Der falsche Ansatz gegen die Zersiedelung
Der Bundesrat hat heute die Zersiedelungsinitiative dem Volk zur Ablehnung empfohlen. Diese möchte unter anderem, dass die Bauzonen in der Schweiz nicht mehr zunehmen. Es sollen nur neue Bauzonen ausgeschieden werden dürfen, wenn als Kompensation andere Bauzonen ausgezont werden. Wir teilen die Ansicht des Bundesrats und lehnen die Initiative ab.
Die Zersiedelungsinitiative ist fortschrittsfeindlich: Heute lässt sich noch kaum abschätzen, wie die Raumbedürfnisse in einem digitalisierten Zeitalter aussehen werden. Die jungen Grünen fordern im ersten Abschnitt ihres Initiativtextes, dass kleinräumige Strukturen gefördert werden sollen. In der Realität wird der Alltag jedes Einzelnen aber immer vernetzter und weitläufiger: Der durchschnittliche Schweizer durchschreitet heute innerhalb eines Tages mehrere Gemeindegrenzen. Heute festzulegen, dass die Zukunft in kleinräumigen Strukturen liegen soll, ist deshalb wenig sinnvoll.
Ebenso offen ist, wie die Zukunft der Mobilität und der Logistik aussehen wird. Die Schuhe des Onlinehändlers müssen irgendwie nach Hause geliefert werden. Wenn ein Kanton keine Bauzonenreserven mehr besitzt, dann könnte er bei Annahme der Initiative keine neuen Bauzonen mehr schaffen. Die nötige, von der Kundschaft gewünschte neue Logistikinfrastruktur könnte also nicht erstellt werden.
Generell braucht es keine Verschärfung des geltenden Rechts. Das seit dem 1. Mai 2014 geltende, teilrevidierte Raumplanungsgesetz (RPG) hat bereits eine Eindämmung der Zersiedelung und eine Siedlungsentwicklung nach innen zum Ziel. Diese Bestimmungen reichen nach Ansicht von economiesuisse aus, um den Landverbrauch einzudämmen. Die Kantone haben bis Ende April 2019 Zeit, die neuen Bestimmungen in ihren jeweiligen Richtplänen umzusetzen. Es ist also zu früh, bereits jetzt zu behaupten, das revidierte Raumplanungsgesetz zeige keine Wirkung.
Bauen in den Zentren erleichtern
Aus Sicht des Wirtschaftsdachverbands gehen Verbote in die falsche Richtung. Das Hauptproblem in der Schweiz liegt vielmehr darin, dass es zu aufwendig ist, in den bestehenden Zentren zu bauen. Um die Zersiedelung einzudämmen, bräuchte es vor allem mehr, dichtere und höhere Bauten in den bereits überbauten Zonen. Bauherrinnen sind dort aber mit zu detaillierten Regulierungen, Ortsbildschutz, Lärmvorschriften, rekurrierenden Nachbarn und weiteren Hürden konfrontiert. Solange es viel einfacher ist, am Ortsrand zu bauen, wird sich an der fehlgeleiteten Siedlungsentwicklung wenig ändern – auch nach Annahme der Initiative. Viel wirkungsvoller wäre es, die Vorschriften und Prozesse für das Bauen in den Zentren zu vereinfachen, damit dort tatsächlich mehr Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten entstehen können. Denn dort würden heute viele Leute eigentlich gerne wohnen, wie die hohe Nachfrage nach zentral gelegenen Wohnungen zeigt.