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Keine Schwächung der Sozialwerke durch Zuwanderung

Die Migrationsströme der vergangenen zwanzig Jahre in die Schweiz lassen in Bezug auf die Sozialwerke des Bundes (AHV, IV, EO) nicht auf eine Unterwanderung schliessen. Umso mehr, als dass die prognostizierte Zuwanderung auch in Zukunft ihren verjüngenden Effekt auf unsere Sozialwerke entfalten kann. Einschränkungen der Personenfreizügigkeit würden es schwieriger machen, Arbeitsplätze zu besetzen. Die Finanzen der Sozialwerke des Bundes würden noch stärker ins Ungleichgewicht geraten und die Abgabelast für die arbeitstätige Bevölkerung in der Schweiz erhöhen.

Das Thema Zuwanderung ist in aller Munde und polarisiert. Abseits ideologischer Debatten stellen sich jedoch komplexe Fragen, zum Beispiel wie die Zuwanderung aus ökonomischer Perspektive zu beurteilen ist. Die Schweiz verzeichnet eine im Vergleich zu anderen westlichen Staaten hohe Zuwanderungsrate. Das ermöglicht unserem Land, Arbeitsplätze zu besetzen, die Schweizer Arbeitnehmende nicht besetzen möchten oder können. Die Zuwanderung trägt damit massgeblich zur Deckung der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt und somit zur hohen Wertschöpfung in der Schweiz bei. Gleichzeitig befürchten Teile der Bevölkerung Auswirkungen der Einwanderung, beispielsweise auf den Sozialstaat.

AHV profitiert von Zuwanderung aus EU/EFTA-Staaten

Um den Effekt der Zuwanderung auf unsere Sozialwerke zu beurteilen, braucht es einen Blick auf die Struktur der Migration in die Schweiz. Wichtig dabei ist die Unterscheidung der Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit (PFZ) aus der EU/EFTA und der Zuwanderung aus Drittstaaten im Rahmen von Kontingenten. Denn die jeweiligen Gruppen weisen bezüglich Beiträge in und Leistungen aus den Sozialversicherungen des Bundes (AHV, IV, EO) unterschiedliche Merkmale auf.

Ein Forschungsbericht im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV, 2023) kommt zum Schluss, dass Zuwanderer aus der EU/EFTA ein deutlich tieferes Leistungs-Beitragsverhältnis ausweisen als Schweizer. Das heisst, dass sie verhältnismässig mehr Beiträge an die Sozialwerke AHV, IV und EO leisten und/oder weniger Leistungen beziehen als der durchschnittliche Schweizer Staatsbürger. Für Zuwanderer aus Drittstaaten sieht das Verhältnis anders aus – sie weisen ein höheres Leistungs-Beitragsverhältnis als die Schweizer Bevölkerung aus.

Zuwanderer aus EU/EFTA-Staaten sind erwerbstätig und mobil

Bestimmende Faktoren für das Leistungs-Beitragsverhältnis sind dabei der Umfang und die Dauer der Beiträge und Bezüge, erworbene Ansprüche, Erwerbsquoten und Löhne der Zuwanderer. Ein tieferes Verhältnis ergibt sich, wenn die Beiträge hoch sind (also eine hohe Erwerbsquote und ein hoher Lohn) und die Bezugsdauer der Leistungen kurz.

Das SECO (2023) beobachtet bei Zuwanderern aus der EU/EFTA eine höhere Erwerbsquote als bei Schweizern. Die Erwerbsquote von Zuwanderern aus Drittstaaten ist hingegen tiefer als beim Rest der Schweizer Bevölkerung. Denn während Zuwanderer aus der EU/EFTA mehrheitlich mit einem Arbeitsvertrag in die Schweiz kommen, ist die Zuwanderung bei den Drittstaaten stark durch den Familiennachzug getrieben. Für die Sozialversicherung positiv ist, dass nach Einführung der Personenfreizügigkeit im Jahr 2002 der Anteil an Zugewanderten aus dem EU/EFTA-Raum auf inzwischen mehr als 70 Prozent gestiegen ist (siehe Abbildung 1).

Zugewanderte arbeiten zudem oft nur temporär in der Schweiz. Die BSV-Studie stellt bei den Zuwanderern aus der EU/EFTA eine kürzere Aufenthaltsdauer fest als bei denjenigen aus Drittstaaten (siehe Abbildung 2).

Verjüngungseffekt der Zuwanderung mindert Druck auf Beitragszahlende

Die AHV profitiert in der Gesamtperspektive am meisten von dem relativen Verjüngungseffekt durch die Zuwanderung. Weil die erste Säule als Umlageverfahren konzipiert ist, werden die Leistungen der pensionierten Bevölkerung durch die Beiträge der erwerbsfähigen Bevölkerung finanziert. Nimmt das Verhältnis von (jungen) erwerbsfähigen zu (älteren) pensionierten Personen ab, erhöht sich die Finanzierungslast für die Erwerbstätigen. Die Zuwanderung führt also zu einem tieferen Leistungs-Beitragsverhältnis und mindert somit die Belastung der Schweizer Erwerbstätigen.

Diese Erkenntnis ist nicht nur eine Momentaufnahme: Der Verjüngungseffekt hält unter Einbezug der Prognosen zu Demografie und Zuwanderung bis ins Jahr 2070 an. Angesichts der fortschreitenden Alterung (Die erbarmungslose demografische Entwicklung) der Schweizer Bevölkerung darf dieser Effekt nicht unterschätzt werden. Einschränkungen der Personenfreizügigkeit drohen nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern auch die Finanzen der Sozialwerke des Bundes weiter ins Ungleichgewicht zu bringen und erhöhen die Abgabelast für die erwerbstätige Bevölkerung in der Schweiz.