# 14 / 2019
03.10.2019

Sustainable Finance als Trend – Wo wollen wir hin?

Hintergrund

Was ist Sustainable Finance?

Sustainable Finance (oder nachhaltige Finanzdienstleistungen) umfasst jede Form von Finanzdienstleistungen, die Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien in die Geschäfts- oder Investitionsentscheidungen einbezieht. Damit soll den Kunden und der Gesellschaft insgesamt ein nachhaltiger Nutzen entstehen. Dabei steht die oft verwendete Abkürzung «ESG» für Environment, Social, Governance. Als ESG-relevant können beispielsweise die Berücksichtigung der Folgen des Klimawandels, der Wassernutzung, der Arbeitsbedingungen und die Wirksamkeit von Managementstrukturen zur Gewährleistung einer guten Corporate Governance betrachtet werden. Als Sustainable Finance gelten unter anderem nachhaltige Fonds, grüne Anleihen, Impact Investing, Mikrofinanzierung, aktives Eigentum, Kredite für nachhaltige Projekte und wirtschaftliche Aktivitäten.

Den verschiedenen Anlegerbedürfnissen soll mit unterschiedlichen Investitionsansätzen Rechnung getragen werden.

Abbildung 1

Nachhaltige Anlagen erfreuen sich einer stark zunehmenden Beliebtheit.

Abbildung 2

In den nächsten drei Jahren treiben voraussichtlich primär institutionelle Anleger die Nachfrage am Kapitalmarkt. Schon heute entfallen 88 Prozent aller nachhaltigen Anlagen auf diese.

Abbildung 3

Bisheriger Stellenwert von Sustainable Finance im Schweizer Finanzsektor

Bereits in den 1990er-Jahren hatten Akteure des Schweizer Finanzsektors begonnen, Nachhaltigkeitskriterien in ihre Investitions- und / oder Kreditentscheidungen einzubeziehen. Seitdem ist der Markt deutlich gewachsen. Die neuesten Zahlen zeigen, dass 717 Milliarden Franken in nachhaltige Finanzanlagen investiert wurden (Swiss Sustainable Finance, 2019), das sind annäherungsweise 20 Prozent der Schweizer Vermögensverwaltung.

Neben kleineren Institutionen, deren Hauptfokus auf nachhaltigen Produkten liegt (z.B. Nest, Stiftung Abendrot, Globalance und Alternative Bank Schweiz), sind es zunehmend die herkömmlichen Finanzinstitute, die die Agenda der Nachhaltigkeit im Bereich der Anlagen vorantreiben. So nimmt beispielsweise die Swiss Re weltweit eine führende Rolle in ihrem Sektor ein, insbesondere in Bezug auf die Modellierung von Klimarisiken.

Zudem nutzen zunehmend mehr Dienstleister die Entwicklungen, um Interessenten einen professionellen Einblick und Unterstützung in Fragen der Nachhaltigkeit in Bezug auf den Finanzsektor zu geben (z.B. ECOFACT, RepRisk, Carbon Delta, Southpole).

Schliesslich sind mehrere Vereine und Verbände entstanden, die Übersicht im Thema Sustainable Finance schaffen und nationale Bestrebungen koordinieren. Neben den Organisationen Swiss Sustainable Finance (SSF) und Sustainable Finance Geneva (SFG) sowie dem Schweizer Verein für verantwortungsvolle Kapitalanlagen  (SVVK ASIR) befindet sich seit 2018 auch das Sekretariat des Netzwerks «Financial Centers for Sustainability» in Genf. Ausserdem ist die Universität Zürich Teil der neu gegründeten «Global Research Alliance for Sustainable Finance and Investment».

Im internationalen Vergleich kann die Schweiz beziehungsweise deren Finanzplätze mit den Spitzenpositionen mithalten: Gemäss Global Green Finance Index steht Zürich momentan auf Platz 2 der Leading Centres bezüglich «Depth of Green Finance», und Genf auf Platz 15. Bezüglich «Green Finance Quality» steht Zürich momentan auf Platz 5 und Genf auf Platz 10. Der Trend ist in der zeitlichen Entwicklung positiv.

Globale Hauptinitiativen im Bereich Sustainable Finance

Nachhaltigkeit im Finanzbereich gewinnt international an Bedeutung. Verschiedene internationale Gremien und Organisationen beschäftigen sich mit dem Thema. Ausserdem werden Standards entwickelt und Ziele definiert. Weltweit massgebend sind die 17 Nachhaltigkeitsziele der United Nations (Sustainable Development Goals, «SDGs»). Es wird zunehmend erwartet, dass sich Unternehmen mit diesen auseinandersetzen. Die OECD hat im April 2019 einen Bericht publiziert, in dem der Beitrag internationaler Unternehmensinvestitionen zu den SDGs näher beleuchtet wird.

Im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Global Reporting Initiative (GRI) zu erwähnen. Weiter sind folgende – zum Teil politische – Initiativen zu nennen:

  • G-20 Sustainable Finance Study Group
    Die Gruppe will eine geeignete Umgebung schaffen, um privates Kapital für umweltfreundliche Investitionen sowie für weitere Nachhaltigkeitsvorteile wie Arbeitsplatzschaffung und Gleichberechtigung beim Einkommen zu mobilisieren. Sie löst die Green Finance Study Group ab (GFSG), welche im Jahr 2016 unter der chinesischen Präsidentschaft der G-20 gegründet worden war.

  • Principles for Responsible Banking (PRB)
    Die UNEP FI versucht, umsetzbare Leitlinien in Form einer globalen Benchmark für verantwortungsvolles Banking bereitzustellen. Durch ihr Commitment zu diesen neuen Leitlinien richten Banken ihr Geschäft an den UNO-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) und am Pariser Klimaabkommen aus. Die Principles wurden im September 2019 lanciert, aus der Schweiz haben die Credit Suisse, Julius Bär und UBS diese unterzeichnet.

  • Recommendations of the Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD)
    TCFD wurde 2015 vom Financial Stability Board (FSB) gegründet, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Unternehmen und das globale Finanzsystem zu verstehen und zu adressieren. TCFD hat eine Reihe freiwilliger Möglichkeiten zur Offenlegung von Klimadaten entwickelt und veröffentlichte im Juni 2017 Empfehlungen unter anderem für Governance, Strategie und Risikomanagement.

  • Coalition of Finance Ministers for Climate Action
    Die im April 2019 gegründete Koalition hilft den Ländern, die für die Umsetzung ihrer nationalen Klimaschutzpläne erforderlichen Finanzmittel zu mobilisieren und abzustimmen. Es sollen Best Practices für Klimabudgetierungen sowie für Strategien für umweltfreundliche Investitionen und Beschaffung etabliert werden. Die Koalition soll ausserdem helfen, Klimarisiken und -anfälligkeiten in die Wirtschaftsplanung der Mitglieder einfliessen zu lassen. Die Schweiz berät derzeit über eine Mitgliedschaft.

  • EU Action Plan on Sustainable Finance
    Ziel ist eine Neuausrichtung der Kapitalflüsse in Richtung nachhaltiger Investitionen, um die Auswirkungen des Klimawandels zu mindern sowie Transparenz und ein langfristig ausgerichtetes Finanzsystem zu fördern (vgl. Ziff. 2 nachfolgend).