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Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve II: Wohl­stand si­chern und echte Pro­ble­me lösen, statt neue zu schaf­fen

Das Wich­tigs­te in Kürze:

  • Eine An­nah­me der Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve II be­deu­tet das Ende des bi­la­te­ra­len Er­folgs­wegs der Schweiz mit der EU.
  • Wir sind auf­grund der de­mo­gra­phi­schen Ent­wick­lung heute wie auch in Zu­kunft auf die Zu­wan­de­rung von Ar­beits­kräf­ten an­ge­wie­sen. Die Per­so­nen­frei­zü­gig­keit ist ein Teil der Lö­sung.
  • Es braucht wirk­sa­me Mass­nah­men gegen die un­er­wünsch­ten Fol­gen der Zu­wan­de­rung sowie kon­kre­te Lö­sun­gen in der Ar­beits­markt-, Asyl-, Wohn- oder In­fra­struk­tur­po­li­tik.

Die Zu­wan­de­rung löst Sor­gen und Ängs­te in Tei­len der Schwei­zer Be­völ­ke­rung aus. Diese gilt es ernst zu neh­men. Doch statt die wah­ren Pro­ble­me an­zu­ge­hen und kon­kre­te Lö­sun­gen zu su­chen, schafft die im Mai for­mell zu­stan­de ge­kom­me­ne Volks­in­itia­ti­ve «Keine 10-Mil­lio­nen-Schweiz! (Nach­hal­tig­keits­in­itia­ti­ve) zahl­rei­che neue Pro­ble­me. Denn wie bei der Ab­stim­mung über die Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve I im Jahr 2020, die vom Volk klar ab­ge­lehnt wurde, zielt die SVP auch mit der Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve II ex­pli­zit auf die Be­en­di­gung der Per­so­nen­frei­zü­gig­keit ab. Der Bun­des­rat lehnt die In­itia­ti­ve ge­mäss sei­ner Me­di­en­mit­tei­lung vom Juni ab. eco­no­mie­su­is­se be­grüsst die­sen Ent­scheid.

An­nah­me der Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve II be­deu­tet das Ende des bi­la­te­ra­len Er­folgs­wegs

Die neue In­itia­ti­ve ver­langt, die stän­di­ge Wohn­be­völ­ke­rung in der Schweiz bis zum Jahr 2050 auf zehn Mil­lio­nen Per­so­nen zu be­gren­zen. Wird diese Schwel­le vor­her über­schrit­ten, muss das Per­so­nen­frei­zü­gig­keits­ab­kom­men mit der EU ge­kün­digt wer­den. Als Folge davon fällt das ge­sam­te Paket der Bi­la­te­ra­len I mit der EU weg; also auch die Ab­kom­men über Land- und Luft­ver­kehr, Land­wirt­schaft, For­schung, öf­fent­li­ches Be­schaf­fungs­we­sen und Abbau tech­ni­scher Han­dels­hemm­nis­se. Denn ge­mäss der «Guil­lo­ti­ne-Klau­sel» sind alle sie­ben Ab­kom­men der Bi­la­te­ra­len I un­trenn­bar mit­ein­an­der ver­bun­den. Wird eines der Ab­kom­men ge­kün­digt, fal­len die an­de­ren sechs au­to­ma­tisch auch weg. Eine An­nah­me der In­itia­ti­ve be­deu­tet somit das Ende des be­währ­ten bi­la­te­ra­len Wegs mit der EU und bringt ne­ga­ti­ve Fol­gen für Wohl­stand, Wirt­schaft und Si­cher­heit in der Schweiz mit sich.

Die Bi­la­te­ra­len mit der EU sind ein zen­tra­ler Wohl­stands­fak­tor für die Schweiz

Die EU ist und bleibt die mit Ab­stand wich­tigs­te Han­dels­part­ne­rin der Schweiz. Be­trach­tet man unser Han­dels­vo­lu­men, dann sind Baden-Würt­tem­berg und Bay­ern bei­na­he so wich­tig wie China, un­se­re fran­zö­si­schen Grenz­re­gio­nen wich­ti­ger als Japan und die ita­lie­ni­schen Grenz­re­gio­nen wich­ti­ger als In­di­en. Wir be­fin­den uns im Her­zen der eu­ro­päi­schen In­dus­trie und un­se­re Wert­schöp­fungs­ket­ten sind eng mit­ein­an­der ver­zahnt. Kein Wun­der ist die Schweiz jenes Land, das pro Kopf am stärks­ten vom eu­ro­päi­schen Bin­nen­markt pro­fi­tiert.

