Kartellrecht: Grosssanierung statt kosmetischer Anpassungen
Im Kartellrecht besteht erheblicher Anpassungs- und Handlungsbedarf. Das aktuelle Recht genügt den Anforderungen an ein modernes Kartellgesetz nicht mehr und die Revisionsvorschläge des Bundesrats sind unzureichend. Die Wirtschaft fordert die Rückweisung der Vorlage zur vollständigen Überarbeitung und die Aufnahme weiterer Elemente, damit der grosse Handlungsbedarf effektiv angegangen werden kann. Unter der Führung des Bundes soll eine breit aufgestellte Arbeitsgruppe eine mehrheitsfähige Revisionsvorlage entwickeln.
Der Bundesrat eröffnete im vergangenen November die Vernehmlassung zur Kartellgesetzrevision. Im vorgeschlagenen Entwurf beschränkt er sich auf offensichtlich nicht gross bestrittene Punkte, darunter die Modernisierung der Fusionskontrolle oder die Verbesserung des Widerspruchsverfahrens. Dies ist angesichts des erheblichen Revisionsbedarfs des Kartellgesetzes bedauerlich. Würde diese Vorlage dem Parlament unterbreitet, so besteht das Risiko, dass wichtige Revisionsthemen während Jahren unter den Tisch fallen. Für die Wirtschaft fehlen in der Vorlage des Bundesrats insbesondere eine Institutionenreform und die Einführung der Berücksichtigung von Compliance-Defence-Programmen.
Rückweisung und vollständige Überarbeitung der Vorlage
Damit diese wichtigen Punkte in die aktuelle Vorlage aufgenommen werden können, fordert die Wirtschaft daher die Rückweisung der Vernehmlassungsvorlage und deren vollständige Überarbeitung durch eine breit aufgestellte Arbeitsgruppe unter Führung des Bundes. Der Respekt vor einer kontroversen Diskussion mit unterschiedlichen Interessenvertretern und der Politik darf nicht dazu führen, dass grundlegende Revisionsthemen schon gar nicht in eine Vorlage aufgenommen werden. economiesuisse wäre bereit, in einer solchen Arbeitsgruppe mitzuwirken und dabei das grosse Expertennetzwerk des Verbands einzusetzen. Ziel muss es sein, dem Parlament eine Vorlage zu präsentieren, welche die wichtigen Reformthemen einerseits berücksichtigt, andererseits aber auch mehrheitsfähig ist.
Wichtige Reform der Institutionen muss angegangen werden
Die aktuelle Kartellgesetzrevision ist der ideale Moment, die von der Wirtschaft geforderte Institutionenreform anzugehen. Das schweizerische Wettbewerbsrecht war seit seiner Inkraftsetzung 1964 tiefgreifenden Veränderungen unterzogen worden, die institutionellen Strukturen indessen wurden, mit wenigen Ausnahmen, nicht an die neuen Gegebenheiten angepasst. Das blosse Hinauszögern der notwendigen Diskussionen über die Ausgestaltung der Institutionenreform erscheint daher weder als geeignete Strategie, das Kartellgesetz zu modernisieren, noch als konstruktive Lösung, um das zentrale Anliegen der Wirtschaft aufzunehmen.