Herbstsession 2024
Etappensieg für den Interventionismus: Der Nationalrat hat sich gegen den Willen des Bundesrates dafür ausgesprochen, Firmenübernahmen einer Genehmigungspflicht zu unterstellen – zusätzlich zu den bereits hohen Investitionsschranken. Thema Individualbesteuerung: Mehr Erwerbsanreize und Steuergerechtigkeit: Der Nationalrat hat sich mit knappem Mehr für die Individualbesteuerung ausgesprochen und den indirekten Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative angenommen. Kühler Kopf bei der Tabakwerbung: Der Ständerat will die Tabakinitiative konsequent umsetzen, aber ohne zusätzliche Regulierungen, die über den Volkswillen hinausgehen. Die Frage der Effizienzsteigerung bleibt offen: Der Ständerat spricht viel Geld für den Einzelwagenladungsverkehr – ohne Garantien, dass der Schienengüterverkehr dereinst produktiver und kundennäher wird.
Allgemeine Wirtschaftspolitik
Tarifpartner brauchen Verhandlungsspielraum
Gemäss Vorschlag des Bundesrates sollen die Tarifpartner nur über die Preise von Leistungen medizinischer Laboratorien im ambulanten Bereich verhandeln, nicht aber über den Leistungskatalog. Tarifpartnerschaftliche Verhandlungen funktionieren aber nur dann, wenn neben den Tarifen auch die Leistungen verhandelt werden können. Anderenfalls kommt es zu einer Win-Lose-Verhandlungssituation und damit zu einer Blockade.
Darum geht es: Mit der Motion 17.3969 hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, das KVG so zu ändern, dass die Tarife für Analysen in medizinischen Labors künftig - analog zu Tarmed und DRG – von den Tarifpartnern ausgehandelt werden. Gemäss Vorschlag des Bundesrates sollen die Leistungserbringer und Versicherer jedoch nur über die Tarife verhandeln, während das EDI eine Positivliste der Analysen erlässt.
Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft lehnt den Vorschlag des Bundesrates ab, weil er zu einer Tarifblockade und in der Konsequenz zu einer staatlichen Festsetzung der Labortarife führen würde. Die überwiesene Motion 17.3969 der Kommission der SGK-S wird damit nicht umgesetzt. Weder beim TARMED noch bei den DRG gibt es eine vom Bundesrat vorgegebene Positivliste. Die Tarifpartner handeln aus, welche Leistungen mit welcher Tarifstruktur abgegolten werden. Die Möglichkeit, nicht nur die Tarifstruktur, sondern auch den Leistungskatalog zu verhandeln, gibt den Tarifpartnern viel mehr Verhandlungsspielraum. Dies ist im Sinn und Geist der Motion 17.3969.
Empfehlung economiesuisse: Ablehnung
Stand der Beratungen: Auch künftig soll der Bund festlegen, wie viel die Krankenkassen für Laboranalysen zahlen müssen. Der Ständerat hat sich am Donnerstag mit 22 zu 20 Stimmen und einer Enthaltung gegen einen Systemwechsel ausgesprochen, wonach neu die Tarifpartner das letzte Wort hätten.
Steuern & Finanzen
Negative Erwerbsanreize beseitigen
Das heutige System der gemeinsamen und progressiven Besteuerung von Ehepaaren führt besonders für verheiratete Zweitverdienende zu eingeschränkten Erwerbsanreizen. Mit dem Systemwechsel von der gemeinsamen zur individuellen Besteuerung von Ehepaaren werden die negativen Erwerbsanreize der Einkommensbesteuerung so weit als möglich minimiert. Um eine gleichmässige Entlastungswirkung über alle Einkommensklassen hinweg zu erreichen, sieht die Vorlage eine verschärfte Progression im Tarifverlauf vor.
Darum geht es: Die Schweizer Wirtschaft ist auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen und deren Verfügbarkeit ist ein wichtiger Vorteil im internationalen Standortwettbewerb. Gleichzeitig besteht bei (potenziellen) Zweitverdienenden ungenutztes Arbeitskräftepotenzial. Für sie führt die Individualbesteuerung zu einer deutlichen Verbesserung der Erwerbsanreize. Mit Splittinglösungen oder anderen Modellen der gemeinsamen Veranlagung lässt sich dieser Effekt nicht im gleichen Ausmass realisieren.
