Win­ter­ses­si­on 2018

Das Par­la­ment ver­sam­mel­te sich vom 26. No­vem­ber bis 14. De­zem­ber 2018 in Bern zur Win­ter­ses­si­on. Hier fin­den Sie un­se­re Stel­lung­nah­men zu wich­ti­gen Ge­schäf­ten.

Na­tio­nal­rat

Auch Na­tio­nal­rat will Do­mi­zil­pflicht für so­zia­le Netz­wer­ke 

Die Kom­mis­si­ons­mo­ti­on ver­langt, dass so­zia­le Netz­wer­ke, die sich mit ihren Dienst­leis­tun­gen an Schwei­zer Kon­su­men­ten rich­ten, über eine Ver­tre­tung oder ein Zu­stell­do­mi­zil in der Schweiz ver­fü­gen. Sie sol­len als An­sprech­part­ner für die schwei­ze­ri­schen Be­hör­den die­nen und den Kon­su­men­ten die ein­fa­che Ein­rei­chung von Be­an­stan­dun­gen er­mög­li­chen. 

Aus­ser­dem soll die Schweiz auf in­ter­na­tio­na­ler Ebene aktiv dar­auf hin­wir­ken, eine Lö­sung für das Pro­blem der Rechts­durch­set­zung im In­ter­net zu er­zie­len. 

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se lehnt eine Do­mi­zil­pflicht für so­zia­le Netz­wer­ke ab. Ent­we­der wäre diese wir­kungs­los oder würde zu un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Sank­tio­nen füh­ren, was aus rechts­staat­li­chen Über­le­gun­gen ab­zu­leh­nen ist. Eine Do­mi­zil­pflicht ist nicht der rich­ti­ge An­satz und löst keine Pro­ble­me.

Be­ste­hen­der Rechts­rah­men aus­rei­chend

Die Di­gi­ta­li­sie­rung wirft neue recht­li­che und po­li­ti­sche Fra­gen auf, die sich nicht in alte Denk­mus­ter zwän­gen las­sen. Das Ter­ri­to­ria­li­täts­prin­zip stösst dabei an seine Gren­zen, was ver­mehrt zu po­li­ti­schem und le­gis­la­ti­vem Ak­tio­nis­mus führt. Zur Lö­sung all­fäl­li­ger Pro­ble­me, die sich durch die Di­gi­ta­li­sie­rung stel­len, braucht es je­doch meis­tens keine neuen Vor­schrif­ten und Ge­set­ze, son­dern eine zeit­ge­mäs­se Um­set­zung des best­se­hen­den Rechts­rah­mens. Bevor der Ge­setz­ge­ber eine Do­mi­zil­pflicht für so­zia­le Netz­wer­ke ein­führt, soll­te zu­erst ge­klärt wer­den, ob hier­für über­haupt Be­darf be­steht. Dies ist zu ver­nei­nen, weil das Ziel der Mo­ti­on (recht­li­cher Zu­griff auf aus­län­di­sche Un­ter­neh­men) auch im be­ste­hen­den Rechts­rah­men er­reicht wer­den kann.

Ein­fa­che­re und kos­ten­güns­ti­ge­re Lö­sun­gen prü­fen

Für Markt­ein­stei­ger stellt die Do­mi­zil­pflicht eine nicht zu un­ter­schät­zen­de Er­schwer­nis dar. Sie ste­hen vor der Ent­schei­dung, ent­we­der auf eine Ge­schäfts­tä­tig­keit in der Schweiz zu ver­zich­ten, oder einen er­heb­li­chen Mehr­auf­wand in Kauf zu neh­men. Ein prak­ti­ka­bler und für die Be­trof­fe­nen kos­ten­güns­ti­ger An­satz wäre zum Bei­spiel eine in­ter­na­tio­na­le In­ter­net-Go­ver­nan­ce mit funk­tio­nie­ren­den Schlich­tungs­in­stru­men­ten, ana­log des Do­main-Dis­pu­te-Ver­fah­rens der Welt­or­ga­ni­sa­ti­on für geis­ti­ges Ei­gen­tum.

Un­kla­re Kon­se­quen­zen, wenn Ver­tre­tung oder Zu­stell­do­mi­zil in der Schweiz fehlt

Es stellt sich auch die Frage, wie eine Do­mi­zil­pflicht durch­ge­setzt wer­den kann. Fi­nan­zi­el­le Sank­tio­nen wie Bus­sen wären nicht durch­setz­bar, so­lan­ge eine Ver­tre­tung oder ein Zu­stell­do­mi­zil in der Schweiz fehlt. Staat­lich ver­füg­te Netz­sper­ren für so­zia­le Netz­wer­ke, die sich den Vor­schrif­ten wi­der­set­zen, sind aus grund­sätz­li­chen Über­le­gun­gen ab­zu­leh­nen. Sie grei­fen in die In­for­ma­ti­ons- und Wirt­schafts­frei­heit ein und ste­hen im Wi­der­spruch zu einer of­fe­nen Netz­in­fra­struk­tur, die zur Er­brin­gung von web­ba­sier­ten Dienst­leis­tun­gen be­nö­tigt wird. Über­dies sind sie wenig wirk­sam, weil sie re­la­tiv ein­fach um­gan­gen wer­den kön­nen. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Mo­ti­on in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Zweitrat be­han­delt. Nach­dem der Stän­de­rat die Mo­ti­on be­reits in der Som­mers­ses­si­on 2018 still­schwei­gend an­ge­nom­men hatte, hat ihr auch der Na­tio­nal­rat zu­ge­stimmt.

eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert, dass das Par­la­ment eine Do­mi­zil­pflicht für so­zia­le Netz­wer­ke be­schlos­sen hat. Diese Ent­schei­dung er­scheint kurz­sich­tig. Eine Do­mi­zil­pflicht er­schwert den Markt­zu­tritt in der Schweiz, ohne die wirk­li­chen Pro­ble­me zu lösen. Ge­ra­de für neue An­bie­ter kann dies ein ve­ri­ta­bles Hin­der­nis dar­stel­len. 

Na­tio­nal­rat mit kla­rer Mehr­heit gegen neuen Staats­in­ter­ven­tio­nis­mus auf Woh­nungs­markt 

Die Volks­in­itia­ti­ve ver­langt eine Re­vi­si­on des Ar­ti­kels 108 der Bun­des­ver­fas­sung (BV). Hin­ter­grund der In­itia­ti­ve bil­den die stei­gen­den An­ge­bots­prei­se von Miet­woh­nun­gen und Wohn­ei­gen­tum in den Jah­ren 2002 bis 2015. Der Preis­an­stieg war durch gros­se re­gio­na­le Un­ter­schie­de ge­prägt: In pe­ri­phe­ren Re­gio­nen fiel er deut­lich ge­rin­ger aus als in den ur­ba­nen Zen­tren. Diese Ent­wick­lung war durch einen Nach­fra­ge­über­hang ge­prägt und wurde durch die gute Wirt­schafts­la­ge und das Be­völ­ke­rungs­wachs­tum her­vor­ge­ru­fen. 

Ar­ti­kel 108 Ab­satz 1 BV soll nun da­hin­ge­hend er­gänzt wer­den, dass der Bund in Zu­sam­men­ar­beit mit den Kan­to­nen das An­ge­bot an preis­güns­ti­gen Miet­woh­nun­gen för­dert. Er muss si­cher­stel­len, dass Pro­gram­me der öf­fent­li­chen Hand zur För­de­rung von Sa­nie­run­gen nicht zum Ver­lust von preis­güns­ti­gen Miet­woh­nun­gen füh­ren (Art. 108 Abs. 5 BV). Neu soll der Bund in Zu­sam­men­ar­beit mit den Kan­to­nen eine ste­ti­ge Er­hö­hung des An­teils der Woh­nun­gen im Ei­gen­tum von Trä­gern des ge­mein­nüt­zi­gen Woh­nungs­baus am Ge­samt­woh­nungs­be­stand an­stre­ben. Als Ziel­wert vor­ge­se­hen sind ge­samt­schwei­ze­risch 10 Pro­zent der neu ge­bau­ten Woh­nun­gen im Ei­gen­tum die­ser Trä­ger (Art. 108 Abs. 6 BV). 

Der Bund soll die Kan­to­ne und die Ge­mein­den er­mäch­ti­gen, zur För­de­rung des ge­mein­nüt­zi­gen Woh­nungs­baus für sich ein Vor­kaufs­recht für ge­eig­ne­te Grund­stü­cke ein­zu­füh­ren. Zudem soll er ihnen beim Ver­kauf von Grund­stü­cken, die in sei­nem Ei­gen­tum oder jenem bun­des­na­her Be­trie­be sind, ein Vor­kaufs­recht ein­räu­men (Art. 108 Abs. 7 BV). Die Mass­nah­men zur Er­rei­chung der Ziele soll der Ge­setz­ge­ber fest­le­gen. 

Der Bun­des­rat be­an­tragt den eid­ge­nös­si­schen Räten, die Volks­in­itia­ti­ve zur Ab­leh­nung zu emp­feh­len. Gleich­zei­tig schlägt der Bun­des­rat vor, dass für die För­de­rung von preis­güns­ti­gem Wohn­raum ein Rah­men­kre­dit von 250 Mil­lio­nen Fran­ken be­wil­ligt wird. Der Fonds de Rou­le­ment zu­guns­ten des ge­mein­nüt­zi­gen Woh­nungs­baus soll wäh­rend 10 Jah­ren (vor­aus­sicht­lich ab 2020) auf­ge­stockt wer­den. Das er­klär­te Ziel be­steht darin, dass der ge­mein­nüt­zi­ge Woh­nungs­bau sei­nen ak­tu­el­len Markt­an­teil von vier bis fünf Pro­zent län­ger­fris­tig hal­ten kann.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se lehnt die Volks­in­itia­ti­ve sowie den Rah­men­kre­dit zur Auf­sto­ckung des Fonds de Rou­le­ment ab.

Kein Ein­griff in die kan­to­na­le Auf­ga­ben­ho­heit

Die För­de­rung von ge­mein­nüt­zi­gem Woh­nen ist keine Bun­des­auf­ga­be, son­dern Sache der Kan­to­ne und Ge­mein­den. Die so­zia­le Durch­mi­schung ist ein re­gio­na­les Pro­blem. Ent­spre­chend soll das Pro­blem auch von den Kan­to­nen und Ge­mein­den ge­löst wer­den. Auch die Wohn­si­tua­ti­on der wirt­schaft­lich und so­zi­al schwä­che­ren Haus­hal­te kön­nen die Kan­to­ne und Ge­mein­den am bes­ten be­ein­flus­sen. Sie ken­nen die lo­ka­len Ver­hält­nis­se aus ers­ter Hand und ver­fü­gen über das not­wen­di­ge Wis­sen und die Mit­tel, um den Be­trof­fe­nen zu hel­fen. 

Die Bun­des­ver­fas­sung sieht vor, dass der Bund nur die Auf­ga­ben über­nimmt, wel­che die Kraft der Kan­to­ne über­stei­gen oder einer ein­heit­li­chen Re­ge­lung durch den Bund be­dür­fen. Bei­des ist hier nicht der Fall. Eine wei­te­re Ver­la­ge­rung der För­de­rung von ge­mein­nüt­zi­gem Woh­nen zum Bund ist weder not­wen­dig noch zweck­mäs­sig und des­halb ab­zu­leh­nen. 

Wohn­raum­ver­sor­gung ist keine Staats­auf­ga­be

Die Wohn­raum­ver­sor­gung soll­te pri­mär durch die Pri­vat­wirt­schaft über markt­wirt­schaft­li­che Kri­te­ri­en er­fol­gen. Die öf­fent­li­che Hand soll­te für gute Rah­men­be­din­gun­gen sor­gen und si­cher­stel­len, dass sich das Wohn­an­ge­bot aus­rei­chend schnell an­pas­sen kann. Die In­itia­ti­ve zielt in die voll­kom­men fal­sche Rich­tung. Sie stellt einen mas­si­ven Ein­griff des Staa­tes in den Im­mo­bi­li­en­markt dar. Der Bun­des­rat schätzt, dass sie eine Ver­drei­fa­chung des ge­mein­nüt­zi­gen Woh­nungs­baus be­deu­ten würde. Aus­ser­dem würde der Ein­satz um­fang­rei­cher zu­sätz­li­cher Fi­nanz­mit­tel von Bund und Kan­to­nen er­for­der­lich. Schät­zun­gen des Bun­des gehen von rund 120 Mil­lio­nen Fran­ken pro Jahr aus. 

Eine sol­che Kon­kur­ren­zie­rung der pri­va­ten In­ves­to­ren durch die öf­fent­li­che Hand ist ab­zu­leh­nen. Sie würde den Im­mo­bi­li­en­markt er­heb­lich ver­zer­ren. Aus dem­sel­ben Grund ist auch das vor­ge­se­he­ne Vorkauf­rechts der Kan­to­ne und Ge­mein­den ab­zu­leh­nen. Es würde die öf­fent­li­che Hand ge­gen­über den an­de­ren Markt­teil­neh­mern un­ge­bühr­lich be­vor­tei­len. Diese markt­ver­zer­ren­den Ef­fek­te der In­itia­ti­ve sind nicht zu­letzt des­halb schäd­lich, weil sie pri­va­te In­ves­ti­tio­nen ver­drän­gen. Zudem greift der Staat mit dem Vor­kaufs­recht in die Ver­trags­frei­heit ein. Bis­her kön­nen die Pri­va­ten selbst be­stim­men, wem sie eine Im­mo­bi­lie ver­kau­fen wol­len. In Zu­kunft würde das Vor­kaufs­recht die freie Part­ner­wahl er­heb­lich ein­schrän­ken. Aus­ser­dem ist das Vor­kaufs­recht der Rechts­si­cher­heit ab­träg­lich. Die Pri­va­ten müss­ten je­der­zeit damit rech­nen, dass Kan­to­ne und Ge­mein­den die Über­tra­gung einer Lie­gen­schaft ver­hin­dern. Jeder pri­va­te Im­mo­bi­li­en­kauf stün­de damit unter einem Dau­er­vor­be­halt. 

We­ni­ger Re­gu­lie­rung statt Auf­sto­ckung des Fonds de Rou­le­ment

Auch eine Auf­sto­ckung des Fonds de Rou­le­ment löst die ei­gent­li­chen Pro­ble­me nicht. Heut­zu­ta­ge ver­hin­dern allzu stren­ge und star­re Vor­schrif­ten, dass der be­nö­tig­te Wohn­raum in­ner­halb nütz­li­cher Frist er­stellt wer­den kann. Sie ver­hin­dern bei­spiels­wei­se in den Bal­lungs­zen­tren, wo die Nach­fra­ge nach Wohn­raum am gröss­ten ist, das not­wen­di­ge ver­dich­te­te Bauen. Wenn der ad­mi­nis­tra­ti­ve Auf­wand und die Vor­schrif­ten für das Bauen ver­rin­gert wür­den, könn­te das An­ge­bot an Woh­nun­gen schnel­ler zu­neh­men. Tie­fe­re Woh­nungs­prei­se und -mie­ten soll­ten über eine Li­be­ra­li­sie­rung des Im­mo­bi­li­en­mark­tes und Ver­ein­fa­chun­gen des kan­to­na­len Pla­nungs- und Bau­rechts an­ge­strebt wer­den und nicht über staat­li­che Markt­ein­grif­fe.

Über­dies droht der Ein­griff in den Woh­nungs­markt zum fal­schen Zeit­punkt zu er­fol­gen. Die Zei­chen ste­hen auf Er­ho­lung: Es wird viel ge­baut und das An­ge­bot an Woh­nun­gen wächst stark, wäh­rend sich das Nach­fra­ge­wachs­tum ab­ge­schwächt hat und in ge­wis­sen Seg­men­ten und Re­gio­nen die Prei­se be­reits sin­ken. So sinkt zum Bei­spiel das Miet­preis­ni­veau be­reits schweiz­weit.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Volks­in­itia­ti­ve in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt und mit 143 zu 54 Stim­men zur Ab­leh­nung emp­foh­len. Auf An­trag der WAK-NR ist die Be­hand­lungs­frist der Volks­in­itia­ti­ve bis zum 18. April 2020 ver­län­gert wor­den. Der Stän­de­rat hat die Be­hand­lungs­frist des Ge­schäf­tes op­po­si­ti­ons­los ver­län­gert.

Mit 104 zu 78 Stim­men ist der Na­tio­nal­rat auf die Auf­sto­ckung des Fonds de Rou­le­ment ein­ge­tre­ten. Damit konn­te sich die Rats­lin­ke durch­set­zen, die zuvor in der Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben (WAK-NR) noch un­ter­le­gen war. Die WAK-NR hatte Nicht­ein­tre­ten auf den in­di­rek­ten Ge­gen­ent­wurf be­an­tragt. Mit 143 zu 54 Stim­men hat die Mehr­heit des Na­tio­nal­rats ent­schie­den, dem Be­trag des Rah­men­kre­dit ge­mäss Bun­des­rat zu­zu­stim­men. Die Min­der­heit der WAK-NR hatte be­an­tragt, den Rah­men­kre­dit auf 375 Mil­lio­nen Fran­ken zu er­hö­hen. In Hin­blick auf den Zeit­raum des Rah­men­kre­dits ist der Na­tio­nal­rat eben­falls dem An­trag der WAK-NR ge­folgt (135 zu 61 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung).

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst ei­ner­seits, dass der Na­tio­nal­rat die Volks­in­itia­ti­ve der­art deut­lich ab­ge­lehnt hat. Damit hat die gros­se Kam­mer ein kla­res Si­gnal gegen neue staat­li­che Ein­grif­fe auf dem Woh­nungs­markt ge­setzt. An­de­rer­seits ist zu be­dau­ern, dass die Rats­mehr­heit ihre Hal­tung nicht kon­se­quent durch­ge­zo­gen hat. Der in­di­rek­te Ge­gen­ent­wurf zur Volks­in­itia­ti­ve ist un­nö­tig. Ak­tu­ell be­steht wie­der mehr Woh­nungs­leer­stand, so­dass auf zu­sätz­li­che staat­li­che För­der­gel­der ver­zich­tet wer­den kann. 

