Die Bilateralen nicht unnötig gefährden

Die Befürworter der Initiative «gegen Masseneinwanderung» geben vor, mit einer simplen Massnahme die Schweiz vor allen möglichen Bedrohungen zu retten. «Kontingentierung» heisst das Wundermittel, und es soll gegen Überfremdung, Zersiedlung, Arbeitsplatzverlust, Staus, Einbrüche und andere Katastrophen wirken. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Initiative als Scheinlösung.

Es ist durchaus angebracht, die aufgezählten Probleme zu thematisieren und nach Lösungen zu suchen. Die Schuld einseitig den Zuwanderern zuzuschreiben, ist allerdings völlig verfehlt. Dass wir heute alle viel mobiler sind und mehr Wohnraum beanspruchen, ist primär eine Folge des stetig steigenden Wohlstands. Dass ein relativ hoher Anteil aller Straftaten von Ausländern begangen wird, ist nicht der Wohnbevölkerung, sondern vor allem den sogenannten «Kriminaltouristen» anzukreiden. Die Reihe liesse sich fortsetzen. Und bei jedem der angesprochenen Themen stellt sich die Frage: Sind Zuwanderungskontingente die passende Antwort?

Während die SVP mit ihrer Initiative an den tatsächlichen Sorgen der Bevölkerung vorbeizielt, trifft sie die Schweiz leider in einem ganz anderen Punkt. Mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen – das geben die Initianten selbst zu – ist die Vorlage nämlich nicht vereinbar. Und diese Grundfreiheit des europäischen Binnenmarkts ist für die EU auch nicht verhandelbar. Einer Extrawurst für die Schweiz müssten alle 28 EU-Mitglieder zustimmen – die Schweiz würde in eine europapolitische Sackgasse hineinrasen: Wir würden nicht nur die Kündigung der Bilateralen I riskieren, sondern wären bei Neuverhandlungen in einer schwachen Position. Solche hohe Risiken für unseren Wirtschaftsstandort und Wohlstand sollten wir nicht eingehen. Denn in diesen zentralen Punkten enthält die Initiative nichts als leere Versprechen.