«Kri­sen­ge­winn­ler» und Co­ro­na-Steu­er: eine Sache für Dem­ago­gen

Eine «Co­ro­na-Steu­er» mag gut ge­meint sein, das macht sie noch längst nicht zu einer guten Sache. Schlim­mer noch: Sie be­straft un­ter­neh­me­ri­sches Ge­schick, Glück und Durch­hal­te­wil­len und schwächt jene, die für den Auf­schwung drin­gend nötig sind.

Die Mu­ta­ti­on war ab­seh­bar: Aus «Kri­sen­ge­win­nern» wer­den me­di­al «Kri­sen­ge­winn­ler», der ge­dank­li­che Brü­cken­schlag zu den «Kriegs­ge­winn­lern» ist von da nur noch ein klei­ner. Un­aus­ge­spro­chen ist er, aber wohl nicht un­ge­sucht: Fir­men, die aus der Not und dem Elend von Tau­sen­den und Mil­lio­nen Pro­fit zie­hen – man spürt die Moral förm­lich: un­ters­te Schub­la­de!

Un­ters­te Schub­la­de – auf der Seite jener, die das ein­gän­gi­ge wie ge­fähr­li­che Bild be­mü­hen, dass Schwei­zer Fir­men aus der Co­ro­na-Krise Pro­fit ge­zo­gen haben, un­an­stän­di­ger­wei­se, wie un­ter­stellt wird, und darum ei­gent­lich ver­bo­ten.

Nie­mand, keine Seele in die­sem Land und keine Firma, hat die­ses Virus ge­sucht.

Schwei­zer Fir­men, die aus der Co­ro­na-Krise Pro­fit zie­hen – wer soll das sein? Die Mas­ken­ver­käu­fer? Die Des­in­fek­ti­ons­mit­tel­her­stel­ler? Die Ple­xi­glas­fa­brik? Der Vor­wurf ist ab­surd. Nie­mand, keine Seele in die­sem Land und keine Firma, hat die­ses Virus ge­sucht. Ei­ni­ge schla­gen sich trotz der wid­ri­gen Um­stän­de bes­ser, viele schlech­ter, ei­ni­ge ganz schlecht. Lei­der. Kaum eine Bran­che und kaum eine Firma wird vom Virus und sei­ner Spur der Ver­seh­rung ver­schont. Dass ge­wis­se Ge­schäfts­mo­del­le beim Leben in vier Wän­den und in­ner­halb der ein­hei­mi­schen Gren­zen bes­ser funk­tio­nie­ren als an­de­re oder davon sogar pro­fi­tie­ren ist klar. Aber was soll die Auf­re­gung? Freu­en wir uns, dass es ei­ni­gen we­nigs­tens nicht ganz schlecht geht. Der Tou­ris­mus in den Ber­gen: lange ge­beu­telt an den Orten ohne Chi­ne­sen und in die­sem Jahr er­lebt er eine Stern­stun­de. Und jetzt? Was soll daran schlecht sein, dass der Schwei­zer On­line­han­del auch ein­mal pro­fi­tiert und nicht nur Päck­chen­ver­sen­der aus dem Mil­li­ar­den­reich der Mitte? Dass der Aus­sen­han­del nicht ganz ein­ge­bro­chen ist und die Phar­ma­bran­che sich auch in der Krise be­währt? Dass wei­ter ge­baut wird und es weder Ban­ken noch Ver­si­che­rern das Ge­nick bricht? Dass die Leute E-Bikes und Elek­tro­wa­gen kau­fen wie ver­rückt und Schwei­zer Her­stel­lern und Zu­lie­fe­rern über­vol­le Auf­trags­bü­cher be­sche­ren? Was gibt es hier zu kla­gen? Die boo­men­den Hof­lä­den im Lock­down: «Kri­sen­ge­winn­ler»?

Freu­en wir uns über die Ro­bust­heit vie­ler Schwei­zer Fir­men, klei­ne wie gros­se, dass sie es schaf­fen, sich auch unter wid­ri­gen Um­stän­den an­zu­pas­sen.

Die Schwei­zer Wirt­schaft ist tief vom Virus ge­trof­fen, aber nicht so tief wie manch an­de­re Volks­wirt­schaf­ten. Und sie wird sich er­ho­len, viel­leicht frü­her als man­che an­de­re. Freu­en wir uns! Freu­en wir uns über die Ar­beits­plät­ze, die wir hal­ten kön­nen, die nicht in der gleich gros­sen Zahl ver­lo­ren gehen wie man­cher­orts sonst. Freu­en wir uns über die Ro­bust­heit vie­ler Schwei­zer Fir­men, klei­ne wie gros­se, dass sie es schaf­fen, sich auch unter wid­ri­gen Um­stän­den an­zu­pas­sen. Freu­en wir uns, dass die Schweiz sich staat­li­che Mil­li­ar­den­hilfs­pa­ke­te leis­ten kann, ohne dass noch viele Ge­ne­ra­tio­nen spä­ter dar­un­ter zu lei­den haben wer­den. Freu­en wir uns auch über die Steu­er­gel­der, die Schwei­zer Fir­men an diese Hilfs­pa­ke­te zah­len, selbst in der Krise.

Dass Fir­men, die Ge­winn ma­chen, Steu­ern zah­len, ist un­be­strit­ten. Ve­he­ment aber ist zu be­strei­ten, dass Fir­men Zu­satz­steu­ern zah­len. Eine «Co­ro­na-Steu­er» sei keine «Be­stra­fung», wird be­haup­tet. Na­tür­lich wäre sie das! Sie würde all jene Fir­men be­stra­fen, die in der Krise fle­xi­bel waren und auf ver­än­der­te Be­dürf­nis­se mit einem neuen Pro­dukt re­agier­ten, das auf Nach­fra­ge stiess. Sie würde all jene be­stra­fen, die nichts ver­än­der­ten, aber mit ihrem Ge­schäfts­mo­dell plötz­lich en vogue waren, zu­fäl­lig viel­leicht, aber warum un­ver­dient? Sie würde schliess­lich all jene vie­len be­stra­fen, die ihr «Ding» durch­zie­hen konn­ten. Jene, die taten, was sie immer taten, auch unter er­schwer­ten Be­din­gun­gen und mit hö­he­ren Kos­ten, hier bei uns im Land und in­ter­na­tio­nal, ein­fach, weil es ihr Job ist, ihr Ge­schäft.

Eine «Co­ro­na-Steu­er» ist keine schlech­te Idee, sie ist die schlech­tes­te über­haupt.

Eine «Co­ro­na-Steu­er» ist keine schlech­te Idee, sie ist die schlech­tes­te über­haupt. Sie be­straft un­ter­neh­me­ri­sches Ge­schick, Glück und Durch­hal­te­wil­len. Schlim­mer noch: Sie schwächt jene Un­ter­neh­men, die jetzt in der Krise und spä­ter für den Auf­schwung drin­gend nötig sind. Sie setzt Ar­beits­plät­ze aufs Spiel, die das Virus über­lebt haben, und zer­stört In­ves­ti­tio­nen, die trotz Co­ro­na noch un­ter­nom­men wür­den. Eine «Co­ro­na-Steu­er» ist viel­leicht gut ge­meint, aber sie ist nicht gut. Unter kei­nem As­pekt. Sie ist so schlecht und schief wie das Bild der «Kri­sen­ge­winn(l)er». Eine Sache für Dem­ago­gen. Zum Ver­ges­sen.