Na­tio­nal­rat gegen Ein­schrän­kung von «Re­play-TV»

Mit die­ser Vor­la­ge un­ter­brei­tet der Bun­des­rat die To­tal­re­vi­si­on des Ur­he­ber­rechts­ge­set­zes (URG). Ur­he­ber­rechts­re­vi­sio­nen sind sehr kom­plex, da zahl­rei­che In­ter­es­sen be­rück­sich­tigt wer­den müs­sen. Die Re­vi­si­ons­vor­la­ge ba­siert daher auf einem Kom­pro­miss, der von Ver­tre­tern der Kul­tur­schaf­fen­den, Pro­du­zen­ten, Nut­zer, Kon­su­men­ten sowie der Wirt­schaft in den we­sent­li­chen Punk­ten ge­tra­gen wird. Diese ver­schie­de­nen In­ter­es­sen­grup­pen hat­ten sich im Rah­men einer vom EJPD ein­ge­setz­ten Ar­beits­grup­pe (AGUR12) ge­ei­nigt. Ziel der Re­vi­si­on sind eine Mo­der­ni­sie­rung des URG und eine An­pas­sung an die tech­no­lo­gi­schen und recht­li­chen Ent­wick­lun­gen der ver­gan­ge­nen Jahre. Fer­ner soll das Ur­he­ber­recht für die Chan­cen und Her­aus­for­de­run­gen der Di­gi­ta­li­sie­rung ge­wapp­net sein. Wich­tig sind dabei ge­ra­de die vor­ge­schla­ge­nen An­pas­sun­gen bei der Rech­te­durch­set­zung im In­ter­net.

Der Ge­set­zes­ent­wurf sieht unter an­de­rem für Bi­blio­the­ken und Mu­se­en ein Ver­zeich­nis­pri­vi­leg vor. Sie kön­nen in ihren Be­stands­ver­zeich­nis­sen Aus­zü­ge von Wer­ken und wei­te­re In­for­ma­tio­nen wie­der­ge­ben, so­fern und so­weit dies der Er­schlies­sung und Ver­mitt­lung ihrer Be­stän­de dient. Wei­ter schlägt der Bun­des­rat eine Re­ge­lung für die Nut­zung von ver­wais­ten Wer­ken vor. Die vor­ge­schla­ge­ne Wis­sen­schafts­schran­ke stellt si­cher, dass Ur­he­ber das für die elek­tro­ni­sche Aus­wer­tung gros­ser Text- und Da­ten­men­gen not­wen­di­ge Ko­pie­ren nicht ver­bie­ten dür­fen. Davon soll ins­be­son­de­re die For­schung pro­fi­tie­ren. 

Der Ge­set­zes­ent­wurf schlägt des Wei­te­ren vor, dass An­bie­ter von In­ter­net­diens­ten, die ihren Kun­den Spei­cher­platz zur Ver­fü­gung stel­len (sog. «Hos­ting-Pro­vi­der»), dafür zu sor­gen haben, dass ein­mal ent­fern­te il­le­ga­le In­hal­te dau­er­haft ent­fernt blei­ben. Damit soll die Be­kämp­fung der In­ter­net­pi­ra­te­rie ver­bes­sert wer­den, ohne die Kon­su­men­ten il­le­ga­ler An­ge­bo­te zu kri­mi­na­li­sie­ren. Aus­ser­dem soll im URG aus­drück­lich fest­ge­hal­ten wer­den, dass eine Da­ten­be­ar­bei­tung zur straf­recht­li­chen Ver­fol­gung von Ur­he­ber­rechts­ver­let­zun­gen zu­läs­sig ist. 

Zu­guns­ten der Kul­tur­schaf­fen­den um­fasst die Vor­la­ge die Ver­län­ge­rung der Schutz­frist für ver­wand­te Schutz­rech­te auf 70 Jahre. Fer­ner soll der Schutz von Fo­to­gra­fi­en ohne in­di­vi­du­el­len Cha­rak­ter sowie die Video-on-De­mand-Ver­gü­tung für Ur­he­ber und In­ter­pre­ten aus­ge­wei­tet wer­den. Schliess­lich sieht die Vor­la­ge die Ein­füh­rung von er­wei­ter­ten Kol­lek­tiv­li­zen­zen, Ver­bes­se­run­gen im Ta­rif­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren sowie die elek­tro­ni­sche Nut­zer­mel­dung an die Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten vor. 

Aus­ser­dem sol­len zwei Ab­kom­men der Welt­or­ga­ni­sa­ti­on für geis­ti­ges Ei­gen­tum ra­ti­fi­ziert wer­den. Ein Ab­kom­men be­trifft den Schutz von au­dio­vi­su­el­len Dar­bie­tun­gen. Das an­de­re Ab­kom­men er­leich­tert blin­den, seh­be­hin­der­ten oder sonst le­se­be­hin­der­ten Men­schen den Zu­gang zu ver­öf­fent­lich­ten Wer­ken. Beide Ab­kom­men ga­ran­tie­ren in­ter­na­tio­na­le Stan­dards, die in der Schweiz weit­ge­hend ge­setz­lich ver­an­kert sind. Ihre Um­set­zung er­for­dert darum ge­rin­ge ge­setz­li­che An­pas­sun­gen. 

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt ge­ne­rell die wirk­sa­me Durch­set­zung von Im­ma­te­ri­al­gü­ter­rech­ten und damit auch des Ur­he­ber­rechts. Die ra­san­ten tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lun­gen der ver­gan­ge­nen Jahre führ­ten zu neuen Ver­wer­tungs­for­men und wer­fen da­durch neue recht­li­che Fra­gen auf. Im In­ter­es­se der Rechts­si­cher­heit müs­sen die be­ste­hen­den Lü­cken im URG ge­schlos­sen wer­den. Der AGUR12 II-Kom­pro­miss bil­det eine gute Basis der URG-Re­vi­si­on. Die­ser wird im vor­lie­gen­den Ge­set­zes­ent­wurf je­doch noch nicht prä­zi­se re­flek­tiert. Darum be­steht noch An­pas­sungs­be­darf.

Auf neue Schran­ken für For­schungs­stand­ort Schweiz ver­zich­ten

Von gros­ser Re­le­vanz ist das Ur­he­ber­recht ins­be­son­de­re für den For­schungs­stand­ort Schweiz. Bei der Re­vi­si­on gilt es die­sen As­pekt zwin­gend zu be­rück­sich­ti­gen. Ar­ti­kel 24e er­leich­tert die Nut­zung der Be­stän­de von öf­fent­li­chen Bi­blio­the­ken, Mu­se­en und Ar­chi­ven. So kön­nen bei­spiels­wei­se bei On­line-Re­cher­chen neu das Ver­zeich­nis oder eine Zu­sam­men­fas­sung des Wer­kes an­ge­zeigt wer­den. Die Be­stim­mung stellt eine ge­ne­rel­le Ver­ein­fa­chung dar und ist für die For­schung för­der­lich. So kön­nen Bar­rie­ren ab­ge­baut, der tech­no­lo­gi­sche Wan­del wie­der­ge­ge­ben (z.B. wer­den Un­ter­su­chun­gen von «Big Data» er­mög­licht) und der For­schungs­stand­ort Schweiz ge­stärkt wer­den.

Keine un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Ein­schrän­kun­gen

Das URG be­fin­det sich in einem Span­nungs­feld viel­fäl­ti­ger, teils wi­der­stre­ben­der In­ter­es­sen: Die Ur­he­ber sind auf einen mög­lichst um­fas­sen­den Schutz ihrer Rech­te an­ge­wie­sen, die Nut­zer und Kon­su­men­ten auf einen ein­fa­chen und güns­ti­gen Zu­gang zu den Wer­ken. Die Wirt­schaft ist in dop­pel­ter Hin­sicht von den Be­stim­mun­gen des URG be­rührt: als Ur­he­be­rin ge­schütz­ter Werke sowie als deren Nut­ze­rin. Sie ist auf einen sta­bi­len ge­setz­li­chen Rah­men und Rechts­si­cher­heit an­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on muss die­sem Um­stand Rech­nung tra­gen. Sie darf aber keine un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Er­schwer­nis­se mit sich brin­gen. So soll­te die Pflicht, il­le­ga­le In­hal­te zwecks Be­kämp­fung der In­ter­net­pi­ra­te­rie dau­er­haft zu ent­fer­nen (Art. 39d), auf Hos­ting-Pro­vi­der be­schränkt wer­den. Sie darf je­doch auf kei­nen Fall zu­sätz­lich aus­ge­wei­tet wer­den. Eine sol­che Aus­wei­tung, bei­spiels­wei­se in Form einer Netz­sper­re, wäre klar ab­zu­leh­nen.

Am gel­ten­den Sys­tem der kol­lek­ti­ven Ver­wer­tung fest­hal­ten

Die gel­ten­de kol­lek­ti­ve Ver­wer­tung von Ur­he­ber­rechts­an­sprü­chen beim zeit­ver­setz­ten Fern­se­hen soll zu­guns­ten einer in­di­vi­du­el­len Ver­wer­tung auf­ge­ge­ben wer­den (Art. 37a). Ge­for­dert wird, dass die TV-Sen­der in die zeit­ver­setz­te Ver­brei­tung ein­wil­li­gen müs­sen. Da­durch wer­den das Recht auf Pri­vat­ko­pie und auch die kol­lek­ti­ve Ver­wer­tung stark ein­ge­schränkt. Die vor­ge­schla­ge­ne Neu­re­ge­lung kommt einem Ver­bot für Ap­pli­ka­tio­nen mit Vor­spul­funk­ti­on gleich. Sie würde be­wir­ken, dass theo­re­tisch jeg­li­che Vi­deo­auf­nah­men einer Fern­seh­sen­dung nur noch mit der Er­laub­nis der TV-Sen­der er­stellt wer­den. Ein sol­cher Pa­ra­dig­men­wech­sel steht ins­ge­samt im kla­ren Wi­der­spruch zu den breit ab­ge­stütz­ten AGUR12 II-Kom­pro­mis­sen. Aus­ser­dem wäre die be­lieb­te An­wen­dung «Re­play-TV» am Ende. Da­durch wären klei­ne, in­no­va­ti­ve An­bie­ter wie Wil­maa oder Zat­too in ihrer Exis­tenz be­droht.

Kein ad­mi­nis­tra­ti­ver Mehr­auf­wand

Wich­tig ist aus­ser­dem, dass der ad­mi­nis­tra­ti­ve Auf­wand durch die Re­vi­si­on des URG nicht zu­nimmt. Zu be­grüs­sen ist darum, dass die Mög­lich­keit der Da­ten­be­ar­bei­tung bei Ur­he­ber­rechts­ver­let­zun­gen zu straf­recht­li­chen Zwe­cken (Art. 77i) ge­setz­lich ge­re­gelt wird. Eben­so ist die Straf­fung des In­stan­zen­zugs beim Ta­rif­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren (Art. 74 Abs. 2) im Grund­satz zu be­für­wor­ten. Zu Kos­ten­ein­spa­run­gen wird vor­aus­sicht­lich auch die Be­stim­mung über die elek­tro­ni­sche Nut­zer­mel­dung (Art. 51 Abs. 1 und Abs. 1bis) füh­ren. Dies ist eben­falls im Sinne der Wirt­schaft und wird darum von eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt. Wie zuvor in der Rechts­kom­mis­si­on (RK-NR) ist Ein­tre­ten un­be­strit­ten ge­we­sen.

Der Na­tio­nal­rat hat mit 110 zu 61 Stim­men (5 Ent­hal­tun­gen) einer Aus­wei­tung des Schut­zes für Fo­to­gra­fi­en zu­ge­stimmt, wenn sie einen in­di­vi­du­el­len Cha­rak­ter auf­wei­sen. Die Rats­mehr­heit ist dabei der Ver­si­on des Bun­des­ra­tes ge­folgt. Der Na­tio­nal­rat hat zudem mit 112 zu 67 Stim­men bei 3 Ent­hal­tun­gen ent­schie­den, dass Film­schaf­fen­de eine Ver­gü­tung für die Video-on-De­mand-Ver­wen­dung er­hal­ten sol­len. Die Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten sol­len diese Ver­gü­tung ein­zie­hen für Filme von Schwei­zer Pro­du­zen­ten sowie Filme aus Län­dern, die einen kol­lek­tiv wahr­zu­neh­men­den Ver­gü­tungs­an­spruch vor­se­hen. Die um­strit­te­ne Re­ge­lung des «Re­play-TV», wel­che die RK-NR vor­ge­schla­gen hatte, war im Na­tio­nal­rat chan­cen­los. Mit 182 zu 6 Stim­men (9 Ent­hal­tun­gen) hat die gros­se Kam­mer ent­schie­den, dar­auf zu ver­zich­ten. Die Zu­stim­mung der Sen­de­un­ter­neh­men wird auch in Zu­kunft nicht er­for­der­lich sein. In der Ge­samt­ab­stim­mung hat der Na­tio­nal­rat die Vor­la­ge ein­stim­mig (1 Ent­hal­tung) an­ge­nom­men.

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst, dass die ur­sprüng­lich vor­ge­schla­ge­ne, un­zeit­ge­mäs­se Ein­schrän­kung von «Re­play-TV» der­art klar ab­ge­lehnt wor­den ist. Gleich­zei­tig ist zu be­dau­ern, dass der Na­tio­nal­rat die Video-on-De­mand-Ver­gü­tung an­ge­nom­men hat. Von ihr sind vor­wie­gend ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen in der Pra­xis zu er­war­ten. Es ist zu hof­fen, dass der Stän­de­rat nun die not­wen­di­gen Kor­rek­tu­ren vor­neh­men wird.

Na­tio­nal­rat re­vi­diert «Ärz­testopp»

Mit der Vor­la­ge wird eine Nach­fol­ge­re­ge­lung für den Ar­ti­kel 55a des Bun­des­ge­set­zes über die Kran­ken­ver­si­che­rung (KVG) un­ter­brei­tet, der am 30. Juni 2019 aus­läuft. Sie wurde auf den 1. Juli 2013 ein­ge­führt. Aus­lö­ser waren die stei­gen­den Be­hand­lungs­kos­ten, die mass­geb­lich für den Prä­mi­en­an­stieg ver­ant­wort­lich sind.

Ge­stützt auf die gel­ten­de Be­stim­mung kann der Bun­des­rat die Zu­las­sung von Ärz­ten zu­las­ten der ob­li­ga­to­ri­schen Kran­ken­pfle­ge­ver­si­che­rung von einem Be­dürf­nis ab­hän­gig ma­chen. Vom Be­dürf­nis­nach­weis sind Ärzte aus­ge­nom­men, die min­des­tens drei Jahre an einer an­er­kann­ten schwei­ze­ri­schen Wei­ter­bil­dungs­stät­te ge­ar­bei­tet haben (Art. 55a Abs. 2 KVG). Die Kan­to­ne be­stim­men über die Zu­las­sung und kön­nen diese an Be­din­gun­gen knüp­fen (Art. 55a Abs. 4 KVG). 

Vor­ge­se­hen sind drei In­ter­ven­ti­ons­ebe­nen: 

  • Ers­tens sol­len das Me­di­zi­nal- und das Ge­sund­heits­be­ru­fe­ge­setz ver­schärft und kon­se­quen­ter um­ge­setzt wer­den. Hier­für sind auch zu­sätz­li­che Prü­fun­gen vor­ge­se­hen. 
  • Auf der zwei­ten Ebene schlägt der Bun­des­rat Mass­nah­men vor, die in der Qua­li­täts­vor­la­ge dis­ku­tiert wer­den. Dazu will er ein for­ma­les Zu­las­sungs­ver­fah­ren ein­füh­ren. Die An­for­de­run­gen an die Leis­tungs­er­brin­ger sol­len er­höht und da­durch die Qua­li­tät und die Wirt­schaft­lich­keit der von ihnen er­brach­ten Leis­tun­gen ge­stei­gert wer­den. 
  • Auf der drit­ten Ebene will der Bun­des­rat den Kan­to­nen die Mög­lich­keit geben, Höchst­zah­len für am­bu­lant tä­ti­ge Ärzte fest­zu­le­gen, die zu­las­ten der ob­li­ga­to­ri­schen Kran­ken­pfle­ge­ver­si­che­rung ab­rech­nen kön­nen. Die Kan­to­ne sol­len damit ein dau­er­haf­tes In­stru­ment er­hal­ten, um eine Über­ver­sor­gung im Ge­sund­heits­we­sen zu ver­hin­dern und selbst Höchst­zah­len für me­di­zi­ni­sche Fach­be­rei­che und in be­stimm­ten Re­gio­nen vor­zu­schrei­ben. Wenn die Kos­ten in einem Fach­ge­biet über­durch­schnitt­lich an­stei­gen, dür­fen die Kan­to­ne zudem die Zu­las­sung blo­ckie­ren.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se er­ach­tet die Vor­la­ge als stark ver­bes­se­rungs­be­dürf­tig.

Ver­zicht auf kan­to­na­le Min­dest- und Höchst­zah­len

Die Wirt­schaft lehnt die vor­ge­se­he­nen kan­to­na­len Höchst­zah­len ab. Ers­tens sind diese schwie­rig zu be­stim­men und hin­ken der Dy­na­mik hin­ter­her. Zwei­tens wür­den die kan­to­na­len Rol­len­kon­flik­te mit sol­chen Steue­rungs­ele­men­ten ver­stärkt. Drit­tens re­prä­sen­tie­ren kan­to­na­le Gren­zen die Pa­ti­en­ten­strö­me schlecht. Ver­sor­gungs­räu­me ver­lau­fen nicht ent­lang den Kan­tons­gren­zen und sind heute je nach Be­reich re­gio­nal, über­re­gio­nal oder na­tio­nal. Min­dest- und Höchst­zah­len pro Kan­ton er­ge­ben daher kei­nen Sinn. Sie ze­men­tie­ren le­dig­lich die fö­de­ra­len Struk­tu­ren, die einem ef­fi­zi­en­ten Ge­sund­heits­we­sen teil­wei­se im Wege ste­hen. 

