die Spar­mass­nah­men und der Fokus vie­ler Un­ter­neh­mens­lei­tun­gen auf die Be­wäl­ti­gung der Co­ro­na-Krise füh­ren zu star­ken Auf­trags­ein­brü­chen in wei­te­ren Bran­chen. So wer­den bei­spiels­wei­se Mar­ke­ting­ak­ti­vi­tä­ten ver­tagt und deut­lich we­ni­ger Wer­bung ge­schal­tet oder es wird auf Be­ra­tungs­dienst­leis­tun­gen ver­zich­tet. Eben­so sind we­ni­ger neue An­la­ge- und Bau­in­ves­ti­tio­nen zu ver­zeich­nen. Dabei wer­den Ter­mi­ne ver­scho­ben oder Auf­trä­ge ganz ab­ge­sagt. Neben dem Bau ist hier auch die In­for­ma­tik be­trof­fen. Die in den letz­ten Wo­chen an­ge­stie­ge­nen Kos­ten der Schlies­sung von Tei­len der Wirt­schaft zei­gen, dass es ab­so­lut an­ge­bracht ist, dass der Bun­des­rat so rasch wie mög­lich mit der schritt­wei­sen Lo­cke­rung vor­wärts­macht. 

Pro­ble­me ver­schie­ben sich in neue Be­rei­che

Auch wenn der Bun­des­rat nun Lo­cke­run­gen an­strebt, so ist die Schwei­zer Wirt­schaft noch lange nicht über dem Berg. Die Wirt­schaft wird auch nach der voll­stän­di­gen Öff­nung Zeit brau­chen, um sich zu er­ho­len. Die Un­ter­neh­men er­war­ten wei­ter­hin, dass sich die Lage erst in sechs bis sie­ben Mo­na­ten nor­ma­li­siert haben wird. 

Dabei zeich­net sich eine Ver­schie­bung der Pro­ble­me ab. Zu Be­ginn der Co­ro­na-Krise war der Bezug von Vor­pro­duk­ten das Haupt­pro­blem. Zwar be­ste­hen immer noch in rund der Hälf­te der Bran­chen si­gni­fi­kan­te Lie­fer­eng­päs­se. Ex­pli­zit ge­nannt wer­den etwa Roh­ma­te­ria­li­en, Schutz­an­zü­ge und -ma­te­ri­al, Ver­pa­ckungs­ma­te­ri­al, elek­tro­ni­sche Kom­po­nen­ten, Etha­nol, Möbel oder Au­to­er­satz­tei­le. Eben­so sind die Fracht­ka­pa­zi­tä­ten wei­ter­hin tie­fer und teu­rer, unter an­de­rem wegen feh­len­der Luft­fahrt­ka­pa­zi­tä­ten. Wäh­rend sich aber die Lage bei­spiels­wei­se bei Zu­lie­fe­rern aus China ver­bes­sert, kön­nen nun ver­mehrt Her­stel­ler aus eu­ro­päi­schen Län­dern wie Ita­li­en, Spa­ni­en oder Frank­reich nicht mehr lie­fern. Zu­sätz­lich ist zu be­ob­ach­ten, dass es in der Schweiz oft­mals schwie­rig ist, Lie­fe­run­gen aus dem Tes­sin zu er­hal­ten. 

Zum gröss­ten Pro­blem für die Schwei­zer Un­ter­neh­men wer­den in den nächs­ten Wo­chen je­doch die Nach­fra­ge­aus­fäl­le im In- und Aus­land. 70 Pro­zent der Bran­chen er­war­ten in den nächs­ten zwei Mo­na­ten Ab­satz­schwie­rig­kei­ten im In­land, und 58 Pro­zent der ant­wor­ten­den Ex­port­un­ter­neh­men er­war­ten Ab­satz­schwie­rig­kei­ten im Aus­land. Die Grün­de sind unter an­de­rem der Teil-Lock-down, die sin­ken­de Kon­su­men­ten­stim­mung, die zu­neh­men­den Se­kun­däref­fek­te und der Still­stand in wich­ti­gen Ab­satz­märk­ten in Eu­ro­pa, wie zum Bei­spiel in Ita­li­en und Frank­reich. 

Per­spek­ti­ve für die Ge­schäfts­auf­nah­me ist wich­tig 

Er­freu­li­cher­wei­se zeigt sich in den Ant­wor­ten der Bran­chen­ver­bän­de und der Un­ter­neh­men, dass die Mass­nah­men des Bun­des­rats vom 20. März Wir­kung zei­gen. Die Angst vor zu­künf­ti­gen Li­qui­di­täts­pro­ble­men hat be­reits deut­lich ab­ge­nom­men. Der An­teil der Un­ter­neh­men, bei denen Ent­las­sun­gen er­war­tet wer­den, ist im Ver­gleich zur letz­ten Um­fra­ge von 30 auf 17 Pro­zent ge­sun­ken. Die Li­qui­di­täts­hil­fen und die Kurz­ar­beits­ent­schä­di­gun­gen schei­nen den Fir­men die nö­ti­ge Luft zu ver­schaf­fen. 

Trotz­dem ist die Un­zu­frie­den­heit mit den Mass­nah­men des Bun­des­rats seit der letz­ten Um­fra­ge ge­stie­gen. Fast die Hälf­te der Ant­wor­ten­den be­ur­teilt diese ne­ga­tiv, in der West­schweiz sind es sogar deut­lich mehr. Der Haupt­grund liegt darin, dass Lo­cke­rungs­mass­nah­men und klare Per­spek­ti­ven für die Ge­schäfts­auf­nah­me ge­for­dert wer­den. In die­sem Sinne sind die am Don­ners­tag vom Bun­des­rat prä­sen­tier­ten Lo­cke­rungs­schrit­te zu be­grüs­sen und dürf­ten die Zu­frie­den­heit in den Un­ter­neh­men stei­gern.


 

In­for­ma­tio­nen zur Um­fra­ge

 

Die Um­fra­ge wurde von eco­no­mie­su­is­se ge­mein­sam mit dem Staats­se­kre­ta­ri­at für Wirt­schaft (SECO) vom 9. bis zum 15. April 2020 durch­ge­führt. Sie um­fass­te unter an­de­rem die glei­chen Fra­gen wie die Um­fra­ge, deren Re­sul­ta­te eco­no­mie­su­is­se am 26. März 2020 prä­sen­tiert hat. Teil­ge­nom­men haben 281 Per­so­nen. Die Um­fra­ge deckt alle Lan­des­tei­le der Schweiz ab. 40 Bran­chen­ver­bän­de haben die Um­fra­ge kon­so­li­diert für ihre Bran­che aus­ge­füllt. Die Aus­wer­tung zeigt ein ak­tu­el­les Stim­mungs­bild der Schwei­zer Wirt­schaft. Wer­den Pro­zent­an­ga­ben ge­nannt, sind diese le­dig­lich als grobe Richt­schnur zu ver­ste­hen. Die Ant­wor­ten wur­den je­weils nicht ge­wich­tet.