«Horizon Europe»: Innovation dank Kooperation
- Introduction Executive summary | Positions of economiesuisse
- Chapter 1 Was ist «Horizon Europe»?
- Chapter 2 War die Schweizer Beteiligung an den europäischen Forschungsrahmenprogrammen bisher erfolgreich?
- Chapter 3 Warum sollte sich die Schweiz auch an «Horizon Europe» beteiligen?
- Chapter 4 Wie geht es nun weiter?
- Chapter 5 Fazit: Ein Alleingang ist keine Lösung!
War die Schweizer Beteiligung an den europäischen Forschungsrahmenprogrammen bisher erfolgreich?
Die Bilanz zu den Beteiligungen fällt äusserst positiv aus
Die Schweiz beteiligt sich heute als voll assoziiertes Land am laufenden Programm «Horizon 2020». Das ist alles andere als selbstverständlich, wie ein Blick zurück beweist. Seit den 1990er-Jahren erhöhte sich die Anzahl der Schweizer Beteiligungen an den europäischen Programmen kontinuierlich (Abbildung 2). Zwischen dem 3. und dem 7. Rahmenprogramm hat sich ihre Zahl auf 4323 Projekte verachtfacht. Damit zählte sie bis 2013 zu den absoluten Spitzennationen.
Abbildung 2: Anzahl und Anteil neuer Schweizer Beteiligungen an den europäischen Forschungsrahmenprogrammen
Die Schweiz konnte ihre Beteiligungen – bis zum Unterbruch aufgrund der Masseneinwanderungsinitiative – stetig ausbauen.
Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative veränderte die Lage im Frühjahr 2014 komplett. Vorerst wurde die Schweiz nur noch als Drittstaat zu «Horizon 2020» zugelassen und blieb von wesentlichen Programmteilen ausgeschlossen. Entsprechend brach die Zahl der Schweizer Projekte stark ein. Diese eingeschränkte Beteiligung wirkte sich negativ auf die Schweizer Bilanz aus: Im Vergleich zum 7. FRP schnitt die Schweiz im 8. FRP leicht schlechter ab. Erst nach der Einführung der Personenfreizügigkeit mit dem jüngsten EU-Mitglied Kroatien konnte die Schweiz per Anfang 2017 wieder uneingeschränkt an allen Programmen teilnehmen. Seit der Vollassoziierung an «Horizon 2020» holt die Schweiz wieder auf, sodass sich die Bilanz im zeitlichen Verlauf des Programms verbessert. Die Schweiz verzeichnete in diesem Rahmen bis im Februar 2020 gemäss Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) insgesamt 3577 Beteiligungen – das entspricht 2,7 Prozent aller Beteiligungen. Damit platziert sich die Schweiz zwar hinter grossen europäischen Ländern, jedoch vor den forschungsstarken EU-Mitgliedstaaten Dänemark und Finnland.
Auch finanziell ist die Forschungsteilnahme für die Schweiz eine Erfolgsgeschichte: Seit Beginn des 3. Rahmenprogramms sind der schweizerischen Forschung insgesamt rund 6 Milliarden Franken an Fördermitteln zugeflossen. Das ist mehr, als das Land über die Jahre an Beiträgen einbezahlt hat: Am 7. Rahmenprogramm beteiligte sich die Schweiz zum Beispiel mit 2,3 Milliarden Franken, doch flossen dank einer Rekordzahl von erfolgreichen Projekteingaben 2,5 Milliarden zurück. Auch im Rahmen von «Horizon 2020» flossen Projektbeiträge im Umfang von 2,2 Milliarden Franken in die Schweiz zurück – trotz der Startschwierigkeiten ist das der Spitzenwert unter den assoziierten Ländern. Damit sind die europäischen Rahmenprogramme aus finanzieller Sicht hinter dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) die zweitwichtigste öffentliche Förderquelle für inländische Forschende.
Abbildung 3: Verpflichtete Beiträge pro Land (in Millionen Franken), Top 20
Die Schweiz ist betreffend Forschungsbeiträge im Rahmen von «Horizon 2020» die Spitzenreiterin unter den assoziierten Ländern.
