Zürich

Wächst die Schweiz vor allem in die Brei­te?

In der De­bat­te um Zu­wan­de­rung und Wachs­tum wird immer wie­der pos­tu­liert, dass das Brut­to­in­land­pro­dukt der Schweiz (BIP) nur noch wach­se, weil die Be­völ­ke­rung zu­nimmt. Wohl­stand und Pro­duk­ti­vi­tät wür­den hin­ge­gen sta­gnie­ren. Diese Be­haup­tung ist falsch, wie eco­no­mie­su­is­se in einem heute pu­bli­zier­ten Dos­sier­po­li­tik be­legt: Pro­duk­ti­vi­tät, Wohl­stand und Frei­zeit haben in den letz­ten Jah­ren ste­tig zu­ge­nom­men, und zwar nicht nur im Total in der Schweiz, son­dern auch pro Kopf.

Die Be­haup­tung, die Schweiz wach­se vor allem in die Brei­te, hält sich in der Öf­fent­lich­keit hart­nä­ckig. Der «Ku­chen» un­se­rer Volks­wirt­schaft sei in den letz­ten Jah­ren zwar grös­ser ge­wor­den, das Ku­chen­stück pro Per­son hin­ge­gen kaum, schrieb unter an­de­ren die «NZZ». Die Zah­len zei­gen ein an­de­res Bild: Mit we­ni­gen Rück­schlä­gen ist die Schwei­zer Wirt­schaft in den letz­ten zwei Jahr­zehn­ten ge­wach­sen. Zu­ge­legt hat nicht nur die Wirt­schaft als Gan­zes ge­mes­sen am BIP. Dank einer guten Ent­wick­lung der Ar­beits­pro­duk­ti­vi­tät stieg auch das BIP pro Kopf – der Wohl­stand für jeden Ein­zel­nen und jede Ein­zel­ne nimmt zu.

Seit Jahr­zehn­ten ist die Schweiz ein Zu­wan­de­rungs­land. Trotz tie­fer Ge­bur­ten­ra­te wächst die stän­di­ge Wohn­be­völ­ke­rung ak­tu­ell be­son­ders stark. Schon bald wird sie die Schwel­le von 9 Mil­lio­nen er­reicht haben. Die Zu­wan­de­rung in die Schweiz ist auch des­halb so hoch, weil die Schwei­zer Wirt­schaft er­folg­reich ist. Die in­no­va­ti­ven und wett­be­werbs­fä­hi­gen Un­ter­neh­men bie­ten at­trak­ti­ve Jobs für in- und aus­län­di­sche Ar­beit­neh­men­de an. Viele der Ein­ge­wan­der­ten ins­be­son­de­re aus dem EU-/Efta-Raum gehen einer sol­chen Er­werbs­tä­tig­keit nach und ver­fü­gen über sehr gute Qua­li­fi­ka­tio­nen.

Hohes Wohl­stands­ni­veau in der Schweiz

Die Schwei­zer Wirt­schafts­leis­tung pro Kopf ist in etwa dop­pelt so gross wie die­je­ni­ge Deutsch­lands oder fast 50 Pro­zent grös­ser als die­je­ni­ge der USA. Seit der Jahr­tau­send­wen­de ist das BIP pro Kopf in der Schweiz um 19 Pro­zent ge­stie­gen. Das be­deu­tet in ab­so­lu­ten Zah­len eine Stei­ge­rung um fast 14'000 USD. Zum Ver­gleich: Die gleich­zei­ti­ge Zu­nah­me des BIP pro Kopf um 22 Pro­zent be­deu­tet für Deutsch­land eine Stei­ge­rung von le­dig­lich rund 7600 USD. Wird die Kauf­kraft be­rück­sich­tigt, sind die Un­ter­schie­de auf­grund der hö­he­ren Prei­se in der Schweiz zwar nicht mehr ganz so gross. Den­noch ist der Wohl­stand hier­zu­lan­de deut­li­cher ge­stie­gen als in Deutsch­land. Ein­zig die USA wei­sen eine noch hö­he­re Zu­nah­me auf als die Schweiz.

 

 

Pro­duk­ti­vi­tät als Trei­be­rin des Wachs­tums

Un­be­streit­bar ist ein Teil des ge­sam­ten BIP-Wachs­tums der stei­gen­den Be­völ­ke­rungs­zahl zu­zu­schrei­ben, einen we­sent­li­chen Teil er­zielt die Schweiz je­doch durch eine Stei­ge­rung der Ar­beits­pro­duk­ti­vi­tät. Gleich­zei­tig ist in der Schweiz die Ar­beits­markt­par­ti­zi­pa­ti­on dank der Be­rufs­leh­re und der In­te­gra­ti­on der Frau­en sehr hoch. Der An­teil der Per­so­nen zwi­schen 15 und 64 Jah­ren, die er­werbs­tä­tig sind, liegt in der Schweiz ak­tu­ell bei 83 Pro­zent und ist damit höher als in den an­de­ren ana­ly­sier­ten Län­dern.

So­wohl für die Volks­wirt­schaft als Gan­zes als auch für jede ein­zel­ne Per­son ist der Wohl­stand in der Schweiz dank dem so­li­den Wirt­schafts­wachs­tum ge­stie­gen. Die Be­völ­ke­rung ist pro­duk­ti­ver ge­wor­den und die ex­port­ori­en­tier­ten Un­ter­neh­men sind in­ter­na­tio­nal wett­be­werbs­fä­hig. All dies konn­te die Schweiz er­rei­chen und gleich­zeit­lich die durch­schnitt­li­che Jah­res­ar­beits­zeit seit dem Jahr 2000 um acht Pro­zent re­du­zie­ren. Die Be­haup­tung, die Be­völ­ke­rung habe wenig vom Wirt­schafts­wachs­tum und die Schweiz sei nur auf­grund der Zu­wan­de­rung ge­wach­sen, ist nicht halt­bar.

 

Dos­sier­po­li­tik: Wächst die Schweiz vor allem in die Brei­te?