Seit Ab­schluss der Bi­la­te­ra­len I im Jahr 1999 sind wir pro Kopf im Durch­schnitt um 18'123 US-Dol­lar rei­cher ge­wor­den. Diese Wohl­stands­zu­nah­me ist fast dop­pelt so hoch wie in Deutsch­land und bei­na­he drei Mal so hoch wie in Frank­reich. Zu­gleich herrscht in der Schweiz prak­tisch Voll­be­schäf­ti­gung. Das ist keine Selbst­ver­ständ­lich­keit: in un­si­che­ren Zei­ten mit zu­neh­men­den geo­po­li­ti­schen Span­nun­gen sind sta­bi­le und funk­tio­nie­ren­de ver­trag­li­che Be­zie­hun­gen zur wich­tigs­ten Han­dels­part­ne­rin EU für den Wohl­stand und die Si­cher­heit in der Schweiz von grund­le­gen­der Be­deu­tung.

Wir sind heute wie auch in Zu­kunft auf Ar­beits­kräf­te­zu­wan­de­rung an­ge­wie­sen

Die Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve II ver­kennt zudem die enor­me Trag­wei­te des de­mo­gra­fi­schen Wan­dels. Be­reits heute gehen in der Schweiz mehr Ar­beits­kräf­te in Pen­si­on, als Junge ins Be­rufs­le­ben ein­tre­ten. Die­ser Trend wird sich in den nächs­ten Jah­ren noch mas­siv ver­stär­ken. Dank der Per­so­nen­frei­zü­gig­keit mit der EU er­hält die Schweiz auf un­bü­ro­kra­ti­sche Weise die­je­ni­gen Ar­beits­kräf­te, die sie be­nö­tigt, wenn sie im In­land nicht ge­nü­gend Per­so­nal fin­det. Ohne die drin­gend be­nö­tig­ten Ar­beits­kräf­te dro­hen Fir­men­weg­zü­ge, der Ver­lust von Steu­er­ein­nah­men, we­ni­ger In­no­va­ti­on, eine schlech­te­re Ver­sor­gung und ein ab­neh­men­des Dienst­leis­tungs- und Ser­vice­ni­veau. Dies führt letzt­lich zu einem Ver­lust an Wohl­stand und Le­bens­qua­li­tät für alle. Auch die AHV würde ohne die ar­beits­markt­ori­en­tier­te Zu­wan­de­rung schnel­ler und stär­ker in Schief­la­ge ge­ra­ten.

Wir müs­sen un­se­ren Wohl­stand si­chern und echte Pro­ble­me nach­hal­tig lösen

Eine hohe Le­bens­qua­li­tät in einer be­völ­ke­rungs­mäs­sig wach­sen­den Schweiz ist auch ohne Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve II mög­lich. Gleich­zei­tig sind die Sor­gen in Tei­len der Be­völ­ke­rung ernst zu neh­men. Es braucht zweck­mäs­si­ge Mass­nah­men gegen die un­er­wünsch­ten Fol­gen der Zu­wan­de­rung und damit end­lich wirk­sa­me Lö­sun­gen in der Ar­beits­markt-, Asyl-, Wohn- und In­fra­struk­tur­po­li­tik. Die Schweiz muss ihre Pro­duk­ti­vi­tät wei­ter er­hö­hen, das in­län­di­sche Ar­beits­kräf­te­po­ten­zi­al bes­ser aus­schöp­fen, die Ge­set­ze im Asyl­be­reich kon­se­quent um­set­zen, rasch mehr Wohn­raum für die Be­völ­ke­rung schaf­fen und die Eng­päs­se im In­fra­struk­tur­be­reich drin­gend be­he­ben. Damit wäre schon ei­ni­ges getan. Eine star­re Be­völ­ke­rungs­ober­gren­ze würde der Schweiz hin­ge­gen mas­siv scha­den. Sie wäre ein Bu­me­rang, der auf uns selbst zu­rück­fal­len würde. Die Kün­di­gungs­in­itia­ti­ve II löst kein ein­zi­ges Pro­blem in un­se­rem Land, schafft aber zahl­rei­che neue.

Sämt­li­che Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen, span­nen­de Fak­ten und auf­schluss­rei­che Gra­fi­ken fin­den Sie in un­se­rem neus­ten dos­sier­po­li­tik. Die­ses Pa­pier wurde ge­mein­sam mit dem Schwei­ze­ri­schen Ar­beit­ge­ber­ver­band ver­öf­fent­licht.

 

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