Hohe Erfolgsquote von Schweizer Projektanträgen
Noch besser sieht die Bilanz aus, wenn man die Erfolgsquote miteinbezieht: Von den eingereichten Schweizer Projektanträgen unter «Horizon 2020» wurden 18,2 Prozent unterstützt. Dies mag auf den ersten Blick nicht viel sein, ist jedoch die dritthöchste Quote aller teilnehmenden Nationen. Bezieht man sich nur auf den prestigeträchtigen Europäischen Forschungsrat, so weist die Schweiz sogar die Spitzenquote auf. Sowohl bei den «Starting Grants» für junge und innovative Forschende kurz nach dem Doktorat, als auch bei den «Advanced Grants» für etablierte Spitzenforschende mit wegbereitenden, risikoreichen Forschungsvorhaben ist die Schweiz sehr erfolgreich. Mit 770 Millionen Franken flossen am meisten Mittel aus dem Europäischen Forschungsrat in die Schweiz.
Abbildung 4: Relative Unterstützungsquote aufgeteilt nach Ländern (2015 bis 2019, «Starting Grants» und «Advanced Grants», in Prozent), Top 20
Keine andere Nation reicht so erfolgreich Anträge um Unterstützung durch den ERC ein wie die Schweiz.
Die erfolgreiche Position der Schweiz in diesem Programmbereich ist besonders erfreulich. Der ERC ist ein zentraler Bestandteil der Programme, ähnlich dem SNF, der Gelder auf kompetitiver Basis verteilt. Forschende müssen sich um diese «Grants» bewerben und werden aufgrund der Qualität ihrer Arbeit ausgewählt. Die Gelder ermöglichen ihnen, ein internationales Team aufzubauen, um eine Forschungsfrage vertieft zu bearbeiten. Bei der Koordination dieser internationalen Prestigeprojekte nimmt die Schweiz eine Schlüsselrolle ein: Die Chance auf Erfolg war bei diesen internationalen Projekten jeweils besonders gross, wenn Forschende aus Schweizer Institutionen die Leitung innehatten. Im Rahmen von «Horizon 2020» lag die Erfolgsquote bei 17,1 Prozent – der höchste Wert aller teilnehmenden Länder.
Innovation und Arbeitsplätze wurden geschaffen
Doch von den Rahmenprogrammen profitieren nicht etwa nur die Hochschulen, sondern auch die Forschungsabteilungen vieler Unternehmen, insbesondere der KMU. Für den Privatsektor sind die Rahmenprogramme sogar die wichtigste öffentliche Quelle zur Finanzierung von Forschung und Innovation: Der Zugang zum europäischen Forschungsraum ist mitverantwortlich für die Wandlung der Schweiz hin zum bevorzugten Standort für Hightechunternehmen und F&E-Abteilungen. Die daraus entstehenden volkswirtschaftlichen Gewinne lassen sich zwar nicht berechnen, sind aber auf jeden Fall signifikant und wichtiger als rein finanzielle Vorteile.
Abbildung 5: Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung (über alle drei FRP-Programme, Stichtag 13. März 2019, in Prozent)
Dank der Rahmenprogramme konnten sowohl Stellen geschaffen als auch Umsatzsteigerungen realisiert werden.
Nahezu die Hälfte aller europäischen Projekte mit Schweizer Beteiligung bestehen nämlich aus Kooperationen von Hochschulen und Privatunternehmen, und diese sind in 62 Prozent der Fälle KMU. Dank der Projekte wurden auch neue Arbeitsplätze geschaffen, wie die SBFI-Studie aufzeigt (Abbildung 5): Von den befragten KMU gaben über ein Drittel an, aufgrund der FRP-Teilnahme mindestens eine zusätzliche Person permanent zu beschäftigen. Rund ein Fünftel der KMU rechnet zudem mit direkten Umsatzsteigerungen aufgrund der Teilnahme an den Projekten des Rahmenprogramms. Zusätzlich wurden im Schnitt pro Projekt zwei neue temporäre Stellen geschaffen. In rund jedem zehnten Projekt ist sogar ein neues Spinoff oder Startup gegründet worden.