Lo­cke­rung des Ver­trags­zwangs statt staat­li­cher An­ge­bots­steue­rung

Die bis­he­ri­ge Zu­las­sungs­steue­rung ver­ur­sacht er­heb­li­chen bü­ro­kra­ti­schen Auf­wand und ist in­ef­fi­zi­ent. Eine Fort­set­zung die­ses Sys­tems lehnt eco­no­mie­su­is­se des­halb ab. Statt staat­li­cher An­ge­bots­steue­rung schlägt die Wirt­schaft vor, die Ver­trags­frei­heit dif­fe­ren­ziert ein­zu­füh­ren. Zu­sätz­li­che, for­ma­le Zu­las­sungs­ver­fah­ren braucht es hier­für nicht. 

Eine de­zen­tra­le Lö­sung der Ver­trags­frei­heit ist be­darfs­ge­rech­ter: Sie er­laubt fle­xi­ble­re An­pas­sun­gen und er­mög­licht, zeit­nah auf Ver­än­de­run­gen der Nach­fra­ge zu re­agie­ren. Fer­ner kön­nen die kan­to­na­len Be­dürf­nis­se bes­ser ab­ge­deckt wer­den. Die an­ge­streb­ten Qua­li­täts­er­for­der­nis­se las­sen sich wei­ter­hin auf Ebene der Er­geb­nis­qua­li­tät er­rei­chen. Aus­ser­dem er­laubt das Sys­tem der Ver­trags­frei­heit auch hin­rei­chend dif­fe­ren­zier­te Lö­sun­gen, die dem je­wei­li­gen Be­darf ent­spre­chen. Die Ver­trags­frei­heit kann voll­stän­dig, für be­stimm­te Fach­arzt­grup­pen oder in ge­wis­sen Re­gio­nen ein­ge­führt wer­den.

Keine Ver­knüp­fung der Vor­la­ge mit der EFAS

Die Mehr­heit der Kom­mis­si­on für so­zia­le Si­cher­heit und Ge­sund­heit (SGK-NR) will das In­kraft­tre­ten der vor­lie­gen­den Ge­set­zes­än­de­rung vom In­kraft­tre­ten der «Ein­füh­rung der ein­heit­li­chen Fi­nan­zie­rung von am­bu­lan­ten und sta­tio­nä­ren Leis­tun­gen» (sog. EFAS) ab­hän­gig ma­chen. Diese Ver­knüp­fung der Vor­la­ge mit der EFAS lehnt die Wirt­schaft ab. Letz­te­re hat nur dann Ef­fi­zi­enz­ge­win­ne zur Folge, wenn keine zu­sätz­li­chen, zen­tra­len Steue­rungs­in­stru­men­te wie Höchst- und Min­dest­grös­sen be­züg­lich Leis­tungs­er­brin­ger oder Vor­ga­ben zu Leis­tungs­men­gen ge­macht wer­den.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt. Um Trans­pa­renz zu schaf­fen, hat der Na­tio­nal­rat die Ein­füh­rung eines neuen Ärz­te­re­gis­ters be­schlos­sen. Die gros­se Kam­mer hat ent­schie­den, dass in Zu­kunft die Kan­to­ne pro Fach­be­reich und Re­gi­on Höchst- und Min­dest­zah­len für am­bu­lant tä­ti­ge Ärzte vor­schrei­ben kön­nen. Al­ter­na­tiv zur Zu­las­sungs­be­schrän­kung sol­len die Kan­to­ne den Ver­trags­zwang lo­ckern könn­ten. Der Na­tio­nal­rat hat ent­schie­den, die Vor­la­ge mit der EFAS zu ver­knüp­fen. 

Aus­ser­dem will der Na­tio­nal­rat, dass Ärzte vor der Zu­las­sung min­des­tens zwei Jahre auf ihrem Fach­ge­biet in einem Schwei­zer Spi­tal und ein Jahr in einem Schwei­zer Grund­ver­sor­ger­spi­tal ge­ar­bei­tet haben. Wer zu Las­ten der Kran­ken­kas­sen ab­rech­nen will, muss zudem ge­wis­se An­for­de­run­gen an Aus- und Wei­ter­bil­dung und an die Sprach­kennt­nis­se er­fül­len. Mit 170 zu 12 Stim­men (2 Ent­hal­tun­gen) hat die Rats­mehr­heit aber ent­schie­den, dass aus­län­di­sche Ärzte keine Zu­las­sungs­prü­fung ab­sol­vie­re müs­sen. Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge in der Ge­samt­ab­stim­mung mit 128 zu 40 Stim­men bei 13 Ent­hal­tun­gen an­ge­nom­men. 

eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert, dass der Na­tio­nal­rat an der Ein­füh­rung von Höchst- und Min­dest­zah­len fest­ge­hal­ten hat. Eben­so be­dau­ert die Wirt­schaft die Ent­schei­dung, die Vor­la­ge mit der EFAS zu ver­knüp­fen. Die ver­spro­che­nen Ef­fi­zi­enz­ge­win­ne sind zwei­fel­haft. Wegen der Ver­knüp­fung droht zudem der Wi­der­stand der Kan­to­ne. Da­durch steigt das Ri­si­ko, dass die Vor­la­ge schei­tern wird.

Mit hö­he­rer Grund­fran­chise gegen Kos­ten­ex­plo­si­on im Ge­sund­heits­we­sen 

Die Vor­la­ge sieht vor, die Fran­chi­sen an die Kos­ten der ob­li­ga­to­ri­schen Kran­ken­pfle­ge­ver­si­che­rung an­zu­pas­sen. Zu die­sem Zweck soll Ar­ti­kel 63 Ab­satz 3 Kran­ken­ver­si­che­rungs­ge­setz (KVG) re­vi­diert wer­den. Der Bun­des­rat soll die Höhe der Fran­chise re­gel­mäs­sig der Ent­wick­lung der durch­schnitt­li­chen Kos­ten je ver­si­cher­te Per­son in der ob­li­ga­to­ri­schen Kran­ken­pfle­ge­ver­si­che­rung an­pas­sen. Das Ziel be­steht darin, die Ei­gen­ver­ant­wor­tung der Ver­si­cher­ten zu stär­ken. Mit der vor­lie­gen­den Re­vi­si­on des KVG wird die Mo. Bi­schof­ber­ger (15.4157) um­ge­setzt.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt die Vor­la­ge des Bun­des­rats. 

Pe­ri­odi­sche An­pas­sung gegen stei­gen­de Kos­ten

Die Kos­ten im Ge­sund­heits­we­sen stei­gen seit Jah­ren. Die jüngs­ten Zah­len des Bun­des­amts für Sta­tis­tik ver­an­schau­li­chen diese Ent­wick­lung: Im Jahr 2016 be­tru­gen die Ge­sund­heits­aus­ga­ben ins­ge­samt über 80 Mil­li­ar­den Fran­ken und damit 46 Pro­zent mehr als vor zehn Jah­ren. Der An­teil der Ge­sund­heits­aus­ga­ben, die mit Steu­ern und Grund­ver­si­che­rungs­prä­mi­en fi­nan­ziert wer­den, er­höh­te sich in den zehn Jah­ren sogar um 60 Pro­zent. Zwar wur­den die Wahl­fran­chi­sen aus­ge­baut und er­höht; trotz­dem sank die Kos­ten­be­tei­li­gung in der Grund­ver­si­che­rung von 17,6 Pro­zent (1998) auf 15,8 Pro­zent (2016) der Net­to­leis­tun­gen. Die pe­ri­odi­sche An­pas­sung der Fran­chi­sen an die Kos­ten­ent­wick­lung ist vor die­sem Hin­ter­grund sinn­voll, damit das Ver­hält­nis zwi­schen ver­si­cher­ten Kos­ten und Kos­ten­be­tei­li­gung in etwa kon­stant bleibt.

Er­hö­hung der Grund­fran­chise ist über­fäl­lig

Seit dem In­kraft­tre­ten des KVG im Jahr 1996 wurde die Grund­fran­chise le­dig­lich zwei­mal er­höht. 1996 be­trug die Min­dest­fran­chise 150 Fran­ken, was einem An­teil der Net­to­leis­tun­gen pro Ver­si­cher­ten von 10,1 Pro­zent ent­spricht. Im Jahr 2001 hatte man eine Min­dest­fran­chise von 230 Fran­ken und Net­to­leis­tun­gen von 1916 Fran­ken. Somit be­trug das Ver­hält­nis sogar 12,0 Pro­zent. Im letz­ten Jahr ver­zeich­ne­tet man Net­to­leis­tun­gen von 3326 Fran­ken, womit das Ver­hält­nis zu den Min­dest­fran­chi­sen auf das his­to­ri­sche Tief von 9,0 Pro­zent fiel.

Mehr Ei­gen­ver­ant­wor­tung durch hö­he­re Fran­chi­sen

Die Höhe der Fran­chise be­ein­flusst die Kos­ten. Das sieht man daran, dass in der Grund­ver­si­che­rung die Kos­ten­ent­wick­lung höher ist als jene im ge­sam­ten Ge­sund­heits­we­sen. Es liegt also nahe, dass die über­durch­schnitt­li­che Kos­ten­ent­wick­lung etwas mit der Kos­ten­be­tei­li­gung zu tun hat. Die ef­fek­ti­ve Kos­ten­be­tei­li­gung in der ob­li­ga­to­ri­schen Kran­ken­ver­si­che­rung liegt bei knapp 15 Pro­zent. Es be­steht ein An­reiz, dass un­nö­ti­ge Leis­tun­gen der All­ge­mein­heit an­ge­las­tet wer­den. In der öko­no­mi­schen Li­te­ra­tur kennt man die­ses Phä­no­men als sog. «moral ha­zard» (mo­ra­li­sches Ri­si­ko). Es ge­fähr­det die So­li­da­ri­tät und treibt die Kos­ten in die Höhe. Ein taug­li­ches Mit­tel da­ge­gen ist eine re­gel­mäs­si­ge An­pas­sung der Höhe der Fran­chise an die Kos­ten­ent­wick­lung, weil damit die Ei­gen­ver­ant­wor­tung nicht ge­schwächt wird. eco­no­mie­su­is­se spricht sich des­halb für die An­nah­me der Vor­la­ge aus. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt und mit 133 zu 53 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung an­ge­nom­men. 

eco­no­mie­su­is­se ist er­freut, dass der Na­tio­nal­rat die Fran­chisen­hö­he an die Kos­ten­ent­wick­lung an­ge­passt hat. Hö­he­re Grund­fran­chi­sen sind ein wirk­sa­mes In­stru­ment gegen den Kos­ten­an­stieg im Ge­sund­heits­we­sen. 

Na­tio­nal­rat lehnt CO2-Ge­setz ab

Das gel­ten­de CO2-Ge­setz re­gelt, wie die Treib­haus­gas­emis­sio­nen bis zum Jahr 2020 re­du­ziert wer­den sol­len. Für die Zeit nach 2020 soll der Bun­des­rat Vor­schlä­ge zur wei­te­ren Ver­min­de­rung der Treib­haus­gas­emis­sio­nen aus­ar­bei­ten. Mit der Ge­neh­mi­gung des Über­ein­kom­mens von Paris hat sich die Schweiz ver­pflich­tet, dass die Treib­haus­gas­emis­sio­nen bis 2030 um 50 Pro­zent ge­gen­über 1990 ver­min­dert wer­den. Min­des­tens drei Fünf­tel der Ein­spa­run­gen sol­len ge­mäss Bun­des­rat im In­land und ma­xi­mal zwei Fünf­tel im Aus­land er­fol­gen.

Die Re­vi­si­on des CO2-Ge­set­zes ist eine Nach­füh­rung. Am Mass­nah­men­mix des gel­ten­den CO2-Ge­set­zes will der Bun­des­rat grund­sätz­lich fest­hal­ten und die­sen ver­stär­ken. Kern­stück der Schwei­zer Kli­ma­po­li­tik soll wei­ter­hin die CO2-Ab­ga­be bil­den. Sie ist als Len­kungs­ab­ga­be auf fos­si­le Brenn­stof­fe sek­tor­über­grei­fend an­wend­bar. Im Ge­bäu­de­be­reich schlägt der Bun­des­rat den Abbau von För­der­mass­nah­men und die Ab­lö­sung durch sub­si­diä­re CO2-Grenz­wer­te vor. Im Ver­kehrs­be­reich sol­len die Emis­si­ons­vor­schrif­ten für neue Fahr­zeu­ge wei­ter ver­schärft wer­den und eine Kom­pen­sa­ti­ons­pflicht für Treib­stof­f­im­por­teu­re gel­ten. Im In­dus­trie­be­reich wer­den mit dem Emis­si­ons­han­dels­sys­tem (EHS) und mit der Rück­erstat­tung der CO2-Ab­ga­be auch für Un­ter­neh­men, die nicht am EHS teil­neh­men, eta­blier­te Sys­te­me wei­ter­ge­führt. Mass­nah­men wie der Tech­no­lo­gie­fonds, die För­de­rung von Kom­mu­ni­ka­ti­on und Bil­dung im Kli­ma­be­reich und frei­wil­li­ge Mass­nah­men im Fi­nanz­markt­be­reich kom­ple­men­tie­ren das In­stru­men­ta­ri­um im In­land. 

Der Bun­des­rat er­war­tet, dass mit dem re­vi­dier­ten CO2-Ge­setz min­des­tens 26,9 Mil­lio­nen Ton­nen CO2-Äqui­va­len­te ge­senkt wer­den kön­nen. Damit sol­len die Treib­haus­gas­emis­sio­nen im In­land bis 2030 um 18,5 Mil­lio­nen Ton­nen ge­senkt wer­den. Aus­ser­dem ver­spricht sich der Bun­des­rat vom Über­gang zu einer treib­haus­gas­ar­men Wirt­schaft Wachs­tums­chan­cen und An­rei­ze für In­no­va­tio­nen. Gleich­zei­tig räumt der Bun­des­rat aber ein, dass die Er­hö­hung der CO2-Ab­ga­be einen ne­ga­ti­ven Ef­fekt auf das Brut­to­in­land­pro­dukt haben wird.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

Im Grund­satz un­ter­stützt eco­no­mie­su­is­se die Vor­la­ge. Aus Sicht der Wirt­schaft be­steht je­doch noch er­heb­li­cher Kor­rek­tur­be­darf. Nur mit einer wirt­schafts­freund­li­chen Um­set­zung kann ver­hin­dert wer­den, dass dem Werk­platz Schweiz Wett­be­werbs­nach­tei­le dro­hen. 

Gleich­be­hand­lung von in­län­di­schen und aus­län­di­schen Re­duk­tio­nen

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt das Ge­samt­re­duk­ti­ons­ziel in Höhe von 50 Pro­zent bis 2030. Im In­ter­es­se einer ef­fi­zi­en­ten Um­set­zung des Ge­samt­re­duk­ti­ons­ziels soll­ten keine fixen In­land- und Aus­land­zie­le de­fi­niert wer­den. Die Un­ter­neh­men soll­ten selbst ent­schei­den kön­nen, ob sie die CO2-Ein­spa­run­gen im In- oder im Aus­land vor­neh­men wol­len. Durch die Wahl­frei­heit kön­nen die Un­ter­neh­men die CO2-Em­mis­si­on dort re­du­zie­ren, wo die ge­rings­ten Kos­ten an­fal­len. Gel­ten hin­ge­gen fixe Re­duk­ti­ons­quo­ten im In- und Aus­land, lässt sich das Ge­samt­re­duk­ti­ons­ziel nicht kos­ten­ef­fi­zi­ent um­set­zen. Dies wirkt sich ne­ga­tiv auf die Wirt­schafts­leis­tung und die Be­schäf­ti­gungs­la­ge in der Schweiz aus und wi­der­spricht dem ge­samt­wirt­schaft­li­chen In­ter­es­se. Aus­län­di­sche und in­län­di­sche Re­duk­tio­nen soll­ten aus die­sem Grund gleich­be­han­delt wer­den.

Be­gren­zung der CO2-Ab­ga­be auf heu­ti­gem Ni­veau

Ak­tu­ell ist die CO2-Ab­ga­be auf ma­xi­mal 120 Fran­ken pro Tonne emit­tier­tes CO2 be­grenzt. Die Schweiz hat damit schon heute die höchs­te CO2-Ab­ga­be der Welt. Der Bun­des­rat schlägt nun vor, dass die CO2-Ab­ga­be ma­xi­mal 210 Fran­ken pro Tonne emit­tier­tes CO2 be­tra­gen soll. Da­durch wird der Werk­platz Schweiz im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich ge­schwächt. Vor allem KMU-Be­trie­ben ent­ste­hen hohe Kos­ten und Wett­be­werbs­nach­tei­le ge­gen­über der in­ter­na­tio­na­len Kon­kur­renz. Die Folge wird die Ver­la­ge­rung der In­dus­trie ins Aus­land sein. Um dies zu ver­hin­dern, ist die ma­xi­ma­le Höhe der CO2-Ab­ga­be auf 120 Fran­ken pro Tonne emit­tier­tes CO2 zu be­las­sen. Die Kos­ten für die In­ter­na­li­sie­rung der ex­ter­nen Kos­ten bei einer Tonne CO2 lie­gen im Be­reich von 80 bis 120 Fran­ken. Mit der gel­ten­den Be­gren­zung geht eine hin­rei­chen­de Len­kungs­wir­kung von der CO2-Ab­ga­be aus. Aus­ser­dem blei­ben die Un­ter­neh­men im in­ter­na­tio­na­len Wett­be­werb kon­kur­renz­fä­hig.

