# 10 / 2018
12.11.2018

Bundesfinanzen 2019: Achtung Risiken

Ausgabenschwerpunkte liegen bei der Sicherheit sowie Bildung und Forschung

Im Vergleich zu den Einnahmen wachsen die Ausgaben 2019 weniger stark. Ausgehend vom Budget 2018 liegt das Wachstum bei 1,8 Prozent (+1,3 Milliarden Franken). Wird der Sonderfaktor SIFEM ausgeklammert, liegt das Wachstum bei 2,3 Prozent. In beiden Fällen liegt der Ausgabenzuwachs tiefer als das nominale Wirtschaftswachstum (2,7 Prozent). Der Schwerpunkt der Mehrausgaben liegt bei den Bereichen Sicherheit sowie Bildung und Forschung.

Grafik 6

Mit 1,8 Prozent wachsen die Ausgaben deutlich langsamer als die Einnahmen (3,1 Prozent) und das BIP (2,7 Prozent). Die Folge ist ein struktureller Überschuss. Die Ausgabenentwicklung ist ebenfalls geprägt von Sonderfaktoren. Die Bereiche Sicherheit sowie Bildung und Forschung haben 2019 Priorität.

  • Die relativ hohe Zunahme der Ausgaben von 7,1 Prozent im Bereich Sicherheit liegt einerseits an den stark wachsenden Ausgaben für die militärische Landesverteidigung im Rahmen der Weiterentwicklung der Armee. Andererseits wurde der Aufgabenbereich durch den Zusammenschluss von zwei bestehenden Bereichen vergrössert. Der Sicherheit (heute vor allem Landesverteidigung) werden neu die Aufgaben Polizei, Strafvollzug und Nachrichtendienst sowie Grenzkontrollen zugeordnet. Die Mittel im Aufgabengebiet Ordnung und öffentliche Sicherheit, zu dem die Aufgaben bisher gehörten, werden entsprechend gekürzt.
     
  • Mit einem Mittelzuwachs von 2,4 Prozent liegt ein Ausgabenschwerpunkt erneut bei der Bildung und Forschung. Zusätzliche Mittel erhalten vor allem die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung – insbesondere der Schweizerische Nationalfonds, die ETH und Horizon 2020.
     
  • Auch der Bereich Finanzen und Steuern wächst 2019 relativ stark. Grund sind die starken Einnahmenzuwächse bei der direkten Bundessteuer und der Verrechnungssteuer. Weil die Kantone an diesen Einnahmen prozentual beteiligt sind, erhalten sie mehr Geld und die Transferzahlungen des Bundes an die Kantone steigen. Demgegenüber werden die Ausgaben für die Schuldenbewirtschaftung dank dem fortgesetzten Schuldenabbau und den tiefen Zinsen weiter zurückgehen.
     
  • Infolge Anpassung der AHV-Minimalrente an die Preis- und Lohnentwicklung steigen die Zahlungen des Bundes an die AHV um rund 75 Millionen Franken. Ein noch stärkeres Wachstum der Bundesausgaben für die AHV erfolgt in den Finanzplanjahren (siehe unten). Die Ausgaben für die Soziale Wohlfahrt machen bereits heute relativ und absolut mit Abstand die höchsten Ausgaben des Bundes aus. Sie sind praktisch vollumfänglich gesetzlich gebunden und können im Budgetprozess nicht angepasst werden. Dafür ist eine Gesetzesrevision nötig.
     
  • Die haushaltsneutralen Sonderfaktoren prägen auch auf der Ausgabenseite das Bild. SIFEM hat 2018 im Bereich «Beziehungen zum Ausland» zu hohen einmaligen Ausgaben von 394 Millionen Franken geführt. Deshalb nehmen die Ausgaben dieser Kategorie 2019 entsprechend stark ab (-7,5 %). Ohne diesen Einmaleffekt beläuft sich das Wachstum auf 2,2 Prozent. Der einmalige Effekt durch die höhere Einlage in den Netzzuschlagsfonds widerspiegelt sich bei den "Übrigen Aufgabengebieten", deren Zuwachs deshalb im Vergleich zu 2018 relativ stark erscheint (4,8 %). Unter Ausschluss dieses Sonderfaktors weisen die übrigen Aufgaben eine moderate Zunahme von 1,9 Prozent aus.

Grafik 7

Die Soziale Wohlfahrt ist und bleibt mit Abstand der grösste Aufgabenposten. Nimmt man die Bereiche Verkehr, Finanzen und Steuern sowie Bildung und Forschung dazu, sind bereits 70 Prozent der Gesamtausgaben verplant.

In den Finanzplanjahren 2020 bis 2022 gehört der Bereich Bildung und Forschung weiterhin zu den Ausgabenprioritäten (+3,4 %). Der Verkehrsbereich wird nach einer Stabilisierung im Voranschlagsjahr ab 2020 ebenfalls wieder stärker zulegen (+3,2 %). Erhöht werden vor allem die Einlagen in den Bahninfrastrukturfonds.

