Krankenversicherung: Kostenbeteiligung als Zankapfel
Die Selbstbeteiligung in der Krankenversicherung ist seit jeher ein Politikum. Bisher hat dieser Streit die politische Rechte gegen die Ratslinke ausgetragen. Jüngst fand eine heftige Diskussion zwischen dem Bundesrat und dem Parlament statt. Debattiert wird über die Höhe, die Art der Anpassung sowie über die Wahlfranchisen. Das Parlament möchte die Eigenverantwortung via Kostenbeteiligungen erhöhen. Die Wirtschaft begrüsst dieses Vorhaben.
Die Kostenbeteiligung in der Grundversicherung besteht vor allem aus Franchise und Selbstbehalt. Bevor die Krankenversicherung die Leistungen rückvergütet, muss heute eine Mindestfranchise von 300 Franken pro Jahr bezahlt werden. Der Selbstbehalt von 10 Prozent wird nachher so lange fällig, bis die Obergrenze von 700 Franken erreicht wird. Diese Kostenbeteiligungen sind wichtig, weil sie die Selbstverantwortung erhöhen. Dadurch kann man nämlich das sogenannte moralische Risiko entschärfen, das entsteht, wenn ein Dritter einen Schaden bezahlt. Für die geschädigte Person besteht kaum ein Anreiz, den Schaden auf sparsame Art zu beheben. Kostenbeteiligungen erhöhen diesen Anreiz und stärken überdies die Schadensprävention. Ausserdem entlastet eine höhere Franchise die Administration der Versicherer. All dies dämpft den Prämienanstieg.
Parlament will Eigenverantwortung stärken
Seit letztem Jahr ist ein Ringen um die Kostenbeteiligung zwischen Bundesrat und Parlament in Gang. Was ist passiert? Die Kostenbeteiligung in der Grundversicherung ist seit 1998 von 15 Prozent auf 13,7 Prozent der Bruttoleistungen gesunken. Der Bundesrat hat es nämlich seit 2004 verpasst, die Mindestfranchise zu erhöhen. Auf Initiative des Parlaments musste er letztes Jahr eine Vorlage präsentieren, welche diese Selbstzahlungen an die Kostenentwicklung koppelt. Gleichzeitig stellte der Bundesrat jedoch die Streichung gewisser Wahlfranchisen und die Senkung der Prämienrabatte auf Verordnungsstufe in Aussicht. Beides steht im Widerspruch zur Absicht des Parlaments, welches die Eigenverantwortung stärken wollte. Die Reaktion kam prompt: Der Bundesrat sistierte seine Vorhaben. In der letzten Session beschloss der Nationalrat ausserhalb der eigentlichen Revision, die Mindestfranchise auf 400 Franken zu erhöhen. Ob die Franchisenentwicklung künftig an die Kosten je versicherte Person in der Grundversicherung gebunden wird, bleibt vorerst offen.
Wahlfranchisen sollen attraktiv bleiben
Für die Wirtschaft ist die Stossrichtung des Parlaments richtig. Die Kostenbeteiligung ist ein Instrument, die Selbstverantwortung zu verbessern. Das Grundversicherungssystem soll gute Leistungen zu vernünftigen Kosten bereitstellen. Dazu müssen die Versicherten gemäss ihren Möglichkeiten einen Beitrag leisten. Die Wirtschaft setzt sich zudem für attraktive Wahlfranchisen ein. Bemittelte Personen sollen die Wahlfranchisen nutzen, um zusätzliche Selbstverantwortung zu übernehmen. Das stärkt das System als Ganzes, weil die Leistungserbringer bei selbstzahlenden Patienten tendenziell kostengünstiger behandeln.