Das findet economiesuisse: economiesuisse unterstützt den vom Bundesrat erarbeiteten Gegenvorschlag, weil damit die negativen Erwerbsanreize bestmöglich reduziert werden. Mit einer Gesetzesvorlage kann das Ziel rascher erreicht werden als mit einer Verfassungsänderung. Eine weitere Verstärkung der Progression wird jedoch abgelehnt, weil das den gewünschten Beschäftigungseffekten entgegenwirken würde. Steuererhöhungen an anderer Stelle lehnt die Wirtschaft ab; sie würden den angestrebten Impulsen entgegenwirken. Um volle Wirkung zu entfalten, muss der Systemwechsel zudem auf allen Staatsebenen umgesetzt werden. Schliesslich ist es zentral, dass die Schnittstellen des Steuersystems zu Bereichen, die nach wie vor auf das Ehepaar als Wirtschaftsgemeinschaft abstellen (z.B. Sozialversicherungen, Erbrecht), ausreichend geregelt werden.
Empfehlung economiesuisse: Annahme
Stand der Beratungen: Der Nationalrat hat sich, wenn auch knapp, für die Individualbesteuerung ausgesprochen und den indirekten Gegenvorschlag zur Steuergerechtigkeits-Initiative angenommen. Die Abkehr von der gemeinsamen Besteuerung der Eheleute beseitigt negative Erwerbsanreize. Zu begrüssen ist auch, dass der Rat die Vorlage nicht mit neuen KITA-Plätzen und einer Kompensation der Steuerausfälle verbunden hat.
Befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer unter Bedingungen vertretbar
Der Bundeshaushalt steht vor grossen Herausforderungen. Strukturelle Defizite müssen über ein umfassendes Bereinigungspaket ausgeglichen werden. Wegen der veränderten Sicherheitslage und dem vom Volk beschlossenen Leistungsausbau der AHV drohen weitere Milliardenausgaben. Eine befristete Zusatzfinanzierung kann in dieser Situation ein gangbarer Weg darstellen unter der Bedingung, dass sämtliche ausgabenseitigen Massnahmen vorher ausgeschöpft und ein langfristig wirksames Entlastungspaket geschnürt wurden.
Darum geht es: Die Notwendigkeit, mehr Mittel in die Sicherheit des Landes zu investieren, ist angesichts der geopolitischen Lage nicht zu bestreiten. Mit der Abstimmung zur 13. AHV-Rente ist zudem der Mittelbedarf des Bundes noch einmal deutlich gestiegen. Daran ändern auch die neuen AHV-Perspektiven nichts. Diese Mehrausgaben kommen zu den ohnehin stetig steigenden Ausgaben für Sicherheit und Altersvorsorge hinzu. Es entsteht ein zusätzlicher Finanzbedarf, der die Möglichkeiten von strukturellen Anpassungen auf Seiten der Ausgaben übersteigen kann. Zur Diskussion steht deshalb eine gezielte befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie sie der Bundesrat für die Finanzierung der 13. AHV-Rente bereits als Massnahme vorschlägt.
Das findet economiesuisse: In Anbetracht des nach wie vor hohen Finanzbedarfs sowohl bei der AHV als auch bei der Armee erachtet economiesuisse diesen Vorschlag als grundsätzlich gangbaren Weg. Wie hoch die Übergangsfinanzierung letztendlich sein soll, muss hinsichtlich der jüngsten Entwicklungen überprüft werden. Die notwendige Ausbalancierung des Bundeshaushalts durch strukturelle Massnahmen (Aufgaben- und Subventionsüberprüfung) muss dennoch erfolgen. Einzig strukturelle Massnahmen können den ausgabenseitig überlasteten Bundeshaushalt wieder ins Gleichgewicht bringen und für neue Aufgaben erforderliche finanzielle Handlungsspielräume schaffen.