Zu­gang zu Ziel­ver­ein­ba­run­gen öff­nen

Der Zu­gang zum Sys­tem der Ziel­ver­ein­ba­run­gen soll­te allen Un­ter­neh­men un­ein­ge­schränkt of­fen­ste­hen. Die Kom­bi­na­ti­on einer mo­dera­ten CO2-Ab­ga­be mit der Mög­lich­keit von Ziel­ver­ein­ba­run­gen mit Ver­min­de­rungs­ver­pflich­tun­gen be­wirkt die gröss­ten Emis­si­ons­re­duk­tio­nen zu ge­rings­ten Wett­be­werbs­nach­tei­len für die Un­ter­neh­men. Ein­schrän­ken­de Kri­te­ri­en sind darum er­satz­los zu strei­chen, da sie wert­vol­le Ein­spa­run­gen der Un­ter­neh­men ver­un­mög­li­chen. Sie ver­hin­dern die grösst­mög­li­che Wirk­sam­keit und be­las­ten gleich­zei­tig die Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Werk­plat­zes Schweiz. Es gilt zu ver­hin­dern, dass Fehl­an­rei­ze ge­setzt wer­den. Aus die­sem Grund soll­ten die rück­erstat­tungs­be­rech­tig­ten Un­ter­neh­men wei­ter­hin auch an der Rück­ver­tei­lung teil­ha­ben. Da­durch las­sen sich zu­sätz­li­che Un­ter­neh­men für eine Ziel­ver­ein­ba­rung ge­win­nen, so dass ihre Wir­kung mas­siv zu­nimmt.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt. Nach­dem in der De­tail­be­ra­tung zahl­rei­che Än­de­rungs­an­trä­ge an­ge­nom­men wor­den waren, hat der Na­tio­nal­rat die Vor­la­ge mit 92 zu 60 Stim­men bei 43 Ent­hal­tun­gen in der Ge­samt­ab­stim­mung ab­ge­lehnt. 

Das Ge­schäft geht nun an den Stän­de­rat.

eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert, dass der Na­tio­nal­rat die Vor­la­ge ab­ge­lehnt hat. Aus Sicht der Wirt­schaft war die Re­vi­si­on auf einem guten Weg. Die An­lie­gen der Wirt­schaft wur­den über­wie­gend auf­ge­nom­men. Mit der Ab­leh­nung droht eine wirt­schafts­feind­li­che Um­set­zung des Pa­ri­ser Ab­kom­mens, wel­che hohe volks­wirt­schaft­li­che Kos­ten ver­ur­sacht. Es liegt nun am Stän­de­rat, die im Grun­de gute Vor­ar­beit der UREK-NR auf­zu­neh­men. All­fäl­li­ge Ver­schär­fun­gen lehnt die Wirt­schaft klar ab.

Stän­de­rat

Stän­de­rat be­wil­ligt Ko­hä­si­ons­bei­trag 

Der Bun­des­rat be­an­tragt dem Par­la­ment, den Schwei­zer Bei­trag an aus­ge­wähl­te EU-Mit­glieds­staa­ten gut­zu­heis­sen. Der aus­ge­wie­se­ne Zweck des Bei­trags be­steht darin, wirt­schaft­li­che und so­zia­le Un­gleich­hei­ten zu ver­rin­gern und mit Schwei­zer Ex­per­ti­se zur bes­se­ren Be­wäl­ti­gung der Mi­gra­ti­ons­be­we­gun­gen bei­zu­tra­gen.

Der zwei­te Bei­trag der Schweiz soll ins­ge­samt 1,302 Mil­li­ar­den Fran­ken be­tra­gen und über zehn Jahre aus­ge­rich­tet wer­den. Sie die­nen der Um­set­zung ver­schie­de­ner Pro­gram­me. Neu ist vor­ge­se­hen, dass der Bei­trag in einen Rah­men­kre­dit «Ko­hä­si­on» und einen Rah­men­kre­dit «Mi­gra­ti­on» auf­ge­teilt wird. Es lie­gen darum zwei Bun­des­be­schlüs­se vor.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt grund­sätz­lich die Fort­set­zung der Ar­bei­ten am zwei­ten Er­wei­te­rungs­bei­trag. Dass die Mit­tel in den Be­rei­chen Be­rufs­bil­dung und Mi­gra­ti­on ein­ge­setzt wer­den sol­len, wird von der Wirt­schaft be­grüsst. 

eco­no­mie­su­is­se emp­fiehlt, die Be­ra­tun­gen im Stän­de­rat fort­zu­füh­ren. Eine Sis­tie­rung der Be­ra­tung der bei­den Rah­men­kre­di­te wäre unter den ge­ge­be­nen Um­stän­den ein fal­sches Si­gnal an die EU. Die end­gül­ti­ge Ent­schei­dung über die Mit­tel muss zu einem spä­te­ren Zeit­punkt im Rah­men einer Ge­samt­be­ur­tei­lung der bi­la­te­ra­len Be­zie­hun­gen und der lau­fen­den Ver­hand­lun­gen in allen Dos­siers er­fol­gen. Diese Ge­samt­be­ur­tei­lung kann im Na­tio­nal­rat und in den Schluss­ab­stim­mun­gen der eid­ge­nös­si­schen Räte er­fol­gen.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt und den zwei­ten Ko­hä­si­ons­bei­trag ge­neh­migt. Dabei hat die klei­ne Kam­mer mit 38 zu 1 Stim­men bei 2 Ent­hal­tun­gen ent­schie­den, dass das Geld nur flies­sen darf, wenn die EU keine dis­kri­mi­nie­ren­den Mass­nah­men gegen die Schweiz er­greift.

eco­no­mie­su­is­se ist zu­frie­den, dass der Stän­de­rat den Ko­hä­si­ons­bei­trag zwar ge­neh­migt hat, die Aus­zah­lung aber an Be­din­gun­gen ge­knüpft hat. Die Schwei­zer Wirt­schaft ist auf den dis­kri­mi­nie­rungs­frei­en Markt­zu­gang in der EU an­ge­wie­sen. 

Par­la­ment wei­tet Be­tei­li­gungs­ab­zug aus

Das Too-big-to-fail-Re­gime zwingt sys­tem­re­le­van­te Ban­ken, über ge­nü­gend Ei­gen­mit­tel zu ver­fü­gen, um im Kri­sen­fall nicht von den Steu­er­zah­lern ge­ret­tet wer­den zu müs­sen. Zur Stär­kung der Ei­gen­mit­tel­ba­sis kön­nen Ban­ken so­ge­nann­te Too-big-to-fail-In­stru­men­te (u.a. Bail-in-Bonds, Write-off-Bonds und Con­tin­gent Con­ver­ti­bles) emit­tie­ren. Die Emis­si­on die­ser In­stru­men­te muss bei sys­tem­re­le­van­ten Ban­ken durch die Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaft er­fol­gen. Sie gibt da­nach die Mit­tel aus den Too-big-to-fail-In­stru­men­ten kon­zern­in­tern an die ope­ra­ti­ven Ban­ken (Toch­ter­ge­sell­schaf­ten) wei­ter, wel­che die zu­sätz­li­chen Ei­gen­mit­tel be­nö­ti­gen. 

Die Emis­si­on der Too-big-to-fail-In­stru­men­te und die Wei­ter­ga­be der Mit­tel be­ein­flus­sen den Be­tei­li­gungs­ab­zug der Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaft durch zwei Fak­to­ren: den er­höh­ten Fi­nan­zie­rungs­auf­wand und die hö­he­ren Ge­samt­ak­ti­ven. Ins­ge­samt ver­rin­gert sich da­durch der Be­tei­li­gungs­ab­zug. Bei der Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaft er­höht sich damit die Ge­winn­steu­er­be­las­tung auf Be­tei­li­gungs­er­trä­gen. Die hö­he­re Ge­winn­steu­er­be­las­tung re­du­ziert wie­der­um die Ei­gen­mit­tel der sys­tem­re­le­van­ten Bank. 

Um die­sen Wi­der­spruch zu den Zie­len der Too-big-to-fail-Ge­setz­ge­bung auf­zu­lö­sen, schlägt der Bun­des­rat vor, die Be­rech­nung des Be­tei­li­gungs­ab­zugs bei der Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaft an­zu­pas­sen. Der Fi­nan­zie­rungs­auf­wand für Too-big-to-fail-In­stru­men­te und die For­de­rung aus kon­zern­in­tern wei­ter­ge­ge­be­nen Mit­teln sol­len für die Be­rech­nung des Be­tei­li­gungs­ab­zugs nicht be­rück­sich­tigt wer­den. Die vor­ge­schla­ge­nen Än­de­run­gen sol­len ein­zig für Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten von sys­tem­re­le­van­ten Ban­ken gel­ten. 

Die Vor­la­ge sieht eine Re­vi­si­on des Bun­des­ge­set­zes vom 14. De­zem­ber 1990 über die di­rek­te Bun­des­steu­er (DBG) und des Bun­des­ge­set­zes vom 14. De­zem­ber 1990 über die Har­mo­ni­sie­rung der di­rek­ten Steu­ern der Kan­to­ne und Ge­mein­den (StHG) vor.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt grund­sätz­lich die Ge­set­zes­än­de­rung. Rich­ti­ger­wei­se ist der An­wen­dungs­kreis des Be­tei­li­gungs­ab­zugs nicht auf sys­tem­re­le­van­te Ban­ken zu be­schrän­ken, son­dern soll­te auf Stamm­haus- und Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten sämt­li­cher Bran­chen aus­ge­dehnt wer­den. Dies darf aber nicht zu einer Ver­zö­ge­rung der Vor­la­ge füh­ren.

Wi­der­spruch zu Too-big-to-fail-Zie­len auf­lö­sen

Die gel­ten­de Rechts­la­ge wi­der­spricht den Zie­len der Too-big-to-fail-Ge­setz­ge­bung. Diese Ein­schät­zung teilt auch der Bun­des­rat in sei­ner Bot­schaft. eco­no­mie­su­is­se be­grüsst des­halb die vor­ge­schla­ge­ne Kor­rek­tur bei der Be­rech­nung des Be­tei­li­gungs­ab­zugs. Sie ist für sys­tem­re­le­van­te Ban­ken zwin­gend und auf­sichts­recht­lich be­grün­det. Ihre Um­set­zung darf kei­nes­falls ver­zö­gert wer­den. Sie ist spä­tes­tens zu­sam­men mit der auf­sichts­recht­lich ge­for­der­ten An­pas­sung aus der Too-big-to-fail-Ge­setz­ge­bung auf den 1. Ja­nu­ar 2020 in Kraft zu set­zen. Die Emis­si­on der Too-big-to-fail-In­stru­men­te muss aus auf­sichts­recht­li­cher Sicht sowie auf­grund in­ter­na­tio­na­ler Über­ein­kom­men spä­tes­tens ab 1. Ja­nu­ar 2020 je­weils über die Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaft der sys­tem­re­le­van­ten Bank er­fol­gen.

Ge­samt­wirt­schaft­li­che Lö­sung für Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten not­wen­dig

Die grund­sätz­li­chen Pro­ble­me des Be­tei­li­gungs­ab­zugs im Zu­sam­men­hang mit Kon­zern­fi­nan­zie­rungs­ak­ti­vi­tä­ten müs­sen an­ge­gan­gen wer­den. Das Haupt­pro­blem liegt in der spe­zi­el­len Be­rech­nungs­me­cha­nik des Be­tei­li­gungs­ab­zugs be­grün­det. Davon be­trof­fen sind nicht nur sys­tem­re­le­van­te Ban­ken, son­dern sämt­li­che Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten von In­dus­trie-, Dienst­leis­tungs- und Fi­nanz­dienst­leis­tungs­kon­zer­nen. Üben Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten zu­sätz­lich Fi­nan­zie­rungs­funk­tio­nen aus, neh­men dabei Fremd­ka­pi­tal auf und lei­ten die­ses kon­zern­in­tern wei­ter, be­ein­träch­tigt die­ser Vor­gang den Be­tei­li­gungs­ab­zug. Die vor­ge­schla­ge­ne Neue­rung bei der Be­rech­nung des Be­tei­li­gungs­ab­zugs ist sinn­voll und ge­eig­net, auch das ge­samt­wirt­schaft­li­che Pro­blem zu lösen. Im In­ter­es­se des Wirt­schafts­stand­orts Schweiz soll­te die vor­ge­schla­ge­ne Neue­rung auch für Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten an­de­rer Bran­chen und sämt­li­che Fremd­fi­nan­zie­rungs­in­stru­men­te ein­ge­führt wer­den. 

Tech­ni­sche An­pas­sung – kein grund­le­gen­der Sys­tem­wech­sel

Die vor­ge­schla­ge­ne Neue­rung ist eine ge­ziel­te Lö­sung für das be­schrie­be­ne Pro­blem im Zu­sam­men­hang mit der Kon­zern­fi­nan­zie­rung. Sie ginge nur so weit wie er­for­der­lich, damit die Steu­er­be­las­tung auf Be­tei­li­gungs­er­trä­gen der Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten nach der Emis­si­on von An­lei­hen und der Wei­ter­ga­be der ent­spre­chen­den Mit­tel gleich hoch bleibt wie bei der Emis­si­on von An­lei­hen durch eine se­pa­ra­te Fi­nanz­ge­sell­schaft. Ein grund­le­gen­der Sys­tem­wech­sel beim Be­tei­li­gungs­ab­zug wird da­durch nicht be­zweckt.

Ge­rin­ge fi­nanz­po­li­ti­sche Aus­wir­kun­gen

Die ge­samt­wirt­schaft­li­che Lö­sung des Pro­blems ist mit ge­rin­gen Min­der­ein­nah­men für Bund und Kan­to­ne ver­bun­den. Ohne die vor­ge­schla­ge­ne Neue­rung wird die steu­er­li­che Be­las­tung der be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men über die Zeit si­gni­fi­kant an­stei­gen. Eine Aus­wei­tung auf alle Bran­chen tut des­halb Not und liegt im In­ter­es­se der ge­sam­ten Volks­wirt­schaft. Denn heute wer­den für die Fremd­fi­nan­zie­rung in der Regel aus­län­di­sche Spe­zi­al­ge­sell­schaf­ten oder aus­nahms­wei­se auch ope­ra­ti­ve Ge­sell­schaf­ten ein­ge­setzt. Sie ver­ein­nah­men keine Be­tei­li­gungs­er­trä­ge und müs­sen des­halb den Be­tei­li­gungs­ab­zug nicht be­an­spru­chen. Die ver­bes­ser­ten Be­din­gun­gen für Kon­zern­fi­nan­zie­rungs­ak­ti­vi­tä­ten füh­ren dazu, dass die heute teil­wei­se im Aus­land an­fal­len­de Wert­schöp­fung in die Schweiz zu­rück­ge­führt wird. Von der zu­sätz­li­chen Wert­schöp­fung – und den ent­spre­chend neu ge­schaf­fe­nen Ar­beits­plät­zen – wer­den auch Bund und Kan­to­ne pro­fi­tie­ren.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Zweitrat an­ge­nom­men. Damit wird bei sys­tem­re­le­van­ten Ban­ken der Zins­auf­wand für Ka­pi­tal­be­schaf­fungs­in­stru­men­te nicht mehr als Teil des Fi­nan­zie­rungs­auf­wands be­han­delt.

Der Na­tio­nal­rat hatte die Vor­la­ge in der Herbst­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt. Mit 122 zu 59 Stim­men hatte die gros­se Kam­mer den An­trag ab­ge­lehnt, den Be­tei­li­gungs­ab­zug auf alle Kon­zer­no­ber­ge­sell­schaf­ten und an­de­re Lei­tungs­ge­sell­schaf­ten aus­zu­wei­ten. Die Mehr­heit hielt die vor­lie­gen­de Re­vi­si­on für den fal­schen Ort, um das Pro­blem an­zu­ge­hen. 

In der Schluss­ab­stim­mung haben der Na­tio­nal­rat und der Stän­de­rat die Vor­la­ge ein­stim­mig an­ge­nom­men.

eco­no­mie­su­is­se ist er­freut, dass das Par­la­ment die Dring­lich­keit der Vor­la­ge ein­ge­se­hen und den Be­tei­li­gungs­ab­zug aus­ge­wei­tet hat. Da­durch wird ver­hin­dert, dass die sys­tem­re­le­van­ten Ban­ken steu­er­lich be­nach­tei­ligt wer­den, wenn sie zu­sätz­li­ches Ka­pi­tal be­schaf­fen.

Stän­de­rat stimmt Än­de­rung des Fi­nanz­aus­gleichs zu

Der Res­sour­cen- und Las­ten­aus­gleich sind zwei Grund­pfei­ler des Bun­des­fi­nanz­aus­gleichs. Der Res­sour­cen­aus­gleich ge­währ­leis­tet den Kan­to­nen eine mi­ni­ma­le Aus­stat­tung mit fi­nan­zi­el­len Res­sour­cen. Die res­sour­cen­star­ken Kan­to­ne und der Bund stel­len die fi­nan­zi­el­len Mit­tel für den Res­sour­cen­aus­gleich zur Ver­fü­gung. Der Las­ten­aus­gleich gleicht über­mäs­si­ge fi­nan­zi­el­le Las­ten der Kan­to­ne auf­grund ihrer geo­gra­fisch-to­po­gra­fi­schen oder so­zio­de­mo­gra­fi­schen Be­din­gun­gen aus. Der Bund stellt dazu die not­wen­di­gen Mit­tel zur Ver­fü­gung. 

Die Än­de­rung des Bun­des­ge­set­zes über den Fi­nanz- und Las­ten­aus­gleich (FiLaG) geht auf die Er­geb­nis­se des Wirk­sam­keits­be­richts 2016–2019 zum Fi­nanz­aus­gleich zu­rück. Darin hat der Bun­des­rat unter an­de­rem auf­ge­zeigt, dass sich auf­grund der gel­ten­den Be­rech­nungs­me­tho­de im Res­sour­cen­aus­gleich die Aus­gleichs­zah­lun­gen stark er­höht haben. Die An­pas­sungs­vor­schlä­ge des Bun­des­rats ori­en­tier­ten sich dabei am Mass­nah­men­pa­ket der Kon­fe­renz der Kan­tons­re­gie­run­gen.

