Gleich lange Spies­se, auch für die Gros­sen

Die OECD will bei der Un­ter­neh­mens­be­steue­rung ein «level play­ing field» schaf­fen. Es be­steht die Ge­fahr, dass sich am Ende nur die klei­nen Staa­ten an die Spiel­re­geln hal­ten, wäh­rend sich die gros­sen dar­über hin­weg­set­zen. Die Schweiz muss sich dafür ein­set­zen, dass für alle die glei­chen Re­geln gel­ten.
Im Hin­blick auf das G20-Tref­fen der Fi­nanz­mi­nis­ter in Mos­kau hat die OECD einen Re­port zum Thema «Base Ero­si­on and Pro­fit Shif­ting» (BEPS) ver­öf­fent­licht. Die OECD kri­ti­siert darin, dass mul­ti­na­tio­na­le Un­ter­neh­men ihre Steu­er­last auf le­ga­le Weise ver­rin­gern, indem sie ver­schie­de­ne staat­li­che und in­ter­na­tio­na­le Steu­er­re­geln zu ihrem Vor­teil kom­bi­nie­ren und da­durch zum Teil sehr tiefe ef­fek­ti­ve Steu­er­be­las­tun­gen er­zie­len. Der OECD sind sol­che Prak­ti­ken ein Dorn im Auge. Bis im Som­mer will sie einen um­fas­sen­den Ak­ti­ons­plan aus­ar­bei­ten, der das heu­ti­ge Ge­flecht von Steu­er­re­geln har­mo­ni­sie­ren und er­kann­te Steu­er­lü­cken schlies­sen soll. Auf den ers­ten Blick er­scheint das Vor­ha­ben be­rech­tigt. Ziel ist ein fai­rer in­ter­na­tio­na­ler Steu­er­wett­be­werb mit gleich lan­gen Spies­sen für alle.

Die Schweiz ist von der BEPS-In­itia­ti­ve be­trof­fen. So gel­ten in den Kan­to­nen für in­ter­na­tio­na­le Un­ter­neh­men unter ge­wis­sen Be­din­gun­gen spe­zi­el­le Be­steue­rungs­re­geln. Die Schweiz steht damit je­doch nicht al­lei­ne da. Ver­schie­de­ne eu­ro­päi­sche Staa­ten er­mög­li­chen be­son­de­re Kon­struk­te zur Ver­rin­ge­rung der Steu­er­ba­sis (z.B. die Nie­der­lan­de, Ir­land, Lu­xem­burg). Teil­wei­se wer­den Vor­tei­le, an­ders als in der Schweiz, auf wenig trans­pa­ren­te Art ge­währt.

Am jüngs­ten G20-Gip­fel in Mos­kau mahn­te Bun­des­rä­tin Eve­li­ne Wid­mer-Schlumpf zu Recht, dass auch Sub­ven­tio­nen und an­de­re staat­li­che Bei­hil­fen an Un­ter­neh­men in die Steu­er­dis­kus­si­on ein­be­zo­gen wer­den müs­sen. Ge­ra­de Frank­reich be­treibt eine ak­ti­ve In­dus­trie­po­li­tik, deren Wir­kung mit der Ge­wäh­rung von Steu­er­pri­vi­le­gi­en durch­aus ver­gleich­bar ist. Auch von Gross­bri­tan­ni­en ist be­kannt, dass Steu­er­struk­tu­ren unter Ein­schluss von Off­shore-Stand­or­ten ak­zep­tiert wer­den, was eine sehr tiefe und ent­spre­chend at­trak­ti­ve Steu­er­be­las­tung er­mög­licht.

In der BEPS-In­itia­ti­ve droht die OECD un­ver­hüllt damit, dass gegen Staa­ten mit Steu­er­re­gimes, die als «schäd­lich» be­ur­teilt wer­den, Mass­nah­men er­grif­fen wer­den. Zu den von der OECD ge­nann­ten Ak­ti­ons­fel­dern zäh­len Mass­nah­men gegen hy­bri­de Fi­nan­zie­rungs­in­stru­men­te, schär­fe­re Trans­fer­preis­re­geln, ver­stärk­te Mass­nah­men gegen Steu­er­um­ge­hung, z.B. durch eine brei­te­re An­wen­dung der Hin­zu­rech­nungs­be­steue­rung (CFC-Re­geln), sowie auch mehr Trans­pa­renz.

Für die Schweiz kann diese Ent­wick­lung ak­zep­ta­bel sein, wenn die Re­geln für alle Staa­ten gel­ten. Die Schweiz braucht den Steu­er­wett­be­werb grund­sätz­lich nicht zu fürch­ten. Von einem wirk­lich fai­ren Steu­er­wett­be­werb auf Grund­la­ge at­trak­ti­ver Steu­er­sät­ze kann sie am Ende sogar pro­fi­tie­ren. Die Her­aus­for­de­run­gen für die Schweiz sind heute be­reits be­kannt. Wenn die not­wen­di­gen Schrit­te zur Neu­re­ge­lung der Un­ter­neh­mens­be­steue­rung rasch und kon­se­quent ein­ge­lei­tet wer­den, kann die Schweiz mit einem at­trak­ti­ven Un­ter­neh­mens­stand­ort zu­ver­sicht­lich in die Zu­kunft bli­cken. In­ak­zep­ta­bel wäre es hin­ge­gen, wenn die BEPS-In­itia­ti­ve zum Werk­zeug der Mäch­ti­gen würde und sich am Ende nur die klei­nen Staa­ten an die Re­geln hiel­ten, wäh­rend sich die gros­sen Staa­ten dar­über hin­weg­setz­ten.

An­zei­chen in diese Rich­tung lie­fert ge­gen­wär­tig die OECD-In­itia­ti­ve zu den «schäd­li­chen Steu­er­prak­ti­ken». Neu­er­dings wer­den hier nicht mehr nur na­tio­na­le Steu­er­lö­sun­gen unter die Lupe ge­nom­men, son­dern auch Re­ge­lun­gen auf un­te­ren Staats­ebe­nen, wie bei­spiels­wei­se die kan­to­na­len Steu­er­re­gimes in der Schweiz. Gros­se Staa­ten wie die USA schei­nen von der Dis­kus­si­on aus­ge­nom­men. Das, ob­wohl meh­re­re US-Glied­staa­ten für sehr in­trans­pa­ren­te Steu­er­re­ge­lun­gen jen­seits der von der OECD ein­ge­for­der­ten Stan­dards be­kannt sind. In­ter­na­tio­na­le Steu­er­spiel­re­geln, erst Recht, wenn sie ver­schärft wer­den, müs­sen für alle gel­ten – auch und ge­ra­de für die Gros­sen und Mäch­ti­gen.