BAG

Das Bundesamt ist verantwortlich für den Prämienschock

Heute hat Bundesrat Alain Berset die neuen Grundversicherungsprämien verkündet: Sie steigen um durchschnittlich 6,6 Prozent. Der Grund für diese aussergewöhnliche Verteuerung ist hausgemacht. Im Durchschnitt stiegen die Kosten über die letzten 15 Jahre nämlich «nur» um 2,6 Prozent. Es wäre möglich, die Prämien jährlich in diesem Masse zu erhöhen, würde das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nicht eine «Hüscht-und-hott»-Politik betreiben. Darüber hinaus müsste das Prämienniveau selbst ohne Sparanstrengungen nicht so hoch sein.

Die Prämien sind eng verbunden mit den Kosten pro Kopf. Diese steigen über mehrere Jahre erstaunlich konstant um 2,6 Prozent. Das Bundesamt weist einen Anstieg von 3,8 Prozent (2013 bis 2018) aus, weil es wohl die Gesamtkosten nimmt und nicht die Kosten pro Person. Die Schweizer Bevölkerung ist aber in diesem Zeitraum um 5,5 Prozent gewachsen. Die prämienrelevante Steigerung in diesem Zeitfenster war deshalb nur 2,1 Prozent. Mithilfe der Reserven wäre es möglich, die jährlichen Kostenschwankungen auszugleichen und ein stetiges Prämienwachstum – ohne «Prämienschocks» – zu erreichen. Dafür müsste allerdings das sinnlose Dogma der kostendeckenden Prämien fallen. Die Reserven generieren nämlich ebenfalls Einnahmen und sind darüber hinaus so hoch, dass jährliche Kostenschwankungen problemlos aufgefangen werden könnten.

Kantone haben sich in der Finanzierung der Grundversicherung entlastet

In den letzten Jahren haben die ambulanten Leistungen viel stärker zugenommen als die stationären. Damit wurde einerseits das Gesundheitssystem effizienter, zugleich konnten sich die Kantone in der Finanzierung entlasten. Denn sie müssen an die stationären Leistungen 55 Prozent bezahlen, während die ambulanten Leistungen zu 100 Prozent von den Krankenversicherern getragen werden. Wegen der unterschiedlichen Finanzierung müssen die Prämienzahlenden für diese Strategie «ambulant vor stationär» mehr bezahlen. Hinzu kommt der Rückzug der Kantone in der Prämienverbilligung. Auch hier hat sich der Druck auf die Prämien unnötig erhöht. Der Kantonsanteil, der eigentlich 50 Prozent sein sollte, liegt heute nur bei etwa 47 Prozent. Beide Problembereiche hat die Politik auf dem Radar. Während sich bei den Prämienverbilligungen eine Lösung abzeichnet, ist bei der Kostenverlagerung auf die Prämien Geduld gefragt. Die Kantone verlangen nämlich eine umfassende einheitliche Finanzierung (EFAS), welche auch die Pflegeleistungen erfasst. Diese Forderung ist zwar berechtigt, doch sie verzögert die Problemlösung massgeblich. Eine umfassende EFAS wird das Parlament noch einige Zeit beschäftigen.

Kostenbeteiligung steigt unterdurchschnittlich

Die Prämienzahlenden werden noch auf eine andere Art vernachlässigt. Die Ratslinke konnte nämlich Anpassungen der Kostenbeteiligung seit dem Jahr 2004 erfolgreich blockieren. Dadurch sind die Prämien zusätzlich unnötig stark gestiegen. Hätte man Franchise und Selbstbehalt der Kostenentwicklung angepasst, so wäre das Prämienniveau heute um zehn Prozent tiefer. Eine solche Einsparung konnte bisher kein einziges Kostendämpfungspaket erreichen. Im Gegenteil: Trotz epischer Diskussionen im Parlament um solche Massnahmen – diese hat Bundesrat Hans Hürlimann (1918 bis 1994) bereits Anfang der 1980er-Jahre initiiert – sind die Kosten pro Kopf ziemlich gleichmässig immer weiter angestiegen.