Zen­tra­les Ele­ment ist die Er­hö­hung der Min­dest­aus­stat­tung des res­sour­cen­schwächs­ten Kan­tons von 85 auf 86,5 Pro­zent des schwei­ze­ri­schen Mit­tels. Die Min­dest­aus­stat­tung im Res­sour­cen­aus­gleich soll künf­tig fix ga­ran­tiert wer­den. Folge der ge­setz­li­chen Ver­an­ke­rung der Min­dest­aus­stat­tung ist, dass die Do­ta­ti­on des Res­sour­cen- und Las­ten­aus­gleichs nicht mehr alle vier Jahre mit­tels Bun­des­be­schluss fest­ge­legt wird, son­dern au­to­ma­tisch fort­ge­schrie­ben wird. Die­ser Sys­tem­wech­sel er­for­dert eine tech­ni­sche An­pas­sung bei der Ver­tei­lung der Mit­tel. Wei­ter soll der Bun­des­an­teil am Res­sour­cen­aus­gleich auf das ver­fas­sungs­mäs­si­ge Ma­xi­mum er­höht wer­den. Aus­ser­dem wird die Ent­las­tung des Bun­des im Um­fang von 280 Mil­lio­nen Fran­ken den Kan­to­nen zu­ge­spro­chen. Eine Hälf­te der frei­wer­den­den Mit­tel soll für eine dau­er­haf­te Auf­sto­ckung des so­zio­de­mo­gra­fi­schen Las­ten­aus­gleichs ver­wen­det wer­den. Die an­de­re Hälf­te ist für tem­po­rä­re Ab­fe­de­rungs­mass­nah­men zu­guns­ten der Neh­mer­kan­to­ne vor­ge­se­hen (bis 2025).

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt grund­sätz­lich die Ge­set­zes­än­de­rung, sieht gleich­zei­tig aber noch An­pas­sungs­be­darf. Die un­ter­brei­te­ten Sys­te­man­pas­sun­gen am Fi­nanz­aus­gleich soll­ten auf acht Jahre be­fris­tet wer­den. Das Par­la­ment er­hiel­te so nach Frist­ab­lauf die Mög­lich­keit, die neuen Re­geln zu be­stä­ti­gen oder zum heu­ti­gen Mo­dell zu­rück­zu­keh­ren. Eine zeit­li­che Be­fris­tung hätte den Vor­teil, dass den ge­gen­wär­tig nicht voll­stän­dig ab­seh­ba­ren Aus­wir­kun­gen der AHV- und Steu­er­vor­la­ge Rech­nung ge­tra­gen wer­den könn­te.

Funk­tio­nie­ren­der Fi­nanz­aus­gleich als Ga­rant für Stand­ort­at­trak­ti­vi­tät

Ein funk­tio­nie­ren­der Fi­nanz­aus­gleich er­höht die Stand­ort­at­trak­ti­vi­tät der Schweiz durch einen an­ge­mes­se­nen Steu­er­wett­be­werb und eine mo­dera­te Steu­er­be­las­tung. Des­halb be­grüsst die Wirt­schaft die lau­fen­de Op­ti­mie­rung des Fi­nanz­aus­gleichs. Die Ak­zep­tanz des Aus­gleichs­sys­tems so­wohl bei den Geber- als auch den Neh­mer­kan­to­nen ist ent­schei­dend für seine Funk­ti­ons­fä­hig­keit. Es gilt dabei einen Mit­tel­weg zwi­schen in­ter­kan­to­na­lem Wett­be­werb und So­li­da­ri­tät zu fin­den. Die grund­sätz­li­che Ei­ni­gung der Kan­to­ne auf die neue Lö­sung ist des­halb po­si­tiv zu be­wer­ten. 

Ga­ran­tier­te Min­dest­aus­stat­tung nimmt dem Fi­nanz­aus­gleich die Fle­xi­bi­li­tät

Die gel­ten­de Re­ge­lung, wo­nach das Par­la­ment die Do­ta­ti­on des Res­sour­cen­aus­gleichs alle vier Jahre vor­nimmt, er­laubt der Po­li­tik, fle­xi­bel auf Ver­än­de­run­gen bei den Dis­pa­ri­tä­ten zu re­agie­ren. Der vor­an­schrei­ten­de Struk­tur­wan­del sowie die nicht ab­schätz­ba­ren Fol­gen der Steu­er­re­form ma­chen sol­che Sys­tem­kor­rek­tu­ren auch in Zu­kunft er­for­der­lich. Die be­zweck­te «Ent­po­li­ti­sie­rung» der Do­ta­ti­on führt zu einem Ver­lust an po­li­ti­scher Steue­rungs­mög­lich­keit. Die ga­ran­tier­te Min­dest­aus­stat­tung von 86,5 Pro­zent engt die Hand­lungs­mög­lich­kei­ten von Bund und Kan­to­nen ein. Sie macht es na­ment­lich schwie­ri­ger, auf Ent­wick­lun­gen in der fi­nan­zi­el­len Leis­tungs­fä­hig­keit der Kan­to­ne zu re­agie­ren. Be­reits heute ist der Fi­nanz­aus­gleich nur be­schränkt re­for­mier­bar. Durch die ga­ran­tier­te Min­dest­aus­stat­tung wer­den er­for­der­li­che Sys­tem­kor­rek­tu­ren zu­sätz­lich er­schwert. 

Fehl­an­rei­ze des Fi­nanz­aus­gleichs für die res­sour­cen­schwa­chen Kan­to­ne be­he­ben

Weil die Steu­er­ein­nah­men von zu­sätz­li­chem Steu­er­sub­strat die Re­duk­ti­on der Aus­gleichs­zah­lun­gen aus dem Fi­nanz­aus­gleich nicht zu kom­pen­sie­ren ver­mö­gen, be­ste­hen für res­sour­cen­schwa­che Kan­to­ne be­reits heute wenig An­rei­ze, die ei­ge­nen Steu­er­ein­nah­men mit­tels at­trak­ti­ver (Steu­er-)Po­li­tik zu stei­gern. Mit der vor­ge­se­he­nen tech­ni­schen An­pas­sung der Aus­zah­lun­gen ver­schlech­tern sich die An­rei­ze für die res­sour­cen­schwächs­ten Kan­to­ne wei­ter. Kan­to­ne mit einem Res­sour­cen­po­ten­zi­al unter 70 haben kei­nen An­reiz mehr, zu­sätz­li­ches Steu­er­sub­strat an­zu­zie­hen. Aus lang­fris­ti­gen Ef­fi­zi­enz­über­le­gun­gen soll­te eine Sys­tem­kor­rek­tur ge­prüft wer­den, um die Fehl­an­rei­ze des Fi­nanz­aus­gleichs für die Neh­mer­kan­to­ne zu be­he­ben.

Keine ge­bun­de­nen Mehr­aus­ga­ben für den Bund zum jet­zi­gen Zeit­punkt

Weil die Do­ta­ti­on in den letz­ten Jah­ren stets höher an­ge­setzt wurde als der bis­her gel­ten­de Richt­wert, wer­den der Bund und die res­sour­cen­star­ken Kan­to­ne durch die Re­form ent­las­tet. Der Bun­des­rat sieht je­doch vor, die beim Bund frei wer­den­den Mit­tel ge­mäss Vor­schlag der Kan­to­ne für die Auf­sto­ckung des Las­ten­aus­gleichs und tem­po­rä­re Ab­fe­de­rungs­mass­nah­men ein­zu­set­zen. Gleich­zei­tig wird der Bun­des­bei­trag an den Res­sour­cen­aus­gleich er­höht und fi­xiert. Damit ent­ste­hen für den Bund neue ge­bun­de­ne Aus­ga­ben. Dies wi­der­spricht dem Auf­trag des Par­la­ments, auf Auf­ga­ben­bin­dun­gen zu ver­zich­ten (Mo­ti­on 17.3259). Der Bund hat keine Mög­lich­keit, die mit­tel- bis lang­fris­ti­ge Aus­ga­ben­ent­wick­lung di­rekt zu be­ein­flus­sen. Ver­grös­sern sich die Un­ter­schie­de in der fi­nan­zi­el­len Leis­tungs­fä­hig­keit zwi­schen den Kan­to­nen, hätte dies für den Bund au­to­ma­tisch wei­te­re Mehr­aus­ga­ben zur Folge.

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt. Dass es einer Än­de­rung be­darf, hat grund­sätz­lich nie­mand be­strit­ten. Mit 34 zu 8 Stim­men hat der Stän­de­rat der un­be­fris­te­ten Er­hö­hung des Bun­des­bei­trags an den so­zio­de­mo­gra­fi­schen Las­ten­aus­gleich bis 2025 zu­ge­stimmt. Ab­ge­lehnt hat die klei­ne Kam­mer den An­trag, die Über­gangs­hil­fe nicht nach Ein­woh­nern, son­dern pro­por­tio­nal zu den Ein­bus­sen unter den Neh­mer­kan­to­nen zu ver­tei­len. Der Stän­de­rat hat mit 33 zu 10 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung da­ge­gen ge­stimmt. In der Ge­samt­ab­stim­mung hat der Stän­de­rat die Än­de­rung des Fi­nanz­aus­gleichs mit 37 zu 3 Stim­men bei 4 Ent­hal­tun­gen gut­ge­heis­sen.

Das Ge­schäft geht nun zur Be­hand­lung an den Na­tio­nal­rat. 

eco­no­mie­su­is­se ist ent­täuscht, dass die Be­fris­tung des Sys­tem­wech­sels ab­ge­lehnt wor­den ist. Die Be­fris­tung hätte si­cher­ge­stellt, dass der Sys­tem­wech­sel nach Frist­ab­lauf noch­mals über­prüft wor­den wäre. Durch den Be­schluss des Stän­de­rats ist dies nicht ge­währ­leis­tet. Es liegt nun am Na­tio­nal­rat, die er­for­der­li­chen Kor­rek­tu­ren an der Vor­la­ge vor­zu­neh­men.

Stän­de­rat weist Mo­ti­on zur Be­ra­tung an Si­cher­heits­po­li­ti­sche Kom­mis­si­on zu­rück

Die Mo­ti­on ver­langt, dass die Be­wil­li­gungs­kri­te­ri­en für Aus­lands­ge­schäf­te aus der Kriegs­ma­te­ri­al­ver­ord­nung ge­stri­chen und in das Kriegs­ma­te­ri­al­ge­setz über­führt wer­den. Aus­ser­dem sol­len die Aus­schluss­kri­te­ri­en des Gü­ter­kon­troll­ge­set­zes sinn­ge­mäss den­je­ni­gen des Kriegs­ma­te­ri­al­ge­set­zes an­ge­gli­chen wer­den.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se lehnt die Mo­ti­on ent­schie­den ab. Sie schä­digt die Schwei­zer Ex­port­wirt­schaft. 

Ex­por­tier­te Dual-Use-Güter für zwei Pro­zent des BIP ver­ant­wort­lich

Die Schweiz ge­hört welt­weit zu den gröss­ten Ex­por­teu­ren von «Dual-Use-Gü­tern». Das sind Güter, die so­wohl für zi­vi­le als auch für mi­li­tä­ri­sche Zwe­cke ver­wen­det wer­den kön­nen. Bei­spie­le sind Com­pu­ter, Werk­zeug­ma­schi­nen oder Elek­tro­ge­rä­te. Al­lein im Jahr 2017 wur­den Dual-Use-Güter im Wert von 1,7 Mil­li­ar­den Fran­ken (2016: 2,1 Mil­li­ar­den Fran­ken) mit Ein­zel­be­wil­li­gun­gen aus­ge­führt. Im Jahr 2017 wur­den aus­ser­dem Dual-Use-Güter im Wert von 12 Mil­li­ar­den Fran­ken mit Ge­ne­ral­aus­fuhr­be­wil­li­gun­gen ex­por­tiert. Die ex­por­tier­ten Dual-Use-Güter hat­ten im Jahr 2017 einen Ge­samt­wert von zwei Pro­zent des BIP. Kriegs­ma­te­ria­li­en wer­den im Um­fang von meh­re­ren Hun­dert Mil­lio­nen Fran­ken ex­por­tiert (z.B. 2015: 447 Mil­lio­nen Fran­ken).

Gü­ter­ex­por­te nicht un­nö­tig er­schwe­ren

Bis­her ist im Ein­zel­fall ent­schie­den wor­den, wann und wohin Dual-Use-Güter ex­por­tiert wer­den dür­fen. Dies ab­hän­gig vom Ri­si­ko, ob sie für mi­li­tä­ri­sche Zwe­cke ver­wen­det wer­den. Mit der An­pas­sung der Aus­schluss­kri­te­ri­en des Gü­ter­kon­troll­ge­set­zes an jene des Kriegs­ma­te­ri­al­ge­set­zes wür­den die Un­ter­schie­de zwi­schen Dual-Use-Gü­tern und Kriegs­ma­te­ri­al fak­tisch auf­ge­ho­ben. In der Folge könn­ten in Län­der wie Russ­land, Thai­land oder Is­ra­el gar keine Dual-Use-Güter mehr ex­por­tiert wer­den. Für den Ex­port nach China würde eine ähn­lich re­strik­ti­ve Be­wil­li­gungs­pra­xis gel­ten. Es be­steht aus­ser­dem eine hohe Wahr­schein­lich­keit, dass keine Ge­ne­ral­aus­fuhr­be­wil­li­gun­gen für Dual-Use-Güter mehr er­teilt wer­den könn­ten.

Kom­pe­tenz­ver­schie­bung führt zu Ver­zö­ge­run­gen

Bis­her kann der Bun­des­rat fle­xi­bel auf eine ver­än­der­te Si­cher­heits­la­ge re­agie­ren und die Be­wil­li­gungs­vor­aus­set­zun­gen rasch an­pas­sen. Diese Kom­pe­tenz will die Mo­ti­on dem Par­la­ment über­tra­gen. Das Par­la­ment kann we­ni­ger rasch auf neue Ent­wick­lun­gen re­agie­ren als die Exe­ku­ti­ve. Für die Ex­por­teu­re sind sol­che Ver­zö­ge­run­gen kost­spie­lig. Aus­ser­dem wür­den die Kri­te­ri­en für den Ex­port von Dual-Use-Gü­tern sowie von Kriegs­ma­te­ria­li­en häu­fig unter- oder über­schies­sen. Die­ser ab­seh­ba­re Ef­fekt dürf­te kaum im Sinne der Mo­tio­nä­re sein. Die Mo­ti­on wäre schäd­lich für den Schwei­zer Wirt­schafts­stand­ort. Nach­dem der Bun­des­rat am 31. Ok­to­ber seine ur­sprüng­lich an­vi­sier­ten An­pas­sun­gen der Kriegs­ma­te­ri­al­ver­ord­nung zu­rück­ge­zo­gen hat, ist die vor­lie­gen­de Mo­ti­on über­holt. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die Mo­ti­on in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Zweitrat be­han­delt. Die Rats­mehr­heit hat ent­schie­den, die Mo­ti­on an die Si­cher­heits­po­li­ti­sche Kom­mis­si­on des Stän­de­rats (SiK-SR) zu­rück­zu­wei­sen. Die SiK-SR solle den Text der Mo­ti­on so an­pas­sen, dass kein In­ter­pre­ta­ti­ons­spiel­raum be­steht.

Der Na­tio­nal­rat hatte der Mo­ti­on in der Herbst­ses­si­on 2018 mit 97 zu 82 Stim­men bei 11 Ent­hal­tun­gen zu­ge­stimmt.

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst zwar, dass der Stän­de­rat auf eine Ver­schär­fung der Be­wil­li­gungs­kri­te­ri­en ver­zich­tet hat. Gleich­zei­tig er­scheint die Rück­wei­sung an die SiK-SR wenig ziel­füh­rend: Der Bun­des­rat hat die ur­sprüng­li­chen An­pas­sun­gen der Kriegs­ma­te­ri­al­ver­ord­nung zu­rück­ge­zo­gen. Auf­grund der ver­än­der­ten Aus­gangs­la­ge ist die Mo­ti­on ob­so­let. Einen ab­leh­nen­den Be­schluss hätte der Stän­de­rat be­reits zum jet­zi­gen Zeit­punkt fäl­len kön­nen.

Stän­de­rat geht auf Kol­li­si­ons­kurs zu WTO-Vor­schrif­ten

Mit der Vor­la­ge 17.019 un­ter­brei­tet der Bun­des­rat dem Par­la­ment die To­tal­re­vi­si­on des gel­ten­den Bun­des­ge­set­zes über das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen (BöB). Grund für die To­tal­re­vi­si­on ist das re­vi­dier­te WTO-Über­ein­kom­men über das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen (GPA 2012). Es wurde am 30. März 2012 ver­ab­schie­det und trat am 6. April 2014 in Kraft. Sämt­li­che Ver­trags­staa­ten sind ver­pflich­tet, die Än­de­rung des GPA 2012 im na­tio­na­len Recht um­zu­set­zen. 

Neben der Um­set­zung des GPA 2012 be­zweckt der Bun­des­rat mit der Re­vi­si­on des BöB, das Be­schaf­fungs­recht von Bund und Kan­to­nen ein­an­der in­halt­lich an­zu­glei­chen. Be­währ­te Re­ge­lungs­kon­zep­te wer­den bei­be­hal­ten. Zwecks Har­mo­ni­sie­rung soll das BöB mo­dern struk­tu­riert und sprach­lich über­ar­bei­tet wer­den. Gleich­zei­tig sol­len neue Be­griffs­de­fi­ni­tio­nen ein­ge­führt und bis­her auf Ver­ord­nungs­stu­fe ge­re­gel­te Be­stim­mun­gen ins Ge­setz über­führt wer­den. Wei­te­re Än­de­run­gen be­tref­fen Un­ter­stel­lungs­fra­gen. So ist vor­ge­se­hen, dass die Ver­lei­hung be­stimm­ter Kon­zes­sio­nen und die Über­tra­gung ge­wis­ser öf­fent­li­cher Auf­ga­ben neu unter das Be­schaf­fungs­recht fal­len. Aus­ser­dem schlägt der Bun­des­rat neue In­stru­men­te vor, na­ment­lich den Dia­log, Rah­men­ver­trä­ge sowie elek­tro­ni­sche Auk­tio­nen. 

