# 6 / 2024
07.11.2024

Inländisches Arbeitskräftepotenzial besser ausschöpfen

Die Antwort der Wirtschaft

Die Unternehmen spüren seit ein paar Jahren, dass Arbeitskräfte knapper werden. Es fällt ihnen schwerer als früher, geeignete Arbeitskräfte zu finden und offene Stellen zu besetzen. Die Branchen sind bereits mehrheitlich von diesem Mangel betroffen. Man spricht deshalb heute weniger von einem Fachkräfte- als viel mehr von einem Arbeitskräftemangel. Aufgrund der Demografie wird sich das Problem auf weitere Sektoren ausweiten.

Beispiel Bossard

Bossard bietet ihren Mitarbeitenden mit einem Seniorenkonzept die Möglichkeit, in den Jahren vor dem offiziellen Referenzalter durch zusätzliche Freizeit ihren Alltag den veränderten Bedürfnissen und dem individuellen gesundheitlichen Wohlbefinden anzupassen.

Ab dem 60. Altersjahr können die langjährigen, verdienten Vollzeit-Mitarbeitenden der Bossard AG die Arbeitszeitbedingungen ihrer physischen oder psychischen Belastbar- und Leistungsfähigkeit anpassen. Dies auf freiwilliger Basis, wenn mit der betrieblichen Situation vertretbar und vom direkten Vorgesetzten genehmigt. Sie können beispielsweise 52 zusätzliche Ferientage erwerben, welche im selben Kalenderjahr einzeln oder in Blöcken bezogen werden. Dabei gehen sie aber nicht wie rechnerisch korrekt wäre, eine Lohnreduktion von 20% ein, sondern nur eine Lohnreduktion von 10%; die restlichen 10% der Lohnkosten werden grosszügigerweise von der Arbeitgeberin übernommen.

Diese Form von Altersteilzeit ist eine sinnvolle Lösung mit dem Ziel, ältere Mitarbeitende bis zum Referenzalter bedürfnisgerecht zu beschäftigen. Darüber hinaus gibt es bei Bossard auch diverse Beispiele, bei denen Mitarbeitende über ihr Referenzalter hinaus länger beschäftigt werden, um so ihre langjährige und wertvolle Expertise länger im Unternehmen zu behalten. Dies geschieht beispielsweise auf Basis von flexiblen Teilzeit- oder auch im Rahmen von Stundenlohnanstellungen.

Es ist eine Stärke der Schweizer Unternehmen, dass sie sich rasch an veränderte Rahmenbedingungen anpassen können. Das Problem des zunehmenden Arbeitskräftemangels haben viele Unternehmen, insbesondere in stark betroffenen Branchen, schon länger erkannt. In einer Umfrage von economiesuisse im Mai 2024 gaben fast zwei Drittel der 448 teilnehmenden Unternehmen an, bereits eine oder mehrere Massnahmen getroffen zu haben.

Aus- und Weiterbildungen

Fast die Hälfte der Unternehmen, die Massnahmen ergriffen haben, hat ihr Angebot für Arbeitnehmende im Bereich der Aus- und Weiterbildung ausgebaut. Einerseits spielen die Unternehmen in der beruflichen Grundbildung eine wichtige Rolle, da sie Lehrlinge ausbilden und einen Grossteil der Ausbildungskosten tragen. Um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, haben viele Lehrbetriebe ihr Angebot ausgebaut oder planen künftig mehr Lehrstellen anzubieten. Andererseits unterstützen die Unternehmen ihre Mitarbeiter bei Weiterbildungen, entweder finanziell oder mit eigenen Programmen. Auch hier wollen die Unternehmen noch mehr tun als bisher. Ausserdem werden auch vermehrt Mitarbeiter umgeschult und es entstehen zusätzliche Programme für Quereinsteiger.

Anstellungsbedingungen

Über ein Drittel der Unternehmen, die Massnahmen ergriffen haben, zielen darauf ab, die Anstellungsbedingungen attraktiver zu gestalten. Die Löhne sind dabei ein Aspekt, aber nicht der einzige. Weitere mögliche Hebel sind die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die Verbesserung der internen Aufstiegsmöglichkeiten und die Übertragung von mehr Kompetenzen an die Mitarbeiter. Zudem setzen die Unternehmen alles daran, um ein möglichst angenehmes Arbeitsklima zu schaffen. Sie investieren in Ausrüstung und Arbeitsmittel, z.B. in Form einer modernen und leistungsstarken IT-Infrastruktur. Mit weiteren Fringe Benefits versuchen die Unternehmen, für neue Mitarbeiter attraktiv zu sein. Die Massnahmen haben auch zum Ziel, Mitarbeiter langfristig halten zu können und Fluktuationen zu verringern.

Rekrutierung

Schliesslich hat etwas weniger als ein Drittel der Unternehmen Massnahmen im Bereich der Rekrutierung umgesetzt. Dabei geht es einerseits um die Nutzung neuer Kanäle bei Ausschreibungen, insbesondere im Bereich der sozialen Medien. Andererseits soll das bestehende Netzwerk besser genutzt und ausgebaut werden, um potenzielle Mitarbeiter zu erreichen. Als Beispiele werden Vermittlungsprämien für Mitarbeiter, Kooperationen mit Hochschulen und der Austausch mit ausländischen Niederlassungen genannt. Eine Minderheit der Unternehmen hat auch die Rekrutierung im Ausland verstärkt oder versucht, Mitarbeiter von anderen Unternehmen abzuwerben.