Brücke

Neue Perspektiven für Schweizer Beziehungen zu Brasilien

Bundesrat Schneider-Ammann konnte auf seiner Wirtschafts- und Wissenschaftsmission die bilateralen Beziehungen mit neuen Perspektiven versehen: Erfreulicherweise stösst ein Freihandelsabkommen nicht mehr auf Ablehnung und im Wissenschaftsbereich konnte die Zusammenarbeit ausgebaut werden.

Trotz des ansprechenden Handelsvolumens von über 3 Milliarden Franken haben die Schweiz und Brasilien weder ein Investitionsschutz- oder Doppelbesteuerungs- noch ein Freihandelsabkommen. Brasilien hat sich in den letzten Jahren für die Schweizer Exporte mit über 2 Milliarden Franken zum wichtigsten Markt in Lateinamerika entwickelt. Allerdings ist das Wachstum der brasilianischen Wirtschaft auf zwei Prozent zurückgegangen. Die Zentralbank geht von schrumpfenden Exporten Brasiliens aus. Beim Besuch wurden die Gründe für die Exportschwäche mehrfach diskutiert. Über 50 Prozent der Ausfuhren entfallen auf Rohstoffe, zum Teil unverarbeitet. In den letzten Jahren sind die Rohstoffpreise um 20 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig hat sich die brasilianische Industrieproduktion vom Einbruch der Weltwirtschaft im Jahr 2008 nicht vollständig erholt. Brasiliens Exportindustrien sind zu wenig konkurrenzfähig. Das kräftige Wachstum in den Jahren unmittelbar nach Ausbruch der Wirtschaftskrise war vollständig vom Binnenkonsum und Staatsausgaben getragen. Gleichzeitig ging der BIP-Anteil der Investitionen auf 18,7 Prozent (2013) zurück. Diese Makrodaten machen die zentralen Herausforderungen der siebtgrössten Volkswirtschaft deutlich. Brasilien braucht dringend strukturelle Reformen. Angesichts der Wahlen im Oktober dieses Jahres dürften diese jedoch in unmittelbarer Zukunft nicht zu erwarten sein. Die kurzfristigen Aussichten sind daher durchzogen, das Downgrading des Standard & Poor-Ratings auf das mittlere Niveau BBB- widerspiegelt die bestehende Unsicherheit.

In den Gesprächen auf Regierungsebene zeichnet sich eine erhöhte Bereitschaft Brasiliens ab, die Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz durch konkrete Verbesserungen der Rahmenbedingungen zu vertiefen. Bisher stiessen entsprechende Vorstösse auf Ablehnung: Nachdem der brasilianische Wirtschaftsdachverband CNI die Bereitschaft zum Abschluss von Investitions- und Freihandelsabkommen des Mercosur mit der Schweiz betonte, signalisierte auch der Aussenminister Luiz Alberto Figueiredo Interesse an weiteren Gesprächen. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass die Schweiz von der Liste der Steuerparadiese endgültig gestrichen wird. Momentan gilt die Schweiz dort als «suspendiert», was gerade für Schweizer Direktinvestoren in Brasilien – die Schweiz ist hier unter den ersten Sechs – nicht optimal ist. Mittelfristig haben beide Länder ein Interesse am Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens.

Zweiter Bestandteil der Mission war die Wissenschaft, vertreten durch hochrangige Forscherinnen und Forscher aus der Schweiz. Hier konnte eine Absichtserklärung zwischen Forschungsinstitutionen ausgehandelt werden. Mit der Einweihung eines Büros von Swissnex in Rio de Janeiro wurde ausserdem die Zusammenarbeit bei der Innovationsförderung etabliert.