Ein wei­te­rer Schwer­punkt liegt auf den The­men Ver­hand­lun­gen und Rechts­schutz. Zwei Neue­run­gen sind die elek­tro­ni­sche Ab­wick­lung von Be­schaf­fungs­ver­fah­ren und das Ver­bot von Ver­hand­lun­gen zum Zweck, den An­ge­bots­preis zu sen­ken (sog. «Ab­ge­bots­run­den»). Der Bun­des­rat will auch den Zu­gang zu den Ge­rich­ten aus­bau­en. Die Be­schwer­de­instanz soll Scha­den­er­satz­be­geh­ren ad­hä­si­ons­wei­se er­le­di­gen kön­nen. Zudem soll die Kor­rup­ti­ons­prä­ven­ti­on im öf­fent­li­chen Be­schaf­fungs­we­sen ver­stärkt wer­den. Hinzu kommt eine sys­te­ma­ti­sche Re­ge­lung der Aus­schluss- und Sank­ti­ons­tat­be­stän­de. An­bie­ter und Sub­un­ter­neh­mer, die von künf­ti­gen Be­schaf­fungs­vor­ha­ben aus­ge­schlos­sen sind, sol­len neu auf einer zen­tra­len Liste er­fasst wer­den.

Keine Än­de­run­gen schlägt der Bun­des­rat im Hin­blick auf die mass­ge­ben­den Schwel­len­wer­te vor. Neu soll je­doch zwi­schen so­ge­nann­tem Staats­ver­trags­be­reich und nicht Staats­ver­trags­be­reich un­ter­schie­den wer­den. Der Staats­ver­trags­be­reich er­fasst jene öf­fent­li­chen Be­schaf­fun­gen im Gel­tungs­be­reich der in­ter­na­tio­na­len Ver­pflich­tun­gen der Schweiz. Dem­ge­gen­über un­ter­ste­hen öf­fent­li­che Auf­trä­ge im nicht Staats­ver­trags­be­reich nur den Re­geln des na­tio­na­len Rechts.

Das GPA 2012 ist Ge­gen­stand der Vor­la­ge 17.020. Mit der Re­vi­si­on wird des­sen Gel­tungs­be­reich er­wei­tert. Aus­ser­dem ist vor­ge­se­hen, den Kon­ven­ti­ons­text zu ver­ein­fa­chen und den Ein­satz elek­tro­ni­scher Mit­tel zu re­geln. Das Ziel be­steht darin, die Trans­pa­renz und den Markt­zu­gang zu ver­bes­sern. Das GPA 2012 er­setzt das ur­sprüng­li­che Ab­kom­men von 1994. Ge­plant ist, dass der Bun­des­rat das GPA 2012 nach er­folg­ter Ge­neh­mi­gung durch das Par­la­ment ra­ti­fi­ziert, so­bald die An­pas­sun­gen des in­ner­staat­li­chen Rechts voll­zo­gen wor­den sind.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt die ein­ge­schla­ge­ne Stoss­rich­tung. Ein trans­pa­ren­tes und wett­be­werbs­freund­li­ches Be­schaf­fungs­we­sen liegt im In­ter­es­se der Schweiz. Das Ziel muss es sein, das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen auf eine zeit­ge­mäs­se ge­setz­li­che Grund­la­ge zu stel­len. Die An­trä­ge der Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben des Stän­de­rats (WAK-SR) bil­den einen guten Aus­gangs­punkt. Ei­ni­ge An­trä­ge füh­ren zu Ver­bes­se­run­gen an der Vor­la­ge. Bei an­de­ren Ar­ti­keln be­steht wei­ter­hin An­pas­sungs­be­darf. 

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst die Be­reit­schaft zur An­pas­sung des öf­fent­li­chen Be­schaf­fungs­we­sens an das in­ter­na­tio­na­le Recht und des­sen Har­mo­ni­sie­rung. Die Um­set­zung des GPA 2012 ge­währ­leis­tet den Schwei­zer Un­ter­neh­men in­ter­na­tio­nal wei­ter­hin den Markt­zu­gang. Laut Bot­schaft des Bun­des­rats hat seine Um­set­zung ins­ge­samt einen er­wei­ter­ten Markt­zu­gang im Wert von 80 bis 100 Mil­li­ar­den US-Dol­lar pro Jahr zur Folge. 

Das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen der Schweiz muss im ei­ge­nen In­ter­es­se wett­be­werbs­freund­lich aus­ge­stal­tet sein. Ge­mäss Bot­schaft be­trägt das Ge­samt­vo­lu­men der öf­fent­li­chen Be­schaf­fun­gen in der Schweiz jähr­lich rund 41 Mil­li­ar­den Fran­ken. Mit die­sem gros­sen Vo­lu­men prägt der Staat als be­deu­ten­der Kunde das Wirt­schafts­ge­sche­hen und den Wett­be­werb. In An­be­tracht die­ser Summe hat ein trans­pa­ren­tes und auf den Grund­sät­zen der Gleich­be­hand­lung sowie des Markt­zu­gangs ste­hen­des öf­fent­li­ches Be­schaf­fungs­we­sen höchs­te Prio­ri­tät. Ein wett­be­werbs­freund­li­ches Be­schaf­fungs­we­sen ist nicht zu­letzt im In­ter­es­se der Steu­er­zah­ler, die für einen in­ef­fi­zi­en­ten Um­gang mit den öf­fent­li­chen Mit­teln auf­zu­kom­men haben.

För­de­rung des Wett­be­werbs als pri­mä­res Ziel des öf­fent­li­chen Be­schaf­fungs­we­sens

Das Ziel muss es sein, das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen auf eine wett­be­werbs­freund­li­che, zeit­ge­mäs­se ge­setz­li­che Grund­la­ge zu stel­len. Die Ge­währ­leis­tung des Wett­be­werbs und die Ver­hin­de­rung der Markt­ab­schot­tung die­nen der ef­fi­zi­en­ten Ver­wen­dung der öf­fent­li­chen Mit­tel und wir­ken Ver­zer­run­gen ent­ge­gen. Der Staat ist di­rekt oder in­di­rekt an mög­li­chen Leis­tungs­er­brin­gern be­tei­ligt, etwa im Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sek­tor und ver­wand­ten Ge­bie­ten. Hier gilt es zu ver­hin­dern, dass eine Aus­schrei­bung schon in ihrer Kon­zep­ti­on auf den An­bie­ter im Staats­be­sitz aus­ge­rich­tet wird. Diese Ge­fahr be­steht etwa bei der An­ru­fung von Si­cher­heits­as­pek­ten oder der Wahl eines frei­hän­di­gen Ver­fah­rens für Fol­ge­be­schaf­fun­gen wegen zu hoher Wech­sel­kos­ten (Art. 21 Abs. 2 Bst. e). Bei staat­lich be­herrsch­ten oder markt­mäch­ti­gen An­bie­tern muss darum be­son­ders kri­tisch ge­prüft wer­den, ob die Kos­ten voll be­rück­sich­tigt sind. An­dern­falls wird der Wett­be­werb zu­las­ten all­fäl­li­ger Kon­kur­ren­ten un­ter­drückt. 

Es be­steht ein er­heb­li­cher Spiel­raum, den Wett­be­werb durch zu­sätz­li­che Vor­ga­ben und Ein­schrän­kun­gen zu un­ter­lau­fen. Bei der Aus­ge­stal­tung der Vor­schrif­ten des öf­fent­li­chen Be­schaf­fungs­we­sens sol­len nur sol­che Ziel­set­zun­gen und Kri­te­ri­en aus­schlag­ge­bend sein, wel­che wett­be­werbs­för­dernd sind. Das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen soll nicht für an­de­re Ziele zweck­ent­frem­det wer­den. Es ist zweck­mäs­si­ger, wenn an­de­re Ziele (z.B. so­zi­al- oder um­welt­po­li­ti­sche Ziele) mit spe­zi­fi­schen Re­ge­lun­gen an­ge­gan­gen und in­di­vi­du­ell ge­recht­fer­tigt wer­den. Das öf­fent­li­che Be­schaf­fungs­we­sen ist dafür das fal­sche In­stru­ment. 

Kein Wi­der­spruch mit in­ter­na­tio­na­len Ver­pflich­tun­gen der Schweiz

Die WAK-SR hat er­kannt, dass Zu­schlag­kri­te­ri­en nicht den in­ter­na­tio­na­len Ver­pflich­tun­gen der Schweiz wi­der­spre­chen dür­fen. Sie hat des­halb den Ent­scheid des Na­tio­nal­rats bei Ar­ti­kel 29 Ab­satz 1bis kor­ri­giert: Die Kom­mis­si­on hat ent­schie­den, dass die un­ter­schied­li­chen Preis­ni­veaus in den Her­kunfts­staa­ten der An­bie­ter nicht be­rück­sich­tigt wer­den dür­fen. In den in­ter­na­tio­na­len Ver­pflich­tun­gen der Schweiz ist die­ses Kri­te­ri­um nicht ent­hal­ten. eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt die Strei­chung des Ar­ti­kels 29 Ab­satz 1bis ge­mäss Mehr­heit der WAK-SR.

Ver­bes­ser­ter Rechts­schutz und fle­xi­ble­re Ver­fah­ren

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst, dass die Re­vi­si­on den Rechts­schutz ins­ge­samt ver­bes­sert und fle­xi­ble­re Ver­fah­ren vor­sieht. Ein ver­bes­ser­ter Rechts­schutz ist nicht nur im Ge­richts­ver­fah­ren von Vor­teil, son­dern wirkt sich be­reits im Vor­feld der Ver­ga­be dis­zi­pli­nie­rend aus. Ent­spre­chend muss der Rechts­schutz um­fas­send aus­ge­stal­tet sein. Das gilt vor allem auch für Ein­la­dungs­ver­fah­ren und für frei­hän­di­ge Ver­ga­ben. Es ist daher rich­tig, dass die An­fech­tungs­mög­lich­kei­ten über den Staats­ver­trags­be­reich hin­aus er­wei­tert wer­den. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die bei­den Vor­la­gen 17.019 und 17.020 in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Zweitrat be­han­delt. 

Die klei­ne Kam­mer ist ohne Ge­gen­an­trag auf den Ge­set­zes­ent­wurf ein­ge­tre­ten. In der De­tail­be­ra­tung ist der Stän­de­rat ganz über­wie­gend den An­trä­gen der WAK-SR ge­folgt. Die Rats­mehr­heit hat das vom Na­tio­nal­rat ein­ge­führ­ten Kri­te­ri­um be­stä­tigt, dass bei der Ver­ga­be das Preis­ni­veau im Land be­rück­sich­tigt wird, in wel­chen die Leis­tung er­bracht wird. Damit geht auch der Stän­de­rat auf Kol­li­si­ons­kurs zu den WTO-Vor­schrif­ten. Bei Ar­ti­kel 12 Ab­satz 1 will die Mehr­heit des Stän­de­rats (22 zu 17 Stim­men bei 2 Ent­hal­tun­gen), dass nur die im In­land mass­geb­li­chen Ar­beits­schutz­be­stim­mun­gen re­le­vant sind. Aus­ser­dem hat der Stän­de­rat mit 26 zu 15 Stim­men be­schlos­sen, Bie­ter­ge­mein­schaf­ten und Sub­un­ter­neh­men un­ein­ge­schränkt zu­zu­las­sen, so­weit der Auf­trag­ge­ber dies nicht aus­schliesst oder be­schränkt. Die WAK-SR hatte hin­ge­gen be­an­tragt, dass grund­sätz­lich nur noch eine Sub­un­ter­neh­me­r­e­be­ne zu­ge­las­sen wer­den soll. Die Rats­mehr­heit hat mit 7 zu 5 Stim­men be­schlos­sen, am Ar­ti­kel 40 Ab­satz 2 fest­zu­hal­ten. Diese Be­stim­mung er­laubt es, dass bei auf­wen­di­gen Prü­fun­gen der An­ge­bo­te eine Vor­aus­wahl von drei An­ge­bo­ten ge­macht wer­den kann.

Der Na­tio­nal­rat hatte die Vor­la­ge 17.019 in der Som­mer­ses­si­on 2018 mit 184 zu 1 Stim­men bei 3 Ent­hal­tun­gen an­ge­nom­men. Der Na­tio­nal­rat war mehr­heit­lich dem Ge­set­zes­ent­wurf ge­folgt. Mit 149 zu 22 Stim­men bei 5 Ent­hal­tun­gen hatte der Na­tio­nal­rat zudem be­schlos­sen, dass neben dem Preis und der Qua­li­tät einer Leis­tung noch wei­te­re Zu­schlags­kri­te­ri­en be­rück­sich­tigt wer­den sol­len. Eine Mehr­heit (102 zu 83 Stim­men) hatte über­dies be­schlos­sen, dass das Preis­ni­veau im Land des An­bie­ters be­rück­sich­tigt wer­den soll. Aus­ser­dem hatte sich der Na­tio­nal­rat da­ge­gen ent­schie­den, den Zu­gang zu Un­ter­la­gen zu er­schwe­ren. 

Die Vor­la­ge 17.020 hat der Stän­de­rat ein­stim­mig an­ge­nom­men. Be­reits in der Som­mer­ses­si­on hatte der Na­tio­nal­rat der Vor­la­ge mit 176 zu 4 Stim­men bei 5 Ent­hal­tun­gen zu­ge­stimmt.

eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert, dass der Stän­de­rat dem Na­tio­nal­rat ge­folgt ist und Ver­stös­se gegen die WTO-Vor­schrif­ten be­wusst in Kauf nimmt. Trotz der ver­ein­zel­ten Ver­bes­se­run­gen an der Vor­la­ge be­steht damit noch er­heb­li­cher An­pas­sungs­be­darf, ins­be­son­de­re damit das Be­schaf­fungs­recht wei­ter­hin WTO-kon­form ist. An­sons­ten dro­hen der Schweiz Sank­tio­nen.

Auch Stän­de­rat lehnt neue Netz­zu­gangs­re­gu­lie­rung ab

Mit der Vor­la­ge will der Bun­des­rat das Fern­mel­de­ge­setz (FMG) an die tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lun­gen der ver­gan­ge­nen zehn Jahre an­pas­sen. Heute ken­nen wir zum Bei­spiel hoch­breit­ban­di­ge Mo­bil­funk- und Fest­net­ze oder Over the Top-Diens­te wie Net­flix und Zat­too. Aus­ser­dem soll wei­ter­hin ein «wirk­sa­mer Wett­be­werb» beim Er­brin­gen von Fern­mel­de­diens­ten sowie ein «aus­rei­chen­der Schutz» der Be­nut­zer vor Miss­bräu­chen ga­ran­tiert wer­den. Den Kun­den soll nach dem Wil­len des Bun­des­rats ein mög­lichst brei­tes, qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ges und güns­ti­ges An­ge­bot be­reit­ge­stellt wer­den. 

«Zur För­de­rung eines wirk­sa­men Wett­be­werbs bei der Er­brin­gung von Fern­mel­de­diens­ten» will der Bun­des­rat einen (ver­meint­lich) tech­no­lo­gie­neu­tra­len Zu­gang zum lei­tungs­ge­bun­de­nen Teil­neh­mer­an­schluss vor­se­hen. Er will dar­über hin­aus Mass­nah­men tref­fen kön­nen (Preis­ober­gren­zen, An­ge­bots­vor­schrif­ten), die un­ver­hält­nis­mäs­sig hohe End­kun­den­ta­ri­fe im Be­reich des in­ter­na­tio­na­len Roa­mings ver­hin­dern sol­len. Aus­ser­dem sol­len den Fern­mel­de­dienst­an­bie­tern im In­ter­es­se der so­ge­nann­ten «Netz­neu­tra­li­tät» Trans­pa­renz­pflich­ten auf­er­legt wer­den. Wei­ter sieht die Bot­schaft stren­ge­re Mass­nah­men gegen un­er­wünsch­te Wer­bung und Vor­schrif­ten zum bes­se­ren Schutz von Kin­dern und Ju­gend­li­chen vor den Ge­fah­ren der Nut­zung von Fern­mel­de­diens­ten vor. 

Än­de­run­gen schlägt der Bun­des­rat zudem im Be­reich der Kon­zes­si­ons­pflicht vor: Künf­tig soll das Fre­quenz­spek­trum grund­sätz­lich frei in­ner­halb der Schran­ken der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ge­nutzt wer­den kön­nen. Der Bun­des­rat will den Han­del mit Fre­quen­zen, ihre ge­mein­sa­me Nut­zung sowie den Ab­schluss von Ko­ope­ra­ti­ons­ver­trä­gen im In­fra­struk­tur­be­reich er­mög­li­chen. Ein Teil der Kon­zes­si­ons­ge­büh­ren für Funk­kon­zes­sio­nen soll für Mass­nah­men im Be­reich der nich­tio­ni­sie­ren­den Strah­lung ein­ge­setzt wer­den.

Die Über­prü­fung der Be­stim­mun­gen zur Grund­ver­sor­gung ist nicht Ge­gen­stand der Vor­la­ge des Bun­des­rats und wird zu einem spä­te­ren Zeit­punkt ge­trennt er­fol­gen.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se spricht sich grund­sätz­lich für die An­nah­me des Ge­set­zes­ent­wurfs aus. Der Na­tio­nal­rat hat die Vor­la­ge be­reits in ei­ni­gen Punk­ten ver­bes­sert. An­de­re Be­schlüs­se haben hin­ge­gen zu Ver­schlech­te­run­gen ge­führt ge­gen­über der ur­sprüng­li­chen Vor­la­ge des Bun­des­rats. Daher be­steht wei­ter­hin An­pas­sungs­be­darf in der De­tail­be­ra­tung. eco­no­mie­su­is­se hofft, dass der Stän­de­rat die wett­be­werbs­feind­li­chen Ele­men­te aus dem Ge­set­zes­ent­wurf streicht.

