Menschen sitzen auf Bank

AHVp­lus ver­kennt die düs­te­ren Per­spek­ti­ven

Der Schwei­ze­ri­sche Ge­werk­schafts­bund (SGB) for­dert in einer neu lan­cier­ten Volks­in­itia­ti­ve die Er­hö­hung aller AHV-Ren­ten um zehn Pro­zent. Das An­lie­gen blen­det die dro­hen­de schwie­ri­ge Fi­nanz­la­ge der AHV kom­plett aus. Statt eines Leis­tungs­aus­baus braucht es Struk­tur­re­for­men und eine Schul­den­brem­se.​

​​Die Um­set­zung der AHVp­lus-In­itia­ti­ve, mit deren Un­ter­schrif­ten­samm­lung mor­gen be­gon­nen wird, be­schert der AHV Zu­satz­kos­ten von jähr­lich rund 3,7 Mil­li­ar­den Fran­ken. Alle Ren­ten sol­len li­ne­ar um zehn Pro­zent an­ge­ho­ben wer­den. Die zu­sätz­li­chen Leis­tun­gen ent­spre­chen im heu­ti­gen Sys­tem Lohn­bei­trä­gen von 1,1 Pro­zent­punk­ten. Die Fi­nan­zie­rung soll zu­min­dest teil­wei­se durch eine na­tio­na­le Erb­schafts­steu­er si­cher­ge­stellt wer­den. Wei­ter sol­len die Ta­bak­steu­er­ein­nah­men di­rekt in die AHV statt in die Bun­des­kas­se flies­sen. Heute wer­den die Ein­nah­men aus den Ta­bak­steu­ern in der Höhe von 2,4 Mil­li­ar­den Fran­ken (2012) zur Fi­nan­zie­rung des Bun­des­an­teils an der AHV/IV ver­wen­det. Eine Än­de­rung ge­mäss In­itia­ti­ve würde be­deu­ten, dass der Bund die­sen Be­trag in einem an­de­ren Be­reich ein­spa­ren müss­te, bei­spiels­wei­se bei der Bil­dung, in der In­fra­struk­tur usw. 

Auch in ihrer Grund­stoss­rich­tung steht die In­itia­ti­ve völ­lig ver­kehrt in der Land­schaft. Nicht der Aus­bau der AHV, son­dern ihre nach­hal­ti­ge Fi­nan­zie­rung und Si­che­rung wer­den in den nächs­ten Jah­ren die Schweiz be­schäf­ti­gen. Die Fi­nanz­la­ge der AHV spitzt sich je län­ger je mehr zu. Ge­mäss Bun­des­amt für So­zi­al­ver­si­che­run­gen (BSV) wer­den die Ein­la­gen (Lohn­bei­trä­ge und die Zah­lun­gen des Bun­des) be­reits ab die­sem Jahr (2013) nicht mehr aus­rei­chen, um die Ren­ten­zah­lun­gen zu de­cken. Die Grün­de dafür lie­gen in der De­mo­gra­fie. Seit der Ein­füh­rung der AHV im Jahr 1948 hat sich die Le­bens­er­war­tung der Rent­ne­rin­nen und Rent­ner um 50 Pro­zent er­höht. Gleich­zei­tig ist die Ge­bur­ten­ra­te zu­rück­ge­gan­gen. Das Ver­hält­nis zwi­schen Er­werbs­tä­ti­gen und Ren­ten­be­zü­gern ver­schlech­tert sich lau­fend. Fi­nan­zier­ten 1948 sechs Ar­beit­neh­men­de eine Rente, sind es heute 3,4. 2040 wer­den ver­mut­lich zwei Er­werbs­tä­ti­ge für eine Rente auf­kom­men. Al­lein die Auf­recht­er­hal­tung des heu­ti­gen Leis­tungs­ni­veaus wird also an­spruchs­voll wer­den – von der Fi­nan­zie­rung zu­sätz­li­cher Leis­tun­gen, wie sie die AHVp­lus-In­itia­ti­ve ver­langt, nicht zu spre­chen.


Bevor über einen Aus­bau des Leis­tungs­ka­ta­logs der AHV nach­ge­dacht wird, muss zu­erst die heu­ti­ge Fi­nan­zie­rung nach­hal­tig si­cher­ge­stellt wer­den. Dazu braucht es Struk­tur­re­for­men und zur Ver­mei­dung von Schul­den­ber­gen wie bei der IV eine Schul­den­brem­se. Die AHVp­lus-In­itia­ti­ve kann für diese Her­aus­for­de­run­gen kei­nen Lö­sungs­bei­trag leis­ten. Sie ver­grös­sert die Pro­ble­me sogar noch.