Fakten

Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form III: Die Fak­ten

Was be­deu­tet die Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form III für die Kan­to­ne? Was steht bei einem Schei­tern der Re­form auf dem Spiel? Lesen Sie mehr dazu in un­se­rem Fak­ten­blatt.

Rund 24 000 in­ter­na­tio­na­le Ge­sell­schaf­ten mit 135 000 bis 175 000 Be­schäf­tig­ten sind heute in den Kan­to­nen einer Son­der­be­steue­rung un­ter­stellt. Diese Ge­sell­schaf­ten von aus­län­di­schen, aber auch vie­len Schwei­zer Kon­zer­nen sind für die Volks­wirt­schaft und die Steu­er­ein­nah­men in der Schweiz be­deu­tend. So sind sie für fast 50 Pro­zent der ge­sam­ten pri­va­ten For­schungs- und Ent­wick­lungs­aus­ga­ben ver­ant­wort­lich. Über Zu­lie­fer- und Dienst­leis­tungs­be­trie­be pro­fi­tie­ren in­di­rekt auch viele Schwei­zer KMU von die­sen Kon­zer­nen. Ob­wohl sie nur etwa sie­ben Pro­zent der Un­ter­neh­men aus­ma­chen, fi­nan­zie­ren Ge­sell­schaf­ten mit Son­der­be­steue­rung fast die Hälf­te der Ge­winn­steu­er­ein­nah­men des Bun­des. Ins­ge­samt lie­fern sie jähr­lich etwa 5,3 Mil­li­ar­den Fran­ken Ge­winn­steu­ern ab.

Dank der Son­der­re­geln ist die Schwei­zer Un­ter­neh­mens­be­steue­rung heute at­trak­tiv und sorgt für hohe Steu­er­ein­nah­men. In­ter­na­tio­na­le Ent­wick­lun­gen er­for­dern je­doch An­pas­sun­gen. Die Schweiz hat sich ge­gen­über der EU und der OECD ver­pflich­tet, in­ter­na­tio­na­le Min­dest­stan­dards ein­zu­hal­ten. Dies um­zu­set­zen ist das Ziel der Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form III (USR III). Die Un­ter­neh­mens­be­steue­rung soll aber gleich­zei­tig at­trak­tiv und er­gie­big blei­ben.

Wer ist be­trof­fen?

Haupt­be­trof­fen sind die Kan­to­ne. Die für sie be­deu­ten­de Son­der­be­steue­rung muss ab­ge­schafft wer­den. Wol­len die Kan­to­ne wich­ti­ge Steu­er­zah­ler be­hal­ten, müs­sen sie steu­er­lich wei­ter­hin at­trak­tiv blei­ben. Dabei ist die Aus­gangs­la­ge der Kan­to­ne sehr un­ter­schied­lich.

Gra­fik 1: Die Kan­to­ne haben un­ter­schied­li­che Aus­gangs­la­gen
An­teil der Sta­tus­ge­sell­schaf­ten an der Ge­winn­steu­er­ba­sis in den Kan­to­nen und or­dent­li­che Ge­winn­steu­er­sät­ze

Quel­le: EFV (2015)

  • In Kan­to­nen mit einem hohen An­teil an Sta­tus­ge­sell­schaf­ten und hohem Ge­winn­steu­er­satz zah­len Sta­tus­ge­sell­schaf­ten durch den Über­gang in die or­dent­li­che Be­steue­rung be­trächt­lich mehr Steu­ern. In die­sen Kan­to­nen er­gibt sich ein Po­ten­zi­al für Ge­winn­steu­er­sen­kun­gen.
  • In Kan­to­nen mit einem be­reits heute tie­fen or­dent­li­chen Steu­er­satz ist die At­trak­ti­vi­tät ge­währ­leis­tet und es be­steht ein ge­rin­ge­rer Hand­lungs­be­darf.
  • In Kan­to­nen mit einem hohen Steu­er­satz und einem ge­rin­gen An­teil an Sta­tus­ge­sell­schaf­ten sind Ge­winn­steu­er­sen­kun­gen kost­spie­lig, da vor allem or­dent­lich be­steu­er­te Ge­sell­schaf­ten pro­fi­tie­ren. Diese Kan­to­ne sind stär­ker auf ge­ziel­te steu­er­li­che Son­der­lö­sun­gen an­ge­wie­sen, um die Steu­er­aus­fäl­le be­gren­zen zu kön­nen.