Netz­ent­wick­lung nicht ge­fähr­den

Der Aus­bau der Hoch­breit­band­net­ze schrei­tet in der Schweiz ste­tig voran und er­mög­licht eine in­ter­na­tio­nal fast ein­zig­ar­ti­ge Ver­sor­gung aller Lan­des­tei­le. So er­reicht die Schweiz heute eine Hoch­breit­band­ab­de­ckung von 98 Pro­zent aller Haus­hal­te. Be­trach­tet man spe­zi­fisch die Glas­fa­ser­net­ze, gibt es je­doch noch viel Luft nach oben: Die Netz­ab­de­ckung liegt ins­ge­samt nur bei circa 29 Pro­zent, in den länd­li­chen Re­gio­nen gar bei we­ni­ger als 8 Pro­zent. 

Das be­ste­hen­de re­gu­la­to­ri­sche Um­feld för­dert pri­va­te In­ves­ti­tio­nen in die Netze und er­mög­licht einen an­hal­ten­den Aus­bau. Dies ist eine wün­schens­wer­te Ent­wick­lung, wel­che die Schweiz fit macht für die di­gi­ta­le Zu­kunft. Die vom Bun­des­rat vor­ge­schla­ge­ne Än­de­rung der Zu­gangs­re­gu­lie­rung (Art. 11c) würde diese Ent­wick­lung ge­fähr­den und den er­for­der­li­chen Aus­bau ver­lang­sa­men, ohne dass ein an­de­rer Mehr­wert für die Kun­den ga­ran­tiert wer­den kann. Die Schwei­zer Wirt­schaft ist auf eine funk­tio­nie­ren­de Netz­in­fra­struk­tur an­ge­wie­sen, wenn sie den An­schluss an die Di­gi­ta­li­sie­rung nicht ver­pas­sen will. In die­sem Sinne ist der Mehr­heit der Kom­mis­si­on für Ver­kehr und Fern­mel­de­we­sen (KVF-SR) zu­zu­stim­men und die Aus­wei­tung der Netz­zu­gangs­re­gu­lie­rung ab­zu­leh­nen.

Netz­neu­tra­li­tät: Re­gu­lie­rung mit Au­gen­mass nötig

Der Bun­des­rat hat in sei­ner Bot­schaft be­züg­lich Netz­neu­tra­li­tät le­dig­lich eine Trans­pa­renz­pflicht vor­ge­se­hen, um er­grün­den zu kön­nen, ob die Netz­neu­tra­li­tät in der Schweiz sys­te­ma­tisch ver­letzt wird. Aus der Sicht von eco­no­mie­su­is­se ist dies nach wie vor die sach­lich und ord­nungs­po­li­tisch rich­ti­ge Va­ri­an­te, zumal die Bran­che bis­her eine funk­tio­nie­ren­de Selbst­re­gu­lie­rung um­ge­setzt hat. Die ein­schnei­den­de Be­stim­mung in Ar­ti­kel 12e, die der Na­tio­nal­rat be­schlos­sen hat, würde be­deu­ten­de Rechts­un­si­cher­hei­ten schaf­fen und po­ten­zi­ell wich­ti­ge tech­no­lo­gi­sche In­no­va­tio­nen aus­brem­sen. Aus­ser­dem ginge die Be­stim­mung zu­las­ten der Netz­qua­li­tät, ohne einen Mehr­wert für die Nut­zer zu schaf­fen. Die KVF-SR hat die be­sag­te Be­stim­mung nun er­gänzt und hat so in wich­ti­gen Punk­ten mehr Klar­heit ge­schaf­fen. Für die Wirt­schaft stellt die Lö­sung der KVF-SR einen gang­ba­ren Kom­pro­miss dar, den es mit Au­gen­mass um­zu­set­zen gilt.

Neue Be­stim­mun­gen zur Be­nüt­zung ge­bäu­d­e­in­ter­ner An­la­gen hem­men den Netz­aus­bau

Mit der neu vor­ge­se­he­nen Ent­schä­di­gungs­pflicht zu­guns­ten der Ei­gen­tü­mer würde ein grund­le­gen­der Pa­ra­dig­men­wech­sel er­fol­gen. Bis­her war un­be­strit­ten, dass die Be­reit­stel­lung we­sent­li­cher Er­schlies­sungs­in­fra­struk­tu­ren (Elek­tro, Was­ser, Te­le­kom) in­ner­halb des Ge­bäu­des im Auf­ga­ben­ge­biet sowie unter der Ver­ant­wort­lich­keit des Ge­bäu­de­ei­gen­tü­mers steht. Die vor­ge­schla­ge­ne Ent­schä­di­gungs­re­ge­lung würde den an­ge­streb­ten Aus­bau des (Ultra-)Breit­band­net­zes ver­zö­gern. Der Vor­schlag des Bun­des­rats schafft neue Zu­gangs­hür­den zu den Kon­su­men­ten und schränkt deren Wahl­frei­heit ein. Ab­ge­se­hen von der Ent­schä­di­gungs­re­ge­lung ist die vom Bun­des­rat vor­ge­schla­ge­ne Re­ge­lung mass­voll aus­ge­stal­tet. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die Vor­la­ge als Zweitrat in der Win­ter­ses­si­on 2018 be­han­delt. Die klei­ne Kam­mer hat mit 22 zu 19 Stim­men bei 2 Ent­hal­tun­gen ent­schie­den, dass das Te­le­kom­un­ter­neh­men nicht ver­pflich­tet wer­den sol­len, an­de­ren An­bie­tern gegen eine an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung den Zu­gang zu den ge­bäu­d­e­in­ter­nen Fern­meld­e­instal­la­tio­nen zu ge­wäh­ren. Damit ist die neue Netz­zu­gangs­re­gu­lie­rung vom Tisch. Der Stän­de­rat schlägt ein­stim­mig vor, Aus­nah­men bei der Netz­neu­tra­li­tät zu schaf­fen. An­bie­ter sol­len bei den Spe­zi­al­diens­ten die An­ge­bo­te fle­xi­bel ge­stal­ten kön­nen, so­lan­ge das die Qua­li­tät der In­ter­net­ver­bin­dung nicht ver­schlech­tert. Damit un­ter­brei­tet der Stän­de­rat einen Kom­pro­miss­vor­schlag. Der Stän­de­rat möch­te zudem, dass Fern­mel­de­an­bie­ter Ver­dachts­fäl­le von Kin­der­por­no­gra­fie dem Bun­des­amt für Po­li­zei mel­den müs­sen. In der Ge­samt­ab­stim­mung hiess der Stän­de­rat die Re­vi­si­on des Fern­mel­de­ge­set­zes mit 33 zu 7 Stim­men gut.

Der Na­tio­nal­rat hatte die Vor­la­ge in der Herbst­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt. Im Ge­gen­satz zum Bun­des­rat hatte der Na­tio­nal­rat am heu­ti­gen Zu­gangs­re­gime fest­ge­hal­ten und Ar­ti­kel 11c ge­stri­chen. Somit soll die Ent­bün­de­lung der letz­ten Meile vor­der­hand auf Kup­fer­lei­tun­gen be­schränkt blei­ben. Der Na­tio­nal­rat hatte zudem ent­schie­den, die Be­stim­mun­gen zur Ge­währ­leis­tung der Netz­neu­tra­li­tät im FMG zu ver­schär­fen. Aus­ser­dem hatte eine Mehr­heit (182 zu 5 Stim­men) unter an­de­rem Preis­ober­gren­zen für Roa­ming-Ta­ri­fe und Vor­schrif­ten über die Ab­rech­nungs­mo­da­li­tä­ten be­schlos­sen, um un­ver­hält­nis­mäs­sig hohe End­kun­den­ta­ri­fe zu be­kämp­fen und den Wett­be­werb zu för­dern. In der Ge­samt­ab­stim­mung hatte der Na­tio­nal­rat die Vor­la­ge mit 192 zu 1 Stim­me bei 1 Ent­hal­tung an­ge­nom­men.

eco­no­mie­su­is­se ist er­freut, dass auch der Stän­de­rat – nach dem Na­tio­nal­rat in der Herbst­ses­si­on – auf die Netz­zu­gangs­re­gu­lie­rung ver­zich­ten will. Zu be­grüs­sen ist zudem, dass der Stän­de­rat die Netz­neu­tra­li­tät prä­zi­siert hat. Trotz die­ser po­si­ti­ven Be­schlüs­se be­steht wei­te­rer An­pas­sungs­be­darf. 

Stän­de­rat weist Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on an Kom­mis­si­on zu­rück

Der Bun­des­rat ver­folgt mit der Re­vi­si­on das Ziel, das Ak­ti­en­recht zu mo­der­ni­sie­ren und den wirt­schaft­li­chen Be­dürf­nis­sen der nächs­ten Jahre an­zu­pas­sen. Der Ge­set­zes­ent­wurf schliesst in­halt­lich an die Re­vi­si­on aus Jahr 2013 an, wel­che da­mals ab­ge­bro­chen wurde. Dazu zählt etwa eine Ver­ein­fa­chung der Grün­dungs- und Ka­pi­tal­be­stim­mun­gen. Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten, Ge­sell­schaf­ten mit be­schränk­ter Haf­tung und Ge­nos­sen­schaf­ten sol­len ohne Ur­kunds­per­son ge­grün­det und auf­ge­löst wer­den kön­nen, wenn ein­fa­che Ver­hält­nis­se vor­lie­gen. Aus­ser­dem soll der Min­dest­nenn­wert von Ak­ti­en fle­xi­bler ge­wählt wer­den kön­nen. 

Als neues Ele­ment soll die Ver­ord­nung gegen über­mäs­si­ge Ver­gü­tun­gen bei bör­sen­ko­tier­ten Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten (VegüV) soll auf Ge­set­zes­stu­fe über­führt wer­den. Die VegüV setzt die Min­der-In­itia­ti­ve um, wel­che von Volk und Stän­den am 3. März 2013 an­ge­nom­men wurde. Der Bun­des­rat muss­te in­ner­halb eines Jah­res nach An­nah­me des Ar­ti­kels 95 Ab­satz 3 der Bun­des­ver­fas­sung die er­for­der­li­chen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen auf Ver­ord­nungs­stu­fe er­las­sen. 

Wei­ter sol­len die Be­stim­mun­gen über Un­ter­neh­mens­sa­nie­run­gen bes­ser mit dem Nach­lass­ver­fah­ren ko­or­di­niert wer­den. Eine Sa­nie­rung soll mög­lichst schon vor der Er­öff­nung eines for­mel­len Nach­lass­ver­fah­rens in An­griff ge­nom­men wer­den. Zudem schlägt der Bun­des­rat vor, ak­ti­en­recht­li­che Strei­tig­kei­ten als schieds­fä­hig zu er­klä­ren. Vor­ge­se­hen sind aus­ser­dem Be­stim­mun­gen über die Re­ge­lung der Trans­pa­renz bei wirt­schaft­lich be­deu­ten­den, in der Roh­stoff­för­de­rung tä­ti­gen Un­ter­neh­men. Sie sol­len Zah­lun­gen an staat­li­che Stel­len of­fen­le­gen müs­sen. Damit soll der in­ter­na­tio­na­len Rechts­ent­wick­lung Rech­nung ge­tra­gen wer­den.

Der Bun­des­rat schlägt zudem Ge­schlech­ter­richt­wer­te für gros­se, bör­sen­ko­tier­te Un­ter­neh­men vor. Im Ver­wal­tungs­rat muss jedes Ge­schlecht min­des­tens zu 30 Pro­zent ver­tre­ten sein, in der Ge­schäfts­lei­tung zu 20 Pro­zent. Un­ter­neh­men, wel­che die Richt­wer­te nicht ein­hal­ten, sol­len sich im Ver­gü­tungs­be­richt recht­fer­ti­gen und die Mass­nah­men zur För­de­rung des we­ni­ger stark ver­tre­te­nen Ge­schlechts an­ge­ben müs­sen.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt den Nicht­ein­tre­tens­an­trag von Stän­de­rat Noser. Soll­te der Stän­de­rat auf die Vor­la­ge ein­tre­ten und an den Ver­schlech­te­run­gen sei­ner Rechts­kom­mis­si­on (RK-SR) fest­hal­ten, emp­fiehlt eco­no­mie­su­is­se Ab­leh­nung der Vor­la­ge in der Ge­samt­ab­stim­mung.

Die An­trä­ge der RK-SR eli­mi­nie­ren die meis­ten Ver­bes­se­run­gen, die der Na­tio­nal­rat be­schlos­sen hatte. Dar­un­ter bei­spiels­wei­se die Auf­he­bung der Be­ur­kun­dung in ein­fa­chen Fäl­len, das Ka­pi­tal­band, aber auch die Mög­lich­keit, die tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jahre ef­fi­zi­ent zu nut­zen. Ge­ra­de diese Ver­bes­se­run­gen waren für die Wirt­schaft ent­schei­dend, sich auf die Vor­la­ge über­haupt ein­zu­las­sen.

Be­schlüs­se des Na­tio­nal­rats als gute Basis

Im Zen­trum der Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on muss die Schaf­fung op­ti­ma­ler Rah­men­be­din­gun­gen für die Un­ter­neh­men ste­hen. Dazu ge­hört auch, ihnen eine op­ti­ma­le Frei­heit bei der Or­ga­ni­sa­ti­on zu­zu­ge­ste­hen. Die Re­vi­si­ons­vor­la­ge hat ur­sprüng­lich zahl­rei­che not­wen­di­ge An­pas­sun­gen im Ak­ti­en­recht auf­ge­grif­fen. Der Na­tio­nal­rat hatte als Er­strat den Hand­lungs­be­darf er­kannt und – von we­ni­gen Aus­nah­men ab­ge­se­hen – in der Som­mer­ses­si­on 2018 eine gute und mo­der­ne Re­vi­si­ons­vor­la­ge ver­ab­schie­det. Die Be­schlüs­se des Na­tio­nal­rats bil­den grund­sätz­lich eine gute Basis für eine Mo­der­ni­sie­rung des Ak­ti­en­rechts.

An­pas­sungs­be­darf hätte auf Basis der Be­schlüs­se des Na­tio­nal­ra­tes na­ment­lich noch bei den Be­stim­mun­gen über die Ge­schlech­ter­quo­te sowie wei­te­rer, pri­mär for­mel­ler Punk­te be­stan­den. Im In­ter­es­se des Wirt­schafts­stand­orts Schweiz hät­ten diese Punk­te auf­ge­grif­fen wer­den müs­sen. An­sons­ten wäre die Vor­la­ge nach Ab­schluss der Be­ra­tung durch den Na­tio­nal­rat auf Kurs ge­we­sen.

Nein zur Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on in der Ver­si­on der RK-SR

An­statt not­wen­di­ge Kor­rek­tu­ren in we­ni­gen Punk­ten vor­zu­neh­men, hat die RK-SR die Vor­la­ge mas­siv ver­schlech­tert. Die Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on ist mit den An­pas­sun­gen der RK-SR zu einer rei­nen Re­gu­lie­rungs­vor­la­ge mu­tiert. Die Wirt­schaft kann diese Form der Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on nicht mehr an­neh­men. Die Vor­la­ge scha­det der Wirt­schaft, an­statt ihr zu nüt­zen. 

Über­füh­rung der VegüV (Ver­ord­nung zur Min­der-In­itia­ti­ve) grund­sätz­lich un­be­strit­ten

Die Über­füh­rung der VegüV in das OR bringt Rechts­si­cher­heit und löst eine de­mo­kra­ti­sche Ver­pflich­tung im Nach­gang zur An­nah­me der Min­der-In­itia­ti­ve ein. In­so­fern ist es im Grund­satz be­grüs­sens­wert, dass die Be­stim­mun­gen auf eine for­mell-ge­setz­li­che Grund­la­ge ge­stellt wer­den. Im Zen­trum müss­te aber eine schlan­ke, ef­fi­zi­en­te Um­set­zung der Ver­fas­sungs­be­stim­mung ste­hen. Eine Ver­schär­fung der be­ste­hen­den Vor­schrif­ten lehnt eco­no­mie­su­is­se ab. Es dür­fen hier­zu nicht unter dem Deck­man­tel der Nach­füh­rung neue Ver­pflich­tun­gen be­grün­det wer­den. Die Un­ter­neh­men haben sich und ihre Sta­tu­ten an die Re­geln der VegüV an­ge­passt, was mit et­li­chen Zu­satz­kos­ten unter gleich­zei­ti­ger in­ter­na­tio­na­ler Ver­un­si­che­rung ver­bun­den war.

Aus die­sem Grund ist es un­ver­ständ­lich, dass die RK-SR wei­te­re Ver­schär­fun­gen ge­gen­über der VegüV be­an­tragt. Sol­che Ver­schär­fun­gen sind na­ment­lich das Ver­bot der pro­spek­ti­ven Ab­stim­mung über va­ria­ble Ver­gü­tun­gen und die Pflicht der in­di­vi­du­el­len Of­fen­le­gung von Ver­gü­tun­gen. Die RK-SR mutet damit einer gros­sen Mehr­heit der von der VegüV er­fass­ten Un­ter­neh­men und ihren Ak­tio­nä­ren zu, er­neut we­sent­li­che Sta­tu­ten­än­de­run­gen vor­zu­neh­men. Die Fol­gen sind neu­er­li­che Kos­ten und Ver­un­si­che­rung bei den be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men sowie auf Sei­ten der (in­ter­na­tio­na­len) In­ves­to­ren. 