Empfehlung economiesuisse: Annahme
Stand der Beratungen: Der Ständerat hat die Motion auf Antrag von Beat Rieder an die Finanzkommission überwiesen. Die Begründung: Es brauche eine Vorprüfung mit dem Ziel, die ausgabenseitigen Massnahmen und die hängigen Geschäfte zu prüfen.
ALV: Kurzfristige Kürzung vertretbar
Die Finanzen der Arbeitslosenversicherung (ALV) sind solid. Die befristete Senkung des ordentlichen Bundesbeitrags an die ALV ist angesichts der bestehenden Reserven vertretbar. Es macht keinen Sinn, mit knappen Bundesgeldern Reserven anzulegen, die nicht gebraucht werden.
Darum geht es: Der Bundesbeitrag an die ALV soll in den Jahren 2025–2029 um insgesamt 1,25 Milliarden Franken gekürzt werden. Eine Ventilklausel stellt dabei sicher, dass die ALV nicht in eine finanzielle Schieflage gerät. Eine solche ist nicht absehbar: Die ALV ist dank dem ausserordentlichen Beitrag des Bundes während der Corona-Pandemie (16 Milliarden Franken) schuldenfrei. So konnte eine Erhöhung der Lohnbeiträge verhindert werden. Die Finanzen der ALV sind nachhaltig gesichert. Es wird in den nächsten Jahren mit Überschüssen gerechnet, die das Eigenkapital der Versicherung von aktuell 6.8 Milliarden Franken weiter anheben werden. Gemäss Botschaft betragen die Überschüsse auch mit gekürzten Bundesbeiträgen noch gut eine Milliarde Franken jährlich.
Das findet economiesuisse: economiesuisse unterstützt die Vorlage im Interesse einer notwendigen Stabilisierung des Bundeshaushalts. Die Kürzung des Bundesbeitrags ist angesichts der stabilen wirtschaftlichen Aussichten und der heutigen finanziellen Ausstattung der Arbeitslosenversicherung vertretbar. Knappe Mittel des Bundes müssen so effizient wie möglich verwendet werden. Auf eine unverminderte Alimentierung bereits genügend dotierter Fonds ist deshalb angesichts der aktuellen Haushaltslage vorübergehend zu verzichten. Dank der Ventilklausel wird sichergestellt, dass die ALV nicht in finanzielle Schwierigkeiten gerät und keine Betragserhöhungen nötig werden.
Empfehlung economiesuisse: Annahme
Stand der Beratungen: Nach dem Nationalrat hat nun der Ständerat die Vorlage mit 42 zu 2 Stimmen gutgeheissen. Die Mehrheit des Parlaments war der Auffassung, dass die geplante Kürzung einen wesentlichen Beitrag leiste, um die strukturellen Defizite ab 2025 zu bereinigen.
Wettbewerb & Regulatorisches
Übertriebene Regulierung im neuen Tabakgesetz
Kinder und Jugendliche dürfen nicht der Tabakwerbung ausgesetzt sein. Die Tabakinitiative und damit der Volkswille sind umzusetzen. Das Gesetz muss dabei aber präzise sein. Forderungen, die über den Gegenstand der Initiative hinausgehen, haben in der Vorlage keinen Platz.
Darum geht es: Die Umsetzung der Tabakinitiative kommt zum zweiten Mal in den Ständerat, nachdem der Nationalrat die Vorlage in der Gesamtabstimmung abgelehnt hat. Die SGK-S hält nach Abklärungen und Anhörungen zur Verfassungskonformität grossmehrheitlich an der Variante ihres Rates fest und fordert eine Anpassung der bundesrätlichen Vorlage, da diese nicht nur die Volksinitiative umsetzt, sondern zusätzliche Regulierungen und Verbote einführen möchte. Die Kommission hat dabei Fingerspitzengefühl bewiesen und hat insbesondere ein faktisches Tabakwerbeverbot, welches über den Volkswillen hinausgeht, und weitere von der Verwaltung hinzugefügte Punkte aus der Vorlage gestrichen.
