Gemischte Wirtschaftskommission Schweiz-Brasilien: Zeichen stehen auf Marktöffnung
An der neunten Sitzung der schweizerisch-brasilianischen Wirtschaftskommission von vergangenem Freitag standen Fragen der Medikamentenzulassung sowie Importe von Uhren und Textilien im Zentrum. Die Sitzung fand unter der Leitung von Livia Leu, Schweizer Botschafterin und Leiterin der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen des Seco, statt. Die Delegation aus Brasilien wurde von Under Secretary Santiago Mouráu angeführt.
Die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Brasilien sind mit einem Handelsvolumen von 3'372 Millionen Schweizer Franken (2017) zwar bedeutend – schöpfen aber das Potenzial bei Weitem nicht aus. Dies liegt nicht nur an der schweren Rezession, die das Land im Verlauf des letzten Jahres überwinden konnte. Es sind eher die Folgen jahrzehntelanger Politik von Importsubstitution und einer schwerfälligen Verwaltung, welche die wirtschaftliche Entwicklung stark gebremst haben. Während die Exporteure von Maschinen, Uhren oder Textilien mit sehr hohen Zöllen und Abgaben kämpfen, sehen sich die Importeure von pharmazeutischen Produkten mit einer viel zu langsamen Medikamentenzulassung konfrontiert. Bei der Patentanerkennung durch die brasilianischen Behörden besteht ein Rückstand von zwölf Jahren.
Brasilien zielt in Richtung Marktöffnung
Dass diese erschwerenden Rahmenbedingungen jedoch den Ausblick nicht trüben müssen, wurde an der Sitzung der Wirtschaftskommission ebenfalls deutlich. In Brasilien ist die Notwendigkeit von tiefgreifenden Reformen der bisherigen Aussenwirtschaftspolitik anerkannt. Die frühere Politik der Abschottung der einheimischen Industrie wird durch eine Politik der Marktöffnung ersetzt.
Diese Neuausrichtung ermöglicht dem Mercosur-Verband – dessen wirtschaftliches Schwergewicht Brasilien darstellt – den Abschluss von Freihandelsabkommen. Dabei steht der bevorstehende Abschluss mit der EU im Vordergrund – die EFTA soll baldmöglichst folgen. Die brasilianische Seite hat die Verhandlungsfortschritte mit der EFTA denn auch ausdrücklich begrüsst.
Freihandelsabkommen mit dem Mercosur für die Schweiz zentral
Auch die Schweizer Seite hat ihr grosses Interesse an einem Abschluss unterstrichen. Der Mercosur ist der weltweit fünftgrösste Wirtschaftsraum. Die Schweizer Exportunternehmen können sich ein Abseitsstehen nicht leisten. Das grösste Potenzial besteht beim Wachstum der verarbeitenden Industrie und bei den öffentlichen Infrastrukturen. Mittels Konzessionen sollen private Investitionen in Häfen, Strassen oder Flughäfen ermöglicht werden. In zollbefreiten Zonen in den einzelnen Bundesstaaten sollen auf den Export ausgerichtete Industriecluster ausgebaut werden.
Bis weitere Reformen angegangen werden können, muss die Regierungsbildung nach den Wahlen vom 7. Oktober 2018 abgewartet werden.