Un­ter­neh­mens-Ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve: Die In­iti­an­ten bla­sen zum letz­ten Ge­fecht

Den In­iti­an­ten der Un­ter­neh­mens-Ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve schwim­men of­fen­bar die Felle davon. Sie wis­sen, dass das Volk mit­ten in der gröss­ten Krise seit Jahr­zehn­ten – in­mit­ten von stei­gen­der Armut, Re­kord­ar­beits­lo­sig­keit und Re­zes­si­on – ihre ex­tre­me In­itia­ti­ve nicht gut­heis­sen wird. Daher las­sen sie mo­men­tan nichts un­ver­sucht, unser Par­la­ment dazu zu be­we­gen, ohne vor­gän­gi­gen Volks­ent­scheid einen Ge­gen­vor­schlag im Sinne der In­itia­ti­ve zu ver­ab­schie­den. Sie schre­cken dabei auch vor per­sön­li­chen An­grif­fen und plum­per Ma­ni­pu­la­ti­on nicht zu­rück. Es ist zu hof­fen, dass das Par­la­ment diese Tricks durch­schaut und den For­de­run­gen der In­iti­an­ten nach einem vor­ge­zo­ge­nen Um­set­zungs­ge­setz ent­schie­den ent­ge­gen­tritt. Das Volk soll in die­ser Frage das letz­te Wort haben, auf­ge­klärt und im Wis­sen um die ver­hee­ren­den Kon­se­quen­zen einer An­nah­me, für uns alle wie auch für die Ärms­ten, die man zu schüt­zen vor­gibt.

Des­in­for­ma­ti­on und Ab­len­kung durch ma­ni­pu­la­ti­ve Um­fra­ge

Wie ant­wor­ten Sie, wenn man Sie fragt, ob Sie eine In­itia­ti­ve un­ter­stüt­zen, die dazu füh­ren soll, dass Schwei­zer Kon­zer­ne welt­weit Men­schen­rech­te und Um­welt re­spek­tie­ren? Wohl mit Ja. Wie ant­wor­ten Sie aber, wenn man Sie fragt, ob man dabei einen in­ter­na­tio­nal ein­zig­ar­ti­gen Weg be­schrei­ten soll, einen Weg vol­ler Ri­si­ken und Un­si­cher­hei­ten und ob­wohl es in­ter­na­tio­nal ab­ge­stimm­te und funk­tio­nie­ren­de Lö­sun­gen gibt? Wie ant­wor­ten Sie, wenn Sie er­ken­nen, dass die Lö­sung der In­itia­ti­ve Sie wie auch die­je­ni­gen, die man zu schüt­zen vor­gibt, schä­digt? 

All diese wei­te­ren Fra­gen wur­den in der heute pu­bli­zier­ten Um­fra­ge be­wusst nicht ge­stellt. Es wurde vom In­itia­tiv­ko­mi­tee aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den le­dig­lich die erste Frage auf­ge­bracht. Aus der Menge der Ja-Stim­men bei einer sol­chen Um­fra­ge einen Frei­brief für ex­tre­me und welt­weit ein­zig­ar­ti­ge Re­geln her­zu­lei­ten und ge­stützt dar­auf po­li­ti­sche For­de­run­gen zu äus­sern, ist schlicht ma­ni­pu­la­tiv.  

