Finanzen

Startschuss für die Individualbesteuerung ist gesetzt

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Ehepaarbesteuerung soll reformiert werden. Das heutige Modell weist zwei Schwachstellen auf: die Heiratsstrafe und schlechte Arbeitsanreize für Zweitverdiende.
  • Der Nationalrat spricht sich nun für die Individualbesteuerung aus. Das ist erfreulich, weil damit die Diskussion der künftigen Einkommensbesteuerung in der Schweiz jetzt ernsthaft geführt wird.
  • Durch die Individualbesteuerung steigen die Erwerbsanreize für Zweitverdienende. Damit ist sie auch eine wirksame Massnahme zur Reduktion des Fachkräftemangels.

Nach langer und lebhafter Debatte hat sich der Nationalrat mit einer knappen Mehrheit hinter die Individualbesteuerung gestellt. Der Bunderat hat auf Verlangen des Parlaments eine Gesetzesvorlage für eine solche Steuerreform vorgelegt. Die Vorlage ist ein indirekter Gegenvorschlag zu einer Volksinitiative der FDP-Frauen, die die zivilstandsneutrale Besteuerung verlangt und in der Umsetzung ebenfalls auf die Einführung der Individualbesteuerung abzielt. Mit dem Entscheid des Nationalrats für den bundesrätlichen Gegenvorschlag wird die Volksinitiative vorläufig sistiert. Die Vorlage geht nun zur weiteren Beratung in den Ständerat.

Die heutige Ehepaarbesteuerung weist zwei Schwachstellen auf: die Heiratsstrafe für Doppelverdiener-Ehepaare und mangelhafte Arbeitsanreize für Zweitverdienende. Heute werden die Einkommen der Ehepaare zusammengezählt und der Steuerbetrag auf dem Gesamteinkommen ermittelt. Durch die Progression bezahlen Doppelverdiener-Ehepaare höhere Steuern als Konkubinatspaare mit gleichen Erwerbseinkommen. Die Arbeitsanreize von verheirateten Zweitverdienenden sind entsprechend geringer, als wenn die Einkommen einzeln besteuert würden.

Die Individualbesteuerung setzt genau auf diese Einzelbesteuerung: jede steuerpflichtige Person füllt künftig ihre eigene Steuererklärung aus, die Berechnung der Einkommenssteuer beginnt auch bei Zweitverdienenden "bei Null". Das progressionsbedingte Problem übermässig steigender Steuerbelastungen infolge zusammengezählter Einkommen wird eliminiert. Ehepaare und Konkubinate werden steuerlich gleich behandelt. Für Zweitverdienende steigen die Arbeitsanreize.

Massnahme gegen Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel fordert die Wirtschaft. Das inländische Arbeitskräftepotential muss im Interesse der Schweiz bestmöglich genutzt werden. economiesuisse unterstützt deshalb das Projekt, die Individualbesteuerung in der Schweiz flächendeckend einzuführen. Die Einführung erfordert einen umfangreichen Systemwechsel. Der Bund, aber auch alle Kantone und Gemeinden müssen ihre Steuersysteme ändern und die Steuertarife neu austarieren. Dafür werden anspruchsvolle Reformen nötig sein, die Zeit erfordern und einen Grossteil der Steuerpflichtigen betreffen werden. Der Nationalrat hat sich, wie der Bundesrat, für eine "reine" Variante der Individualbesteuerung ausgesprochen. In der weitere Beratung könnte es um eine differenziertere Auseinandersetzung mit verschiedenen Familien- und Einkommenssituationen gehen. Den Startschuss für die Individualbesteuerung hat der Nationalrat auf jeden Fall schon mal gesetzt. Das ist erfreulich. Die Diskussion um die Zukunft der Einkommensbesteuerung in der Schweiz ist wichtig.