Schwei­zer Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men in Ge­fahr

PwC-Stu­die zu den Aus­wir­kun­gen der Erb­schafts­steu­er-In­itia­ti­ve auf Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men Die An­nah­me der Erb­schafts­steu­er-In­itia­ti­ve ver­nich­tet bis zu 50 Pro­zent des Ei­gen­ka­pi­tals von Schwei­zer Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men. Die steu­er­li­che Ge­samt­be­las­tung be­trägt schliess­lich 32 Pro­zent und nicht wie be­haup­tet 20 Pro­zent des Un­ter­neh­mens­werts. Die­ser hohe Mit­tel­ab­fluss ver­hin­dert In­ves­ti­tio­nen und ge­fähr­det Ar­beits­plät­ze. Zu die­sem Schluss kommt eine heute in Bern prä­sen­tier­te Stu­die von PwC Schweiz.

Mehr als 80 Pro­zent aller Un­ter­neh­men in der Schweiz sind in Fa­mi­li­en­hand. Und von die­sen soll jedes fünf­te bis 2020 an die nächs­te Ge­ne­ra­ti­on wei­ter­ge­ge­ben wer­den. Die Erb­schafts­steu­er-In­itia­ti­ve lässt aber viele Fra­gen zur künf­ti­gen Be­steue­rung von Un­ter­neh­men und Land­wirt­schafts­be­trie­ben offen. Diese Un­ge­wiss­heit blo­ckiert nicht nur deren lang­fris­ti­ge Pla­nung, sie ist auch Gift für den Stand­ort Schweiz. «Ver­schlech­tern sich Rah­men­be­din­gun­gen für Fa­mi­li­en­be­trie­be, so hat das weit­rei­chen­de Fol­gen für die Ge­samt­wirt­schaft und die Ar­beit­neh­men­den in der Schweiz», be­ton­te eco­no­mie­su­is­se-Prä­si­dent Heinz Kar­rer heute vor den Me­di­en. Der Wirt­schafts­dach­ver­band hat darum PwC Schweiz mit einer quan­ti­ta­ti­ven Stu­die zu den Aus­wir­kun­gen der In­itia­ti­ve be­auf­tragt.

Steu­er­last und Ge­winn­druck auf Un­ter­neh­men stei­gen ge­wal­tig

Die Stu­die ba­siert auf Daten von 123 Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ver­schie­de­ner Grös­sen und Bran­chen. Sie geht vom Grund­satz aus, dass die Steu­er für die Un­ter­neh­mens­über­tra­gung im Un­ter­neh­men selbst er­wirt­schaf­tet wer­den muss, also nicht aus dem Pri­vat­ver­mö­gen eines Un­ter­neh­mers stammt. Das Un­ter­neh­men muss zudem si­cher­stel­len, dass die Mit­tel zum Zeit­punkt der Über­tra­gung ver­füg­bar sind oder un­mit­tel­bar da­nach er­wirt­schaf­tet wer­den. Ge­mäss PwC-Stu­die sind an­la­gein­ten­si­ve Un­ter­neh­men von der In­itia­ti­ve des­halb be­son­ders stark be­trof­fen.

