Po­si­ti­ve Si­gna­le für Pa­ra­dig­men­wech­sel in der Ver­kehrs­fi­nan­zie­rung

An der heu­ti­gen In­fra­struk­tur­ta­gung an der Uni­ver­si­tät St. Gal­len hat der Bund über seine Vor­stel­lun­gen für ein Mo­bi­li­ty Pri­cing in­for­miert, wel­ches so­wohl die Stras­sen- als auch die Bahn­fi­nan­zie­rung um­fas­sen soll. eco­no­mie­su­is­se setzt sich seit Jah­ren für mehr Kos­ten­wahr­heit und Ver­ur­sa­cher­ge­rech­tig­keit ein. Die Wirt­schaft nimmt daher er­freut zur Kennt­nis, dass der Bund den Hand­lungs­be­darf bei der lang­fris­ti­gen Ver­kehrs­fi­nan­zie­rung er­kannt hat. Der Weg zur Um­set­zung ist aber noch lang und stei­nig.
Bun­des­rä­tin Doris Leuthard hat die Pro­blem­la­ge in der Ver­kehrs­fi­nan­zie­rung an der In­fra­struk­tur­ta­gung des UVEK an der Uni­ver­si­tät St. Gal­len ein­lei­tend dar­ge­legt: Die Zu­nah­me des Per­so­nen- und Gü­ter­ver­kehrs auf Schie­ne und Stras­se bringt die Ver­kehrs­in­fra­struk­tur an ihre Ka­pa­zi­täts­gren­zen. Die Stau­stun­den auf der Stras­se haben sich in­ner­halb der letz­ten fünf Jahre ver­dop­pelt und auch das Schie­nen­netz stösst in­fol­ge der An­ge­bots­ver­dich­tung zu­neh­mend an seine Leis­tungs­gren­ze. Der Aus­bau der Ver­kehrs­in­fra­struk­tur hinkt der Nach­fra­ge hin­ter­her. In die­ser Si­tua­ti­on sucht der Bund nach neuen Fi­nan­zie­rungs­mo­del­len. Ei­ner­seits um die kos­ten­trei­ben­den Ver­kehrs­spit­zen zu bre­chen, an­de­rer­seits um das Ver­ur­sa­cher­prin­zip zu stär­ken.

eco­no­mie­su­is­se wer­tet die Ar­bei­ten des Bun­des po­si­tiv. Denn ohne neue Kon­zep­te wird die Ver­kehrs­fi­nan­zie­rung lang­fris­tig in eine Sack­gas­se steu­ern. Dies trotz dem erst kürz­lich be­schlos­se­nen Bahn­in­fra­struk­tur­fonds und dem ge­plan­ten Fonds für den Na­tio­nal­stras­sen- und Ag­glo­me­ra­ti­ons­ver­kehr. Ei­ner­seits ent­wi­ckelt sich die Bahn auf­grund teu­rer In­fra­struk­tur­aus­bau­ten zu einem Fass ohne Boden. An­de­rer­seits dürf­ten die Ein­nah­men der Mi­ne­ral­öl­steu­er auch auf­grund der be­ste­hen­den Zweck­ent­frem­dun­gen künf­tig nicht für den nach­fra­ge­ge­rech­ten Aus­bau der Stras­sen­in­fra­struk­tur aus­rei­chen.

eco­no­mie­su­is­se setzt fol­gen­de An­for­de­run­gen an ein Mo­bi­li­ty Pri­cing:
Nach­fra­ge­ab­hän­gi­ge Prei­se: Durch eine ge­schick­te Preis­dif­fe­ren­zie­rung kön­nen die Nach­fra­ge ge­glät­tet und teure, auf Spit­zen­zei­ten aus­ge­rich­te­te In­fra­struk­tur­bau­ten ver­mie­den wer­den.

Ver­ur­sa­cher­prin­zip stär­ken: Wer mehr Mo­bi­li­tät kon­su­miert, soll auch mehr dafür be­zah­len. Be­ste­hen­de Quer­fi­nan­zie­run­gen zwi­schen den Ver­kehrs­trä­gern kön­nen ab­ge­baut und Mehr­kos­ten für Viel­fah­rer durch die tie­fe­ren In­fra­struk­tur­kos­ten aus­ge­gli­chen wer­den.

Ver­kehrs­trä­ger­über­grei­fen­de Ein­füh­rung: Mo­bi­li­ty Pri­cing ist nicht mit Road Pri­cing zu ver­wech­seln, son­dern geht einen Schritt wei­ter. Mo­bi­li­ty Pri­cing muss nach den­sel­ben Prin­zi­pi­en auf Schie­ne und Stras­se um­ge­setzt wer­den.

Etap­pie­rung: Ziel ist eine flä­chen­de­cken­de An­wen­dung von Mo­bi­li­ty Pri­cing. Um das Sys­tem zu tes­ten und die po­li­ti­sche Ak­zep­tanz zu si­chern, soll das neue Fi­nan­zie­rungs­mo­dell schritt­wei­se ein­ge­führt wer­den.

Ein­fa­che tech­no­lo­gi­sche Um­set­zung: Mo­bi­li­ty Pri­cing darf den frei­en Ver­kehrs­fluss nicht be­hin­dern. Es müs­sen mo­der­ne tech­ni­sche Lö­sun­gen ein­ge­setzt wer­den, wel­che den Kos­ten­auf­wand beim Nut­zer und den Ver­wal­tungs­auf­wand mi­ni­mie­ren.

Stras­sen­gü­ter­ver­kehr: Mit der LSVA ist im Stras­sen­gü­ter­ver­kehr ein Mo­bi­li­ty Pri­cing be­reits weit­ge­hend um­ge­setzt. Ein­zig eine Fle­xi­bi­li­sie­rung der LSVA-Ta­ri­fe fehlt bis­her.

Mo­bi­li­ty Pri­cing ist ein kom­ple­xes Pro­jekt. Dazu braucht es einen lan­gen Atem und eine ko­or­di­nier­te Vor­ge­hens­wei­se. So müs­sen in den Pla­nun­gen bei­spiels­wei­se die Aus­wir­kun­gen auf die Sied­lungs­ent­wick­lung be­rück­sich­tigt wer­den. Hilf­reich wäre auch die Zu­sam­men­le­gung der ver­kehrs­trä­ger­spe­zi­fi­schen Bun­des­äm­ter. Die Wirt­schaft ist be­reit, den Bun­des­rat in der po­li­ti­schen Dis­kus­si­on zu un­ter­stüt­zen und setzt sich gleich­zei­tig für eine schlan­ke und wirt­schafts­freund­li­che Aus­ge­stal­tung ein.