Suisse

Beziehungen zu Europa konstruktiv weiterentwickeln

Der Zugang zum europäischen Binnenmarkt ist für die Schweizer Wirtschaft zentral. Deshalb hat sie ein vitales Interesse an der Fortführung des bilateralen Weges. Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse begrüsst parallele Verhandlungen über die noch offenen Dossiers.

Nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014 hat die Europäische Union die Verhandlungen mit der Schweiz in mehreren Dossiers blockiert. Diese Blockade haben die Vertragspartner im April dieses Jahres überwunden und die Verhandlungen wieder aufgenommen.

Dass die zurzeit offenen Dossiers parallel verhandelt werden, unterstützt die Wirtschaft. Für economiesuisse sind die nachfolgenden kurz- und langfristigen Ziele der Schweizer Europapolitik vorrangig. 

Abbau technischer Handelshemmnisse und Äquivalenz im Finanzbereich

Kurzfristig prioritär ist die Anpassung des Abkommens zwischen der Schweiz und der EU «über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen» (MRA) an den Stand der Rechtsentwicklung in der EU. Das MRA ist ein Instrument zum Abbau technischer Handelshemmnisse bei der Vermarktung von Industriegütern zwischen der Schweiz und der EU. Ebenfalls als prioritär erachtet economiesuisse die vollständige Anerkennung der Äquivalenz der Finanzmarktregulierung. Diese längst überfälligen Massnahmen sollten vor Ende 2017 umgesetzt werden, denn sie sind sowohl im Interesse der EU als auch der Schweiz.

Eine erneute Tranche des Kohäsionsbeitrags der Schweiz an Mittel- und Osteuropa im bisherigen Umfang muss im Kontext einer stabilen Handelsbeziehung auf Basis der bilateralen Abkommen stehen. 

Rahmenabkommen nur innerhalb der «roten Linien»

Längerfristig ist es im Interesse der Wirtschaft, die Beziehungen zu Europa auf eine tragfähige Basis zu stellen und weiterzuentwickeln. Falls es in diesem Zusammenhang zum Abschluss eines Rahmenabkommens kommt, dürfen die bekannten «roten Linien» des Bundesrates nicht überschritten werden. Diese «roten Linien» gehen sehr weit und verlangen unter anderem Ausnahmen bei der Migrationspolitik, dem Landverkehr und den Steuern. Zudem wird eine Überwachung durch die EU abgelehnt.

Zusätzlich verlangt die Wirtschaft, dass das während der laufenden Verhandlungen diskutierte Schiedsgericht unabhängig sein muss. Grundlage für ein solches Schiedsgericht muss der in den Abkommen festgeschriebene bilaterale Acquis sein. Ausserdem muss die Anerkennung äquivalenter Regelungen der Schweiz weiterhin möglich sein. Beziehungen der Schweiz zu Drittstaaten dürfen durch ein solches Rahmenabkommen nicht beeinträchtigt werden.

Wirtschaftliche Interessen der Schweiz in Grossbritannien

Bis der Austritt Grossbritanniens aus der EU vollzogen ist, muss sich die Europapolitik der Schweiz auf die EU und auf UK ausrichten. Denn unabhängig davon, wie Grossbritannien und die EU ihr künftiges Verhältnis regeln werden, hat auch die Schweiz starke wirtschaftliche Eigeninteressen. Immerhin ist Grossbritannien der fünftwichtigste Handelspartner der Schweiz.

Deshalb muss sich die Schweiz rasch für einen gleichwertigen Zugang zum britischen Markt einsetzen. Auch der Abschluss eines Finanzdienstleistungsabkommens im Bereich Bank- und Vermögensverwalter sowie eines Forschungsabkommens ist ins Auge zu fassen.