Sta­bi­li­tät, Stär­ke, Wohl­stand: Das ist das Ver­dienst der Schul­den­brem­se

Die Schul­den­brem­se ist keine Schön­wet­ter­re­gel. Sie ist auch nicht bei schö­nem Wet­ter ent­stan­den. Die Schul­den­brem­se ist die Folge eines Sturms, eines Schul­den­tor­na­dos, der auch heute droh­te, hät­ten wir die Schul­den­brem­se nicht.

Aus­lö­ser oder Ur­he­ber der Schul­den­brem­se war der Aus­ga­ben­druck der 1990er Jahre, gegen den man kein Re­zept kann­te. Die Aus­ga­ben stie­gen Jahr für Jahr und mit den Aus­ga­ben die Schul­den. 100 Mil­li­ar­den Fran­ken Neu­schul­den in­nert 15 Jah­ren. 40 Mil­li­ar­den Fran­ken davon als Folge von De­fi­zi­ten in der Fi­nanz­rech­nung oder ein­fach ge­sagt: weil der Bund prak­tisch jedes Jahr mehr aus­gab als er ein­nahm und für den Rest auf Pump lebte. Man un­ter­nahm Sa­nie­rungs­ver­su­che, man legte Haus­halts­zie­le fest, es nütz­te nichts. Die Trend­wen­de brach­te erst eine so sim­ple wie in­tui­ti­ve Regel, die man mit Un­ter­stüt­zung von 85 Pro­zent des Stimm­vol­kes in der Bun­des­ver­fas­sung ver­an­ker­te: die Schul­den­brem­se, die als Grund­satz das Ver­nünf­ti­ge ver­langt, näm­lich den Haus­halts­aus­gleich.

Keine Staats­ab­bau wegen der Schul­den­brem­se – im Ge­gen­teil

Mit dem Druck der Schul­den­brem­se wurde das ver­lo­re­ne Haus­halts­gleich­ge­wicht in­nert drei Jah­ren her­ge­stellt. Das Gleich­ge­wicht blieb in der Folge er­hal­ten und mehr noch: Dank der Asym­me­trie der Schul­den­brem­se und der star­ken Schwei­zer Wirt­schaft wur­den die Schul­den nicht nur sta­bi­li­siert, son­dern im Um­fang der frü­her auf­ge­häuf­ten Rech­nungs­de­fi­zi­te prak­tisch wie­der ab­ge­tra­gen (30 Mil­li­ar­den). Der Zin­sen­dienst sank. Es gab neuen Spiel­raum für neue Aus­ga­ben.

Zen­tra­le Bun­des­auf­ga­ben er­leb­ten unter der Schul­den­brem­se ein prä­ze­denz­lo­ses Wachs­tum. Für die So­zia­le Si­cher­heit und die Bil­dung und For­schung wur­den die Aus­ga­ben in­nert zwan­zig Jah­ren ver­dop­pelt. Mit 15 Mil­li­ar­den Fran­ken war das Wachs­tum der So­zia­len Wohl­fahrt in Fran­ken das mit Ab­stand gröss­te. Die letz­ten dreis­sig Jahre brach­ten gar eine Ver­fünf­fa­chung der So­zi­al­aus­ga­ben. Alle Bun­des­aus­ga­ben zu­sam­men sind deut­lich stär­ker ge­wach­sen als die Wirt­schaft. Die Schul­den­brem­se hat den Staat nicht zu­sam­men­ge­schrumpft. Es stimmt das Ge­gen­teil.

Stete In­ves­ti­tio­nen und Mil­li­ar­den für Kri­sen­be­wäl­ti­gung

Gleich­zei­tig hat der Bund in­ves­tiert, ste­tig und nach­hal­tig, ohne neue Schul­den, jedes Jahr im Mil­li­ar­den­um­fang. Der Bun­des­rat hat es wie­der­holt er­klärt: von einem In­ves­ti­ti­ons­eng­pass auf­grund der Schul­den­brem­se kann nicht die Rede sein.

Die Schul­den­brem­se hat auch zur Kri­sen­be­wäl­ti­gung bei­ge­tra­gen. Die so­li­de Haus­halts­la­ge vor Co­ro­na hat um­fang­reichs­te Hilfs­mass­nah­men in der Pan­de­mie wie die Un­ter­stüt­zung der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung mit einem A-fonds-perdu-Bei­trag von 16 Mil­li­ar­den Fran­ken enorm er­leich­tert (zum Preis frei­lich, dass der vor­an­ge­gan­ge­ne Schul­den­ab­bau in­nert kür­zes­ter Zeit rück­gän­gig ge­macht wurde und der Bund in Fran­ken heute mit hö­he­ren Schul­den da­steht als vor Ein­füh­rung der Schul­den­brem­se).