Das findet economiesuisse:
- Unterstützung der Mehrheit der SGK-S: Es ist nicht zielführend, sich einer der unterschiedlichen Positionen im Nationalrat anzunähern. Vielmehr würde ein solcher Versuch das Gleichgewicht des Kompromisses gefährden und so letztendlich auch eine zeitnahe Umsetzung der Volksinitiative verzögern.
- Bei Art. 18, Abs. 1, Bst. e (Werbung im öffentlichen Raum) und Art. 20, Abs. 1, Bst. b (Sponsoring) gilt es, die Minderheit I zu unterstützen und bei der Variante des Ständerats zu bleiben.
Empfehlung economiesuisse: Annahme-bedingt
Stand der Beratungen: Der Ständerat hielt an seinen früheren Beschlüssen fest und will weiterhin kein umfassendes Werbeverbot zur Umsetzung der Volksinitiative. Er nahm die Vorlage mit 28 zu 12 Stimmen bei vier Enthaltungen an. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Falls dieser die Vorlage zum zweiten Mal ablehnt oder nicht darauf eintritt, ist das Geschäft erledigt.
Energie, Umwelt & Infrastruktur
Geld allein löst keine Probleme
Der Bundesrat will über 500 Millionen Franken aus der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe für die Sanierung des Einzelwagenladungsverkehrs (EWLV) verwenden. Für die Wirtschaft ist klar: Dieser enorme Zustupf muss mit klaren Bedingungen und strukturellen Veränderungen verbunden sein, die das Preis-Leistungs- Verhältnis des EWLV verbessern.
Darum geht es: Der EWLV – das Sammeln, Bündeln, der Transport und das Entbündeln von einzelnen Güterwagen – wird von SBB Cargo derzeit nicht eigenwirtschaftlich erbracht und weist grossen Investitionsbedarf aus. Der Bundesrat will den EWLV in der Schweiz auf Vordermann bringen und so die Zukunft der Schiene im Binnengüterverkehr sichern. Betriebs- und Investitionsbeiträge sollen bei der Modernisierung und Dekarbonisierung helfen. Die Finanzierung soll aus der LSVA erfolgen – zulasten der transportierenden Unternehmen und des Bahninfrastrukturfonds.
Das findet economiesuisse:
- Es besteht Handlungsbedarf, Teile des Transportangebots auf der Bahn sind marode. Soll es mittelfristig eigenwirtschaftlich funktionieren, braucht es neben Geld auch mehr Transparenz und grundlegende Reformen.
- Die Vorlage darf kein weiterer finanzieller «Rettungsring» für SBB Cargo sein.
- Ziel für einen nachhaltigen EWLV muss Eigenwirtschaftlichkeit sein.
- Auf substanzielle Preiserhöhungen seitens SBB Cargo ist zu verzichten. Sämtliche Tarifanpassungen sind mit einem Nachweis gleichwertiger Eigenleistungen zu begründen. Das UVEK muss sein Unternehmen als Eignerin in die Pflicht nehmen.
- Subventionen sind einzig an temporär unwirtschaftliche Produtionsschritte auszurichten. Hierfür braucht es vollständige Transparenz über die Kostenstrukturen von SBB Cargo und eine regelmässige, detaillierte Berichterstattung.
- Das System EWLV muss organisatorisch verändert und stärker für Drittanbieter geöffnet werden.
- Die Mehrheitsanträge der KVF-S bieten eine Grundlage für Verbesserungen der Vorlage. Im Zweitrat besteht jedoch weiterer Handlungsbedarf.
Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt
Stand der Beratungen: Mit 35 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen sagte die kleine Kammer in der Gesamtabstimmung Ja zur geplanten Totalrevision des Güterverkehrsgesetzes. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
Aussenwirtschaft
Fehldiagnose eines Scheinproblems
Eine staatliche Investitionskontrolle ist nicht im Interesse einer offenen und vernetzten Schweiz. Ausserdem fehlt dafür jegliche Evidenz. Bis heute sind keine Übernahmen bekannt, die in der Vergangenheit die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Schweiz gefährdet hätten.
