Der IMF zur Schuldenbremse: Man könnte auch andere Lehren ziehen…
Alle Jahre wieder… kommt der Internationale Währungsfonds (IMF) und prüft die Schweiz. Im Rahmen dieser jährlichen Prüfungen (der alle Mitglieder dieser Organisation unterzogen werden) kommt Bedenkenswertes und auch mal weniger Bedenkenswertes zutage. Zum Bedenkenswerten der diesjährigen, eben abgeschlossenen Evaluation gehört sicher der Befund, dass die aktuelle Reform der Unternehmensbesteuerung, die Steuervorlage 17 des Bundes («SV17»), wichtig ist für die Schweiz und rasch umgesetzt werden soll
Zur Kategorie des weniger Bedenkenswerten gehört das Herummäkeln an der Schuldenbremse des Bundes. Diese, so der IMF, sollte angepasst werden, damit der Bund besser auf Krisen reagieren kann. Aus Äusserungen gegenüber der Presse ist zudem zu schliessen, dass der IMF findet, die staatlichen Sozialausgaben seien wegen der Schuldenbremse zu tief. Beides ist, gelinde gesagt, Unsinn.
Sozialausgaben des Bundes steigen
Die Sozialausgaben des Bundes wie der ganzen öffentlichen Schweiz überhaupt wachsen seit Jahren und Jahrzehnten überproportional, das heisst stärker als die Wirtschaft, stärker als die öffentlichen Haushalte im Durchschnitt, stärker auch als jede andere einzelne staatliche Ausgabe. Der Bund gibt einen Drittel seiner Mittel für den Sozialbereich aus, jedes Jahr, unbestritten, Kraft massenhafter gesetzlicher Automatismen. Die Tendenz der Ausgabenentwicklung ist gerade wegen dieser Automatismen kräftig weiter steigend, um Hunderte von Millionen Franken jährlich.
Schuldenbremsen fehlen dort, wo sie bitter nötig wären
Der Anteil der sozialen Sicherheit an den gesamten Staatsausgaben der Schweiz, das hat das Bundesamt für Statistik aktuell berechnet, beträgt 40 Prozent. Allein auf die Alterssicherung entfällt jeder fünfte Franken, den Bund, Kantone, Gemeinden und staatliche Sozialversicherungen ausgeben. Ist das nun zu viel, ist es zu wenig? Von einer Unterfinanzierung des Sozialstaats in der Schweiz kann jedenfalls ernsthaft nicht gesprochen werden, und dass Schuldenbremsen oder andere Fiskalregeln auf das Sozialausgabenwachstum besonders hemmend wirken würden, kann angesichts dieser Zahlen auch nicht wirklich gesagt werden. Faktisch ist es ja umgekehrt: Während Schuldenbremsen in den öffentlichen Haushalten der Schweiz heute stark verbreitet sind, fehlen sie ausgerechnet dort, wo sie bitter nötig wären: bei den staatlichen Sozialversicherungen!
Zurückhaltung bei Konjunkturpaketen
Was die durch die Schuldenbremse offenbar behinderte Kraft des Bundes zur adäquaten Krisenreaktion anbelangt: Dass sich der Bund bei Konjunkturpaketen zurückhält, ist erwiesenermassen ein Segen (weil solche Pakete in der Schweiz ein miserables Kosten-Nutzen-Verhältnis haben). Und sollte eine Krise, wirtschaftlicher oder anderer Art, die Schweiz wirklich hart treffen, lässt die Schuldenbremse ausserordentliche Notausgaben in unbegrenzter Höhe zu.
Was die Schuldenbremse anbelangt, könnte der IMF aus dem Fall ‹Schweiz› deshalb auch andere Lehren ziehen.
Die Schweiz, man kann es nicht oft genug sagen, ist finanzpolitisch eine Insel der Glückseligen. Die Schuldenbremse des Bundes hat daran ihren massgeblichen Anteil. Rund um die Schweiz, erst recht weltweit, geht es vielerorts finanzpolitisch weniger glückselig zu und her. Was die Schuldenbremse anbelangt, könnte der IMF aus dem Fall «Schweiz» deshalb auch andere Lehren ziehen. Eine verpasste Chance? Im nächsten Jahr kommt der IMF wieder…