Sta­bi­li­tät für Stär­ke und Wohl­stand

Die Schul­den­brem­se, und das ist viel­leicht ihr gröss­tes Ver­dienst, hat Sta­bi­li­tät ge­bracht. Sie hat die Fi­nanz­po­li­tik des Bun­des be­re­chen­bar ge­macht, sie hat dem gröss­ten und wich­tigs­ten öf­fent­li­chen Haus­halt der Schweiz Si­cher­heit und Stär­ke ge­ge­ben. Der Bund ist heute ein zu­ver­läs­si­ger Leis­tungs­er­brin­ger für die Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­ner die­ses Lan­des. Auch die Kan­to­ne kön­nen auf den Bund zäh­len. Es herrscht kein Hüst und Hott, was auch für die Wirt­schaft wich­tig ist. Ein fi­nan­zier­ba­rer und auf Dauer voll fi­nan­zier­ter Staat ist ein Segen für un­se­re Volks­wirt­schaft und für den Wohl­stand von uns allen.

Die Schul­den­brem­se braucht es ge­ra­de heute

In den zwan­zig Jah­ren Schul­den­brem­se gab es viel schö­nes Wet­ter. Die Schul­den­brem­se ist auch im Son­nen­schein wich­tig, aber dafür wurde sie nicht vor allem ge­macht. Sie wurde vor allem ge­macht für Si­tua­tio­nen, wie wir sie heute haben. Wo der Aus­ga­ben­druck hoch ist, und viel mehr Aus­ga­ben ge­wünscht wer­den als Mit­tel da sind, um sie zu be­die­nen. Wo sich gros­se Un­gleich­ge­wich­te ab­zeich­nen und stei­gen­de Über­las­tun­gen, die blei­ben. Aus­ga­ben, die aus­ser Kon­trol­le ge­ra­ten, und da­von­ga­lop­pie­ren­de Schul­den – das darf es nicht mehr geben Dafür wurde die Schul­den­brem­se ge­macht.

Kor­rek­tu­ren auch bei ge­bun­de­nen Aus­ga­ben

Heute braucht es Mass­nah­men, um das Gleich­ge­wicht im Haus­halt wie­der­her­zu­stel­len. Der Bun­des­rat hat Mass­nah­men er­grif­fen, die eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt. Zu den Mass­nah­men müs­sen fle­xi­ble Bei­trags­me­cha­nis­men ge­hö­ren, die für eine be­fris­te­te Zeit auch bei den ge­bun­de­nen Aus­ga­ben Kor­rek­tu­ren mög­lich ma­chen. Der Bun­des­rat schlägt eine sol­che Mass­nah­me bei der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung vor. Wenn immer nur un­ge­bun­de­ne Aus­ga­ben nach unten kor­ri­giert wer­den, ist das schlecht für die Haus­halts­qua­li­tät und «un­ge­recht»: Bil­dung und Land­wirt­schaft mit mehr­heit­lich un­ge­bun­de­nen Aus­ga­ben soll­ten nicht gegen die stark ge­bun­de­ne So­zia­le Wohl­fahrt aus­ge­spielt wer­den, die un­ge­bun­de­nen Bei­trä­ge an die ETHs oder In­no­suis­se nicht gegen die ge­setz­lich ver­an­ker­ten (und darum stär­ker ge­schütz­ten) Hoch­schul­bei­trä­ge.

Um­fas­sen­de Grund­satz­dis­kus­si­on über Auf­ga­ben und Prio­ri­tä­ten

Ziel­füh­ren­der, weil nach­hal­ti­ger, sind am Ende aber struk­tu­rel­le Mass­nah­men, die das Haus­halts­gleich­ge­wicht auf län­ge­re Dauer si­chern. Es geht um Grund­satz­dis­kus­sio­nen über staat­li­che Prio­ri­tä­ten und ob und wie sie sich über die Zeit ver­än­dern. Um die Frage, ob der Bun­des­haus­halt immer nur wach­sen kann und alles Be­ste­hen­de für alle Zu­kunft min­des­tens im heu­ti­gen Um­fang wei­ter­ge­führt wer­den muss. Ob der Bund sich auch ver­än­dern kann, weil sich die Welt ver­än­dert. Es geht auch um die Kom­pe­ten­zen im Bun­des­staat, um die Ver­tei­lung der Auf­ga­ben. Der Bun­des­rat lässt sol­che Fra­gen durch eine Ex­per­ten­grup­pe prü­fen. Die Aus­ga­ben- und Sub­ven­ti­ons­über­prü­fung ist be­grüs­sens­wert und es ist zu hof­fen, dass sie um­fas­send ist und tief genug, damit ef­fek­tiv auch kon­kre­te und aus­rei­chen­de Ab­hil­fen gegen die heu­ti­ge Über­las­tung des Bun­des­haus­halts er­grif­fen wer­den kön­nen.

Der Bei­trag ist ein Aus­zug der Stel­lung­nah­me von eco­no­mie­su­is­se wäh­rend der An­hö­rung der Fi­nanz­kom­mis­si­on des Na­tio­nal­rats vom 21. März zum «Bun­des­ge­setz über die Mass­nah­men zur Ent­las­tung des Haus­halts ab 2025».