Wird ein Un­ter­neh­men nicht min­des­tens zehn Jahre lang von den Erben wei­ter­ge­führt, ent­fal­len jeg­li­che Steu­er­er­leich­te­run­gen. Auf dem Un­ter­neh­mens­wert, der zwei Mil­lio­nen Fran­ken über­steigt, müs­sen dann 20 Pro­zent Steu­ern (nach)be­zahlt wer­den. «Die Stu­die zeigt, dass be­reits Un­ter­neh­men ab durch­schnitt­lich 14 Mit­ar­bei­ten­den, 4,1 Mil­lio­nen Fran­ken Um­satz oder einer Bi­lanz­sum­me von 3,7 Mil­lio­nen Fran­ken von die­ser Steu­er be­trof­fen sind», so Mar­cel Wid­rig, Part­ner bei PwC. Bei über­durch­schnitt­lich pro­fi­ta­blen Un­ter­neh­men greift die Erb­schafts­steu­er noch frü­her. Will ein Un­ter­neh­mer die Steu­er wäh­rend zehn Jah­ren vor einer ge­plan­ten Un­ter­neh­mens­über­tra­gung vor­fi­nan­zie­ren, muss das Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men den ak­tu­el­len Ge­winn um 30 bis 40 Pro­zent stei­gern. Bei ge­mes­se­nen Ei­gen­ka­pi­tal­ren­di­ten von 8,8 bis 14,3 Pro­zent ist das ohne ein­schnei­den­de Mass­nah­men für das Un­ter­neh­men, wenn über­haupt, kaum er­reich­bar. Die Ziel­grös­se von 30 bis 40 Pro­zent mehr Ge­winn setzt die Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men daher unter einen rie­si­gen Kos­ten- und Wachs­tums­druck. Zudem führt die Vor­fi­nan­zie­rung der Erb­schafts­steu­er aus zu­sätz­li­chen Ge­win­nen zu einer steu­er­li­chen Mehr­be­las­tung beim Über­tra­gen­den von zehn bis zwölf Pro­zent. Im End­ef­fekt wären im Fall einer Vor­fi­nan­zie­rung also statt 20 Pro­zent Erb­schafts­steu­ern deren 30 bis 32 Pro­zent fäl­lig.

Wird der Steu­er­be­trag nicht an­ge­spart, ver­liert das Un­ter­neh­men laut Stu­die im Erb­fall 20 bis 50 Pro­zent des Ei­gen­ka­pi­tals, oder das ent­spre­chen­de Geld wird wäh­rend zehn Jah­ren im Un­ter­neh­men blo­ckiert. Pols­ter für Kri­sen­zei­ten schmel­zen oder las­sen sich nicht mehr auf­bau­en. Auch für In­ves­ti­tio­nen und Wachs­tum be­steht dann kaum Spiel­raum. Diese sind aber nötig, wenn das Un­ter­neh­men kon­kur­renz­fä­hig blei­ben und In­no­va­tio­nen vor­an­trei­ben will. «Soll also die Wei­ter­ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens nicht lei­den, müs­sen Be­triebs­kos­ten ge­senkt und Ar­beits­plät­ze ab­ge­baut wer­den», er­klär­te Urs Lan­dolf, Part­ner bei PwC. Im Ver­gleich zu nicht fa­mi­li­är ge­hal­te­nen Un­ter­neh­men sind der hohe Mit­tel­ab­fluss oder die Blo­cka­de von Gel­dern ein gros­ser Wett­be­werbs­nach­teil. De facto kommt es zu einer Un­gleich­be­hand­lung von fa­mi­li­en­geführ­ten und nicht fa­mi­li­en­geführ­ten Un­ter­neh­men.

