Bewegendes verschwommenes Auto

Mo­bi­li­ty Pri­cing: Pi­lot­pro­jek­te brau­chen klare Leit­plan­ken

Mo­bi­li­ty Pri­cing könn­te das Prin­zip «pay as you use» im Ver­kehr ein­füh­ren. Der Bun­des­rat will das Kon­zept lokal tes­ten. Das vor­ge­leg­te Bun­des­ge­setz über Pi­lot­pro­jek­te wirkt je­doch un­aus­ge­reift. Ohne prä­zi­se­re De­fi­ni­tio­nen und Vor­ga­ben wird es kei­nen Er­kennt­nis­ge­winn er­mög­li­chen.

Der Bun­des­rat möch­te eine ge­setz­li­che Grund­la­ge schaf­fen, damit Kan­to­ne, Städ­te oder Ge­mein­den ört­lich und zeit­lich be­grenz­te Pi­lot­pro­jek­te zu Mo­bi­li­ty Pri­cing durch­füh­ren kön­nen. Damit soll die Kennt­nis über die leis­tungs­be­zo­ge­ne Be­prei­sung der Mo­bi­li­tät auf allen Ver­kehrs­trä­gern ver­bes­sert wer­den. eco­no­mie­su­is­se un­ter­stützt dies im Grund­satz. Der vor­ge­leg­te Ge­set­zes­ent­wurf mag in sei­ner ak­tu­el­len Form al­ler­dings nicht zu über­zeu­gen. Er lässt fast voll­stän­dig offen, was wie und wo ge­tes­tet wer­den soll, an­statt die zu tes­ten­de Hy­po­the­se, die Ver­suchs­an­ord­nung und die Er­geb­nis­mes­sung ein­deu­tig zu de­fi­nie­ren. Aus­sa­ge­kräf­ti­ge und vor allem ver­gleich­ba­re Er­kennt­nis­se über die Im­pli­ka­tio­nen von leis­tungs­be­zo­ge­nen Mo­bi­li­täts­prei­sen las­sen sich so mit gröss­ter Wahr­schein­lich­keit nicht ge­win­nen. Oder an­ders for­mu­liert: Eine un­kla­re Ver­suchs­an­ord­nung führt zu un­kla­ren Er­geb­nis­sen.

Fi­nan­zie­ren, in­ter­na­li­sie­ren oder len­ken? Es braucht ein Ge­samt­kon­zept und einen Mass­nah­men­mix

Dar­über hin­aus macht die so­eben ab­ge­lau­fe­ne Ver­nehm­las­sungs­pha­se ein­mal mehr deut­lich, dass die In­ter­pre­ta­tio­nen von «Mo­bi­li­ty Pri­cing» sehr stark aus­ein­an­der­ge­hen. Für die einen geht es um nichts an­de­res als die «Ver­trei­bung» des mo­to­ri­sier­ten In­di­vi­du­al­ver­kehrs aus den ur­ba­nen Zen­tren, für die an­de­ren um ein neues Kon­zept der In­fra­struk­tur­fi­nan­zie­rung und für wie­der­um an­de­re um ein um­fas­sen­des Ka­pa­zi­täts­ma­nage­ment im Ver­kehr. In die­sem Um­feld müss­te der Bun­des­rat mit einem prä­zi­sen Ge­samt­kon­zept ord­nend ein­wir­ken: Es braucht eine Aus­le­ge­ord­nung der zu­künf­ti­gen Ver­kehrs­ab­ga­ben, in der die Kos­ten­ka­te­go­ri­en, Po­li­tik­zie­le und In­stru­men­te sau­ber ge­trennt wer­den. Ein Mo­bi­li­ty Pri­cing, das gleich­zei­tig die Ver­kehrs­strö­me lenkt, die In­fra­struk­tur fi­nan­ziert und die ex­ter­nen Kos­ten in­ter­na­li­siert, wird nicht um­setz­bar sein. Statt­des­sen soll­te die Po­li­tik auf einen Mass­nah­men­mix set­zen, in dem für jedes Po­li­tik­ziel das am bes­ten ge­eig­ne­te In­stru­ment ver­wen­det wird.

Wel­chen Platz hat Mo­bi­li­ty Pri­cing?

Mo­bi­li­ty Pri­cing ist in ers­ter Linie «pay as you use». Die­ses wich­ti­ge Prin­zip sorgt in der Theo­rie für mehr Kos­ten­wahr­heit in der Mo­bi­li­tät: Mo­bi­le Per­so­nen sol­len die In­fra­struk­tur- und Um­welt­kos­ten ihrer zu­rück­ge­leg­ten Wege mög­lichst voll­stän­dig selbst be­zah­len, quasi eine Form der «Mo­bi­li­täts-Mehr­wert­steu­er». Diese gälte in der Pra­xis für alle Ver­kehrs­ar­ten und Mo­bi­li­täts­ket­ten glei­cher­mas­sen, egal ob mit dem ge­mie­te­ten Elek­tro­au­to, dem Schiff oder dem Tram ge­fah­ren wird. Das ist grund­sätz­lich ge­recht, ver­schafft kos­ten­ef­fi­zi­en­ten Ver­kehrs­mit­teln Vor­tei­le und schränkt die freie Ver­kehrs­mit­tel­wahl nicht ein. Es ent­ste­hen auch keine zu­sätz­li­chen Kos­ten, so­fern be­ste­hen­de Steu­ern und Ab­ga­ben ab­ge­löst wer­den. Dar­über hin­aus könn­te eine zeit­li­che Aus­dif­fe­ren­zie­rung der Ta­ri­fe die Aus­las­tung der In­fra­struk­tu­ren bes­ser über den ge­sam­ten Ta­ges­ver­lauf ver­tei­len. Wie stark die­ser Ef­fekt ist und wie elas­tisch die Nach­fra­ge, wäre nun mit Pi­lot­pro­jek­ten kri­tisch zu prü­fen. An­schlies­send ist die Wirk­sam­keit in einer Kos­ten-Nut­zen-Ana­ly­se mit an­de­ren mög­li­chen Mass­nah­men wie zum Bei­spiel einem di­gi­tal op­ti­mier­ten Ver­kehrs­ma­nage­ment auf der In­fra­struk­tur zu ver­glei­chen. So kann eine fun­dier­te Dis­kus­si­on über Mo­bi­li­ty Pri­cing ent­ste­hen. Pi­lot­pro­jek­te, die le­dig­lich die Ak­zep­tanz für neue lo­ka­le Mo­bi­li­täts­steu­ern («City-Maut») tes­ten wol­len, leis­ten hin­ge­gen kei­nen Bei­trag zu die­ser Dis­kus­si­on.

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