Parlamentstische von vorne

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst eine ziel­ge­rich­te­te Kar­tell­ge­setz­re­vi­si­on

Die vor­be­ra­ten­de Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben des Stän­de­rats (WAK-S) hat die De­tail­be­ra­tun­gen zur Re­vi­si­on des Kar­tell­ge­set­zes ab­ge­schlos­sen und die Vor­la­ge ver­gan­ge­ne Woche klar mit 10:1 Stim­men an den Ge­samt­rat über­wie­sen. eco­no­mie­su­is­se hat sich ge­gen­über einer Mo­der­ni­sie­rung des Kar­tell­rechts stets offen ge­zeigt und be­grüsst daher den kla­ren Ent­scheid. Wich­ti­ge An­lie­gen aus Sicht der Wirt­schafts­pra­xis wur­den auf­ge­nom­men. Zu Recht will die WAK-S auf einen Lie­fer­zwang für aus­län­di­sche An­bie­ter ohne Be­rück­sich­ti­gung der Markt­macht ver­zich­ten. Of­fe­ne Fra­gen be­ste­hen vor allem be­tref­fend der öko­no­mi­schen Aus­wir­kun­gen und der In­sti­tu­tio­nen.

Die vor­ge­schla­ge­ne Re­vi­si­on des Kar­tell­ge­set­zes geht auf die vom Par­la­ment ver­lang­te Eva­lua­ti­on des erst 2003 ge­än­der­ten Rechts zu­rück. Auch eco­no­mie­su­is­se hat dazu eine ei­ge­ne Stu­die «Un­ter­neh­men im Wett­be­werb» er­stellt. Par­la­men­ta­ri­sche Vor­stös­se wie die Mo­ti­on Schwei­ger zur Be­rück­sich­ti­gung von Com­p­li­an­ce-Pro­gram­men und zur Straf­bar­keit von ver­ant­wort­li­chen na­tür­li­chen Per­so­nen, die Mo­ti­on Bir­rer-Heimo gegen un­zu­läs­si­ge Preis­dis­kri­mie­run­gen und die Vor­schlä­ge des Bun­des­rats im Zuge der Fran­ken­stär­ke präg­ten die Dis­kus­sio­nen zur Kar­tell­ge­setz­re­vi­si­on zu­sätz­lich. Ins­ge­samt wur­den drei Ver­nehm­las­sungs­run­den durch­ge­führt. Die WAK-S hat nun die Vor­la­ge ziel­ge­rich­tet an­ge­passt. Sie will das vom Bun­des­rat vor­ge­schla­ge­ne Teil­kar­tell­ver­bot mit Än­de­run­gen ein­füh­ren, aber auf die Ein­füh­rung eines Lie­fer­zwangs für aus­län­di­sche An­bie­ter ver­zich­ten. Com­p­li­an­ce-Pro­gram­me sol­len be­rück­sich­tigt wer­den, ohne je­doch zu­sätz­lich na­tür­li­che Per­so­nen straf­recht­lich zu ver­fol­gen. Bei den In­sti­tu­tio­nen will die WAK-S die Wett­be­werbs­kom­mis­si­on (WEKO) ver­klei­nern, aber auf die Ein­füh­rung eines Wett­be­werbs­ge­richts ver­zich­ten.

Die Schweiz be­nö­tigt ein mo­der­nes und grif­fi­ges Kar­tell­recht

Aus Sicht der Wirt­schaft ist es zen­tral, dass beim Teil­kar­tell­ver­bot die Be­weis­last für die Recht­fer­ti­gungs­grün­de nicht ein­sei­tig den Un­ter­neh­men auf­ge­las­tet wird. Die WAK-S hat hier den Vor­schlag des Bun­des­rats kor­ri­giert und klar­ge­stellt, dass die Be­weis­füh­rung bei den Be­hör­den bleibt. Dies ist wich­tig und rich­tig. Fer­ner gilt es, die öko­no­mi­schen Aus­wir­kun­gen der Ver­än­de­run­gen zu be­ach­ten. Hier ist ein ab­schlies­sen­des Ur­teil zum vor­ge­schla­ge­nen Teil­kar­tell­ver­bot nicht mög­lich, da ent­schei­den­de Ur­tei­le der WEKO noch nicht rechts­kräf­tig sind. Die heu­ti­ge Si­tua­ti­on ist damit als Ver­gleichs­ba­sis nicht klar. Wer­den die heu­ti­gen WEKO-Ent­schei­de be­stä­tigt, würde das neue Recht wirt­schaft­lich der heu­ti­gen Pra­xis ent­spre­chen, aber schlan­ke­re Ver­fah­ren er­lau­ben. Wich­tig ist, dass wei­ter­hin Ar­beits­ge­mein­schaf­ten zur Un­ter­brei­tung eines wett­be­werbs­för­dern­den An­ge­bots und Pool-Ver­trä­ge mög­lich blei­ben und dass Ba­ga­tell­fäl­le nicht ver­folgt wer­den. Beide An­lie­gen hat die WAK-S auf­ge­nom­men. Die Ein­füh­rung eines Zwangs für aus­län­di­sche An­bie­ter zu einem Ver­trags­ab­schluss mit Schwei­zer Nach­fra­gern ohne Be­rück­sich­ti­gung der Markt­macht wäre ein wett­be­werbs­recht­li­ches Uni­kum, wes­halb die Mehr­heit der WAK-S die­ses Be­geh­ren zu Recht ab­lehnt.

Bei den In­sti­tu­tio­nen sieht die WAK-S von der Schaf­fung eines Wett­be­werbs­ge­richts ab, da sie eine Ver­fah­rens­ver­län­ge­rung be­fürch­tet. Damit wer­den Un­ter­su­chung und Ent­scheid über Sank­tio­nen nicht so klar ge­trennt, wie es aus Sicht der Wirt­schaft wünsch­bar wäre. Im­mer­hin haben das Bun­des­ge­richt und der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te in ana­lo­gen Fäl­len ent­schie­den, dass es ge­nü­ge, wenn Sank­ti­ons­ent­schei­de auf dem Rechts­mit­tel­weg ge­richt­lich voll über­prüft wer­den. Mit der vor­ge­schla­ge­nen Ver­klei­ne­rung der WEKO mit hö­he­ren Pen­sen wer­den deren Mit­glie­der zu Bun­des­be­am­ten. Dank dem Mi­liz­prin­zip waren die WEKO-Mit­glie­der bis­her we­ni­ger vom Staat ab­hän­gig. Es ist offen, wie neu die Un­ab­hän­gig­keit ge­gen­über dem Bund ge­nü­gend ge­wahrt und wie der Ein­be­zug der Pra­xis ge­währ­leis­tet wer­den kann. Der Bun­des­rat woll­te dazu die WEKO in eine selbst­stän­di­ge und un­ab­hän­gi­ge An­stalt mit einem ei­ge­nen Auf­sichts­rat um­wan­deln.

Die Be­ra­tun­gen in der WAK-S schaf­fen nun eine klare Aus­gangs­la­ge. Nach der De­bat­te im Stän­de­rat in der drit­ten Ses­si­ons­wo­che der Früh­jahrs­ses­si­on 2013 wird Klar­heit herr­schen, wel­che Kor­rek­tu­ren im Zweitrat noch an­zu­brin­gen sind. Ent­schei­dend ist, dass die Schweiz über ein mo­der­nes und grif­fi­ges Kar­tell­recht sowie an­ge­pass­te Struk­tu­ren ver­fügt. Auf über­schies­sen­de Ein­grif­fe muss un­be­dingt ver­zich­tet wer­den.