Finanzpolitischer Fehlentscheid beim Verkehr
Der Bundesrat beantragt für die SBB Zusatzmittel von 332 Millionen Franken für die Jahre 2011 und 2012. Für die Privatbahnen soll der Zahlungsrahmen um 87 Millionen Franken aufgestockt werden. Damit würde dem von den SBB geltend gemachten erhöhten Finanzbedarf für den Unterhalt der Infrastruktur Rechnung getragen. Die Mittel würden gegenüber der Leistungsvereinbarung 2007–2010 so deutlich erhöht. Der Nationalrat hat an der heutigen Sitzung einer weiteren Ausgabenerhöhung von 140 Millionen Franken für die SBB und 59 Millionen Franken für die Privatbahnen zugestimmt. Dies, obwohl die von den SBB als dringlich bezeichneten Projekte für die nächsten zwei Jahre mit den vom Bundesrat bereits aufgestockten Mitteln realisiert werden können. Die Finanzierung dieser Zusatzausgaben soll über den FinöV-Fonds erfolgen. Mittel, die für diesen Fonds geplant waren, sollen für die Abgeltung der ungedeckten Kosten verwendet werden.
Es liegt auf der Hand, dass solche finanziellen Umschichtungen das Mittelproblem bei der Verkehrsinfrastruktur in der Schweiz in keiner Weise lösen. Im Gegenteil – das Problem wird nur verlagert und damit verschlimmert. Geringere Zahlungen in den FinöV-Fonds bedeuten, dass die ohnehin angespannte Situation bei der Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte gefährdet wird. Das eigentliche Problem der Finanzierung des Infrastrukturunterhalts bleibt dabei ungelöst. Mit kurzfristigen Aktionen, die ein undurchsichtiges, offenbar ungenügendes Finanzierungssystem noch weiter verschlimmern, ist keinem gedient.
Es bleibt zu hoffen, dass die vom Bundesrat versprochene Verbesserung des Controllings für die Infrastrukturfinanzierung von SBB und Privatbahnen greift. Falls die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden, sind Sanktionen vorzusehen. Zudem sind Eignerfragen zu klären und eine weitgehende Offenlegungspflicht der SBB gegenüber dem Bund sicherzustellen. Die Finanzierungsproblematik im Verkehr ist grundsätzlich anzugehen.
Der Ständerat hat weitere Zusatzmittel für die SBB in der Herbstsession abgelehnt, jene für die Privatbahnen aber angenommen. Er hat nun die Möglichkeit, den Fehler des Nationalrats zumindest teilweise zu korrigieren und an seiner Position festzuhalten.