domino-effekt

Al­ters­vor­sor­ge 2020 – keine Re­form nur der Re­form wil­len

Die Stän­de­rats­mehr­heit ver­sucht wei­ter­hin, dem Volk die Re­form mit einem AHV-Zu­schlag von mo­nat­lich 70 Fran­ken für Neu­rent­ner schmack­haft zu ma­chen. Sie will damit ein Kon­zept durch­bo­xen, das zu hö­he­ren Ren­ten­ein­bus­sen führt als al­ter­na­ti­ve Mo­del­le. Vor allem bis­he­ri­ge Rent­ner und er­werbs­tä­ti­ge BVG-Ver­si­cher­te unter 50 wären be­nach­tei­ligt. Zudem wür­den sich die Struk­tur­pro­ble­me in der AHV mit­tel­fris­tig zu­sätz­lich ver­schär­fen. Eine sol­che Re­form kön­nen die Spit­zen­ver­bän­de der Wirt­schaft nicht mit­tra­gen. 

Eine Mehr­heit des Stän­de­rats be­harrt wei­ter­hin auf einem AHV-Aus­bau mit der Giess­kan­ne: Neu­rent­ner sol­len künf­tig 70 Fran­ken pro Monat mehr AHV-Rente er­hal­ten. Mit die­ser Ren­ten­er­hö­hung will der Stän­de­rat der Be­völ­ke­rung die Sen­kung des Min­destum­wand­lungs­sat­zes in der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge (BVG) schmack­haft ma­chen. Dies, ob­schon sich das Schwei­zer Stimm­volk im Herbst gegen die AHVp­lus-In­itia­ti­ve und somit gegen einen nicht fi­nan­zier­ba­ren Aus­bau der AHV auch für jene, die gar nicht dar­auf an­ge­wie­sen sind, aus­ge­spro­chen hat.

Im Ge­gen­satz zu die­sem Aus­bau set­zen sich die bei­den Spit­zen­ver­bän­de der Schwei­zer Wirt­schaft, der Schwei­ze­ri­sche Ar­beit­ge­ber­ver­band und eco­no­mie­su­is­se, für eine Re­form ein, die das ge­gen­wär­ti­ge Ren­ten­ni­veau ge­mäss Auf­trag der Bun­des­ver­fas­sung nach­hal­tig si­chert. Sie bie­ten wei­ter­hin Hand für eine aus­ge­wo­ge­ne Lö­sung und sind auch be­reit, weit ge­hen­de Zu­satz­fi­nan­zie­run­gen mit­zu­tra­gen. Eine Re­form nur der Re­form wil­len lehnt die Wirt­schaft je­doch ab. 

Um die Sen­kung des BVG-Min­destum­wand­lungs­sat­zes zu kom­pen­sie­ren, lies­se sich das ur­sprüng­li­che Mo­dell des Stän­de­rats ohne AHV-Aus­bau mit dem­je­ni­gen des Na­tio­nal­rats ver­bin­den. Die Kom­pen­sa­ti­on muss dabei zwin­gend in­ner­halb der zwei­ten Säule er­fol­gen. Auf eine Ver­mi­schung mit der ers­ten Säule ist daher zu ver­zich­ten. Wäre der Stän­de­rat den Min­der­hei­ten Kuprecht und Kel­ler-Sut­ter ge­folgt, hätte er die­sem Prin­zip ent­spro­chen und zu­gleich die Re­form um eine sinn­vol­le so­zi­al­po­li­ti­sche Mass­nah­me er­gänzt. Letz­te­re käme vor allem auch Frau­en zu­gu­te, die früh ins Er­werbs­le­ben ein­ge­tre­ten sind und ihr Leben lang ge­ar­bei­tet haben, ohne je­doch für ihr Ren­ten­al­ter ge­nü­gend vor­sor­gen zu kön­nen. Damit hätte der Stän­de­rat im Dif­fe­renz­ber­ei­ni­gungs­ver­fah­ren einen wich­ti­gen Schritt auf den Na­tio­nal­rat zu­ge­macht. 

Mit Blick auf die Fi­nan­zie­rung der AHV wer­den die Schwä­chen der Lö­sung der stän­de­rät­li­chen Mehr­heit immer of­fen­sicht­li­cher. Der an­vi­sier­te Giess­kan­nen­aus­bau führt auf­grund der jähr­lich stark stei­gen­den Neu­rent­ner­zah­len mit­tel­fris­tig zu einem zu­sätz­li­chen Kos­ten­druck. So wären al­lein für die­sen Aus­bau be­reits 2035 er­neut 0,15 Pro­zent an Lohn­bei­trä­gen nötig. Um das dann klaf­fen­de Fi­nanz­loch der AHV zu stop­fen, wer­den rund 1,5 Pro­zent an wei­te­ren Lohn­bei­trä­gen oder an Mehr­wert­steu­er fäl­lig. Weil dies für den Werk­platz Schweiz und die An­ge­stell­ten nicht ver­kraft­bar ist, wird das Ren­ten­al­ter schon bald mas­siv stei­gen müs­sen. Die Re­form wird damit zum Fass ohne Boden statt zu einer ech­ten struk­tu­rel­len Si­che­rung der AHV. Viel­mehr braucht es eine sinn­vol­le Mass­nah­me im BVG sowie die vom Na­tio­nal­rat be­schlos­se­ne Sta­bi­li­sie­rungs­re­gel für die AHV.

Selbst der Sta­tus quo wäre bes­ser als die Op­ti­on des Stän­de­rats. Doch so weit darf es nicht kom­men, denn der Re­form­be­darf ist für beide Säu­len klar aus­ge­wie­sen. Es liegt nun er­neut am Na­tio­nal­rat, die Re­form wie­der auf Er­folgs­kurs zu brin­gen. Die Zeit drängt. In der Früh­jahrs­ses­si­on 2017 müs­sen sich die bei­den Räte auf ein trag­fä­hi­ges Kon­zept ei­ni­gen, das auch Be­völ­ke­rung und Wirt­schaft zu über­zeu­gen ver­mag. 

Schwei­ze­ri­scher Ar­beit­ge­ber­ver­band und eco­no­mie­su­is­se