Kalte Füsse

Warum also heute diese Um­fra­ge? Damit soll dem Par­la­ment vor­ge­gau­kelt wer­den, eine Volks­ab­stim­mung sei gar nicht nötig, be­reits aus der Um­fra­ge er­ge­be sich der klare Volks­wil­le. Doch warum das gros­se Pres­sing auf das Par­la­ment, ohne Volks­ent­scheid ein vor­ge­zo­ge­nes Um­set­zungs­ge­setz zu ver­ab­schie­den? Eine aus­sa­ge­kräf­ti­ge Ein­schät­zung über Er­folgs­chan­cen an der Urne setzt eine Aus­ein­an­der­set­zung mit Ar­gu­men­ten vor­aus – so wie dies in einem Ab­stim­mungs­kampf statt­fin­det. Doch diese in­halt­li­che De­bat­te scheu­en die In­iti­an­ten, weil sie die Schwä­chen ihrer ex­tre­men In­itia­ti­ve ken­nen. Das ist auch der Grund, warum die In­iti­an­ten wei­ter­hin ver­bis­sen auf ein Um­set­zungs­ge­setz in Form des ver­fehl­ten Ge­gen­vor­schlags des Na­tio­nal­rats drän­gen. Vor einem in­halt­li­chen Ab­stim­mungs­kampf hat ein immer grös­se­rer Teil der NGO-Ko­ali­ti­on kalte Füsse, zu ra­di­kal sind ihre For­de­run­gen, zu of­fen­sicht­lich wird ge­ra­de im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich, dass ihre In­stru­men­te falsch sind. Die de­sas­trö­sen Fol­gen der Co­ro­na­kri­se und die damit sin­ken­de Be­reit­schaft des Vol­kes, sich auf ge­fähr­li­che und un­er­prob­te Ex­pe­ri­men­te ein­zu­las­sen, rau­ben nun of­fen­bar so man­chem die letz­te Hoff­nung. 

Kam­pa­gne ja, aber keine Hetze und keine Ma­ni­pu­la­ti­on

Ganz­sei­ti­ge In­se­ra­te, teuer pro­du­zier­te Hetz­fil­me, kos­ten­lo­se Flag­gen und Ta­schen für die Schweiz, kost­spie­li­ge Gross­an­läs­se, Dau­er­prä­senz im Bun­des­haus, un­zäh­li­ge Haus­wurf­sen­dun­gen, auf­wen­di­ge So­ci­al Media-Kam­pa­gnen und re­gel­mäs­si­ge Um­fra­gen: Das In­itia­tiv­ko­mi­tee setz­te al­lein in die­sem Jahr schon Hun­dert­tau­sen­de von Fran­ken an Spen­den­gel­dern von Hilfs­wer­ken ein, um für ihr An­lie­gen zu wer­ben, lange, bevor der Ab­stim­mungs­kampf über­haupt be­gann. So­weit die Spen­der dem zu­ge­stimmt haben, so­weit die Spen­der wis­sen, dass ihr Geld nicht den Ärms­ten hilft, son­dern für Po­lit­kam­pa­gnen ver­bra­ten wird, ist das le­gi­tim. Doch der Zweck hei­ligt nicht die Mit­tel. Es gibt Gren­zen. Dazu nur ei­ni­ge Punk­te, die mich in den letz­ten Wo­chen stör­ten: 

  • «Um­fra­gen», die nur zum In­itia­tiv­ziel ge­führt wer­den, aber die Fol­gen und die Tat­sa­che, dass es ver­nünf­ti­ge Al­ter­na­ti­ven zur In­itia­ti­ve gibt, aus­blen­den.
  • Die Be­haup­tung, dass eine Ge­setz­ge­bung, wie sie der Stän­de­rat vor­schlägt, wel­che die Schweiz zu den im Be­reich Men­schen­rech­te und Um­welt mo­derns­ten Län­dern ma­chen würde, einen «Alibi»-Ge­gen­vor­schlag dar­stel­le. 
  • Die per­sön­li­che Dif­fa­mie­rung all der­je­ni­gen, die sich gegen die In­itia­ti­ve aus­spre­chen oder sich in der Po­li­tik für einen ver­nünf­ti­gen Ge­gen­vor­schlag ein­set­zen.
  • Wer­be­fil­me, die SRF-In­hal­te ma­ni­pu­la­tiv zu­sam­men­schnei­den, um so die un­be­wie­se­nen An­schul­di­gun­gen der NGO zu ka­schie­ren.
  • Falsch­dar­stel­lun­gen/In­stru­men­ta­li­sie­rung von po­li­ti­schen An­kün­di­gun­gen in an­de­ren Staa­ten, um einen Hand­lungs­be­darf zu sug­ge­rie­ren.
  • Sys­te­ma­ti­sches Ab­strei­ten, dass die Fran­zo­sen bei ihrer weit­ge­hen­den Re­ge­lung be­wusst auf die Ein­füh­rung der von der In­itia­ti­ve wie auch dem Ge­gen­vor­schlag des Na­tio­nal­rats ge­for­der­ten Be­weis­last­um­kehr ver­zich­tet haben. 
  • Die mit einem ein­fa­chen Blick in den In­itia­tiv­text wi­der­leg­ba­re Be­haup­tung, dass die In­itia­ti­ve «nur» Kon­zer­ne be­tref­fe. Das ist falsch: Alle Un­ter­neh­men in un­se­rem Land, gros­se wie klei­ne, sind von der In­itia­ti­ve be­trof­fen, die Haf­tung gilt für alle. 

