Kompromiss Alter

Nur ein ech­ter Kom­pro­miss führt zum Er­folg

Der Stän­de­rat ist der Vor­la­ge sei­ner vor­be­ra­ten­den Kom­mis­si­on zur Re­form der Al­ters­vor­sor­ge 2020 ge­folgt. Indem er am AHV-Aus­bau fest­hält, setzt er aber das Ge­lin­gen der Re­form aufs Spiel. Nur ein ech­ter Kom­pro­miss, der den Re­form­zie­len und den Be­dürf­nis­sen der Ge­sell­schaft ge­recht wird, hat eine re­el­le Chan­ce auf Er­folg.

Der Stän­de­rat hat sich im Rah­men sei­ner Be­ra­tung der Re­form der Al­ters­vor­sor­ge 2020 dafür aus­ge­spro­chen, an einem AHV-Aus­bau von mo­nat­lich 70 Fran­ken für Neu­rent­ner fest­zu­hal­ten. Eine Mehr­heit der Klei­nen Kam­mer sieht diese Ren­ten­er­hö­hung für alle Neu­rent­ner als ein­zi­ges Mit­tel, damit die Schwei­zer Be­völ­ke­rung der not­wen­di­gen Sen­kung des Min­destum­wand­lungs­sat­zes in der zwei­ten Säule (BVG) zu­stimmt. Doch die Schwei­zer Stimm­be­rech­tig­ten haben es mit ihrem kla­ren Ver­dikt gegen «AHVp­lus» ab­ge­lehnt, die um­la­ge­fi­nan­zier­te AHV aus­zu­bau­en, wäh­rend die Er­werbs­tä­ti­gen auf­grund der fort­schrei­ten­den Al­te­rung un­se­rer Ge­sell­schaft mehr Las­ten zu tra­gen haben.

Be­stä­tigt wird diese Hal­tung durch eine re­prä­sen­ta­ti­ve Um­fra­ge im Auf­trag des «Sonn­tags­Blick», wo­nach eine Mehr­heit der Be­frag­ten einen AHV-Aus­bau von 70 Fran­ken als un­ge­eig­ne­tes Ele­ment der Re­form er­ach­tet. Das Volk will si­che­re Ren­ten auf heu­ti­gem Ni­veau und nach­hal­tig ge­sun­de So­zi­al­wer­ke statt eine fi­nan­zi­el­le Aus­höh­lung der AHV. Dies deckt sich auch mit den ur­sprüng­li­chen Re­form­zie­len des Bun­des­rats. Für den Ren­ten­er­halt ist die Wirt­schaft seit Re­form­be­ginn be­reit, ihren Teil der Ver­ant­wor­tung wahr­zu­neh­men und Mehr­kos­ten in Mil­li­ar­den­hö­he mit­zu­tra­gen. Die knapp 15 Pro­zent aller Ver­si­cher­ten, für wel­che der Min­destum­wand­lungs­satz zur An­wen­dung kommt, sol­len keine Ren­ten­ein­bus­se er­fah­ren. Mit einem Aus­bau der AHV auch für die üb­ri­gen 85 Pro­zent der über­ob­li­ga­to­risch Ver­si­cher­ten ver­grös­sert der Stän­de­rat das struk­tu­rel­le De­fi­zit zu­sätz­lich und bricht mit den Re­form­zie­len. Damit ris­kiert er ein Schei­tern der Re­form.

Zwar sehen beide Kam­mern eine Er­hö­hung der Mehr­wert­steu­er sowie der Lohn­bei­trä­ge von Ar­beit­neh­mern und Ar­beit­ge­bern vor. Um den AHV-Aus­bau zu fi­nan­zie­ren, fal­len die jähr­li­chen Kos­ten des Stän­de­rats­mo­dells mit ins­ge­samt knapp 7 Mil­li­ar­den Fran­ken aber um rund 2 Mil­li­ar­den Fran­ken höher aus als die Ge­samt­kos­ten des Na­tio­nal­rats­mo­dells. Durch die mas­si­ve Er­hö­hung der Mehr­wert­steu­er, die um 1,5 Mil­li­ar­den Fran­ken höher aus­fällt als jene des Na­tio­nal­rats, trifft die stän­de­rät­li­che Lö­sung vor allem bin­nen­ori­en­tier­te KMU stark. Ein Drit­tel der Mehr­kos­ten bzw. 500 Mil­lio­nen Fran­ken blei­ben er­fah­rungs­ge­mäss an ihnen hän­gen, denn die KMU kön­nen diese Mehr­kos­ten nicht wie an­de­re Un­ter­neh­men auf ihre Kon­su­men­ten ab­wäl­zen.

Ein trag­fä­hi­ger de­mo­kra­ti­scher Kom­pro­miss bin­det mög­lichst viele Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter aus Ge­sell­schaft und Po­li­tik ein. Das Par­la­ment steht in der Ver­ant­wor­tung, die Stim­men aus dem Volk wahr­zu­neh­men und eine Re­form­vor­la­ge so zu ge­stal­ten, dass sie an der Urne be­ste­hen kann. Die ei­ge­ne Lö­sung be­harr­lich als Kom­pro­miss zu prei­sen, hilft dabei nie­man­dem wei­ter. Was pas­siert, wenn Po­li­ti­ker einer Re­form der Al­ters­vor­sor­ge ohne Über­zeu­gung und ohne Un­ter­stüt­zung durch alle wich­ti­gen Ak­teu­re zu­stim­men, haben ver­gan­ge­ne Ab­stim­mungs­nie­der­la­gen ge­zeigt.

Der Schwei­ze­ri­sche Ar­beit­ge­ber­ver­band (SAV) und eco­no­mie­su­is­se rufen die Par­la­men­ta­ri­er auf, sich doch noch auf einen ech­ten Kom­pro­miss zu ei­ni­gen. Das Stimm­volk hat mit sei­nem Votum gegen einen AHV-Aus­bau den Weg ge­wie­sen. Der Stän­de­rat soll­te in der Ei­ni­gungs­kon­fe­renz in die­sem Punkt des­halb auf die Lö­sung des Na­tio­nal­rats ein­schwen­ken. Letz­te­rer könn­te im Ge­gen­zug die Strei­chung der Kin­der- und Wit­wen­ren­ten über­den­ken.

SCHWEI­ZE­RI­SCHER AR­BEIT­GE­BER­VER­BAND und eco­no­mie­su­is­se

Wei­te­re Aus­künf­te

Ro­land A. Mül­ler

Di­rek­tor Schwei­ze­ri­scher Ar­beit­ge­ber­ver­band

Tel. 079 220 52 29, mu­el­ler@​arbeitgeber.​ch

Mar­tin Kai­ser

Res­sort­lei­ter So­zi­al­po­li­tik, Schwei­ze­ri­scher Ar­beit­ge­ber­ver­band

Tel. 079 517 68 26, kai­ser@​arbeitgeber.​ch

Me­di­en­stel­le eco­no­mie­su­is­se

Tel. 044 421 35 55, mi­cha­el.​wiesner@​eco​nomi​esui​sse.​ch