Grande-Dixence-Index zeigt: Ausbau Erneuerbare ist nicht auf Kurs
Mit dem Ja zum Stromgesetz wurde ein wichtiger und notwendiger Schritt für die Versorgungssicherheit getan. Die Erneuerbaren müssen jetzt rasch ausgebaut werden. Pro Jahr benötigen wir einen Zubau um 2.4 TWh, um die Ziele im Stromgesetz zu erreichen. Das entspricht etwa der Menge an Strom, welche das Wasserkraftwerk Grande-Dixence, das grösste der Schweiz, pro Jahr produziert. Mit dem “Grande-Dixence-Index" wird eine jährliche Überprüfung der Zielerreichung angestrebt.
Die Schweizer Stimmbevölkerung hat im Juni dieses Jahres das Stromgesetz angenommen. Damit ist ein notwendiger Schritt in der Energiepolitik vollzogen worden. Die erneuerbaren Energien müssen nun so rasch wie möglich ausgebaut werden. Einerseits haben wir künftig einen Mehrbedarf an Strom aufgrund der Dekarbonisierung und andererseits müssen wir mittelfristig den Wegfall der Produktion aus den bestehenden Kernkraftwerken ersetzen. Das bedeutet, wir müssen unsere heutige Stromproduktion bis 2050 verdoppeln. Der Bundesrat muss nun den Turbo zünden, denn wenn wir im aktuellen Tempo weitermachen, besteht die Gefahr, dass wir die gesetzten Ziele nicht erreichen.
Grande-Dixence-Index zur Überprüfung der Zielerreichung
Das im Stromgesetz definierte Ziel für das Jahr 2035 ist ein Zubau von 35 TWh Strom aus erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft). Diese Produktion lag 2023 insgesamt bei 6.8 TWh. Somit benötigen wir bis 2035 noch einen Ausbau von 28.2 TWh, was eine zusätzliche Produktion von 2.4 TWh pro Jahr bedeutet. Dies entspricht der durchschnittlichen jährlichen Produktion der Grande Dixence, dem grössten Schweizer Wasserkraftwerk. Wir müssen also jedes Jahr erneuerbare Energien in der Grössenordnung einer Grand Dixence zubauen. Mit diesem Vergleich lässt sich jährlich klar und einfach zeigen, ob wir bezüglich der Ziele des Energiegesetzes auf Kurs sind oder nicht. Wie der nachfolgenden Grafik zu entnehmen ist, haben wir 2023 das Ziel um fast 70% verfehlt (zusätzliche Produktion aus Erneuerbaren im 2023: 0.79 TWh). Mit den aktuellen Ausbauwerten starten wir also bereits mit einem beträchtlichen Rückstand in die “Ära” des Stromgesetzes, das per 2025 in Kraft tritt.
Monitoring ermöglicht Kurskorrekturen
Dies bereitet Anlass zur Sorge. Mit jedem Jahr, in dem wir den jährlichen Zielwert verfehlen, vergrössert sich die Lücke für die Zielerreichung im Jahr 2035 (siehe Grafik unten): Die Versäumnisse vergangener Jahre kumulieren sich und müssen kompensiert werden. Ein ungenügender Zubau an erneuerbaren Energien muss daher so rasch wie möglich korrigiert werden. Ein jährliches Monitoring des Fortschritts ist zentral, um nötigenfalls Kurskorrekturen vornehmen zu können. Der Bundesrat ist nun aufgefordert, einen klaren Umsetzungsplan und eine transparente Zielüberprüfung des Stromgesetzes vorzulegen. Ein «Blindflug» setzt den Erfolg aufs Spiel.
Der Weg zu einer sicheren, sauberen und günstigen Energieversorgung ist ein Marathon
Der Um- und Ausbau des Energiesystems auf dem Weg zu Netto Null 2050 ist mit dem Stromgesetz nicht erledigt. Es wird in der Umsetzungsphase einen langen Atem brauchen, sowie weitere Massnahmen, um zu gewährleisten, dass die Energieversorgung der Zukunft nicht nur sauber, sondern auch sicher und günstig ist. Technologieoffenheit ist entscheidend und es wird auch langfristig Grosskraftwerke brauchen. Diese Diskussion ist jetzt zu führen und nicht dann, wenn es zu spät ist.