Wel­che Mass­nah­men wer­den er­grif­fen?

Eine ein­heit­li­che Lö­sung für alle Kan­to­ne gibt es nicht – zu un­ter­schied­lich sind die Aus­gangs­la­gen. Die Re­form hat des­halb zwei Stoss­rich­tun­gen: Ei­ner­seits kön­nen die Kan­to­ne neue, in­ter­na­tio­nal un­be­strit­te­ne Er­satz­re­ge­lun­gen ein­set­zen, an­der­seits kön­nen sie die Ge­winn­steu­er­sät­ze mit fi­nan­zi­el­ler Un­ter­stüt­zung des Bun­des auf ein in­ter­na­tio­nal wett­be­werbs­fä­hi­ges Ni­veau sen­ken.

Als Er­satz für die bis­he­ri­gen Son­der­re­geln wer­den den Kan­to­nen fol­gen­de neue In­stru­men­te zur Ver­fü­gung ge­stellt:

  • Pa­tent­box (steu­er­li­che Er­mäs­si­gung für Ge­win­ne aus Pa­ten­ten und Im­ma­te­ri­al­gü­tern)
  • F&E-In­put­för­de­rung (er­höh­ter Abzug von For­schungs- und Ent­wick­lungs­auf­wand, zum Bei­spiel für die Löhne von For­schen­den)
  • Zins­be­rei­nig­te Ge­winn­steu­er (Zins­ab­zug auf über­durch­schnitt­li­ches Ei­gen­ka­pi­tal) – Ver­pflich­tung zu Di­vi­den­den­be­steue­rung von min­des­tens 60 Pro­zent bei Nut­zung des In­stru­ments.
  • Ent­spre­chen­de Er­mäs­si­gun­gen auch bei der Ka­pi­tal­steu­er
  • Son­der­be­steue­rung stil­ler Re­ser­ven (Ver­mei­dung einer nach­träg­li­chen Hö­her­be­steue­rung beim Über­gang in die Nor­mal­be­steue­rung)

Gra­fik 2: Stell­schrau­ben für die Kan­to­ne zur An­pas­sung der Re­form an die ei­ge­ne kan­to­na­le Steu­er­stra­te­gie

 

Quel­le: ei­ge­ne Dar­stel­lung

Er­läu­te­run­gen zur Gra­fik 2

 

Da die Aus­gangs­la­ge der Kan­to­ne sehr un­ter­schied­lich ist, kön­nen sie die Mass­nah­men der USR III über ver­schie­de­ne Stell­schrau­ben an die ei­ge­nen Ver­hält­nis­se an­pas­sen (Gra­fik 2). Dabei gel­ten je­doch Be­gren­zun­gen. Für die Ent­las­tun­gen durch die Pa­tent­box gilt eine Ober­gren­ze von 90 Pro­zent, bei der fa­kul­ta­ti­ven F&E-In­put­för­de­rung sind es ma­xi­mal 150 Pro­zent. Die Kan­to­ne kön­nen zudem frei ent­schei­den, ob sie das In­stru­ment der zins­be­rei­nig­ten Ge­winn­steu­er an­wen­den wol­len. Die Ge­sam­t­ent­las­tung durch Son­der­re­geln darf nicht grös­ser als 80 Pro­zent sein. (Diese Ent­las­tung gilt nur auf Kan­tons­ebe­ne, die Un­ter­neh­men zah­len zudem die Ge­winn­steu­er beim Bund von 8,5 Pro­zent.) Die Kan­to­ne kön­nen die Ge­sam­t­ent­las­tung aber auch stär­ker ein­schrän­ken und statt­des­sen auf Mass­nah­men beim Ge­winn­steu­er­satz set­zen. Auch eine ge­ziel­te Mi­schung der bei­den Stoss­rich­tun­gen ist mög­lich. Darum un­ter­stüt­zen die Kan­to­ne die Re­form. 