Ver­zicht auf Be­stim­mun­gen zur Ge­schlech­ter­quo­te

Be­reits der Na­tio­nal­rat hatte un­nö­ti­ger­wei­se Ge­schlech­ter-Richt­wer­te in Ver­wal­tungs­rä­ten und Ge­schäfts­lei­tun­gen (u.a. Art. 734f OR) be­stä­tigt. Quo­ten oder Richt­wer­te sind un­taug­li­che Mass­nah­men zur För­de­rung der In­ter­es­sen von Frau­en. Dass Frau­en in Füh­rungs­eta­gen teil­wei­se un­ter­durch­schnitt­lich ver­tre­ten sind, hängt mit Grün­den zu­sam­men, gegen die Quo­ten oder Richt­wer­te nichts aus­rich­ten kön­nen: Fa­mi­li­en­pla­nung, Be­treu­ungs­mög­lich­kei­ten für Kin­der, Work-Life-Ba­lan­ce oder steu­er­li­che An­rei­ze. Die­ses viel­schich­ti­ge und ge­sell­schafts­po­li­tisch ver­or­te­te Thema auf dem Bu­ckel der Un­ter­neh­men aus­zu­tra­gen, ist falsch und sogar kon­tra­pro­duk­tiv.

Ins­be­son­de­re Quo­ten oder Richt­wer­te für die Ge­schäfts­lei­tung sind schäd­lich. Damit würde die Schweiz einen in­ter­na­tio­na­len Al­lein­gang be­schrei­ten. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass sol­che Be­stim­mun­gen die Stand­ort­wahl von in­ter­na­tio­na­len Un­ter­neh­men zu­un­guns­ten der Schweiz be­ein­flus­sen wür­den. Aber auch Quo­ten­re­ge­lun­gen für den Ver­wal­tungs­rat sind über­flüs­sig. Die meis­ten Un­ter­neh­men be­ru­fen schon heute von sich aus und ganz ohne staat­li­chen Zwang Frau­en in die Füh­rungs­eta­ge. 

Ver­zicht auf Be­stim­mung zu den «Proxy Ad­vi­sors»

Ohne vor­gän­gi­ge Kon­sul­ta­ti­on der be­trof­fe­nen Wirt­schafts­krei­se wurde die Vor­la­ge mit einem Vor­schlag zur Re­ge­lung von Stimm­rechts­ver­tre­tern (sog. «Proxy-Ad­vi­sors») be­la­den. Diese Be­stim­mun­gen über Dienst­leis­tun­gen von Stimm­rechts­be­ra­tern waren ur­sprüng­lich nicht in der Vor­la­ge ent­hal­ten. Statt die Stimm­rechts­be­ra­ter zu re­geln, die auf Grund der «Min­der»-Stimm­pf­lich­ten an Macht zu­ge­legt haben, sieht die RK-SR auf dem Bu­ckel der Un­ter­neh­men neue Er­schwer­nis­se vor. 

Eine Re­ge­lung müss­te nicht bei den von den Proxy-Ad­vi­sors selbst stark be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men, son­dern bei den Proxy-Ad­vi­sors di­rekt an­set­zen. Dies darf nicht ohne sorg­fäl­ti­ge Ana­ly­se ge­sche­hen. Die zu be­rück­sich­ti­gen­den As­pek­te sind viel­schich­tig. Aus­ser­dem be­steht zum jet­zi­gen Zeit­punkt kein drin­gen­der Hand­lungs­be­darf. Ohne eine um­fas­sen­de vor­gän­gi­ge Kon­sul­ta­ti­on ist das Thema nicht wei­ter­zu­ver­fol­gen.

Aus­wei­tung der Trans­pa­renz­be­stim­mun­gen auf Roh­stoff­händ­ler ist sach­fremd

Gros­se bör­sen­ko­tier­te Un­ter­neh­men, die in der Roh­stoff­för­de­rung tätig sind, sol­len in Zu­kunft einen jähr­li­chen Be­richt über ihre Zah­lun­gen an staat­li­che Stel­len ver­fas­sen. Diese Vor­schrift ist vom Bun­des­rat vor­ge­schla­gen und vom Na­tio­nal­rat in der Som­mer­ses­si­on be­schlos­sen wor­den. Die RK-SR be­an­tragt ihrem Rat, die Trans­pa­renz­be­stim­mun­gen auf Roh­stoff­händ­ler aus­zu­wei­ten. Wer da­ge­gen ver­stösst, soll nach dem Wil­len der RK-SR haf­ten. An­ders als der Na­tio­nal­rat, wel­cher nur die vor­sätz­li­che Ver­let­zung der Be­richt­er­stat­tungs­pflicht sank­tio­nie­ren möch­te, be­an­tragt die RK-SR auch eine Bus­sen­dro­hung für die fahr­läs­si­ge Pflicht­ver­let­zung. 

Diese Re­ge­lun­gen würde für sämt­li­che Un­ter­neh­men zu einem gros­sen Bü­ro­kra­tie­auf­wand füh­ren. Die Un­ter­neh­men müss­ten her­aus­fin­den, ob in ir­gend­ei­nem Be­reich mit ir­gend­ei­nem Roh­stoff ge­han­delt wird. Aus­ser­dem ist mit er­heb­li­chen Ab­gren­zungs­pro­ble­men zu rech­nen. In der Pra­xis dürf­te die Ab­gren­zung eines Händ­lers von einem Nicht­händ­ler oft­mals nicht mög­lich sein. Für die Un­ter­neh­men ist dies mit gros­ser Rechts­un­si­cher­heit ver­bun­den. 

Stand der Be­ra­tun­gen

Der Stän­de­rat hat die Vor­la­ge in der Win­ter­ses­si­on 2018 als Zweitrat be­han­delt. Eine Mehr­heit von 29 zu 15 Stim­men hat be­schlos­sen, dass der Ge­set­zes­ent­wurf zur neu­er­li­chen Be­ra­tung an die RK-SR zu­rück­ge­wie­sen wird. Sie soll die Füh­rung von Ge­sell­schaf­ten er­leich­tern und auf un­nö­ti­ge bü­ro­kra­ti­sche Be­las­tung, ins­be­son­de­re von KMU, ver­zich­ten. Zudem geht mit der Rück­wei­sung der Auf­trag ein­her, den Ar­ti­kel 95 Ab­satz 3 BV mög­lichst nahe an der VegüV um­zu­set­zen. Die Um­set­zung soll für die Ge­sell­schaf­ten keine ob­li­ga­to­ri­schen Sta­tu­ten­än­de­run­gen be­wir­ken. 

Der Na­tio­nal­rat hatte die Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on in der Som­mer­ses­si­on 2018 als Er­strat be­han­delt. Die gros­se Kam­mer hatte mit 131 zu 66 Stim­men bei 1 Ent­hal­tung be­schlos­sen, den in­di­rek­ten Ge­gen­vor­schlag aus der Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on her­aus­zu­lö­sen und in einer se­pa­ra­ten Vor­la­ge zu be­ra­ten. Der Na­tio­nal­rat hatte sich äus­serst knapp, mit 95 zu 94 Stim­men bei 3 Ent­hal­tun­gen, für die Ein­füh­rung von Ge­schlech­ter­richt­wer­te aus­ge­spro­chen. Aus­ser­dem hatte der Na­tio­nal­rat eine Of­fen­le­gungs­pflicht in das Ak­ti­en­recht ein­ge­fügt. In der Roh­stoff­för­de­rung tä­ti­ge Un­ter­neh­men müs­sen Zah­lun­gen ab 100'000 Fran­ken an staat­li­che Stel­len pu­blik ma­chen. In der Ge­samt­ab­stim­mung hatte der Na­tio­nal­rat die Vor­la­ge mit 101 zu 94 Stim­men bei 2 Ent­hal­tun­gen an­ge­nom­men.

eco­no­mie­su­is­se be­dau­ert, dass der Stän­de­rat die Vor­la­ge zu­rück­wei­sen muss­te. Die Wirt­schaft hat stets Hand ge­bo­ten für eine Mo­der­ni­sie­rung des Ak­ti­en­rechts. Eine Rück­wei­sung wäre nicht not­wen­dig ge­we­sen, wenn die RK-SR den Be­schlüs­sen des Na­tio­nal­rats ge­folgt wäre. Die zahl­rei­chen Ver­schlech­te­run­gen durch die RK-SR haben die Ak­ti­en­rechts­re­vi­si­on für die Wirt­schaft je­doch un­zu­mut­bar ge­macht. Es ist nun frag­lich, ob von einer Rück­wei­sung wirk­li­che Ver­bes­se­run­gen zu er­war­ten sind. Soll­te es nicht ge­lin­gen, auf die po­si­ti­ven Ar­bei­ten des Er­strats zu­rück­zu­kom­men, muss die Vor­la­ge in der Schluss­ab­stim­mung ab­ge­lehnt wer­den.

Beide Räte

Par­la­ment folgt grund­sätz­lich dem Bud­get­ent­wurf des Bun­des­rats

Der Bun­des­rat bud­ge­tiert für 2019 einen or­dent­li­chen Über­schuss von rund 1,3 Mil­li­ar­den Fran­ken. 

Vor­ge­se­hen ist, dass der Bund Aus­ga­ben von ins­ge­samt 72,3 Mil­li­ar­den Fran­ken tä­tigt. Im Ver­gleich zum Vor­jahr wach­sen die Aus­ga­ben um 1,3 Mil­li­ar­den Fran­ken oder 1,8 Pro­zent. Am stärks­ten neh­men die Aus­ga­ben in den Be­rei­chen Si­cher­heit (400 Mio. oder 7,1 Pro­zent) sowie Bil­dung und For­schung (200 Mio. oder 2,4 Pro­zent) zu. Den Aus­ga­ben ste­hen Ein­nah­men von 73,6 Mil­li­ar­den Fran­ken ge­gen­über. Die Ein­nah­men stei­gen ins­ge­samt um 2,2 Mil­li­ar­den Fran­ken oder 3,1 Pro­zent. Das gröss­te Ein­nah­men­wachs­tum liegt bei der Ver­rech­nungs­steu­er (872 Mio. bzw. 14,1 Pro­zent) sowie der di­rek­ten Bun­des­steu­er für ju­ris­ti­sche Per­so­nen (716 Mio. bzw. 6,8 Pro­zent) und na­tür­li­che Per­so­nen (525 Mio. bzw. 4,8 Pro­zent). 

Das bud­ge­tier­te Er­geb­nis steht im Ein­klang mit den Vor­ga­ben der Schul­den­brem­se. Auf­grund der guten Kon­junk­tur ver­langt die Schul­den­brem­se im Jahr 2019 einen Über­schuss von 300 Mil­lio­nen. Der struk­tu­rel­le Über­schuss be­läuft sich damit auf knapp 1 Mil­li­ar­de Fran­ken. Für das Jahr 2020 ist ein struk­tu­rel­les De­fi­zit von 400 Mil­lio­nen Fran­ken vor­ge­se­hen. Im Jahr 2021 wird ein struk­tu­rel­ler Über­schuss von 150 Mil­lio­nen Fran­ken, 2022 von 950 Mil­lio­nen Fran­ken er­war­tet. Die vom Par­la­ment be­schlos­se­ne AHV- und Steu­er­vor­la­ge (STAF) sowie die Be­sei­ti­gung der Hei­rats­stra­fe bei der di­rek­ten Bun­des­steu­er sind im Fi­nanz­plan 2020 bis 2022 be­reits be­rück­sich­tigt. 

Der Bun­des­rat er­war­tet eine po­si­ti­ve Ent­wick­lung der Brut­to­schul­den des Bun­des. Sie sol­len im Jahr 2019 um rund 3 Mil­li­ar­den auf ins­ge­samt 96 Mil­li­ar­den Fran­ken sin­ken (Schul­den­quo­te 13,6 Pro­zent). Bis 2022 rech­net der Bun­des­rat mit einem Rück­gang auf 93 Mil­li­ar­den Fran­ken oder 12,1 Pro­zent des BIP. Trotz­dem be­lau­fen sich die Brut­to­schul­den des Bun­des noch immer auf einem hö­he­ren Ni­veau als vor dem Schul­den­an­stieg der 1990er-Jahre. Da­mals be­trug die Schul­den­quo­te le­dig­lich 10,8 Pro­zent.

Po­si­ti­on eco­no­mie­su­is­se

eco­no­mie­su­is­se spricht sich grund­sätz­lich für den Vor­an­schlag des Bun­des­rats aus. Er­gän­zend soll­te das Par­la­ment die Zu­satz­in­ves­ti­tio­nen in Bil­dung und For­schung tä­ti­gen, wel­che die Fi­nanz­kom­mis­si­on des Stän­de­rats (FK-SR) vor­schlägt.

Er­heb­li­che Ri­si­ken bei bud­ge­tier­ten Ein­nah­men

Die Bun­des­fi­nan­zen geben ein so­li­des Bild ab. Der struk­tu­rel­le Über­schuss be­trägt eine Mil­li­ar­de Fran­ken und es sind 2019 keine Ent­las­tungs­mass­nah­men nötig, um die Schul­den­brem­se ein­zu­hal­ten. Trotz­dem ist Zu­rück­hal­tung an­ge­bracht. Die gute Aus­gangs­la­ge ist mit er­heb­li­chen Un­si­cher­hei­ten ver­bun­den.

Vor allem bei den Ein­nah­men be­ste­hen der­zeit Ri­si­ken für den Bund. Die Steu­er­ein­nah­men von ju­ris­ti­schen Per­so­nen sind mit gros­sen Un­si­cher­hei­ten be­haf­tet, so­lan­ge die AHV- und Steu­er­vor­la­ge nicht zur Um­set­zung ge­langt. Ohne diese Vor­la­ge würde Steu­er­sub­strat weg­fal­len, das dem Bun­des­haus­halt in den letz­ten Jah­ren hohe Er­trä­ge ge­bracht hat. Der Bund müss­te mit spür­ba­ren Kor­rek­tu­ren bei den Ein­nah­men und Aus­ga­ben rech­nen. Auch die Pro­gno­sen zu den Ver­rech­nungs­steu­ern sind mit gros­sen Un­si­cher­hei­ten be­haf­tet. Na­tur­ge­mäss wei­sen diese Ein­nah­men Schwan­kun­gen auf, die bis zu einer Mil­li­ar­de Fran­ken be­tra­gen kön­nen. Bei Min­der­ein­nah­men der Ver­rech­nungs­steu­er von einer Mil­li­ar­de Fran­ken wäre der Spiel­raum im Bud­get auf­ge­braucht.

Re­sul­tie­ren­der Über­schuss für Schul­den­ab­bau ein­set­zen

Mit­tel­fris­tig sind zudem meh­re­re Pro­jek­te in der Pipe­line, die heute noch nicht fi­nan­ziert sind. Dar­un­ter sind für den Wirt­schafts­stand­ort wich­ti­ge Pro­jek­te wie der Abbau der Stem­pel­ab­ga­ben und die wei­te­re Be­tei­li­gung der Schweiz am EU-For­schungs­rah­men­pro­gramm. Weil für diese Pro­jek­te der fi­nan­zi­el­le Spiel­raum ge­schaf­fen wer­den muss, sind für 2019 keine zu­sätz­li­chen Aus­ga­ben zu be­schlies­sen. Aus­nah­me sind die von der FK-SR be­an­trag­ten Zu­satz­mit­tel für Bil­dung und For­schung, die ge­zielt einen Bei­trag zur Stei­ge­rung von Pro­duk­ti­vi­tät, Wachs­tum und Wohl­stand leis­ten. Soll­te wie ge­plant ein Über­schuss re­sul­tie­ren, so ist die­ser wie bis anhin in den Schul­den­ab­bau zu lei­ten.

Stand der Be­ra­tun­gen

Die bei­den Räte haben den Vor­an­schlag 2019 mit in­te­grier­tem Auf­ga­ben- und Fi­nanz­plan 2020-2022 in der Win­ter­ses­si­on 2018 be­han­delt. So­wohl der Na­tio­nal- als auch der Stän­de­rat sind grund­sätz­lich dem Bud­get­ent­wurf des Bun­des­rats ge­folgt. Das Par­la­ment hat den Über­schuss im Bud­get 2019 leicht nach unten kor­ri­giert. Die be­schlos­se­nen Mehr­aus­ga­ben be­tra­gen ins­ge­samt 38 Mil­lio­nen Fran­ken. 

Die zu­sätz­li­chen Mit­tel flies­sen zu einem gros­sen Teil in den Be­reich For­schung und Bil­dung. Ins­ge­samt ste­hen dafür rund 101 Mil­lio­nen Fran­ken mehr zur Ver­fü­gung. Der Fi­nan­zie­rungs­bei­trag an den ETH-Be­reich ist um 30 Mil­lio­nen Fran­ken er­höht wor­den. Zu­sätz­li­che 18 Mil­lio­nen Fran­ken flies­sen an das Staats­se­kre­ta­ri­at für Bil­dung und For­schung. Uni­ver­si­tä­ten und Fach­hoch­schu­len er­hal­ten über 26 Mil­lio­nen Fran­ken mehr, als der Bun­des­rat bud­ge­tiert hat. In­sti­tu­tio­nen zur For­schungs­för­de­rung er­hal­ten rund 22 Mil­lio­nen Fran­ken mehr.

Die gröss­ten Ein­spa­run­gen hat das Par­la­ment für de­par­te­ments­über­grei­fen­den Sach- und Be­triebs­auf­wand (-19 Mio.) und für die So­zi­al­hil­fe für Asyl­su­chen­de, Flücht­lin­ge und vor­läu­fig Auf­ge­nom­me­ne (-45 Mio.) vor­ge­nom­men.

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst, dass das Par­la­ment die Aus­ga­ben für Bil­dung und For­schung er­höht hat. Zudem ist er­freu­lich, dass die bei­den Räte an­sons­ten auf grös­se­re Mehr­aus­ga­ben ver­zich­tet haben. Damit bleibt der be­nö­tig­te Spiel­raum für zu­künf­ti­ge Steu­er­re­vi­sio­nen er­hal­ten. Aus­ser­dem kann so der ein­ge­schla­ge­ne Weg des Schul­den­ab­baus fort­ge­setzt wer­den.