OECD-Mindeststeuer: Kantone tragen Verantwortung für den Standort
Der Bundesrat will die OECD-Mindestbesteuerung national umsetzen. Ziel ist es, Unternehmen vor Zusatzbesteuerungen im Ausland zu schützen und die unvermeidbare Höherbesteuerung in der Schweiz auszuschöpfen. Die Kantone sind davon besonders betroffen. Sie sind heute hauptverantwortlich für den erfolgreichen Steuerstandort, der dem Bund über 12 Milliarden Franken an Unternehmenssteuern einbringt. Die Kantone sind am besten in der Lage, die Standortattraktivität der Schweiz auch in Zukunft sicherzustellen. Die Wirtschaft plädiert dafür, ihnen den dafür notwendigen finanziellen Handlungsspielraum zu gewähren.
Seit die OECD im Dezember 2021 die Modellregeln der globalen Mindestbesteuerung beschlossen hat, laufen in der EU und in OECD-Staaten Umsetzungsprojekte. Unternehmen, die in der Schweiz unter 15 Prozent besteuert werden, drohen somit Zusatzbesteuerungen im Ausland. Der Bundesrat hat deshalb eine Verfassungsänderung für eine besondere Besteuerung grosser Unternehmen vorgeschlagen und dazu vom 11. März bis 20. April eine Vernehmlassung durchgeführt. economiesuisse hat heute die Stellungnahme eingereicht.
Der Wirtschaftsdachverband begrüsst die Umsetzung der Mindeststeuer mittels einer sogenannten «Ergänzungssteuer» ausschliesslich bei betroffenen Grossunternehmen und gezielt nur dort, wo die geforderte Steuerbelastung unterschritten wird. Während die Vorlage eine saubere verfassungsrechtliche Grundlage für die Mindestbesteuerung schafft, ist sie gleichzeitig noch keine Antwort auf die Tatsache, dass der Standort Schweiz damit an Wettbewerbsfähigkeit verliert. Der Bundesrat ist zu Recht besorgt, dass für «Bund, Kantone und Gemeinden […] ein weiteres Mal Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen auf dem Spiel» stehen. Die Schweizer Wirtschaft teilt die Besorgnis.
Die Kantone sind stark betroffen und deshalb auf die Mittel angewiesen
Der Bundesrat schlägt vor, dass allfällige Mehreinnahmen aus der Mindeststeuer an die Kantone fliessen. Das ist richtig, weil es die Kantone sind, die wegen der Mindeststeuer an Attraktivität verlieren. Die Verhältnisse in den einzelnen Kantonen sind dabei ganz unterschiedlich. Einige Kantone mit vielen Firmen sind stark betroffen, andere weniger. Gewisse Branchen werden stärker betroffen sein als andere. In manchen Kantonen können einzelne betroffene Unternehmen für die regionale Wirtschaft und Beschäftigung eine besonders grosse Rolle spielen. Die ganz unterschiedlichen Verhältnisse bringen es mit sich, dass Massnahmen für den Standort am effizientesten und am wirksamsten im jeweiligen Kanton getroffen werden.
12 Milliarden für den Bund dank attraktiver Standortpolitik der Kantone
Die Einnahmen des Bundes aus der Unternehmensbesteuerung betragen heute über 12 Milliarden Franken. Das Wachstum dieser Einnahmen in den letzten 15 Jahren ist präzedenzlos. Der Bund hat die in diesem Zeitraum um 10 Milliarden Franken angestiegenen Sozialausgaben zu einem grossen Teil über höhere Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung finanziert. Firmen tragen heute mehr zur direkten Bundessteuer bei als die Privathaushalte. Hauptgrundlage für diese erfolgreiche Entwicklung sind attraktive Standortbedingungen für international tätige Unternehmen: nur knapp drei Prozent der grössten Firmen kommen für rund 90 Prozent der Bundessteuer auf. Es muss das Ziel und erstrangige Anliegen der Schweiz sein, dieses Steuersubstrat zu erhalten und sein weiteres Wachstum in der Schweiz zu ermöglichen.
Der Bundesrat selbst nimmt die Kantone in die Pflicht: «Die Kantone werden im Rahmen der verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben souverän entscheiden, ob sie Standortmassnahmen ergreifen und welche das gegebenenfalls sein werden.» Für die Wirtschaft ist klar, dass die Kantone nicht nur an erster Stelle in der Verantwortung für die Standortattraktivität stehen, sondern sie für diese Aufgabe auch die notwendigen finanziellen Mittel erhalten müssen. Davon hängt massgeblich ab, ob die Schweiz auch in Zukunft ein weltweit erstrangiger Standort für wertschöpfungsstarke Aktivitäten sein wird und damit von wachsenden Steuereinahmen, innovativen und zukunftsfähigen Lehr- und Arbeitsstellen und steigendem Wohlstand profitieren kann.