Hin­ter dem Nebel liegt die Lö­sung eines ge­mein­sa­men An­lie­gens

Das Thema, das im Zen­trum der Dis­kus­si­on steht, der welt­wei­te Schutz von Men­schen­rech­ten und der Um­welt, ist wich­tig. Die In­iti­an­ten müs­sen er­ken­nen, dass viele, wel­che die In­itia­ti­ve ab­leh­nen, die glei­chen Ziele wie sie ver­fol­gen, dabei aber auf an­de­re In­stru­men­te set­zen. Sie müs­sen er­ken­nen, dass es Al­ter­na­ti­ven gibt und nicht ihre Lö­sung die Rich­ti­ge ist. Ich wünsch­te mir, dass eine brei­te­re De­bat­te über For­de­run­gen, Aus­wir­kun­gen und Schwä­chen der In­itia­ti­ve und über den In­halt der Ge­gen­vor­schlä­ge ein­setzt. Diese sach­li­che De­bat­te jen­seits plum­per An­schul­di­gun­gen an ein­zel­ne Un­ter­neh­men und der Dif­fa­mie­rung von Per­sön­lich­kei­ten würde auch den Weg ebnen, wie man das Grund­an­lie­gen der In­iti­an­ten – das die Wirt­schaft teilt – ohne Kol­la­te­ral­schä­den um­set­zen kann. Lö­sun­gen gibt es und die Wirt­schaft bie­tet dazu Hand. Eine ideo­lo­gi­sche Tren­nung in Gut und Böse – aus Sicht der In­iti­an­ten die­je­ni­gen, wel­che die In­itia­ti­ve und den ex­tre­men Ge­gen­vor­schlag des Na­tio­nal­rats un­ter­stüt­zen und die­je­ni­gen, die an­de­re, in­ter­na­tio­nal ab­ge­stimm­te Lö­sun­gen su­chen – bringt uns nicht wei­ter. 

 

Die Sze­na­ri­en der Som­mer­ses­si­on

Nach Pfings­ten ent­schei­det das Par­la­ment, ob es der ex­tre­men Un­ter­neh­mens-Ver­ant­wor­tungs-In­itia­ti­ve einen Ge­gen­vor­schlag ge­gen­über­stel­len will. Na­tio­nal- und Stän­de­rat haben dabei drei Mög­lich­kei­ten:

  1. Das Par­la­ment ent­schei­det sich für eine Lö­sung auf Basis der In­itia­ti­ve ent­lang dem Kon­zept des Na­tio­nal­rats und nimmt damit den Volks­ent­scheid vor­weg. Diese Va­ri­an­te wird aus­ge­rech­net von den In­iti­an­ten mit Nach­druck und mas­si­vem Lob­by­ing vor­an­ge­trie­ben und sie haben schon wie­der­holt an­ge­kün­digt, dann ihre In­itia­ti­ve zu­rück­zu­zie­hen.
  2. Das Par­la­ment ent­schei­det sich für eine in­ter­na­tio­nal ab­ge­stimm­te, dabei weit­ge­hen­de und gleich­zei­tig grif­fi­ge Lö­sung auf Basis des Vor­schlags von Bun­des­rat und Stän­de­rat oder
  3. Das Par­la­ment tut gar nichts und das Volk kann vor­aus­sicht­lich ohne Ge­gen­vor­schlag im Herbst über die For­de­run­gen der In­iti­an­ten ab­stim­men.