Kapitaleinlageprinzip: Zeit, nach vorne zu schauen

Eine Motion der Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S) verlangt, Steuerausfälle aufgrund des Kapitaleinlageprinzips (KEP) zu kompensieren. Eine erste Schätzung der Mehreinnahmen durch das 2011 im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II eingeführte KEP zeigt deutlich positive Effekte. Mindereinnahmen sind dagegen kaum eingetreten. Es wird Zeit, die politischen Kräfte auf die wirklich drängenden Fragen zu konzentrieren.
​​​Am 19. März berät der Nationalrat eine Motion der WAK-S zum KEP. Die Motion verlangt, die Steuerausfälle aufgrund der Einführung des KEP zu kompensieren. Das soll entweder durch eine Gesetzesänderung oder im Rahmen der nächsten Reform der Unternehmensbesteuerung (Anpassungen aufgrund des EU-Steuerstreits) geschehen. Am Grundsatz des KEP, der steuerneutralen Rückerstattung der Kapitaleinlagen an die Anteilsinhaber, soll festgehalten werden. Das ist nicht nur mit Blick auf die Steuersystematik, sondern auch aus Standortsicht ausdrücklich zu begrüssen.

Gemäss der Motion sollen auch die Mehreinnahmen durch die Reform berücksichtigt werden. Obwohl es sich dabei eigentlich um eine Selbstverständlichkeit handeln müsste, wurde dieser Aspekt in der Diskussion um die finanziellen Auswirkungen des KEP bislang völlig vernachlässigt.


Zu den Mehreinnahmen liegen mittlerweile erste Schätzungen vor. Gemäss Fachleuten haben seit 2008 mindestens 15 grosse internationale Gesellschaften ihren Hauptsitz in die Schweiz verlegt. Es handelt sich dabei allesamt um Firmen, die ohne KEP nicht zugezogen wären. Die Standortwirkung des KEP wurde vor der Einführung unterschätzt. Das KEP ist international nicht angreifbar und hat sich mit Bezug auf die Anziehung kapitalstarker, globaler Konzerne als grosser Vorteil erwiesen. Durch die Zuzüge wurden Arbeitsplätze geschaffen und das Steuersubstrat konnte vergrössert werden. Kurzfristig gehen die Schätzungen von Mehreinnahmen von 100 bis 150 Millionen Franken pro Jahr aus. Längerfristig kann mit 400 Millionen Franken zusätzlicher Steuereinnahmen und mit einem fortschreitenden Ausbau der Arbeitsplätze gerechnet werden. 


Was die Frage der Mindereinnahmen angeht, zeigt die kürzlich veröffentlichte Staatsrechnung 2012, dass solche nicht in der befürchteten Grössenordnung eingetreten sind. Weder bei der Verrechnungssteuer noch bei der Einkommenssteuer liegen Einbussen vor, im Gegenteil. Auch die Planzahlen bis 2016 zeigen keine Mindereinnahmen. Die genannten Mehreinnahmen haben systemwechselbedingte Mindereinnahmen kompensiert. Generell wurden die Auswirkungen überschätzt. Die Frage, ob Mindereinnahmen des KEP kompensiert werden sollen, erscheint mit Blick auf die Zahlen heute obsolet. (Faktenblatt KEP


Die Debatte um das KEP hat die Planungssicherheit für die betroffenen Unternehmen geschwächt und dem Ruf der Schweiz als rechtssicherer, verlässlicher Unternehmensstandort geschadet. Nach zwei Jahren Erfahrung mit dem KEP und der Feststellung, dass der befürchtete Einnahmeneinbruch ausgeblieben ist, wird es Zeit, die Diskussion zu beenden und nach vorne zu schauen. Im Unternehmenssteuerbereich ist die Schweiz derzeit enorm gefordert. Die politischen Kräfte müssen nun auf die Lösung der wirklich drängenden Fragen konzentriert werden.