Steu­er bricht vie­len Un­ter­neh­men das Ge­nick

Die Stu­die zeigt, dass zur Fi­nan­zie­rung der Steu­er – falls ein Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men nicht von Er­leich­te­run­gen pro­fi­tie­ren kann – zwi­schen 24 und 32 Pro­zent des Ei­gen­ka­pi­tals her­an­ge­zo­gen wer­den müs­sen. Klei­ne­re Un­ter­neh­men haben diese Mit­tel zwar oft auch ohne vor­be­rei­ten­de Mass­nah­men ver­füg­bar, müs­sen in den Fol­ge­jah­ren aber jähr­lich bis zu 30 Pro­zent mehr Ge­winn er­wirt­schaf­ten, um das Loch in der Be­triebs­kas­se wie­der zu fül­len. Aus ei­ge­ner Kraft wird das kaum ge­lin­gen. «In letz­ter Kon­se­quenz kön­nen klei­ne­re bis mitt­le­re Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men ge­zwun­gen sein, an Kon­zer­ne zu ver­kau­fen, um die Erb­schafts­steu­er zu be­zah­len. Eine nach­hal­ti­ge Schwä­chung des KMU-Stand­orts Schweiz durch ein Aus­ster­ben der Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men wäre die Folge», so Urs Lan­dolf. Für Un­ter­neh­men mit mehr als 250 Mit­ar­bei­ten­den sieht es nicht bes­ser aus: Sie müss­ten Dar­le­hen in der Höhe von bis zu 34 Pro­zent des Ei­gen­ka­pi­tals auf­neh­men, um die Steu­er be­glei­chen zu kön­nen. Um die an­fal­len­den Zin­sen auf­zu­brin­gen, muss in den dar­auf­fol­gen­den zehn Jah­ren im Ex­trem­fall ein um 40 Pro­zent hö­he­rer Ge­winn er­zielt wer­den – ein Ding der Un­mög­lich­keit. Selbst bei einem Ent­las­tungs­sze­na­rio von zu­sätz­li­chen 20 Mil­lio­nen Fran­ken Frei­be­trag auf dem Un­ter­neh­mens­wert und einem Steu­er­satz auf dem Rest­wert von fünf Pro­zent ver­lie­ren Fir­men mit über 250 Mit­ar­bei­ten­den laut Stu­die noch sechs Pro­zent ihres Ei­gen­ka­pi­tals. Um das wie­der wett­zu­ma­chen, müs­sen wäh­rend zehn Jah­ren sie­ben Pro­zent mehr Ge­winn er­wirt­schaf­tet wer­den.

Kon­kre­te Bei­spie­le zei­gen: Steu­er ist viel kom­ple­xer als be­haup­tet

Un­ter­neh­mer Ueli Fors­ter hat die Mehr­heit sei­ner An­tei­le an der Fors­ter Roh­ner AG drei­en sei­ner vier Kin­der über­ge­ben. Der vier­te Spröss­ling ist in einem Un­ter­neh­men sei­ner Gat­tin tätig. Die Nach­kom­men füh­ren die Un­ter­neh­men er­folg­reich und haben we­sent­lich zur Wert­stei­ge­rung bei­ge­tra­gen. Das be­trifft auch die An­tei­le, die noch in der Hand der El­tern sind und ein­mal in den Nach­lass fal­len dürf­ten. Das Vor­ge­hen der all­mäh­li­chen Über­ga­be ist üb­lich bei Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men. Die In­iti­an­ten lie­gen also falsch mit der Be­haup­tung, dass Nach­kom­men ihr Erbe leis­tungs­frei er­hal­ten. Denn be­steu­ert wird ef­fek­tiv auch ihre ei­ge­ne Leis­tung. Zudem stellt sich die Frage, was pas­siert, wenn ein Kind aus einer der Fir­men aus­stei­gen will? Es ist un­klar, ob alle Erben ein Un­ter­neh­men wei­ter­füh­ren müs­sen, um von Er­leich­te­run­gen zu pro­fi­tie­ren. Eben­so ist offen, ob ein Ver­wal­tungs­rats­man­dat dafür ge­nügt. Wer wird also der­einst wie viel von der Erb­schafts­steu­er zu tra­gen haben? «Es ist in unser aller In­ter­es­se, von Re­gu­lie­run­gen sol­cher­art die Fin­ger zu las­sen», so Fors­ter. Oli­vier Ce­rut­ti, Un­ter­neh­mer und In­ha­ber der Ce­rut­ti Sa­ni­taires SA, be­tont schliess­lich, dass eine Erb­schafts­steu­er für viele Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men wäh­rend des Ge­ne­ra­tio­nen­wech­sels ein Da­mo­kles­schwert dar­stellt, weil sie ihren Hand­lungs­spiel­raum stark ein­schränkt.