Wirtschaftsstandort Schweiz: Blockaden überwinden!
Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse hat rund 100 wirtschaftspolitische Entscheidungen in der zu Ende gehenden Legislatur 2015 bis 2019 auf ihre Auswirkungen auf die Standortqualität hin untersucht. Die Bilanz fällt ernüchternd aus. Sie ist vor allem durch Stagnation und Rückschritte geprägt. economiesuisse hat deshalb unter www.elections.ch eine Plattform entwickelt, auf der Kandidierende für die eidgenössischen Wahlen, aber auch interessierte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger eine persönliche Standortbestimmung in der Wirtschaftspolitik der kommenden Legislatur 2019 bis 2023 vornehmen können.
Die Schweiz hat in den vergangenen Jahren im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüsst. Das belegen verschiedene Länderstudien – etwa der Weltbank, des World Economic Forum WEF oder des Institute for Management Development IMD. Im Herbst geht die Legislatur 2015 bis 2019 der eidgenössischen Räte zu Ende. Zeit also, die wirtschaftspolitischen Entscheide in den vergangenen vier Jahren unter die Lupe zu nehmen. economiesuisse hat rund 100 solche Entscheide von Parlament und Stimmvolk in den vergangenen vier Jahren analysiert und ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit beurteilt. Bezugsrahmen für diese Beurteilung bilden die Indikatoren des «Global Competitiveness Report» des World Economic Forum.
Obwohl die Legislatur noch nicht ganz zu Ende ist, hat sich bereits der Eindruck verfestigt, dass es vier zähe Jahre waren, in denen keine grossen Fortschritte erzielt wurden. Zu oft hat sich die Politik damit begnügt, den Status quo zu verwalten. Wichtige Reformen wurden kaum angestossen und für die drängendsten Probleme nur selten mehrheitsfähige Lösungen präsentiert. Negative Entwicklungen auf die Standortqualität sind zum Beispiel in der makroökonomischen Stabilität festzustellen: Zwar konnten grössere Rückschritte wie etwa die Vollgeldinitiative oder ordnungspolitische Sündenfälle bei der Bewältigung des Frankenschocks vermieden werden. Trotzdem hat beispielsweise der Reformstau bei der Altersvorsorge langfristig negative Auswirkungen auf die Schuldendynamik. Im Bereich Arbeitsmarkt hatte die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative einen massgeblichen Einfluss. Bis klar war, wie die MEI umgesetzt wird, wirkte sich die Phase der Planungsunsicherheit negativ aus. Im Finanzmarkt wurden neue Regulierungen eingeführt, um sich internationalen Standards anzupassen. Das war zwar unausweichlich und für die Schweizer Wirtschaft notwendig. Trotzdem nimmt dadurch der Aufwand für die Unternehmen zu. Die negative Entwicklung in der Dynamik ist Ausdruck des mangelnden Gestaltungswillens, der fehlenden Weitsicht und der zunehmenden Regulierungen und Hürden für wirtschaftliche Tätigkeiten, wie dies auch im weiteren Abrutschen der Schweiz im «Ease of Doing Business Index» der Weltbank Ausdruck findet. Die Schweiz rangiert dort abgeschlagen auf Platz 38. Der Status quo wurde in den Bereichen Innovation, Institutionen, Infrastruktur, Gesundheit und Produktmarkt gehalten. Einzig bei der Marktgrösse und der Qualifikation der Arbeitskräfte war die Entwicklung in den vergangenen vier Jahren positiv. Die Marktgrösse hat unter anderem wegen diverser Freihandelsabkommen wie zum Beispiel mit den Philippinen oder Indonesien zugenommen. Die Qualifikation der Arbeitskräfte erhöhte sich aufgrund des Anstiegs an Abschlüssen der höheren Berufsbildung, Fachhochschulen und Universitäten. Fortschritte in der Bildungspolitik ergaben sich auch aufgrund der erfolgreichen Einführung des Lehrplans 21, dank dem unter anderem «Medien und Informatik» nun endlich verbindlich in den Schulstuben Einzug halten.
Wahlen 2019: Onlineplattform zur individuellen wirtschaftspolitischen Standortbestimmung
Im Herbst finden die eidgenössischen Wahlen statt. Das neue Parlament wird es in der Hand haben, die Weichen für eine erfolgreiche und nachhaltige Wirtschaftspolitik zu stellen, zum Beispiel in der Europapolitik oder der Altersvorsorge. Eine gute Wirtschaftspolitik sorgt für bestmögliche Rahmenbedingungen für Unternehmen, die hier investieren und Arbeitsplätze schaffen wollen. Die bewährten Erfolgsfaktoren der Schweizer Wirtschaft wie Investitionen in Forschung und Bildung, offener Zugang zu den Weltmärkten oder eine wettbewerbsfähige Finanz- und Steuerpolitik bilden für die Politik einen guten allgemeinen Orientierungsrahmen.
Als individuelle Orientierungshilfe und wirtschaftspolitische Standortbestimmung für National- und Ständeratskandidatinnen und -kandidaten, aber auch für wirtschaftspolitisch interessierte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hat economiesuisse unter www.elections.ch eine Onlineplattform aufgebaut. Auf dieser Plattform können die Kandidierenden anhand eines Fragebogens die wichtigsten wirtschaftspolitischen Geschäfte in der kommenden Legislatur aus ihrer Sicht beurteilen. Nach Ausfüllen des Fragebogens bekommen sie eine persönliche Auswertung und ausführliche Informationen zu den betreffenden Geschäften. So können sich wirtschaftspolitisch Interessierte heute schon mit denjenigen wirtschaftspolitischen Themen persönlich auseinandersetzen, die in der nächsten Legislatur im Parlament diskutiert werden. Aus den Umfrageergebnissen werden keine Ranglisten oder Wahlempfehlungen erstellt.
Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse, appellierte an der heutigen Medienkonferenz an die Politik, die Blockaden der vergangenen Legislatur zu überwinden und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz wieder zu stärken: «Im internationalen Standortwettbewerb muss die Schweiz wieder zu den Topdestinationen der Welt aufsteigen», sagte sie. Ob das gelingen wird, werden die Ländervergleiche in den kommenden Jahren zeigen.