Darum geht es: Die Vorlage sieht vor, Übernahmen von inländischen Unternehmen durch staatlich kontrollierte Investoren aus dem Ausland einer Genehmigungspflicht zu unterstellen. Damit soll verhindert werden, dass solche Investoren die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit der Schweiz gefährden. Der Bundesrat lehnt das vom Parlament in Auftrag gegebene Vorhaben ab.
Das findet economiesuisse: Die Wirtschaft lehnt eine staatliche Investitionskontrolle aus folgenden Gründen prinzipiell ab:
- Ungerechtfertigter Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit: Ein fehlender Nutzen steht einer massiven Kostenzunahme für Wirtschaft und Behörden gegenüber.
- Investitionskontrollen sind Ausdruck protektionistischer und industriepolitischer Tendenzen. In dieses Fahrwasser darf die Schweiz nicht abdriften. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit wird überstrapaziert.
- Selbst ohne Investitionsprüfung verfügt die Schweiz bereits heute über Investitionsschranken, welche über dem OECD-Durchschnitt liegen.
Die WAK-N hat den Geltungsbereich der Investitionskontrolle über den Vorschlag hinaus, den der Bundesrat wider Willen gemacht hat, überdehnt. Die Wirtschaft lehnt diese Ausdehnung dezidiert ab. Sie weist zudem auf die Gefahr hin, dass das Gesetz über die Jahre weiterentwickelt und auf andere Firmen angewendet werden könnte, die weder von nationaler Bedeutung noch relevant für die öffentliche Sicherheit sind. Zudem bedeutet die Ausdehnung des Geltungsbereichs eine weitere massive Zunahme der Regulierungskosten für Wirtschaft und Behörden.
Empfehlung economiesuisse: Ablehnung
Stand der Beratungen: Die grosse Kammer ist allen Anträgen ihrer vorberatenden Kommission gefolgt und hat die Vorlage mit 142 zu 48 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
Flexibilität der Schweiz nicht einschränken
Der Schutz geographischer Angaben (GA) soll in Verhandlungen über Freihandelsabkommen immer ein Ziel sein. Es ist aber wichtig, dass der Bundesrat nicht eingeschränkt wird. Am Ende muss das Gesamtergebnis stimmen.
Darum geht es: Die Motion Nicolet fordert, dass der Bundesrat bei allen Handelsabkommen die Anerkennung der Qualitätszeichen GUB (geschützte Ursprungsbezeichnung) und GGA (geschützte geografische Angabe) verlangt.
Das findet economiesuisse: Obwohl sich economiesuisse für die Anerkennung und Durchsetzung der geschützten Qualitätszeichen einsetzt, lehnt sie die Motion Nicolet ab. Es muss sichergestellt werden, dass die Flexibilität des Bundesrates in der Aussenwirtschaftspolitik nicht eingeschränkt wird. Die Motion nimmt in ihrer Formulierung jedoch Verhandlungsergebnisse vorweg. Es liegt in der Natur von Vertragsverhandlungen, dass nicht alle Ziele voll erreicht werden können.
economiesuisse unterstützt im Gegenzug die Kommissionmotion 24.3814, die den Bundesrat beauftragt, sich generell stärker für die Einhaltung und die Anerkennung unserer GA einzusetzen.
Empfehlung economiesuisse Mo. Nicolet.: Ablehnung
Empfehlung economiesuisse Mo. WAK-S.: Annahme
Stand der Verhandlungen: Die kleine Kammer hat die Motion Nicolet auf Antrag seiner vorberatenden Kommission abgelehnt. Die Vorlage würde den Handlungsspielraum der Schweiz im Bereich des Aussenhandels einschränken und unter gewissen Umständen sogar den Abschluss neuer Handelsabkommen verhindern. Hingegen wurde die Kommissionsmotion 24.3814,, welche den Bundesrat ermutigt, sich stärker für die Achtung und Anerkennung der schweizerischen geografischen Angaben einzusetzen, angenommen.
Wirtschaft unterstützt Stossrichtung, verlangt aber noch Anpassungen
economiesuisse unterstützt die vier Entwicklungsziele der Strategie der internationalen Zusammenarbeit (IZA) 2025-2028 grundsätzlich. Allerdings sollen strategische Zwischenziele definiert und die Zahl der Schwerpunktländer reduziert werden.
