Europäisches Einheitspatent hat auch Auswirkung auf Schweizer Unternehmen
Der Startschuss zur grossen Patentreform in Europa ist gefallen. Wichtige Veränderungen zeichnen sich ab. Daher gilt es auch für die innovativen Schweizer Unternehmen, sich zu informieren und zu entscheiden, ob man die Patente dem neuen System unterstellen oder ob man von der Opt-Out Methode Gebrauch machen möchte.
Grosse und bedeutsame Patentreform in Europa
Im Januar 2022 ist der Startschuss zur grössten Patentreform in Europa seit über vierzig Jahren gefallen. Das europäische Einheitspatent (Unified Patent, UP) und das Europäische Patentgericht (Unified Patentcourt, UPC) sollen noch dieses Jahr Realität werden. Für die Schweiz als eine der zahlenmässig grössten Anmelderinnen von europäischen Patenten beim Europäischen Patentamt (EPA) hat diese Entwicklung eine grosse Bedeutung. Denn alle europäische Patente, auch solche, die bei Inkrafttreten bereits existierten, fallen ohne anderweitige Erklärung der Inhaber (Opt-Out) unter das neue System. Die Unternehmen müssen sich entscheiden. economiesuisse hat daher am 27. April 2022 einen Informationsanlass zum UP/UPC für die Schweizer Wirtschaft organisiert. Als Referenten waren Peter Thomsen (Präsident unserer Expertengruppe für Geistiges Eigentum, EGIP), Dr. Stefan Luginbühl (Europäisches Patentamt) und Prof. Dr. Aloys Hüttermann (Michalski, Hüttermann & Partner Patentanwälte) am Webinar beteiligt.
Das Europäische Einheitspatent
Das Europäische Patentübereinkommen hat in Europa zu einem erfolgreichen und zentralisierten Patenterteilungsverfahren geführt. Als Bündel einzelner Patente unterliegt das europäische Patent jedoch den jeweiligen nationalen Vorschriften. Für die Anmelder macht dies insbesondere das Nacherteilungsverfahren aufwändig. Das neue Einheitspatentsystem soll diese daraus entstehenden Schwächen überwinden und dabei zu einer Kostenminimierung, mehr Rechtssicherheit und einer Vereinfachung des ganzen Prozesses führen. Grundsätzlich ist das Einheitspatent ein europäisches Patent, dem jedoch eine einheitliche Wirkung zuerkannt wird. Das Prüfungsverfahren bleibt dabei unverändert und es entstehen keine zusätzlichen Gebühren.
Das Europäische Patentgericht
Zum System gehört ausserdem das neu gegründete und über ganz Europa verteilte Europäische Patentgericht (UPC). Die Verfahren werden hauptsächlich schriftlich und «frontloaded» sein. Das bedeutet, dass alle Parteien ihre Argumente so früh wie möglich auf den Tisch legen müssen. Die Richter des neuen Gerichtes sind sowohl juristisch als auch technisch qualifiziert. Vor dem UPC können Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, wobei die unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens trägt.
Opt-Out oder nicht?
Zentral für die Schweizer Unternehmen ist jetzt die Frage, ob man für seine europäischen Patente von der Opt-Out-Option Gebrauch machen möchte. Dadurch kann erwirkt werden, dass die Zuständigkeit des UPCs über ein europäisches Patent ausgeschlossen wird. In so einem Fall würde eine Streitigkeit weiterhin durch die nationalen Institutionen behandelt. Die Frage, wie es vorgehen will, muss jedes Unternehmen für sich entscheiden. Dabei gilt es, dass sich das Unternehmen mit dem neuen System und den jeweiligen Kosten vertraut macht, seine Patente analysiert und abklärt, in welchem Fall welche Option Sinn macht.