Nationalrat gegen Kartellgesetzrevision
Der Nationalrat ist heute mit klarer Mehrheit nicht auf die Kartellgesetzrevision eingetreten. economiesuisse war und ist für eine ökonomisch sinnvolle Revision offen. Der Entscheid des Nationalrats ist in diesem Sinne nachvollziehbar. Eine Änderung des noch jungen Gesetzes ist nicht zwingend: Das geltende Recht bietet wirksame Mittel, um gegen Marktabschottungen und Wettbewerbsabsprachen vorzugehen. Nötig ist jedoch der Abbau von selbstgemachten Handelshemmnissen.
Für materielle Änderungen muss eine ökonomisch begründete Analyse ausschlaggebend sein. Institutionen und Verfahren müssen die Verantwortung für Untersuchung und Entscheid trennen, die Praxis weiterhin einbeziehen und die Prozessdauer verkürzen. Die Vorlage genügt beiden Zielsetzungen trotz Verbesserungen in einigen Punkten nicht. Das geltende Recht ist noch jung und griffig. In zentralen Fragen werden mit der Revision falsche Erwartungen geweckt.
Abbau von Handelshemmnissen wirkungsvoller
Dies gilt vor allem für die Frage der Einkaufspreise, die mit dem vom Ständerat eingeführten Art. 7a geregelt werden sollen. Die Einführung eines Lieferzwangs ist planwirtschaftlich und oft wirkungslos. Preise sind die Folge von Angebot und Nachfrage und dürfen vom Staat weder direkt noch indirekt diktiert werden. In vielen Fällen würde der Lieferzwang auch nicht wirken. So etwa bei den viel zitierten Zeitschriften. Preisdifferenzierungen sind ein Element der Marktwirtschaft und nach überwiegender Meinung der Ökonomen volkswirtschaftlich vorteilhaft. Hauptbedingung ist, dass gegen Marktabschottungen und Wettbewerbsabsprachen entschieden vorgegangen wird. Gerade dies ist bereits mit dem geltenden Recht möglich. Darüber hinaus müssen hausgemachte Handelshemmnisse, die den Wettbewerb behindern, konsequent beseitigt werden. Die vorberatende Kommission hat dazu konkrete Vorschläge unterbreitet. Das Plenum will diese in der dritten Sessionswoche behandeln. Dann wird sich zeigen, ob die Befürworter von tieferen Einkaufspreisen tatsächlich griffige Massnahmen unterstützen, die im Gegensatz zu einer Lieferpflicht marktwirtschaftlich sind.
Untersuchungs- und Entscheidbehörde trennen
Durchaus Handlungsbedarf besteht bei den Institutionen. Heute führt die Wettbewerbskommission bei Kartellverstössen gleichzeitig die Untersuchung und fällt auch den ersten, zentralen Entscheid. Die daraus resultierenden Schwierigkeiten können jedoch nur mit einer «grossen» Reform und der Einführung eines Wettbewerbsgerichts angegangen werden. Auch bei einem solchen Gericht muss die Praxis einbezogen bleiben, damit Entscheide mit zentraler wirtschaftspolitischer Wirkung nicht eng juristisch, sondern auch ökonomisch begründet erfolgen. Wenn dieser Schritt nicht konsequent getan werden will, sollte das geltende System beibehalten werden. Kleine Schritte bringen nichts und gründen auf nicht belegten Vorurteilen.
Gute Elemente getrennt aufnehmen
Die vorgeschlagene Revision würde allerdings auch Vorteile bringen. Dazu zählen vor allem tiefere Bussen bei vorsorglichen Compliance-Massnahmen und bei Zahlungen an Geschädigte sowie ein gesicherter Rechtsschutz bei Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden. Solche echten Modernisierungen sollen auch dann weiterverfolgt werden, wenn auf die ursprüngliche Vorlage definitiv nicht eingetreten wird. Darüber wird nun vorab der Ständerat beraten.