# 15 / 2019
06.11.2019

Sammelklagen: kaum Nutzen, viele Gefahren

Entwicklung in der Schweiz


Aufgrund vereinzelter Fälle, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im Jahre 2008 oder dem VW-Abgasskandal im Jahr 2015, wächst der Druck, den Rechtsschutz zur Durchsetzung kollektiver Ansprüche auszubauen.

 

Im Juli 2013 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht «Kollektiver Rechtsschutz in der Schweiz». Darin analysierte er die aktuelle Situation der Rechtsdurchsetzung in der Schweiz und kam zum Schluss, dass die geltenden Regelungen nicht ausreichend seien. Der Bericht fokussierte auf Gesetzesanpassungen, die aus Sicht der Verfasser wünschenswert sind. Dabei stand die Einführung von Instrumenten einer sogenannten «echten» kollektiven Rechtsdurchsetzung im Fokus des Berichts (Gruppenklagen, Gruppenvergleichsverfahren oder der Ausbau der Verbandsklage). Der Bundesrat hat jedoch auf die Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs verzichtet.

Gestützt auf den Bericht des Bundesrats wurde eine Motion eingereicht. Diese wurde von den eidgenössischen Räten angenommen. Der Bundesrat wurde damit beauftragt, die notwendigen Gesetzesänderungen auszuarbeiten, die es einer grossen Anzahl gleichartig Geschädigter erleichtern, ihre Ansprüche gemeinsam vor Gericht geltend zu machen. Es sollten einerseits die bereits bestehenden Instrumente ausgebaut, andererseits auch neue Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes geschaffen werden. Deren Ausgestaltung sollte den spezifischen schweizerischen Gegebenheiten sowie der Verhinderung von Missbräuchen Rechnung tragen und sich an den Erfahrungen, die in anderen europäischen Ländern mit solchen Modellen gesammelt wurden, orientieren. Es sollten «entamerikanisierte» Formen der Sammelklagen eingeführt werden.

Modernes Zivilprozessrecht vorhanden

Das Zivilprozessrecht wurde in der Schweiz erst vor wenigen Jahren vereinheitlicht und dabei grundlegend überarbeitet. Bei dieser grossen Revision im Jahr 2011 war die Einführung von Sammelklagen klar abgelehnt worden, da diese nach Auffassung der Expertenkommission zu grossen Schwierigkeiten geführt hätte. Damals wurde klar festgehalten, dass die bestehenden Möglichkeiten der Bündelung von Klagen ausreichend seien.

Auch sind diverse Rechtsexperten der Auffassung, dass Sammelklagen keinen Platz in unserem Rechtssystem haben und warnen vor überhasteten Anpassungen am System.

Entsprechend hat auch economiesuisse in seiner Vernehmlassung zum VE-ZPO vom 11. Juni 2018 die Einführung von Instrumenten des kollektiven Rechtsschutzes klar abgelehnt und die Schädlichkeit für den Wirtschaftsstandort Schweiz aufgezeigt.