Ein Funken Schweiz in der saudischen Vision
Anschliessend an seinen Besuch in Indonesien ist Bundesrat Johann Schneider-Ammann nach Saudi-Arabien gereist. Dort hat er mit einer Wirtschaftsdelegation mehrere Minister getroffen, die saudischen Reformpläne diskutiert und ein unerwartetes Versprechen erhalten.
Adel bin Muhammad Fakeih sinkt in den Sessel, blickt in die Runde vor sich und grüsst die dort sitzenden Schweizer Wirtschaftsvertreter. Rechts von ihm sitzt Johann Schneider-Ammann, links neben ihm hat sein Kollege Mohamed Bin Abdullah Al-Jadaan Platz genommen. Al-Jadaan ist der saudische Finanzminister. Die beiden Regierungsvertreter haben sich letzten Sonntag mit dem Bundesrat und einer Wirtschaftsdelegation in Jeddah getroffen.
Wie schon ein paar Stunden zuvor beim Treffen mit dem Minister für Handel und Investitionen, Majid bin Abdullah Al Qasabi, dreht sich das Gespräch um ein grosses Thema: die Vision 2030. Die saudische Regierung möchte das Land von der Ölabhängigkeit befreien und grundlegend wandeln – wirtschaftlich, aber auch gesellschaftlich. Dazu möchte sie unter anderem zahlreiche Sektoren privatisieren, die Wirtschaft ankurbeln und somit Stellen für die Menschen im Land schaffen. Insbesondere sollen auch Frauen stärker in den Arbeitsmarkt einbezogen werden.
Aufgrund dieser Vision könnten sich für Schweizer Firmen zusätzliche Investitions- und Geschäftsmöglichkeiten ergeben. Die Schweiz und Saudi-Arabien handelten 2016 Waren im Wert von 3.2 Milliarden Franken. Dabei wies die Schweiz ein Überschuss von über 2,3 Milliarden Franken auf. Die Schweizer Direktinvestitionen in Saudi-Arabien betragen 938 Millionen Franken.
Gleichzeitig birgt die Vision 2030 auch das Risiko, dass neue Handelshemmnisse entstehen. Um das zu verhindern, hat Johann Schneider-Ammann seine Gesprächspartner unter anderem mehrfach auf den Erfolg des Schweizer Berufsbildungssystems hingewiesen. Dieses sei der Erfolgsfaktor hinter der hohen Erwerbsquote in der Schweiz. Somit könne es auch ein Rezept sein, um die saudischen Ziele zu erreichen. Die Schweiz leiste hierbei gerne Unterstützung.
Die saudische Bewunderung für das Schweizer Berufsbildungssystem diente sodann auch als Türöffner für ein Anliegen, das der hiesigen Wirtschaft wichtig ist: Tatsächlich scheint ein Doppelbesteuerungsabkommen in unmittelbare Nähe gerückt zu sein. Entsprechend positiv zeigt sich economiesuisse-Präsident Heinz Karrer, der die Wirtschaftsdelegation in Jeddah angeführt hat: «Der Reformwille und das grosse Interesse an einem Doppelbesteuerungsabkommen in Saudi-Arabien stimmt mich zuversichtlich.» Ebenfalls erfreut haben dürfte den economiesuisse-Präsidenten die letzte Aussage des saudischen Wirtschaftsministers Fakeih. Saudi-Arabien wird 2020 die G-20 präsidieren – «und wir werden die Schweiz dazu einladen», versprach der Wirtschaftsminister.