Darum geht es: Die IZA-Strategie 2025-2028 sieht ein Budget von 11.27 Milliarden Franken vor. Damit werden die drei Pfeiler der internationalen Zusammenarbeit (humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, Förderung von Frieden, Demokratie und Menschenrechte) finanziert.
Die Wirtschaft hält die Zielsetzung der IZA-Strategie 2025-2028 grundsätzlich für sinnvoll und unterstützt den Fokus auf die vier Bereiche menschliche Entwicklung, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Klima und Umwelt, Frieden und Gouvernanz. Jedoch ist die Zielsetzung sehr allgemein gehalten, so dass kaum widersprochen werden kann. Deshalb braucht es einerseits strategische Zwischenziele. Andererseits muss die IZA regelmässig und auf der Grundlage evidenzbasierter Methoden auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Die 11.27 Milliarden Franken, welche der IZA im Zeitraum 2025-2028 insgesamt zur Verfügung gestellt werden sollen, sind angesichts der Finanzknappheit des Bundes eine grosse Summe.
Das findet economiesuisse:
- Reduktion der Schwerpunktländer nötig: Im Sinne einer effizienteren Ressourcenallokation plädiert economiesuisse für eine Fokussierung auf weniger Länder. Gleichzeitig soll die Förderung der guten Regierungsführung («good governance») höher gewichtet werden.
- Ausgewogene Lösung für die Ukraine: economiesuisse unterstützt die vom Bundesrat vorgeschlagene Mittelzuweisung als Minimalbetrag. Die Unterstützung der Ukraine ist nicht zuletzt systemrelevant für die Ernährungssicherheit vieler Entwicklungsländer.
Empfehlung economiesuisse: Annahme - bedingt
Stand der Beratungen: Der Ständerat begrüsst die Strategie zur internationalen Zusammenarbeit in den kommenden vier Jahren und nahm die entsprechenden Bundesbeschlüsse mit einer klaren Mehrheit an. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
Die Schweiz braucht die volle Assoziierung
Ohne die Vollassoziation der Schweiz am Forschungsprogramm der EU gefährdet die Schweiz ihren Spitzenplatz im Bereich Forschung und Innovation.
Darum geht es: Der Erfolg der Schweizer Wirtschaft basiert auf Forschung und Innovation. Diese ist längst international ausgerichtet. Um die besten Köpfe in die Schweiz zu holen und die Forschungszentren in der Schweiz auf einem Spitzenplatz zu halten, müssen diese an den Forschungsprogrammen der EU gleichberechtigt teilnehmen können. Mehrere Standesinitiativen fordern deshalb von den Bundesbehörden Massnahmen, damit die Schweiz wieder in das Programm Horizon Europe und die zukünftigen Forschungsrahmenprogramme aufgenommen wird. Die Vollassoziation der Schweiz ist derzeit Teil der Verhandlungen über die Bilateralen III zwischen der Schweiz und der EU. Mit Aufnahme der bilateralen Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz im März 2024 wurde Schweizer Forschenden wieder die Möglichkeit gewährt, an Teilen von Horizon Europe teilzunehmen. Aufgrund erzielter Fortschritte bei den institutionellen Fragen wurde diese partielle Teilnahme – insbesondere an Ausschreibungen des European Research Council ERC auf das Jahr 2025 ausgedehnt.
Das findet economiesuisse: : Die Zielsetzung der kantonalen Initiativen wird von der Wirtschaft unterstützt. Für viele innovationsorientierte Sektoren ist eine Vollassoziation der Schweiz am EU-Programm für Forschung und Innovation von höchster Bedeutung. Eine langfristige Regelung der Teilnahmebedingungen mittels eines «specific agreement» wird von der Wirtschaft deshalb unterstützt.
Nun gilt es, in den Verhandlungen über die Bilateralen III ein gutes, ausgewogenes Ergebnis zu erzielen. Die Möglichkeit einer Vollassoziation der Schweiz am heutigen und an künftigen Forschungs- und Innovationsprogrammen der EU muss Teil dieses Abkommens sein.
Empfehlung economiesuisse: Annahme