Steu­er­stand­ort Schweiz nicht schwä­chen

eco­no­mie­su­is­se be­grüsst, dass der Stän­de­rat sich heute nicht von fal­schen Be­rich­ten über an­geb­lich hohe «Steu­er­aus­fäl­le» hat lei­ten las­sen und dass er sich gegen über­has­te­te Ent­schei­de zur Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form II aus­ge­spro­chen hat. Denn bei der Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form II steht viel auf dem Spiel: Hätte der Stän­de­rat heute zwei Mo­tio­nen zur nach­träg­li­chen Ein­schrän­kung der Re­form zu­ge­stimmt, hätte er grü­nes Licht für ein Re­gu­lie­rungs­pro­jekt ge­ge­ben, das der Wirt­schaft er­heb­li­chen Scha­den zu­fügt. Die Wirt­schaft hätte eine Ab­leh­nung der Mo­tio­nen vor­ge­zo­gen. Es ist aber nach­voll­zieh­bar, dass der Stän­de­rat sie nun durch seine Kom­mis­si­on für Wirt­schaft und Ab­ga­ben (WAK-S) ge­nau­er un­ter­su­chen las­sen will.
​Der Stän­de­rat hat in sei­ner heu­ti­gen Sit­zung ent­schie­den, zwei Mo­tio­nen, die eine Ein­schrän­kung des Ka­pi­tal­ein­la­ge­prin­zips (KEP) for­dern, an die WAK-S zu über­wei­sen. Das Ka­pi­tal­ein­la­ge­prin­zip wurde mit der Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form II ein­ge­führt. Damit wur­den eine ver­fas­sungs­wid­ri­ge Steu­er­stra­fe für In­ves­to­ren und ein Stand­ort­nach­teil für die Schweiz be­sei­tigt. Der Bun­des­rat hat an­ge­kün­digt, nach An­nah­me einer der bei­den Mo­tio­nen durch den Stän­de­rat be­reits einen Ge­setz­ge­bungs­pro­zess zu star­ten, der diese Ver­bes­se­run­gen wie­der ein­schrän­ken würde. Damit würde aber der Na­tio­nal­rat igno­riert, der be­reits im ver­gan­ge­nen De­zem­ber zwei ana­lo­ge Mo­tio­nen ab­lehn­te. Vor die­sem Hin­ter­grund ist es rich­tig, dass der Stän­de­rat heute keine über­has­te­ten Ent­schei­de ge­fällt hat. Indem er die of­fe­nen Fra­gen durch seine WAK ab­klä­ren lässt, hat der Stän­de­rat ge­zeigt, dass er sich der Be­deu­tung der Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form II für den Stand­ort Schweiz be­wusst ist.

In den letz­ten Wo­chen wurde oft über an­geb­li­che Fol­gen des KEP für den Fis­kus be­rich­tet. Viele die­ser Be­rich­te waren ir­re­füh­rend, meh­re­re waren falsch. Zahl­rei­che Fak­ten wur­den aus­ser Acht ge­las­sen; bei­spiels­wei­se dass auch mit dem KEP Di­vi­den­den wei­ter­hin steu­er­bar blei­ben oder dass die ak­tu­el­len Fi­nanz­zah­len des Bun­des statt Ein­nah­men­ein­brü­chen hohe Über­schüs­se zei­gen. Bei den Ver­rech­nungs­steu­er­ein­nah­men wur­den seit 2008 Bud­get­über­schüs­se von über 8 Mil­li­ar­den Fran­ken er­zielt. 2011 wurde statt des pro­gnos­ti­zier­ten Ein­bruchs von 1,2 Mil­li­ar­den Fran­ken ein Über­schuss in eben­die­sem Be­trag er­zielt. Und laut Vor­an­schlag des Bun­des wer­den diese Ein­nah­men auch 2012 wei­ter an­stei­gen. Die Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form II hat zudem be­reits zum Zuzug von in­ter­na­tio­nal tä­ti­gen Un­ter­neh­men ge­führt. Das bringt neues Steu­er­sub­strat in unser Land, was zu Mehr­ein­nah­men für den Fis­kus führt. Für un­se­re ein­hei­mi­sche Wirt­schaft hat das KEP eine wachs­tums­feind­li­che Steu­er­stra­fe für In­ves­to­ren be­sei­tigt. Be­son­ders aus Sicht der KMU darf die un­ge­recht­fer­tig­te Be­steue­rung von Ri­si­ko­ka­pi­tal nicht wie­der ein­ge­führt wer­den. Denn damit wür­den Ei­gen­ka­pi­tal­fi­nan­zie­run­gen, ohne die ge­ra­de junge Un­ter­neh­men nicht wach­sen kön­nen, wie­der er­schwert.

Mit dem KEP hat die Schweiz ihr Un­ter­neh­mens­steu­er­recht auf eine Weise ge­stärkt, die in­ter­na­tio­nal nicht an­greif­bar ist. Diese Ver­bes­se­rung jetzt selbst wie­der ein­zu­schrän­ken wäre un­klug. Denn unser Land steht in der Un­ter­neh­mens­steu­er­po­li­tik unter dem zu­neh­men­den Druck der EU. Die­ser Druck macht eine Un­ter­neh­mens­steu­er­re­form III nötig. Es wäre falsch, vor die­sem Hin­ter­grund eine erst kürz­lich ein­ge­führ­te Stär­kung des Schwei­zer Steu­er­sys­tems ohne äus­se­ren Druck wie­der auf­zu­ge­ben. Damit würde nicht zu­letzt auch die Aus­gangs­la­ge für die Be­wäl­ti­gung des Steu­er­streits mit der EU ver­schlech­tert. Es ist zu hof­fen, dass die WAK-S den für den Stand­ort und die Ar­beits­plät­ze wich­ti­gen As­pek­ten bei der Prü­fung der Mo­tio­nen die nö­ti­ge Auf­merk­sam­keit schenkt.