Die Kan­to­ne er­he­ben heute auch die di­rek­te Bun­des­steu­er und lie­fern diese nach Bern ab. 17 Pro­zent dür­fen sie dabei ein­be­hal­ten. Um den Kan­to­nen fi­nan­zi­el­len Hand­lungs­spiel­raum für eine Sen­kung der Ge­winn­steu­er zu geben, wird ihr An­teil an der di­rek­ten Bun­des­steu­er auf 21,2 Pro­zent er­höht. Jeder Kan­ton er­hält damit einen fi­nan­zi­el­len Aus­gleichs­bei­trag pro­por­tio­nal zur nach Bern ab­ge­lie­fer­ten Bun­des­steu­er.

Was kos­tet die Re­form den Bund?

Die Re­form hat für den Bun­des­haus­halt Min­der­ein­nah­men in der Höhe von 1,3 Mil­li­ar­den Fran­ken zur Folge. Der al­ler­gröss­te Teil (1,1 Mil­li­ar­den Fran­ken) be­steht aus dem fi­nan­zi­el­len Bei­trag des Bun­des an die Kan­to­ne. Weil der Bund fi­nan­zi­ell stark von einem steu­er­lich at­trak­ti­ven Un­ter­neh­mens­stand­ort pro­fi­tiert (Gra­fik 3), ist es ge­recht­fer­tigt, dass er einen fi­nan­zi­el­len Bei­trag an die Re­form leis­tet und die­sen aus dem Haus­halt fi­nan­ziert. Die USR III ist be­reits in die Ein­nah­menschät­zung im ak­tu­el­len Fi­nanz­plan 2017 bis 2019 in­te­griert.

Die ein­zi­ge steu­er­po­li­ti­sche Mass­nah­me, die auf Bun­des­ebe­ne ein­ge­führt wird, ist die zins­be­rei­nig­te Ge­winn­steu­er. In einer sta­ti­schen Be­trach­tung fal­len dabei 222 Mil­lio­nen Fran­ken Min­der­ein­nah­men an. Ge­mäss Bun­des­rat droh­ten dem Bund je­doch ohne diese Mass­nah­me di­rek­te Min­der­ein­nah­men von 236 Mil­lio­nen Fran­ken durch Ab­wan­de­rung von heute ge­son­dert be­steu­er­ten Fi­nan­zie­rungs­ak­ti­vi­tä­ten. Unter Be­rück­sich­ti­gung der po­si­ti­ven dy­na­mi­schen Ef­fek­te (Zuzug von Ak­ti­vi­tä­ten, stär­ke­re In­ves­ti­ti­ons­an­rei­ze) spricht ge­mäss Bun­des­rat des­halb vie­les dafür, dass sich die Mass­nah­me fi­nan­zi­ell rech­net (Re­gu­lie­rungs­fol­gen­ab­schät­zung der Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form III, Ab­schnitt 6.3.3).

Gra­fik 3: Fis­kal­er­trag der ju­ris­ti­schen Per­so­nen beim Bund (in Mil­li­ar­den Fran­ken) und An­teil Sta­tus­ge­sell­schaf­ten (be­kannt seit 2004)

Quel­le: Eid­ge­nös­si­sche Fi­nanz­ver­wal­tung (2016)

Was kos­tet die Re­form die Kan­to­ne und Ge­mein­den?

So­weit bis­her ge­son­dert be­steu­er­te Ge­sell­schaf­ten durch die neuen Son­der­re­geln ent­las­tet wer­den, be­wirkt die Re­form keine Steu­er­aus­fäl­le. Min­der­ein­nah­men er­ge­ben sich dort, wo bis­her or­dent­lich be­steu­er­te Un­ter­neh­men neu von Son­der­re­geln und Ge­winn­steu­er­sen­kun­gen pro­fi­tie­ren.

Je nach Aus­gangs­la­ge wer­den die Kan­to­ne an­de­re Stra­te­gi­en und In­stru­men­te wäh­len. Kan­to­ne wie Lu­zern sind mit einem tie­fen Ge­winn­steu­er­satz be­reits sehr at­trak­tiv und wer­den keine zu­sätz­li­chen Kos­ten tra­gen müs­sen. Der Kan­ton Waadt hat be­reits eine Ge­winn­steu­er­sen­kung be­schlos­sen, wor­aus Min­der­ein­nah­men von 392 Mil­lio­nen Fran­ken re­sul­tie­ren (or­dent­lich be­steu­er­te Un­ter­neh­men wer­den um 442 Mil­lio­nen Fran­ken ent­las­tet, bis­her ge­son­dert be­steu­er­te Un­ter­neh­men be­zah­len 50 Mil­lio­nen Fran­ken mehr).