Die grösste Ausgabendynamik in den Finanzplanjahren geht jedoch auf die AHV- und Steuervorlage zurück. Die Vorlage betrifft die Aufgabengebiete Finanzen und Steuern und Soziale Wohlfahrt. Im Bereich Finanzen und Steuern steigen die Transferzahlungen an die Kantone aufgrund der Anhebung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer im Umfang von 1 Milliarde Franken. Daneben steigen die Ausgaben des Bundes für die Soziale Wohlfahrt. Dies, weil einerseits der Bundesbeitrag an die AHV von 19,55 auf 20,2 Prozent der AHV-Ausgaben erhöht wird (303 Millionen Franken). Andererseits tritt der Bund seinen Anteil von 17 Prozent am MWST-Demografieprozent an die AHV ab (528 Millionen Franken). Mit den Einnahmen über das Demografieprozent finanziert der Bund heute einen Teil seines Beitrags an die AHV (ca. 6 %). Weil das Demografieprozent neu ungekürzt in die AHV überwiesen wird, muss der Bund seine Mittel aus dem Demografieprozent durch freie Mittel ersetzen. Auch zur Finanzierung des höheren Bundesbeitrags an die AHV braucht es Mittel aus dem Bundeshaushalt. Losgelöst von der AHV- und Steuervorlage nehmen die Ausgaben des Bundes für die AHV aufgrund der demografischen Entwicklung stetig zu. Bereits 2019 resultiert allein demografiebedingt ein Ausgabenanstieg von rund 1,5 Prozent.

Zwei weitere grössere anstehende Reformen sollten für den Bund haushaltsneutral sein. Die geplante Anpassung am Finanzausgleich ab 2020 (siehe Box 2) belastet den Bund kaum. Sie entlastet ihn jedoch auch nicht, wie das aufgrund der Anlage der Reform grundsätzlich möglich wäre.

Die Vorlage zur Stabilisierung der AHV (AHV21), deren Vernehmlassung soeben beendet wurde, sieht zwar ebenfalls eine Zusatzfinanzierung für die AHV vor. Weil aber die Zusatzfinanzierung über die Mehrwertsteuer erfolgt, ist sie für den Bund grundsätzlich neutral. Als Durchlaufposten wird sie die Fiskal- und Staatsquote erhöhen, den Bund aber weder belasten noch entlasten. Die Botschaft zu dieser Reform wird im Frühling 2019 erwartet.

Grafik 8

Bis 2022 bilden die Bereiche Soziale Wohlfahrt, Finanzen und Steuern, Verkehr sowie Bildung und Forschung Schwerpunkte bei den Ausgaben.

Keine Entlastung des Bundes durch Optimierung des Finanzausgleichs

Der Finanzausgleich ist ein zentraler Pfeiler des Schweizer Föderalismus. Das finanzielle Ausgleichssystem, das 2008 erneuert wurde, soll Unterschiede in der Leistungsfähigkeit und Steuerbelastung zwischen den Kantonen verringern. Kantone, die über weniger Ressourcen als der Durchschnitt verfügen, werden vom Bund und von den ressourcenstarken Kantonen unterstützt. Im Rahmen des Wirksamkeitsberichts wird der Finanzausgleich alle vier Jahre evaluiert.

Für die nächste Periode schlägt der Bundesrat Systemanpassungen vor, die einem von den Kantonen ausgearbeiteten Kompromiss entsprechen und Bund sowie Geberkantone entlasten sollen. Im Gegenzug wird den Nehmerkantonen neu per Gesetz eine fixe Mindestressourcenausstattung auf einem höheren als dem heutigen Mindestniveau gewährleistet. Weil die Ausgleichssumme künftig nicht mehr durch das Parlament, sondern von einem im Gesetz festgelegten Faktor bestimmt wird, hat das die Entpolitisierung des Ressourcenausgleichs zur Folge.

Damit wird eine Automatisierung eingeführt, die zwar zur Versachlichung dieses politisch immer wieder heiklen Themas beitragen kann, die gleichzeitig aber auch den Handlungsspielraum einschränkt. Sollten die Zahlungen der Geberkantone aufgrund des neuen Automatismus stark ansteigen, könnte sich die erwartete Entpolitisierung als Trugschluss erweisen. Änderungen werden noch schwieriger sein, weil Ansprüche durch das neue System gesetzlich zementiert wurden.

Darüber hinaus erscheint der Zeitpunkt der Anpassung nicht optimal: Die AHV- und Steuervorlage, die ebenfalls ab 2020 in Kraft treten soll, hat nicht restlos voraussehbare Auswirkungen auf den NFA (wenngleich sie das Ziel verfolgt, Veränderungen möglichst zu begrenzen). economiesuisse hat deshalb unter anderem vorgeschlagen, die geplante Anpassung des Ressourcenausgleichs zeitlich zu befristen und nach zwei Evaluationsperioden (acht Jahre) neu zu beurteilen.

Bislang noch offen war die Frage, was mit der finanziellen Entlastung geschieht, die für den Bund ebenso wie für die Geberkantone aus der Neuordnung des Ressourcenausgleichs resultiert. Gemäss Kantonen soll die Entlastung – rund 280 Millionen Franken – an sie weitergegeben werden. War der Bundesrat in der Vernehmlassung in dieser Frage noch unbestimmt, folgt er in der Botschaft nun trotz Vorbehalten den Kantonen. Die frei werdenden Mittel sollen hälftig für eine Aufstockung des soziodemografischen Lastenausgleichs verwendet werden. Die andere Hälfte stellt eine Übergangshilfe für Nehmerkantone dar. Total geht es um fast 1,3 Milliarden Franken. Nach Ablauf einer Übergangsphase soll geprüft werden, ob die provisorische Abfederung der ressourcenschwachen Kantone mit 140 Millionen Franken pro Jahr fortgesetzt werden soll. Die Aufstockung des soziodemografischen Lastenausgleichs für die Zentren und Agglomerationen gilt hingegen als definitiv.

Aus Sicht von economiesuisse ist nicht nachvollziehbar, warum der Bund durch die Optimierung des Finanzausgleichs nicht auch entlastet werden soll – statt zu sinken, steigen die Ausgaben des Bundes für den Ressourcenausgleich sogar noch an.