Mann mit Koffer reist in die Schweiz ein

Neuste Zuwanderungszahlen bilden Corona-Krise noch nicht ab

Heute hat das Staatssekretariat für Migration die neuen Zuwanderungszahlen für das erste Quartal 2020 veröffentlicht. Laut Statistik hat sich der Wanderungssaldo gegenüber dem Vorjahr erhöht. Da die Landesgrenzen aufgrund der Corona-Krise erst Ende März komplett geschlossen wurden, erstaunt dieses Ergebnis nicht. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt deutlich, dass die Zuwanderung in die Schweiz stark von der hiesigen Wirtschaftslage abhängt. Aufgrund des markanten Nachfrageeinbruchs nach ausländischen Arbeitskräften ist für die kommenden Monate deshalb von einer tieferen Zuwanderung auszugehen.

Schaut man sich die neuen Zuwanderungszahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) an, zeigt sich, dass der Wanderungssaldo in den Monaten Januar bis März im Vergleich zu denselben Monaten des Vorjahres zugenommen hat. So sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres netto mehr Personen aus den EU- und Efta-Staaten sowie aus Grossbritannien zugewandert als letztes Jahr.

Auswirkungen der anhaltenden Corona-Krise noch nicht abgebildet

Die oft ins Feld geführte Behauptung, die Schweiz öffne selbst in Krisenzeiten Tür und Tor für die Wirtschaftsmigration, ist dennoch verfehlt. Der steigende Wanderungssaldo war der damals noch positiven Wirtschaftslage hierzulande geschuldet: eine tiefe Arbeitslosenquote sowie ein ungebrochener Anstieg der Gesamtbeschäftigung. Aufgrund des grossen Fachkräftebedarfs wurden in den vergangenen Jahren folglich viele Stellen nicht nur von schweizerischen, sondern auch von gut qualifizierten europäischen Arbeitskräften besetzt. Und eben dieser Fakt lässt sich in der vorliegenden SEM-Statistik beobachten. Da die Einreisebeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie erst am 25. März auf alle Schengen-Staaten ausgedehnt wurden, sind die langfristigen Auswirkungen auf die Zuwanderung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ersichtlich. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese ab April markant eingebrochen ist.

Zuwanderung in die Schweiz ist stark konjunkturabhängig

Arbeitsmarktökonomen weisen schon seit Langem darauf hin, dass die hiesige Wirtschaftslage die Zuwanderung ins Land steuert. Will heissen: Herrscht Hochkonjunktur werden mehr Fachleute geholt. Geht es der Wirtschaft hingegen schlecht, kommen weniger. Das hat sich auch mit der schrittweisen Einführung der Personenfreizügigkeit ab 2002 nicht verändert. Beispielsweise ist die Nettozuwanderung aus dem EU-Raum während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 oder aufgrund des Frankenschocks 2015 wie schon während der Ölpreiskrise in den 1970er-Jahren gesunken. Eine systematische Verdrängung inländischer Arbeitskräfte durch Zuwanderer konnte bislang nicht festgestellt werden. 

Gut qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland sind keine Sozialmigranten 

Falls diese Erkenntnisse weiterhin gelten, und davon ist stark auszugehen, wird die Corona-Krise also nicht zu mehr, sondern zu weniger Zuwanderung führen. Ausserdem ist die Personenfreizügigkeit kein Blankocheck: Personen aus dem EU-Raum dürfen nur einwandern, wenn sie über einen gültigen Arbeitsvertrag verfügen oder müssen nachweisen, dass sie mit einer selbstständigen Tätigkeit ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Und wer sich in den letzten Monaten mit einem Arbeitsvertrag in der Schweiz niedergelassen hat und nun aufgrund der Corona-Krise arbeitslos wird, erhält keine Arbeitslosenentschädigung. Arbeitslosengeld erhält nur, wer in den vorangegangenen zwei Jahren mindestens ein Jahr in die Arbeitslosenkasse einbezahlt hat.