Münzensack

Ein­kom­mens­ver­tei­lung: An­de­re Sor­gen über­wie­gen

​Der Ver­tei­lungs­be­richt des Ge­werk­schafts­bun­des geht an den tat­säch­li­chen Sor­gen der Be­völ­ke­rung vor­bei. Die Ein­kom­mens­kon­zen­tra­ti­on in der Schweiz ist im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich tief und seit Jah­ren sta­bil. Viel­mehr be­rei­tet den Schwei­ze­rin­nen und Schwei­zern die Wirt­schafts­ent­wick­lung Sor­gen. Statt mehr Um­ver­tei­lung, Steu­ern und Re­gu­lie­rung braucht es des­halb Struk­tur­re­for­men.

​Laut dem ak­tu­el­len gfs-Sor­gen­ba­ro­me­ter wird die Lohn­ent­wick­lung in der Schweiz von der Be­völ­ke­rung nicht als Pro­blem wahr­ge­nom­men. An ers­ter Stel­le steht viel­mehr die Sorge um die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung. Das hält den Schwei­ze­ri­schen Ge­werk­schafts­bund (SGB) in sei­nem neuen Ver­tei­lungs­be­richt aber nicht davon ab, ein Ver­bot des Über­schrei­tens be­stimm­ter Lohn­band­brei­ten und einen wei­te­ren Aus­bau der staat­li­chen Um­ver­tei­lung zu for­dern.

In sei­nem Be­richt be­haup­tet der SGB, die Sche­re zwi­schen tie­fen und hohen Ein­kom­men gehe seit Jah­ren deut­lich aus­ein­an­der. Fakt ist aber, dass die Ein­kom­mens- und Lohn­un­ter­schie­de in der Schweiz deut­lich unter dem in­ter­na­tio­na­len Durch­schnitt lie­gen und seit Aus­bruch der Fi­nanz­kri­se im Jahr 2008 sogar ab­ge­nom­men haben. In der lang­fris­ti­gen Be­trach­tung liegt die Ein­kom­mens­kon­zen­tra­ti­on in der Schweiz unter dem Ni­veau der 1960er- und 1970er-Jahre.

Die im Be­richt des SGB auf­ge­stell­te Be­haup­tung, die an­geb­li­che «Ein­kom­mens­sche­re» sei durch eine fehl­ge­lei­te­te Steu­er- und Ab­ga­ben­po­li­tik ver­stärkt wor­den, ba­siert auf einer frag­wür­di­gen In­ter­pre­ta­ti­on der Fak­ten. So ver­nach­läs­sigt der Be­richt die struk­tu­rel­len Ver­än­de­run­gen der Wirt­schaft in den letz­ten Jah­ren. Dass die hohen Ein­kom­men stär­ker ge­stie­gen sind, ist zu einem we­sent­li­chen Teil auf die An­sie­de­lung in­ter­na­tio­nal tä­ti­ger Un­ter­neh­men und die Schaf­fung hoch­qua­li­fi­zier­ter Ar­beits­plät­ze zu­rück­zu­füh­ren. Gut ver­die­nen­de Steu­er­zah­ler und Un­ter­neh­men kom­men zudem für einen ste­tig wach­sen­den An­teil an den Steu­er­ein­nah­men und So­zi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen auf. Diese Ent­wick­lung hält an. So hat bei­spiels­wei­se der Na­tio­nal­rat jüngst be­schlos­sen, bei der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung das 2011 ein­ge­führ­te So­li­da­ri­täts­pro­zent zu ent­de­ckeln und auf Ein­kom­men von über 315'000 Fran­ken aus­zu­deh­nen, was den Steu­er­cha­rak­ter der Ver­si­che­rung ver­stärkt. Ins­ge­samt führt diese Po­li­tik für den Staat zu Mehr­ein­nah­men und für tiefe und mitt­le­re Ein­kom­men sowie für Fa­mi­li­en ten­den­zi­ell zu steu­er­li­chen Ent­las­tun­gen.

Der Ver­tei­lungs­be­richt des SGB lenkt von wich­ti­ge­ren Pro­ble­men ab. Die ge­stie­ge­nen So­zi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge und Kran­ken­kas­sen­prä­mi­en sind letzt­lich Folge eines man­geln­den Wil­lens der Po­li­tik für Struk­tur­re­for­men. Sol­che Re­for­men sind aber nötig, will man das ver­füg­ba­re Ein­kom­men der Haus­hal­te nicht schmä­lern. Zur Ent­las­tung der Haus­hal­te ge­hört auch eine ein­fa­che und tiefe Mehr­wert­steu­er. Des­halb muss der Mehr­wert­steu­er­satz nach Ab­lauf der IV-Zu­satz­fi­nan­zie­rung auf An­fang 2018, wie vom Bun­des­rat ver­spro­chen, wie­der auf 7,6 Pro­zent ge­senkt wer­den.