Ge­si­cher­te Stras­sen­fi­nan­zie­rung nicht in Sicht

Der Bun­des­rat hat heute seine Pläne für die zu­künf­ti­ge Fi­nan­zie­rung der Stras­sen­in­fra­struk­tur vor­ge­stellt. Mit der Schaf­fung eines Fonds für die Na­tio­nal­stras­sen und den Ag­glo­me­ra­ti­ons­ver­kehr will er die Stras­sen­fi­nan­zie­rung neu re­geln. eco­no­mie­su­is­se steht die­sen Plä­nen kri­tisch ge­gen­über. So lange ein nam­haf­ter Teil der Stras­sen­mit­tel in den Schie­nen­ver­kehr fliesst, ist eine auf Dauer zu­ver­läs­si­ge Fi­nan­zie­rung der Stras­sen­in­fra­struk­tur nur schwer zu er­rei­chen. Ent­spre­chend müs­sen bei der Be­ra­tung der Vor­la­ge zu Fi­nan­zie­rung und Aus­bau der Bahn­in­fra­struk­tur (FABI) die Wei­chen rich­tig ge­stellt wer­den.​

Die Ziele des Bun­des­rats, die lang­fris­ti­ge Pla­nungs­si­cher­heit und die Trans­pa­renz in der Ver­kehrs­fi­nan­zie­rung zu ver­bes­sern, sind zu be­grüs­sen. Wie die Schie­ne muss auch die Stras­se über ein zu­ver­läs­si­ges Fi­nan­zie­rungs­ge­fäss ver­fü­gen. Aus Sicht der Wirt­schaft ist ins­be­son­de­re zen­tral, dass künf­tig alle Na­tio­nal­stras­sen­aus­ga­ben aus einem Fi­nan­zie­rungs­topf ge­tä­tigt wer­den. Da­durch wird eine Mit­tel­kon­kur­renz zwi­schen den ver­schie­de­nen Aus­ga­ben­pos­ten her­ge­stellt. Dies er­for­dert eine klare Prio­ri­sie­rung von Pro­jek­ten und wird den An­for­de­run­gen einer stra­te­gi­schen Ent­wick­lungs­pla­nung ge­recht. Die in­sti­tu­tio­nel­le Aus­ge­stal­tung des Ge­fäs­ses ist für die Wirt­schaft we­ni­ger wich­tig als die Fi­nan­zie­rung an sich (In­halt vor Form). Ge­gen­über ex­ter­nen, d.h. vom Bun­des­haus­halt ge­trenn­ten Fonds­lö­sun­gen ist die Wirt­schaft aber grund­sätz­lich skep­tisch. Bei der Bahn­in­fra­struk­tur zieht eco­no­mie­su­is­se eine ​​«klas­si­sche» Fi­nan­zie­rungs­lö­sung über den Bun­des­haus­halt einem neuen Bahn­fonds, wie er der­zeit dis­ku­tiert wird, klar vor.

Mit den Plä­nen des Bun­des­rats ist die lang­fris­ti­ge Fi­nan­zie­rung der Stras­sen­in­fra­struk­tur aber noch kei­nes­falls si­cher­ge­stellt. Denn die Her­aus­for­de­run­gen in der Stras­sen­fi­nan­zie­rung sind gross, eine Fi­nan­zie­rungs­lü­cke ab 2016 ab­seh­bar. Ei­ner­seits gehen die Ein­nah­men der Stras­sen­kas­se auf­grund von Min­der­ein­nah­men bei der Mi­ne­ral­öl­steu­er lau­fend zu­rück. An­de­rer­seits wächst der Mit­tel­be­darf der Stras­se in­fol­ge der Ver­kehrs­zu­nah­me und der er­höh­ten Be­triebs- und Un­ter­halts­kos­ten eines ste­tig wach­sen­den Na­tio­nal­stras­sen­net­zes. Da­ne­ben flies­sen jähr­lich rund 1,8 Mil­li­ar­den Fran­ken an Stras­sen­gel­dern in den Bahn­aus­bau ab. Dies zu­sätz­lich zu den be­reits gross­zü­gi­gen Bei­trä­gen aus der all­ge­mei­nen Bun­des­kas­se. Vor die­sem Hin­ter­grund muss sich die Po­li­tik end­lich mit den struk­tu­rel­len Pro­ble­men in der Ver­kehrs­fi­nan­zie­rung aus­ein­an­der­set­zen, an­statt bloss kos­me­ti­sche Re­tu­schen vor­zu­neh­men. Im Klar­text be­deu­tet dies, dass be­ste­hen­de Quer­fi­nan­zie­run­gen von der Stras­se zur Schie­ne ab­zu­bau­en sind. 


Der Bei­trag der Bahn an den Wirt­schafts­stand­ort der Schweiz ist un­be­strit­ten. Man muss sich je­doch vor Augen hal­ten, dass die Stras­se nach wie vor mit Ab­stand der wich­tigs­te Ver­kehrs­trä­ger für die schwei­ze­ri­sche Volks­wirt­schaft ist: Vier von fünf Per­so­nen­ki­lo­me­tern wer­den auf der Stras­se ab­ge­wi­ckelt. Beim Gü­ter­ver­kehr sind es drei von fünf Ton­nen­ki­lo­me­tern. An­ge­sichts die­ser Tat­sa­chen er­staunt die ver­kehrs­po­li­tisch schie­fe Optik des Par­la­ments immer wie­der von Neuem. An­statt die Fi­nan­zie­rung der Ver­kehrs­in­fra­struk­tu­ren auf­ein­an­der ab­ge­stimmt an­zu­ge­hen, wird der Ver­teil­kampf ein­sei­tig auf dem Bu­ckel der Stras­se aus­ge­tra­gen. Dabei fi­nan­ziert sich der Ver­kehrs­trä­ger Stras­se be­reits heute selbst. Die Stras­sen­rech­nung des Bun­des at­tes­tiert der Stras­se einen Ei­gen­wirt­schaft­lich­keits­grad von 111 Pro­zent. Davon kann die Schie­ne bloss träu­men. Das Par­la­ment muss sich Ge­dan­ken dazu ma­chen, wie das Ver­ur­sa­cher­prin­zip auch bei der Bahn um­ge­setzt wer­den kann. 


An­statt die Ver­kehrs­fi­nan­zie­rung zu ent­wir­ren und in ihren Grund­zü­gen auf eine neue Basis zu stel­len, wer­den in der lau­fen­den par­la­men­ta­ri­schen Be­ra­tung zu FABI die be­ste­hen­den Quer­fi­nan­zie­run­gen ze­men­tiert. Eine so kurz­sich­ti­ge Po­li­tik, die die Rea­li­tä­ten im Ver­kehr völ­lig aus­ser Acht lässt, ist zum Schei­tern ver­ur­teilt. Wenn die Schweiz in Zu­kunft über ef­fi­zi­ent funk­tio­nie­ren­de und nach­hal­tig fi­nan­zier­te Ver­kehrs­in­fra­struk­tu­ren auf Stras­se und Schie­ne ver­fü­gen will, muss die FABI-Vor­la­ge noch­mals grund­le­gend über­ar­bei­tet wer­den.