Der Bun­des­rat schätzt, dass die Min­der­ein­nah­men für Kan­to­ne und Ge­mein­den ins­ge­samt etwa zwei Mil­li­ar­den Fran­ken be­tra­gen wer­den. Durch den fi­nan­zi­el­len Bei­trag des Bun­des von rund einer Mil­li­ar­de Fran­ken wird diese Last aus­ge­wo­gen auf Bund sowie Kan­to­ne und Ge­mein­den ver­teilt.

Was wäre die Al­ter­na­ti­ve?

Ohne Re­form droh­ten gra­vie­ren­de volks­wirt­schaft­li­che Schä­den und fi­nan­zi­el­le Ein­bus­sen. Steu­er­ein­nah­men von 5,3 Mil­li­ar­den Fran­ken al­lein bei der Ge­winn­steu­er wären ge­fähr­det. Wie eine ak­tu­el­le Stu­die zeigt, kom­men noch Mil­li­ar­den an Ein­kom­mens­steu­ern sowie in­di­rek­te Ein­nah­men dazu (KPMG Swiss tax Re­port 2016).

Auch bei einem Schei­tern der Re­form wären die Kan­to­ne zum Han­deln ge­zwun­gen, ohne je­doch über die not­wen­di­gen steu­er­po­li­ti­schen und fi­nan­zi­el­len Mit­tel zu ver­fü­gen. Ge­winn­steu­er­satz­sen­kun­gen wären das nahlie­gen­de Mit­tel. Der in­ter­kan­to­na­le Steu­er­wett­be­werb würde deut­lich här­ter. Al­len­falls wür­den Kan­to­ne das Steu­er­har­mo­ni­sie­rungs­ge­setz um­ge­hen und als Not­mass­nah­me in Ei­gen­re­gie Son­der­re­geln ein­füh­ren. Die na­tio­na­le Ko­hä­si­on durch den Fi­nanz­aus­gleich wäre akut ge­fähr­det. Vor die­sem Hin­ter­grund ist die Ab­leh­nung der Re­form un­ver­ant­wort­lich.

Bei einem Schei­tern der USR III müss­te drin­gend ein neuer An­lauf ge­star­tet wer­den. Die grund­le­gen­den Ele­men­te der USR III wer­den dabei in jedem Fall wie­der ent­hal­ten sein. Der Weg­fall der Son­der­be­steue­rung zieht zwin­gen­de An­pas­sun­gen im Fi­nanz­aus­gleich nach sich, sol­len gra­vie­ren­de Ver­wer­fun­gen ver­mie­den wer­den. Die Kan­to­ne wer­den steu­er­li­che Mass­nah­men er­grei­fen müs­sen, um wich­ti­ge Steu­er­zah­ler zu hal­ten. Dafür kom­men ein­zig Son­der­mass­nah­men oder Ge­winn­steu­er­satz­sen­kun­gen in­fra­ge. Zu­recht wer­den die Kan­to­ne einen fi­nan­zi­el­len Bei­trag des Bun­des ver­lan­gen. Im End­ef­fekt wird die Re­form kaum an­ders aus­se­hen als die ak­tu­el­le Vor­la­ge.

Fazit: Was spricht für die Re­form?

Die USR III ist aus­ge­wo­gen und un­ver­zicht­bar für die Schweiz, weil sie …

  • auf Mass­nah­men fo­kus­siert ist, die für den Stand­ort un­ent­behr­lich sind.
  • eine mas­si­ve steu­er­li­che Ver­schlech­te­rung ver­hin­dert, die gra­vie­ren­de volks­wirt­schaft­li­che und fi­nan­zi­el­le Kon­se­quen­zen für die Schweiz hätte.
  • den Kan­to­nen steu­er- und fi­nanz­po­li­ti­schen Hand­lungs­spiel­raum er­öff­net zur Um­set­zung einer in­di­vi­du­el­len Steu­er­stra­te­gie.
  • si­cher­stellt, dass Kon­zer­ne und KMU nach den glei­chen Re­geln be­steu­ert wer­den.
  • weil der Bund stark von einem at­trak­ti­ven Un­ter­neh­mens­stand­ort pro­fi­tiert und ein fi­nan­zi­el­ler Bei­trag an die Re­form daher sach­ge­recht ist.